Vorlage - VO/06/1939/061  

 
 
Betreff: Konzeptstudie Regio-Stadtbahn Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
21.11.2006 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt:   

 

1. Anlass

Die rasante Entwicklung der Stadt Regensburg seit den 80er Jahren hat zu der Frage geführt, ob eine Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs in und um Regensburg die Einführung einer modernen Stadtbahn bzw. Regio-Stadtbahn nach Karlsruher Vorbild berechtigt. Insbesondere der Berufsverkehr (über. 60.000 Berufs- und Ausbildungspendler), aber auch ein Teil des Kunden- und Besucherverkehrs in die Innenstadt sollen auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlagert werden, damit das künftige Straßenverkehrsaufkommen in Regensburg weitestgehend mit dem vorhandenen Straßennetz bewältigt werden kann. Für die Einführung einer Regio-Stadtbahn spricht auch die wesentlich höhere Attraktivität gegenüber dem Bus, die schon mehrfach empirisch nachgewiesen wurde.

 

Mit ihrem Beschluss zum Verkehrsentwicklungsplan hat sich die Stadt Regensburg 1997 zum Ziel gesetzt, im Stadt-Umland-ÖPNV alle Möglichkeiten für die Ertüchtigung des Schienenverkehrs auf den vorhandenen Trassen auszuschöpfen und des weiteren die Realisierung eines Stadtbahnsystems im Stadtgebiet als Option zu sichern und bei anstehenden Planungen zu berücksichtigen.

 

In den zurückliegenden Jahren wurde auf dieser Grundlage die Einführung einer Regio-Stadtbahn bei allen relevanten Baumaßnahmen im Stadtgebiet berücksichtigt (z. B. Nibelungenbrücke, Galgenbergbrücke, Einkaufszentrum Arcaden, Entwicklungsmaßnahme Burgweinting). Ferner wird die Neueröffnung der Haltepunkte Burgweinting (2006/2007) und Walhallastraße angestrebt. Als Leitprojekt ist die Regio-Stadtbahn mit einer vorläufigen Linienführung im Regensburg-Plan 2005 enthalten.

 

Angesichts der erfolgten Vorleistungen ist es notwendig zu prüfen, ob die Einführung einer Regio-Stadtbahn oder Stadtbahn technisch und wirtschaftlich im Raum Regensburg darstellbar ist.

 

 

 

2. Konzeptstudie Regio-Stadtbahn Regensburg

 

2.1 Aufgabenstellung

Die Stadt Regensburg hat parallel zur Erstellung eines regionalen Nahverkehrsplanes Regensburg eine Konzeptstudie Regio-Stadtbahn vergeben, die Aufschluss über die künftige Rolle des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) und des Bussystems geben soll. Unter Berücksichtigung verkehrlicher und verkehrswirtschaftlicher Aspekte sollten drei Varianten geprüft werden:

 

           S-Bahn, die ausschließlich auf der heute vorhandenen Eisenbahninfrastruktur fährt (Regensburg-Stern)

           Regio-Stadtbahn, die in Anlehnung an das Karlsruher Modell sowohl auf der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur als auch auf einer neu zu errichtenden Stadtbahninfrastruktur im Raum Regensburg verkehrt.

           Stadtbahn, die auf einer komplett neu zu errichtenden Stadtbahninfrastruktur fährt.

 

Ferner sollte die Konzeptstudie folgende Fragen beantworten:

           Welche verkehrlichen Auswirkungen hätte die Realisierung eines (Regio-) Stadtbahnkonzeptes?

           Sind die Investitionen in eine Stadtbahninfrastruktur aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu rechtfertigen und wären damit die Voraussetzungen für eine Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) erfüllt?

           Mit welchen Folgekosten müsste die Stadt Regensburg als Aufgabenträger für den ÖPNV bei Realisierung eines derartigen Konzeptes rechnen?

 

Mit der Erstellung wurde das Büro Intraplan Consult, München beauftragt, das auch die Nutzen-Kosten -Untersuchung Busbrücke Regensburg erstellt hat und daher über entsprechende Vorkenntnisse (aktualisiertes Netzmodell) verfügt.

 

Die Erstellung der Konzeptstudie wurde von einem Arbeitskreis begleitet, der sich u. a. aus Vertretern des Regensburger Verkehrsverbundes (RVV), der Gesellschaft zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs im Landkreis Regensburg (GFN), der Regensburger Verkehrsbetriebe (RVB) und der Verwaltung zusammensetzte.

 

2.2 Ergebnisse der Konzeptstudie (s. Anlage 1)

 

S-Bahn

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) beabsichtigt im nächsten Jahr die Leistungen für einen S-Bahnähnlichen Betrieb auf den elektrifizierten Zufahrtstrecken zum Regensburger Hauptbahnhof auszuschreiben. Für folgenden Strecken ist damit ein attraktiveres Angebot zu erwarten (weitgehend durchgehender Stundentakt mit Verdichtung in der HVZ):

Parsberg – Beratzhausen – Regensburg,

Ingolstadt – Neustadt (Donau) – Regensburg,

Landshut – Neufahrn – Regensburg,

Straubing – Sünching – Regensburg.

Damit steht voraussichtlich ab 2009 für die Region ohne Zusatzkosten für den öffentlichen Personennahverkehr ein Angebot zur Verfügung, das durch ein ergänzendes Regio-Stadtbahn-System für das Umland nur geringfügig verbessert werden könnte. Es ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass eine Regio-Stadtbahn geringere Reisegeschwindigkeiten erreicht und damit in der Regel langsamer ist als der Zug. Ferner können die fahrgaststarken Hauptstrecken Neumarkt – Regensburg – Straubing und Landshut – Regensburg nicht in ein Regio-Stadtbahn-Konzept einbezogen werden, da diese Strecken schon heute so stark frequentiert sind, dass zusätzliche Regio-Stadtbahnzüge auf den vorhandenen Gleisstrecken nicht mehr möglich sind.

 

Regio-Stadtbahn

Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rahmenbedingungen und der bereits für die Region geplanten Verkehrsprojekte wurde ein „Stadtbahn-max-Netz“ entworfen, das ein Regio-Stadtbahn-Netz nach Karlsruher-Modell auf der Relation Kelheim – Regensburg – Burglengenfeld mit Außenästen nach Hainsacker, Donaustauf und Neutraubling enthält. Die prognostizierten Fahrgastpotentiale liegen allerdings – das zeigt die nun vorliegende Untersuchung - insbesondere auf den Außenästen im Umland unter den für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Schwellenwerten von 4.000 bis 5.000 Fahrgästen pro Tag (Summe aus Richtung und Gegenrichtung). Vor diesem Hintergrund muss aus heutiger Sicht die Einführung einer Regio-Stadtbahn in Regensburg als unrealistisch angesehen werden.

 

Das schlechte Abschneiden ist darauf zurückzuführen, dass die doch erheblichen Aufwendungen für den Stadtbahnbetrieb nicht durch Einsparungen im Buskonzept kompensiert werden können. Auch die nutzenrelevanten Teilindikatoren (MIV-Betriebskosten, Reisezeitnutzen, Abgasemissionen, Unfallschäden) fallen relativ gering aus, weil die Stadtbahn gemessen an der Bezugssituation nur vergleichsweise geringe Vorteile hinsichtlich Reisezeiten und ÖPNV-Bedienungsqualität bietet.

 

Stadtbahn

Auch ein reduziertes „Stadtbahn-max-Netz“, das sich nur auf die fahrgaststarken Äste im Stadtgebiet bezieht und das als „Reduktionskonzept“ bezeichnet wurde, erzeugt nur ca. 9.000 zusätzliche Personenfahrten am Tag mehr im Vergleich zu einem Netz ohne Stadtbahn. Das durchgeführte Standardisierte Bewertungsverfahren zeigt, dass der Gesamtnutzen, der durch das „Reduktionskonzept“ erzielt wird, die erforderlichen Investitionen in Fahrweg und festen Einrichtungen nicht annähernd rechtfertigt. Eine Förderung nach GVFG ist damit auszuschließen. Ferner würde sich der Kostendeckungsfehlbetrag für den ÖPNV in der Stadt Regensburg um 4,3 Mio. Euro im Jahr erhöhen.

 

Stadtbahn „Dienstleistungsachse“

Dem gegenüber zeigen die erstellten Netzmodelle herausragende Fahrgastpotentiale auf der „Stadtbahn-Achse“, die weitgehend identisch ist mit der sog. „Dienstleistungsachse“ aus der Stadtentwicklung. Hier liegen heute bereits Fahrgastaufkommen in einer Größenordnung vor, die in anderen Städten mit schienengebundenen Verkehrsmitteln abgewickelt werden. (weit über 10.000 Fahrgäste am Tag). Eine „Stadtbahn-Achse“ hier wäre gut ausgelastet. Ob diese singuläre Achse als Ausgangsbasis für ein Stadtbahnnetz dienen kann, ist weiter zu untersuchen. Für diese Fragestellung sind aber betriebliche Abläufe ebenso detailliert zu erfassen wie erreichbare Reisezeitgewinne. Auch die Frage des einzusetzenden Fahrzeuges spielt eine Rolle.

 

3. Weiteres Vorgehen

Die vorliegende Konzeptstudie zeigt deutlich, dass die sonst übliche Vorgehensweise zur Begründung von Infrastrukturmaßnahmen im ÖPNV in Regensburg nicht zum Erfolg führen wird. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Bezugssituation (Ohnefall) kaum noch Gestaltungsspielräume lässt. Eine „langsame“ Regio-Stadtbahn kann nicht mit einer „schnellen“ Regional-S-Bahn konkurrieren. Eine Regio-Stadtbahn hat aber nur dann eine Chance, wenn diese auch wirklich offensiv zum Ersatz von heutigen Bahnverkehren eingesetzt wird, d. h. wenn zumindest Regionalbahnverkehre auf ihrem kompletten heutigen Linienweg ersetzt werden können.

 

Die Verwaltung hält es angesichts der noch offenen Fragen für sinnvoll, den oben skizzierten Fragestellungen außerhalb der rein finanziellen Betrachtung einer standardisierten Bewertung nachzugehen. Bisher blieb unberücksichtigt, dass in den kommenden Jahren ja auch Optimierungen und Investitionen erforderlich werden, die zur Sicherstellung bzw. Aufrechterhaltung eines attraktiven ÖPNV notwendig sind. So stößt die innerstädtische Busbedienung auf einigen Strecken bereits heute an ihre Kapazitätsgrenze, und es stellt sich die Frage, wie auf weitere Fahrgaststeigerungen reagiert werden soll.

 

Außeracht blieb bisher auch, dass die Stadtbahn als städtebauliches und stadtentwicklungsplanerisches Element eingesetzt werden kann. Von einer schnellen und attraktiven Stadtbahn-Verbindung zwischen bevölkerungsstarken Wohngebieten (z.B. Konradsiedlung, Burgweinting) und der Innenstadt sowie wichtigen öffentlichen und privaten Dienstleistungseinrichtungen (Agentur für Arbeit, Finanzamt, Hochschuleinrichtungen, Kliikum, Donaueinkaufszentrum, Regensburg Arcaden) können neue städtebauliche Entwicklungsimpulse ausgehen. In vielen anderen Städten im In- und Ausland wird mit der Einführung oder dem Ausbau von Stadtbahnkonzepten Stadtentwicklung und z. T. auch Stadtreparatur betrieben. In Regensburg könnte die Stadtentwicklung an einer Linie mit hohen Fahrgastpotentialen ausgerichtet werden (s. Abb. Stadtbahn-min-Konzept).

 

Außerdem wären zunächst noch alternative technische Lösungen zu prüfen, wie z.B. in Clermont-Ferrand eingesetzt. Dort sind die Stadtbahnwagen mit Reifen ausgestattet und werden über eine Mittelschiene geführt. Dadurch lassen sich ggf. die notwendigen Investitionen in den Fahrweg reduzieren, zumal gummibereifte Fahrzeuge hinsichtlich Steigungen und Radien einen flexibleren Einsatz erlauben (vgl. Bild: Tramway Clermont-Ferrand).

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss nimmt das Ergebnis der Konzeptstudie zur Kenntnis.

 

Die Verwaltung wird beauftragt weitergehende Untersuchungen – wie in der Vorlage dargestellt – durchzuführen.

Anlagen:

 

Anlagen:

Konzeptstudie Regio-Stadtbahn Regensburg – Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Stadtbahn-min-Konzept

Bild: Tramway Clermont-Ferrand

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Stadtbahn-min-Konzept _Anlage 2 (3963 KB)    
Anlage 2 2 Tramway Clermont-Ferrand_ Anlage 3 (4281 KB)    
Anlage 3 3 Kurzfassung_07_11_06 (1007 KB)