Vorlage - VO/18/14357/DB1  

 
 
Betreff: Neustrukturierung des Bereichs Inklusion - Änderung der Geschäftsordnung des "Beirats für Menschen mit Behinderung" und Umbenennung in "Inklusionsbeirat"
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Federführend:Direktorialbereich 1   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten Vorberatung
27.06.2018 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
28.06.2018 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

 

Anlage: 1. Entwurf der Geschäftsordnung des Inklusionsbeirats bei der Stadt Regensburg

2. Gekennzeichnete Änderungen der bestehenden Geschäftsordnung des Beirats für Menschen mit Behinderungen

 

 

 

Sachverhalt:

 

 

I. Rechtsgrundlagen und Rahmenbedingungen

 

Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (kurz: UN-Behindertenrechtskonvention, UN-BRK), am 13. Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York verabschiedet, am 30. März 2007 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet, ist am 3. Mai 2008 in Kraft getreten. Das Übereinkommen gilt als Meilenstein in der internationalen Politik für Menschen mit Behinderung. Es verbietet die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen und garantiert ihnen die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Menschen mit Behinderung sollen in ihrer Andersartigkeit als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft geachtet und akzeptiert werden. Die Konvention wurde vom Bundestag mit Gesetz vom 21. Dezember 2008 ratifiziert und ist seit 26. März 2009 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Damit verpflichtet sich Deutschland, die Vorschriften des Übereinkommens in nationales Recht umzusetzen.

 

Zentrale Zielsetzungen der UN-BRK sind u.a. die Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung behinderter Menschen (Art. 5) sowie die Barrierefreiheit in allen Bereichen, insbesondere beim Bauen und Wohnen, im Verkehr, beim Zugang zu Informationen, aber auch im kulturellen Leben, bei Erholung, Freizeit und Sport (Art. 9, 21, 30 UN-BRK).

 

In Regensburg lebten zum Stichtag 31.12.2017 23.601 Menschen mit einer Behinderung (Quelle: Zentrum Bayern Familie und Soziales), also mit einem GdB von mindestens 20. Bei den Menschen mit Schwerbehinderung, also einem GdB von mindestens 50, waren es 16.726 Personen. Dazu kommen noch die Menschen mit einer Behinderung, die einen GdB von unter 20 haben, deren Behinderung aber nicht amtlich erfasst wird. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) aus dem Mikrozensus war im Jahr 2013 im Schnitt jede/r achte Bürger/in von einer amtlich anerkannten Behinderung betroffen. Dabei gilt es jedoch eine Dunkelziffer zu beachten, nachdem nicht alle Menschen mit einer leichten Behinderung diese auch amtlich anerkennen lassen.

 

 

II. Bestehende Gremien bei der Stadt Regensburg und neu gebildete Gremien des Projekts „Regensburg inklusiv“

 

a) Beirat für Menschen mit Behinderung

Im Jahr 1981 hat der Stadtrat der Stadt Regensburg die Einrichtung eines Behindertenbeirats beschlossen. Der Behindertenbeirat arbeitet zur Förderung der Belange der Behinderten mit den freien und öffentlichen Trägern der Behindertenhilfe sowie mit allen anderen Einrichtungen, die sich mit Planungen und Maßnahmen für Behinderte befassen, eng zusammen. Als sachverständiges Gremium steht er insbesondere den Dienststellen der Stadt Regensburg, die im Bereich der Behindertenhilfe tätig sind, zur Seite. Seine Aufgaben, Zusammensetzung und sein Verfahren sind in der Geschäftsordnung für den Behindertenbeirat bei der Stadt Regensburg geregelt worden.

 

Mit Beschluss vom 15.11.2002 wurde der „Behindertenbeirat“ in „Beirat für Menschen mit Behinderung“ umbenannt. Hintergrund war, dass der Begriff „Behinderte“ durch lange tradierte, emotional negative Bedeutungselemente wie Minderwertigkeit, Angst, Leid und Mitleid schleichend abwertend negativ geprägt worden war. Gefordert wurde ein sensiblerer Umgang mit der Sprache, die den Menschen im Vordergrund sieht. Die Zusammensetzung und die Arbeitsweise, wie sie in Anlage 1 zur Geschäftsordnung des Stadtrates festgelegt ist, wurden von dieser Namensänderung nicht berührt.

 

Der Beirat r Menschen mit Behinderung gliedert sich in das Plenum und den Arbeitsausschuss. Im Plenum des Beirats für Menschen mit Behinderung sind derzeit 49 Verbände, Vereine und Behörden vertreten, die sich nicht nur vorübergehend mit Fragen der Behindertenhilfe befassen. Der Arbeitsausschuss besteht aus sieben Mitgliedern, die aus der Mitte des Plenums für die Dauer von drei Jahren gewählt werden.

 

 

b) Projekt „Regensburg inklusiv“

Getragen von einer Kooperation der Stadt Regensburg mit der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. und der OTH Regensburg wurde in den Jahren 2013-2016 das Projekt „Regensburg inklusiv“ durchgeführt, um vor Ort die unterschiedlichen Akteure aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu vernetzen. So sollte das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ermöglicht und damit die Umsetzung von Inklusion im Alltag in der regionalen Lebenswelt vorangetrieben werden.

 

Das Projekt „Regensburg inklusiv“ hatte als Leitziel die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und folglich die Förderung der Teilhabe für Menschen mit Behinderung in den Lebensbereichen „Arbeit“, „Wohnen“, „Bildung“ und „Freizeit“ in der Stadt Regensburg. Hierzu wurden vier sog. Inklusionszirkel in den genannten Themenbereichen als Kernelement des Projekts gegründet, die sich aus Verantwortlichen der Politik, Wirtschaft und Verwaltung, Trägervertreter/innen, Mitarbeiter/innen von sozialen Einrichtungen und Diensten, Vertreter/innen von (Selbsthilfe-) Initiativen und Vereinen, wie auch aus engagierten Bürgerinnen und Bürgern als Privatpersonen zusammensetzen sollten. In den Zirkeln wurden Ideen entwickelt und umgesetzt, Netzwerkpartner gefunden, inklusive Projekte auf den Weg gebracht und öffentlich diskutiert und informiert. Folgerichtig verpflichtete sich auch die Stadt Regensburg zur Entsendung von Vertreter/innen zur aktiven Mitarbeit in den Inklusionszirkeln und den Projektbeirat. Ferner wurde die Verpflichtung eingegangen, Anstrengungen zu unternehmen, um die Inklusion in Regensburg zu fördern. Daneben wurde durch die Arbeit in den Inklusionszirkeln ein Netzwerk der unterschiedlichen Akteure aufgebaut. Gemäß dem Kooperationsvertrag wurden rechtzeitig Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Inklusionszirkel des Projekts „Regensburg inklusiv“ auch nach Übergabe des Projekts an die Stadt Regensburg im August 2016 fortgeführt werden konnten. Außerdem wurde vereinbarungsgemäß ein Maßnahmenpaket für kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen an die Stadt Regensburg übergeben, mit dessen Hilfe die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung in der Stadt Regensburg nachhaltig verbessert werden kann

 

In den vier Inklusionszirkeln brachten sich fortlaufend weit über 100 engagierte rgerinnen und Bürger und Institutionen ein, um Ideen für ein inklusiveres Regensburg zu entwickeln. In 37 Treffen der Inklusionszirkel wurde ein Netzwerk aufgebaut, Vorträge und Schulungen zu diversen Themen angeregt und der Grundstein für zahlreiche Projekte gelegt.

 

Ein weiterer wichtiger Baustein des Projekts „Regensburg inklusiv“ war der Projektbeirat, der die Umsetzung der Projektziele begleitete, den Projektkoordinator fachlich beriet und unterstützte, die ordnungsgemäße Mittelverwendung kontrollierte und wichtige Entscheidungen im Rahmen des Projekts beschlossen hat. Mitglieder des Projektbeirates waren je eine Vertretung der Kooperationspartner, je ein/e Sprecher/in der Inklusionszirkel und der Projektkoordinator. Daneben wurde dem Sprecher und einem weiteren Mitglied des Arbeitsausschusses des Beirats für die Menschen mit Behinderung eine stimmberechtigte Mitwirkung im Projektbeirat ermöglicht.

 

 

III. Zusammenführung und Weiterentwicklung der Gremien

 

Regensburg wird auch außerhalb des Stadtgebiets vermehrt als inklusive Stadt wahrgenommen. So wurde das Projekt „Regensburg inklusiv“ im März 2016 bei einer bundesweiten Netzwerktagung der Aktion Mensch in Köln im Rahmen einer Podiumsdiskussion vorgestellt. Zudem wurde das Projekt im April 2016 vor Führungskräften der Bayerischen Staatskanzlei beim Thema „Stadt Leben?! Zukunft urbaner Mobilität“ zusammen mit Irmgard Badura, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, als wichtiger Impulsgeber im Bereich gelungener, inklusiver Netzwerkarbeit auf höchster Ebene wahrgenommen. Auch auf Bundesebene wurde das Projekt wahrgenommen, nachdem es bei einer Bundestagsdebatte als gelungenes Beispiel erwähnt wurde.

 

Den eingeschlagenen Weg gilt es fortzusetzen, um die Schaffung inklusiver Lebensbedingungen weiter voranzutreiben. Wichtiger Baustein dabei war die Schaffung der Stelle eines hauptamtlichen Inklusionsbeauftragten im Jahr 2016, der als Bindeglied und Ansprechpartner in allen Fragen das Leben mit Behinderung betreffend fungiert. Bei dieser Stelle ist auch die geschäftsführende Stelle des Beirats für Menschen mit Behinderung angesiedelt. Die Stelle des Inklusionsbeauftragten ist seit dem 1. August 2016 besetzt.

 

a) Weiterentwicklung Inklusionsbeirat (ehemals Beirat für Menschen mit Behinderung)

Entsprechend der Nomenklatur der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Verständnis von Inklusion, das auf den Paradigmenwechsel weg vom Fürsorgerecht hin zur selbstbestimmten und gleichberechtigten Teilhabe fußt, soll der Name des Beirats von „Beirat für Menschen mit Behinderung“ in „Inklusionsbeirat“ geändert werden. Entsprechend soll auch der Name des „Arbeitsausschuss“ in „Inklusionsausschuss“ angepasst werden. Dies verdeutlicht auch nach außen, dass für die gesamte Stadt Regensburg insbesondere durch die Arbeit des Beirats dem Gedanken der Inklusion, und damit der selbstbestimmten und gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen am Leben in Regensburg Rechnung getragen wird.

 

Um den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden, nämlich eine

inklusive Gesellschaft herzustellen, in der alle Menschen mit und ohne Behinderung die gleichen Teilhabechancen haben, soll sich der Inklusionsausschuss im Inklusionsbeirat künftig Schwerpunktthemen für eine Wahlperiode setzen. Zur Bearbeitung dieser Themen ist eine Einbindung von Inklusionszirkeln möglich. Dadurch können Impulse aus der Stadtgesellschaft gerade bei der Bearbeitung von relevanten Themenstellungen aufgenommen und in das entsprechende Gremium eingebracht werden, sodass letztlich jede Bürgerin und jeder Bürger der Stadt Regensburg seinen Anteil zur Entwicklung einer gleichberechtigten Gesellschaft beitragen kann.

 

b) Zusammenführung der Gremien

Ziel ist es, das durch das Projekt „Regensburg inklusiv“ entstandene bürgerschaftliche Engagement zu erhalten und weiterzuentwickeln, da dieses einen wichtigen Beitrag für die sukzessive Wandlung zu einer inklusiven Stadtgesellschaft leistet. Dies bedingt, dass die bereits in der Stadt bestehenden Gremien, wie auch die durch das Projekt initiierten Inklusionszirkel miteinander in Einklang gebracht werden.

 

Dies zum Anlass nehmend, wurde der Wortlaut der Geschäftsordnung an die Rechtsgrundlagen der übrigen städtischen Beiräte angepasst und auf die Diktion der UN-Behindertenrechtskonvention abgestimmt. Zudem kann der Beirat durch die Ermöglichung der eigenverantwortlichen Themenwahl im Inklusionsausschuss eine Eigeninitiative entwickeln und als die Fachleute und Experten in eigener Sache die städtischen Gremien auf Themenfelder aufmerksam machen, die im Bereich der Behindertenhilfe einer Bearbeitung bedürfen. Die städtischen Gremien können diese Impulse aufnehmen und im Sinne der Menschen mit Behinderung erfolgreich und zielführend weiterverfolgen, wodurch die Lebenswirklichkeit für die Menschen mit Behinderung in der Stadt Regensburg verbessert wird.

 

Durch die Änderung der Geschäftsordnung werden die im Rahmen des Projekts „Regensburg inklusiv“ entstandenen Inklusionszirkel als Mitglieder des Inklusionsbeirats anerkannt. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil die Stadt Regensburg das ursprünglich auf drei Jahre angelegte Projekt „Regensburg inklusiv“ finanziell mit einer Gesamtsumme von 120.000 Euro unterstützt hat. Gleichzeitig wird dadurch gewährleistet, dass das “Expertenwissen in eigener Sache“ erhalten bleibt und die Ideen und Impulse der Inklusionszirkel in die Arbeit des Inklusionsbeirats einfließen.

Die Sprecher/innen der Inklusionszirkel als Vertretungen des bürgerschaftlichen Engagements im Bereich Inklusion berichten künftig einmal jährlich im Plenum des Beirats über die Arbeit in den Zirkeln. Dies bietet die Möglichkeit, sowohl die erzielten Erfolge vorzustellen als auch neue Ideen und Impulse zu platzieren und für Ideen und Projekte Partner zu werben, um so gemeinsam das Leben für Menschen mit Behinderung in der Stadtgesellschaft weiter zu verbessern.

 

Die beabsichtigten Änderungen in der Geschäftsordnung werden auch von den Mitgliedern des derzeitigen Beirats für Menschen mit Behinderung mitgetragen. Sie stimmten in der 45. Plenumssitzung am 16. Mai 2018 einstimmig für die geplante Umbenennung und die neue Geschäftsordnung für den Inklusionsbeirat und empfahlen den städtischen Gremien den Vollzug dieser Schritte.

 

Auch der Inklusionsbeauftragte der Stadt Regensburg begrüßt die geplanten Änderungen hin zu einem Inklusionsbeirat, der aus seiner Mitte heraus Initiative ergreifen, Lösungsmöglichkeiten in den gewählten Themenschwerpunkten zusammen mit der Bevölkerung der Stadt und den Experten in eigener Sache entwickeln und über das Einbringen in die städtischen Gremien zu einer gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe der Menschen mit Behinderung in Regensburg beitragen kann.

 


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

 

1. Der Beirat für Menschen mit Behinderung wird in Inklusionsbeirat umbenannt.

 

2. Die Stadt Regensburg erlässt eine Geschäftsordnung für den Inklusionsbeirat bei der Stadt Regensburg laut beigefügtem Entwurf vom 25.05.2018 (Anlage 1), der wesentlicher Bestandteil dieses Beschlusses ist.

 

Diese neue Geschäftsordnung tritt am 01.07.2018 in Kraft und ersetzt die bisherige Geschäftsordnung für den Beirat für Menschen mit Behinderung bei der Stadt Regensburg vom 31.03.1981 in der Fassung vom 17.10.2002.

 


Anlagen:1. Entwurf der Geschäftsordnung des Inklusionsbeirats bei der Stadt Regensburg

2. Gekennzeichnete Änderungen der bestehenden Geschäftsordnung des Beirats für Menschen mit Behinderungen

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1_ Entwurf Geschäftsordnung Inklusionsbeirat (212 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 2_GO Inklusionsbeirat_Änderungsmodus (156 KB)