Vorlage - VO/18/14512/61  

 
 
Betreff: Einführung eines öffentlichen Fahrradvermietungssystems - Maßnahmenbeschluss
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen Vorberatung
25.07.2018 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
26.07.2018 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

1. Ausgangslage

 

Am 03.05.2018 hat der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen zur VO/18/14196/61 folg. Beschluss gefasst:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Sachstandsbericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, für den „Bundeswettbewerb Klimaschutz im Radverkehr“ im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative eine Projektskizze „Radverkehr in Regensburg bestens verNETZt“ mit den in der Sachverhaltsdarstellung beschriebenen Inhalten einzureichen, verbunden mit dem Ziel, Fördermittel für die Maßnahmen zu erhalten.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen weiteren Schritte einzuleiten, damit der Konzern „Stadtwerke Regensburg“ als Vertriebsdienstleister die übergeordneten Aufgaben übernehmen und das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für den Systemdienstleiter durchführen kann. Dazu legt die Verwaltung dem Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen sowie dem Stadtrat baldmöglichst entsprechende Vorlagen zur Beratung und Beschlussfassung vor.“

 

Die Stadtverwaltung hat die o. g. Projektskizze fristgerecht eingereicht. Der Förderhöchstsatz liegt bei 70 % der förderfähigen Kosten. Bis zum Herbst soll beim Fördergeber die Entscheidung getroffen werden, ob die Stadt Regensburg aufgefordert wird, für die Maßnahmen Förderanträge einzureichen.

 

Die Ausschreibung der durch einen Systemdienstleister (SDL) zu erbringenden Leistungen kann erst nach der Zusage durch den Fördergeber erfolgen. Eine Ausschreibung zu einem früheren Zeitpunkt könnte als förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn gewertet werden.

 

Bereits am 11.06. bzw. 24.06.2015 hatte sich der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen mit der Thematik beschäftigt (VO/15/10995/61). In der Vorlage vom 11.06.2015 ging die Verwaltung zunächst von einem System ohne Pedelecs aus, weil die Erfahrungen der Betreiber seinerzeit noch damit gering oder sogar negativ waren (hohe Kosten, hoher Aufwand). Auf Wunsch des Ausschusses wurde die Vorlage für die Sitzung am 24.06.2015 dahingehend modifiziert, dass ein System mit 50 % Pedelec-Anteil zu planen sei.

 

Durch den 50 % Pedelec-Anteil verteuern sich die Investitionen erheblich, ein Pedelec ist in der Anschaffung ca. 3,5 Mal so teuer wie ein konventionelles Rad. Ebenfalls deutlich höher sind die Betriebs- und Unterhaltskosten. Aus diesem Grund kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass ein zumindest nahezu kostenneutraler Betrieb nach einer Phase der Anschubfinanzierung möglich ist. Die damals angenommen Kosten bzw. zu erwartenden Defizite sind heute nicht mehr haltbar und müssen angepasst werden.

 

Abweichend von den damaligen Einschätzungen zeigt sich heute, dass die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittel eine immer stärkere Rolle spielt und spielen wird. Inzwischen liegen Erfahrungen mit dem E-Car-Sharing-System EARL vor. Eine für den Kunden komfortable Vernetzung der Systeme (Stichwort „Mobilität aus einer Hand“) kann insbesondere dann gelingen, wenn die hiesigen öffentlichen Mobilitätsanbieter das Stadtwerk.Regensburg und RVV mit einem Teil der Aufgaben betraut werden. Daher wird nun nicht mehr ein Gesamtdienstleister gesucht. Die mit dem ÖFVS zusammenhängenden Aufgaben sollen aufgeteilt werden.

 

Insofern hat der dreijährige Planungsprozess nicht nur einen erheblichen Kenntnisgewinn für die anstehende Ausschreibung sowie die Chance auf die Generierung von Fördermitteln gebracht. Das zwischenzeitlich entwickelte Konstrukt der Aufgabenverteilung lässt zudem erwarten, dass das ÖFVS in bestmöglicher Form den Kundenanforderungen gerecht werden kann. Ein attraktives Angebot mit konventionellen Rädern, Pedelecs und Lastenrädern lässt eine gute Nachfrage erwarten.

 

 

2.Fahrradvermietung als gemeinwohlorientierte Aufgabe

 

Die Stadt Regensburg hat sich dem Klimaschutz und der Förderung des Umweltverbunds in der Mobilität verschrieben. Mit dem in 2017 beschlossenen Leitbild Energie und Klima verfolgt die Stadt Regensburg das Ziel, den Anteil des Umweltverbunds am Modal Split (Verkehrsmittelwahl) von 49 auf 60 % bis 2030 zu erhöhen. Der Radverkehr hat (Stand 2011) einen Anteil von 19 %. Dieser Anteil kann und soll deutlich gesteigert werden, da gerade der Radverkehr besonders ökologisch und flächensparend ist.

 

Regensburg gehört zu den Städten, die die Grenzwerte für die NO2-Belastung überschreiten. Infolgedessen erarbeitet die Stadt Regensburg derzeit einen Masterplan Saubere Luft mit finanzieller Förderung des Bunds. Die Einhrung des ÖFVS ist Bestandteil der laufenden Untersuchungen. Der Masterplan muss zum 31.07.2018 beim Bund vorgelegt werden.

 

Schon 2014 hat der Stadtrat einen Beschluss zur Förderung der Nahmobilität gefasst (VO/14/10295/61). Weiterhin steht der Lärmaktionsplan kurz vor dem Abschluss.

Dank der fortschreitenden Digitalisierung (Stichwort: Verbreitung von Smartphones) gewinnt die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsmittel enorm an Bedeutung. Die Menschen in den Städten sind mehr und mehr inter- und multimodal unterwegs. Daher sind neue Mobilitätsangebote gefragt, die den klassischen ÖPNV in Räumen und Zeiten schwacher Nachfrage ergänzen. Nur durch die Vernetzung der Verkehrsträger ergeben sich in vielen Fällen überhaupt erst Alternativen zum Kfz.

 

Im Sinne der Flächensparsamkeit und zur Förderung einer stadtgerechten Mobilität gilt es, Eigentum und Besitz von Pkw zu verringern und öffentliche Angebote zu forcieren. Analog zum ÖPNV sind solche Angebote, wie auch das ÖFVS, betriebswirtschaftlich nicht kostendeckend, jedoch gesamtwirtschaftlich sinnvoll. Die Vorteile für die Gesellschaft Verringerung von Lärm, Schadstoffen, Flächenverbrauch, Unfallzahlen und Förderung der Gesundheit überwiegen die dauerhaft anfallenden Defizite.

 

Unter Berücksichtigung der von der Verwaltung gestellten Systemanforderungen und der beabsichtigten Gebührenstruktur wird die Dienstleistung in ihrer Gesamtheit (System und Vertrieb mit enger Verzahnung zum bestehenden ÖPNV-Angebot) vom Markt zumindest nicht in gleicher Form angeboten.

 

Die Besonderheit des „Regensburger Systems“ wird die Integration in den gesamten öffentlichen Verkehr sein. Wenn ÖPNV, Car-Sharing und das ÖFVS aus einer Hand angeboten werden, können die einzelnen Komponenten ideal aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt werden. Das schafft nicht nur neue Angebote im öffentlichen Verkehr, für den Nutzer sind der Zugang und die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsmittel denkbar einfach. Somit wird ein höherer Nutzen gengenüber ÖFVS von Gesamtdienstleistern generiert.

 

Ein ÖFVS in der dargestellten Form erfüllt damit die Voraussetzungen einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) nach europarechtlicher Definition.

 

 

3.Organisationsstruktur

 

Die Stadtverwaltung kommt nach Prüfung der rechtlichen und funktionalen Aspekte zu dem Ergebnis, dass eine Übertragung der Aufgaben, die mit dem ÖFVS in Verbindung stehen, an den Konzern das Stadtwerk.Regensburg sinnvoll und grundsätzlich zulässig ist. Ein Teil der Aufgaben, insbesondere solche, die mit dem technischen Betrieb zusammenhängen, soll an einen so genannten Systemdienstleister (SDL) vergeben werden. Weiterhin sollen der RVV und weitere Konzerntöchter beteiligt werden, um eine bestmögliche Vernetzung des ÖFVS mit dem ÖPNV zu erzielen, z. B. auch durch Nutzung der bestehenden Vertriebsstruktur.

 

Insofern übernimmt der Konzern das Stadtwerk.Regensburg die Aufgabe eines Vertriebsdienst­leisters (VDL). Die Verwaltung klärt derzeit die Details mit dem Konzern das Stadtwerk.Regensburg.

 

Die übergeordnete Steuerung verbleibt bei der Stadt, die im Ergebnis auch das kumulierte Gesamt-Defizit trägt. Weiterhin ist geplant, dass die Stadt die Stations-Stelen beschafft und zur Nutzung zur Verfügung stellt.

 

 

4.EU-Beihilferecht und Vergabeverfahren

 

Mit dem Fahrradvermietungssystem in Regensburg als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird das Stadtwerk.Regensburg beauftragt. Dies geschieht in Form eines Betrauungsaktes gemäß dem Freistellungsbeschluss der EU-Kommission vom 20.12.2011, der dem Stadtrat gesondert zur Beschlussfassung vorgelegt werden wird.

 

Der Systemdienstleister wird dabei über eine europaweite öffentliche Ausschreibung mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb durch das Stadtwerk.Regenburg ermittelt. Bei einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahren darf davon ausgegangen werden, dass keine Begünstigung eines Dritten vorliegt. Damit fehlt es am wesentlichen Kernelement des Beihilferechts; der Beihilfebegriff ist insoweit nicht einschlägig. Auch erhält der SDL keine Einnahmen aus dem ÖFVS. Die europaweite Ausschreibung führt zu einem Wettbewerb, so dass davon ausgegangen werden kann, dass marktübliche Preise erzielt werden.

 

Die Finanzierung des Projekts ÖFVS über Ausgleichsleistungen der Stadt Regensburg an den Konzern das Stadtwerk.Regensburg erfolgt auf Basis des Freistellungsbeschlusses (u.a. Beachtung des Überkompensationsverbots).

 

Die Übertragung der Aufgaben des Vertriebsdienstleisters (VDL) an den Konzern das Stadtwerk.Regensburg kann unter Beachtung der Voraussetzungen des § 108 GWB über eine Inhouse-Vergabe geregelt werden.

 

 

5. Ausschreibungsinhalte für das ÖFVS

 

Im Folgenden werden die wesentlichen Ausschreibungsinhalte aufgeführt.

 

5.1Umfang des Systems (Anzahl Räder und Stationen)

 

Das ÖFVS soll gestaffelt in Stufen eingeführt werden. Von der Betriebsaufnahme an ist ein 50 % Pedelec-Anteil vorgesehen. Dem eigentlichen Betrieb wird eine 3-monatige Testphase vorgeschaltet. Um SDL und VDL nicht zu überfordern und im Betrieb Erfahrungen sammeln zu können, ist ein sukzessiver Ausbau des Systems geplant.

 

Stufe 0Testbetrieb
(3 Monate vor Betriebsstart bis Betriebsstart)

 

Anzahl Räder30

Pedelec-Anteil mind. 20 %

Anzahl Pedelecs mind. 6

Anzahl Stationen5

 

 

Stufe 1Umsetzung zur Systemeinführung
(Betriebsstart bis max. 9 Monate nach Betriebsstart)

 

Anzahl Räder401

Anzahl zusätzl. Räder (zu Stufe 0)371

Pedelec-Anteil50 %

Anzahl Pedelecs200

Anzahl Stationen gesamt41

Anzahl zusätzl. Stationen (zu Stufe 0)36

zusätzl. Stationen zwingend ohne Docks0

 

Zum Betriebsstart müssen mind. 148 Räder, 100 Pedelecs und 27 Stationen in Betrieb gehen (inkl. der Räder und Stationen aus dem Testbetrieb).

 

 

Stufe 2Umsetzung bis maximal 2 Jahre nach Betriebsstart

 

Anzahl Räder gesamt515

Anzahl zusätzl. Räder (zu Stufe 1)114

Pedelec-Anteil50 %

Anzahl Pedelecs gesamt260

Anzahl Stationen gesamt53

Anzahl zus. Stationen12

zusätzl. Stationen zwingend ohne Docks4

 

 

Stufe 3Umsetzung bis maximal 5 Jahre nach Betriebsstart

 

Anzahl Räder gesamt597

Anzahl zus. Räder (zu Stufe 2)82

Pedelec-Anteil50 %

Anzahl Pedelecs gesamt300

Anzahl Stationen gesamt63

Anzahl zusätzl. Stationen10

zusätzl. Stationen zwingend ohne Docks0

 

 

5.2Stationen

 

Der Umfang der einzelnen Stationen bestimmt sich im Wesentlichen nach dem Prinzip des Akkuladens der Pedelecs. Müssen die Akkus an den Stationen geladen werden, dann sind bei einem Teil der Stationen ladefähige Docking-Elemente erforderlich. Alternativ besteht die Möglichkeit, leere Akkus durch den Betriebsdienst gegen volle zu tauschen.

 

Berührungslose Ladeformen befinden sich noch im Teststadium, kommen also für das Regensburger System nicht in Frage.

 

Aufgrund der vergleichsweise hohen Investitions-, aber auch der Unterhaltungskosten, geht die Verwaltung in der Kalkulation davon aus, dass eher ein System mit Akkutausch und damit ohne feste Docking-Elemente zum Einsatz kommen wird. Systeme ohne Docks sind außerdem flexibler, da keine Tiefbauarbeiten beim Rückbau, Versetzen oder der Neueinrichtung von Stationen erforderlich sind. Dies geht entsprechend positiv in die Wertung ein.

 

Jede Station erhält wegen der Auffindbarkeit und Sichtbarkeit im Stadtraum eine Stele. Die Stele dient zudem der Erläuterung des Systems für Interessierte, potenzielle Neunutzer und Gelegenheitsnutzer (z. B. Touristen). Die Stele kann techn. Elemente aufnehmen, die der Kommunikation zwischen Station, Zentralrechner und Rädern dienen. Auch W-Lan-Hotspots können integriert werden.

 

 

6.Betrieb

 

Die Räder und Pedelecs sind an 365 Tagen im Jahr nutzbar. Im Winter wird die Flotte reduziert, um einerseits der geringeren Nachfrage zu entsprechen und Kosten zu sparen sowie andererseits Wartungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchführen zu können.

 

Der Betriebsdienst kontrolliert in vorgegebenen Zyklen die Stationen und Räder auf Sicherheit, Sauberkeit und ein ansprechendes Erscheinungsbild. Die Kontrollen erfolgen gestaffelt nach Bedeutung der Stationen. Räder, die nicht verkehrssicher sind, müssen sofort für die Vermietung gesperrt werden.

 

Stationen dürfen nur für eine begrenzte Zeit „leerlaufen“. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass an den Stationen möglichst rund um die Uhr genügend Räder vorgehalten werden.

 

In der Ausschreibung werden für den Betrieb Service-Level definiert. Der SDL dokumentiert kontinuierlich die Einhaltung und Nicht-Einhaltung der Service-Level („Reporting“). Die Nicht-Einhaltung der Service-Level wird durch Vertragsstrafen sanktioniert.

 

Der VDL wird einen telefonischen Kundenservice über eine Hotline betreiben. Zusätzlich können sich Kunden per Mail oder auch persönlich, z. B. über das RVV-Kundenzentrum an den VDL, wenden.

 

 

7.Werbung / Sponsoring

 

Die Erfahrung in anderen Kommunen zeigt, dass insbesondere die Systeme eine hohe Nutzerzahl aufweisen, die eine Identifikation der Bevölkerung mit dem System ermöglichen. Maßgebend sind eine neutrale Namensgebung und ein ansprechendes Erscheinungsbild. Idealerweise werden sogar Unternehmen oder Dienstleister vor Ort eingebunden.

 

Insofern gilt es zu vermeiden, dass die Räder als „rollende Litfaßulen“ unterwegs sind. Dennoch wird eine gewisse Form des Sponsorings im Rahmen der städtischen Sponsoring-Richtlinie zugelassen. So dürfen unterstützende Unternehmen ihre Logos auf den Rädern und an den Stationsstelen platzieren. Zugelassen wird auch, dass Stationen nach den unterstützenden Unternehmen benannt werden.

 

 

8.Vertragliche Regelungen

 

Der Vertrag mit dem SDL beginnt mit der Vergabe durch das Stadtwerk.Regensburg. Im Idealfall kann der Betrieb für die Allgemeinheit noch im Herbst 2019 aufgenommen werden. Die Vertragslaufzeit endet zunächst nach 5 Jahren.

 

Nach drei Jahren Betrieb wird eine Evaluation durchgeführt. Anschließend wird über die Fortführung der Betrauung und damit des Betriebs über die 5 Jahre Vertragslaufzeit hinaus entschieden. Eine automatische Verlängerung der Betriebslaufzeit findet nicht statt.

 

Noch vor dem Testbetrieb ist eine Bemusterung obligatorisch. Die Bemusterung ist mit einer Abnahme der einzelnen Komponenten Stationen, Software, Räder und Pedelecs verbunden. Ebenso erfolgt nach der Testphase eine Abnahme.

 

Nach Ende der Vertragslaufzeit sind alle Anlagen zurückzubauen (Rückbauverpflichtung).

 

 

9.Ausgabenkalkulation

 

Der laufende Aufwand aus dem Betrieb unterteilt sich in drei Kostengruppen:

 

  • Abschreibungen aus Investitionen,
  • Fixkosten, wie z. B. Miete oder Bereithaltung der Hotline sowie
  • variable Kosten, wie z. B. Unterhalt der Fahrräder.

 

Diese letztgenannte Kostengruppe wird vor allem durch die Nutzungshäufigkeit der einzelnen Fahrzeuge bestimmt. Um den Bietern eine einheitliche Kalkulationsgrundlage zu geben, wird von einer durchschnittlichen Nutzung von 1,5 Mal pro Tag und Fahrrad/Pedelec ausgegangen. Soweit diese Häufigkeit wesentlich unter- oder überschritten wird, kann eine Anpassung der Kostenerstattung in der Kostengruppe „variable Kosten“r den technischen Betrieb erfolgen.

 

 

10. Einnahmenkalkulation

 

Abgesehen von dem Tarif für Gelegenheitsnutzer sehen Tarife anderer Städte regelmäßig eine Jahres- oder Halbjahresgebühr vor, die eine kostenfreie Nutzung der konventionellen Räder im ÖFVS von bis 30 Minuten pro Tag erlaubt. Ab der 31. Minute fallen dann nutzungsabhängige Gebühren an. Ein solches Tarifsystem soll auch in Regensburg Anwendung finden.

 

Aufgrund des höheren Komforts sollen für die Nutzung der Pedelecs bereits ab der 1. Minute Gebühren erhoben werden.

 

Zusätzlich sind Sonderkonditionen für Studierende und RVV-Abonnenten vorgesehen. Menschen, die häufig Pedelecs nutzen wollen, erhalten die 30 Gratis-Minuten pro Tag durch eine höhere Jahresgebühr.

 

Die maximale Tagesgebühr für konventionelle Räder und für Pedelecs wird unter dem Gesichtspunkt der anfallenden Kosten und Wettbewerbssituation festgelegt. Diese Gebühren werden zum einen aus anderen deutschen Städten und zum anderen aus den Verleihgebühren hiesiger Fahrradhändler abgeleitet. Insbesondere Besucher und Touristen werden mit diesen Tarifen angesprochen.

 

 

11.Finanzierung

 

Es ist davon auszugehen, dass sich das ÖFVS nicht selber tragen wird. Ein ÖFVS wird nur dann akzeptiert, genutzt und pfleglich behandelt, wenn die Qualität stimmt. Zuletzt hat sich in diversen deutschen Städten gezeigt, dass Systeme, die mit minderer Qualität und fehlendem Service in diesen Fällen ohne finanzielle Ausgleichzahlungen durch die Kommune  eingeführt werden, nicht nur wenig Akzeptanz, sondern sogar massive Ablehnung bis hin zum Vandalismus erfahren.

 

Ein ÖFVS soll ein zusätzlicher Baustein für die umwelt- und stadtgerechte Mobilität sein, also insbesondere den ÖPNV ergänzen. (Annähernd) kostendeckende Gebühren würden dazu führen, dass die Zahl der Nutzer gering bliebe. Der gewünschte Effekt der Förderung des Umweltverbunds und der Entlastung der Straßen vom Kfz-Verkehr würde nicht erreicht werden.

 

Aufwände entstehen durch die Bereitstellung und Instandhaltung der erforderlichen Infrastruktur (Stationen, Räder, Software, Werkstatt, Fahrzeuge) sowie das Personal. Einnahmen generieren sich aus den Gebühren der Nutzer und ggf. aus Sponsoring.

 

 

11.1Einnahmen durch die Nutzer

 

Der SDL wird in Zusammenarbeit mit dem RVV als Mobilitätsanbieter das Tarifsystem im Einzelnen festlegen. Die derzeitige Kalkulation jedoch beruht auf folgenden Annahmen:

 

Es wird davon ausgegangen, dass zum Betriebsstart etwa 2 % der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz (ca. 140.000 Einwohner) ein Abo erwerben. Die unterstellte Wachstumsrate bei der Bevölkerung beträgt 0,4 % pro Jahr. Das Wachstum des Nutzeranteils wird mit 0,5 Prozentpunkten jährlich unterstellt. Der maximale Anteil wird mit 5 % angenommen.

 

Bei den 21.000 Studierenden der Universität wird ein Abonnenten-Anteil von 5 % unterstellt, der ebenfalls jährlich um 0,5 Prozentpunkte bis zu einem Maximum von 8 % wächst. Ein Wachstum bei den Studierendenzahlen wird nicht einkalkuliert. Da die Studierenden der OTH in deutlich größerem Umfang Pendler aus der Region sind, wird hier zunächst im Sinne eines vorsichtigen Kalkulationsansatzes nur ein nachrangiges Nutzerpotenzial gesehen.

 

2017 gab es etwa 570.000 Übernachtungsgäste in Regensburg. Es wird angenommen, dass ab Betriebsstart 0,1 % pro Jahr das ÖFVS nutzen, vorrangig mit einer Tageskarte.

 

Nicht berücksichtigt werden zunächst im ersten Betriebsjahr die Pendler. Hier dürfte die Zahl derer, die vom SPNV oder ÖPNV auf das ÖFVS umsteigen, anfangs noch zu vernachlässigen sein, weil erst noch das Stationsnetz aufgebaut werden muss. Ab dem zweiten Betriebsjahr wird erwartet, dass 0,5 % der gut 72.000 Pendler das ÖFVS nutzen werden. Es wird geschätzt, dass der Anteil um jährlich 0,5 Prozentpunkte bis maximal 3 % steigen wird.

 

Es wird davon ausgegangen, dass die meisten Fahrten mit den konventionellen Rädern nicht kostenpflichtig sind, weil die Entfernungen in der Stadt meist kurz und damit die Mietdauern gering sind. Die kostenfreie 30-Minuten-Schwelle wird daher nur bei jeder 50. Fahrt überschritten. Insofern sind hier nur geringe Einnahmen zu generieren. Anders stellt sich die Situation bei den Pedelecs dar, weil diese in der Regel bereits ab der 1. Minute kostenpflichtig sein werden.

 

Die Anzahl der Fahrten wird auf 1,5 pro Rad/Pedelec und Tag im 1. Betriebsjahr geschätzt. Einkalkuliert ist eine Steigerung um 10 % pro Jahr.

 

 

11.2Einnahmen aus Sponsoring

 

Um durch einen konservativen Ansatz eher auf der sicheren Seite zu sein, werden keine Einnahmen aus Sponsoring einkalkuliert.

 

 

11.3Ausgaben für die Infrastruktur

 

r die konventionellen Räder werden inkl. der Miet- und Rückgabevorrichtung Kosten i. H. v. 1.100 EUR und für die Pedelecs 3.600 EUR pro Stück angenommen. Für die Stelen werden Kosten i. H. v. 8.500 EUR inkl. Montage und techn. Ausrüstung pro Stele geschätzt. Zur Absicherung der Stationen im Straßenraum werden an 18 Standorten Ausgaben von rund 1.000 EUR je Station unterstellt. Für die Umsetzung der Räder (Relokation) sowie den Betriebsdienst müssen voraussichtlich zunächst zwei, später noch ein drittes Fahrzeug inkl. Anhänger angeschafft werden. Je Gespann fallen dafür Kosten von rund 50.000 EUR an.

 

Notwendig für den Unterhalt der Fahrzeuge ist der Betrieb einer lokalen Fahrradwerkstatt. Die Anschaffung der Werkstattausrüstung wird mit 50.000 EUR Einmalkosten angenommen. Ebenso fallen Einmalkosten i. H. v. 150.000 EUR für die Erweiterung der RVV-App um die Funktionen für das ÖFVS an.

 

Diese Kostenannahmen wurden unabhängig von der Frage getroffen, wer die Anschaffungs- und Herstellungskosten trägt bzw. Eigentümer des Vermögens wird. In der Finanzierungsübersicht wurden diese Kosten aus Vergleichsgründen mit der AfA dargestellt.

Im Entwurf des Investitionsprogramms 2018-2022 sind Haushaltmittel für die Erst-Errichtung der Stelen i. H. v. 575 TEUR sowie für die Erst-Beschaffung der Fahrräder und Pedelecs i. H. v. 1.400 TEUR berücksichtigt. Diese Kosten wurden auch bei der Projektskizze im Rahmen des „Bundeswettbewerbes Klimaschutz durch Radverkehr“ zur Förderung eingereicht.

 

 

11.4laufende Kosten für Sachmittel, Mieten, Versicherungen etc.

 

Neben der Ersatzteilbeschaffung fallen Kosten für Strom, Mieten, Versicherungen, Verbrauchsmaterialen in Büros und der Werkstatt, Porto-, Telekommunikations- und Kontoführungsgebühren, Heizung, Marketingartikel u. ä. an.

 

 

11.5Personalkosten

 

Personalkosten entstehen zum Beispiel durch die Relokation der Fahrräder von beliebten Ankunftsstationen zu beliebten Abfahrtsstationen, die Kontrolle der Fahrräder auf Verkehrssicherheit, die Kontrolle der einzelnen Stationen (Funktion, Sauberkeit) sowie Vertrieb, Marketing, Kundenbetreuung, Systembetreuung und Overheadaufgaben.

 

 

11.6Gewinn- und Verlustrechnung

 

Unter der Annahme, dass ein Großteil der Investitionskosten bezuschusst wird, könnte, abhängig von der Zahl der Fahrräder, im ersten Betriebsjahr ein Verlust von rund 800.000 Euro entstehen, der durch die Stadt auszugleichen sein wird.

 

Durch die Erhöhung der Zahl der Fahrräder über die Vertragslaufzeit wird eine Steigerung des Verlustes auf rund 1.050.000 Euro bis zum 5. Betriebsjahr erwartet.

 

Sollte die Stadt Regensburg keine Zuwendungen erhalten, läge der Verlustausgleich bei rund 925.000 im ersten Betriebsjahr, der auf rund 1.300.000 Euro im 5. Betriebsjahr anwachsen könnte.

 

Es wird unterstellt, dass für die Erweiterung des Systems nach dem dritten Betriebsjahr bzw. für die Ersatzbeschaffung von Rädern und Pedelecs keine Zuschüsse von Seiten des Bunds oder des Freistaats zu erwarten sind.

 

Eine Verringerung des Anteils der Pedelecs auf 0 % würde die Größenordnung der Jahresergebnisse, d. i. das Defizit, nur unwesentlich reduzieren, da angenommen wird, dass hierdurch auch die Einnahmen deutlich sinken würden. Im Übrigen darf auf die Annahme in der Anlage verwiesen werden.

 

Berechnung inkl. 70 %-ige Förderung für Investitionskosten

 

1. Betriebsjahr

2. Betriebsjahr

3. Betriebsjahr

4. Betriebsjahr

5. Betriebsjahr

Erlöse

      176.300 €

       271.000 €

         356.000 €

       429.200 €

       502.800 €

Aufwand

ohne AfA

      888.700 €

       1.004.600 €

      1.158.800 €

    1.250.700 €

    1.379.800 €

AfA nach Abzug

der Förderung

        89.000 €

       118.800 €

         139.700 €

       171.200 €

       177.100 €

Jahresergebnis

-801.400 €

-852.400 €

-942.500 €

-992.700 €

-1.054.100 €

 

Tabelle 1 „Jahresergebnisse mit Förderung“

 

 

12.Zeitplan

 

Sobald die Stadt Regensburg vom Fördergeber erfährt, ob für das Vorhaben ein Zuschussantrag eingereicht werden soll, kann die Ausschreibung durchgeführt werden. Bei dem Ausschreibungsverfahren sind vorgegebene Fristen einzuhalten. Sollte im September die Aufforderung zur Einreichung eines Zuschussantrags eingehen, kann die Vergabe im Idealfall Anfang 2019 erfolgen.

 

r den Aufbau der notwendigen Strukturen, der Akquise des benötigten Personals sowie die Produktion und Einführung der Infrastruktur muss ein Zeitrahmen von 9 Monaten einkalkuliert werden. In diesem Zeitrahmen ist eine 3-monatige Testphase eingerechnet.

 


 

Der Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen empfiehlt:

Der Stadtrat beschließt:

 

  1. Die Einführung des beschriebenen öffentlichen Fahrradvermietungssystem (ÖFVS) wird gemäß der Sachverhaltsdarstellung beschlossen, soweit die Stadt Regensburg eine Förderung gemäß der eingereichten Projektskizze erhält.
  2. Die notwendigen Investitionsmittel 2019 bis 2023 werden für die Inbetriebnahme des ÖFVS nach Maßgabe der Sachverhaltsdarstellung und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel bereitgestellt.
  3. Die Mittel für den laufenden Betrieb werden für die ersten 5 Betriebsjahre, voraussichtlich beginnend Ende 2019, nach Maßgabe der Sachverhaltsdarstellung und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel bereitgestellt.
  4. Die beiliegende Kostenannahme (vgl. Anlage) ist Bestandteil des Beschlusses.

 


Anlagen:

 

Übersicht Jahresergebnisse

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 20180709_Übersicht Jahresergebnisse (15 KB)