Sachverhalt:
Am 26.6.2018 hat der Grundstücksausschuss beschlossen, in Pachtverträgen von städtischen Grundstücken grundsätzlich einen Verzicht von Pestiziden und Herbiziden vorzusehen. Fokus des Beschlusses waren hier insbesondere die Neuverpachtungen. Es war nicht beabsichtigt, in die bestehenden und jährlich sich verlängernde Bestandsverpachtungen einzugreifen.
Derzeit werden bereits 31 ha, das entspricht 6,5 % der städtischen Flächen insgesamt (bzw. 9,7 % innerhalb des Stadtgebietes), ökologisch bewirtschaftet. Ein Teil der Flächen befindet sich in Schutzgebieten unterschiedlicher Art (Naturschutz, Wasserschutz, FFH etc). In Wasserschutzgebieten gibt es bereits besondere Bewirtschaftungskriterien (kein Terbuthylazin, kein prophylaktischer Pflanzenschutz).
Seit dem Bekanntwerden des Beschlusses wurden von den betroffenen Landwirten deutliche Existenzgefährdungen geltend gemacht, nachdem eine teilweise Umstellung des Betriebes auf eine ökologische Landwirtschaft nur für die Pachtflächen nicht möglich ist. Auch seitens des Bauernverbandes, der anfänglich hinsichtlich beschränkender Pestizidauflagen keine größeren Probleme sah, hat inzwischen Bedenken gegen eine übergangs- und ausnahmslose Umsetzung des Beschlusses angemeldet.
Gleichzeitig gibt es aktuelle politische Bestrebungen auf Bundes- und Landesebene, die mehr Biodiversitätsflächen fordern, um für Insekten (v.a. Bienen) und andere bedrohte Tier- und Pflanzenarten Lebensräume zu schaffen. So wurde die Annahme des erfolgreichen Volksbegehrens "Rettet die Bienen" bereits vom Bayerischen Kabinett beschlossen und wurde in erster Lesung am 8.5.19 beraten. Auch der deutsche Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz stellt klar: „Allein das Verbot von Pflanzenschutzmitteln kann nur begrenzt und in Teilbereichen Beiträge zur Förderung der biologischen Vielfalt erbringen. Ohne Vorhandensein bestimmter ökologischer Infrastrukturen (z.B. unbehandelte Teilflächen mit Ackerwildkräutern, Gewässerrandstreifen, gezielt angelegte Blühflächen, Dauerstrukturen wie Hecken, u. a.) ist die Wiederbesiedlung der Produktionsfläche nicht oder nur verzögert möglich.“
Eine ähnliche Zielrichtung verfolgt das Schreiben des Landesbundes für Vogelschutz vom Dezember 2018 und fordert gegenüber der Stadt Regensburg u.a. die gezielte Anlage von mehrjährigen Brach- und Blühflächen mit standortheimischen Pflanzen als Nahrungsgrundlage für Insekten, Gewässerrandstreifen, den Düngereinsatz weitgehend zu reduzieren, den Ausbau und den Verbund von Biotopstrukturen und die Erhöhung des Anteils an ökologisch bewirtschafteten Flächen.
Aus diesem Grund möchte die Stadt Regensburg gemeinsam mit den örtlichen Landwirten und in Abstimmung mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein kooperatives, multiples Maßnahmenpaket als Regensburger Weg anstoßen, das Elemente aus dem Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz, und Konzepten des integrierten Pflanzenschutzes enthält und den gefassten Beschluss in der Umsetzung konkretisiert. Die Regensburger Regelung ist auch weitergehender als der Gesetzesentwurf zum Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Das Volksbegehren formuliert beispielsweise -kein grundsätzliches Pestizidverbot für Ackerflächen, -aber die Vorgaben, dass staatliche Flächen ab 2020 ökologisch bewirtschaftet werden und die Quoten der ökologisch angebauten Flächen 2025 auf 20 % und 2030 auf 30 % steigen.
Mit dem Konzept werden im Wesentlichen folgende Ziele verfolgt:
Mit der Umsetzung dieses Konzeptes erhält Regensburg eine Vorreiterrolle in Bayern und Deutschland, nachdem keine andere vergleichbare Stadt recherchiert werden konnte, die ein so breit angelegtes Umsetzungskonzept auf den Weg gebracht hat.
Am 2.4.19 hat ein Gespräch der Verwaltungsspitze, dem Bauernverband und einer repräsentativen Anzahl von landwirtschaftlichen Pächtern stattgefunden. Dabei wurden insbesondere eine Härtefallregelung, eine längere Umsetzungsfrist für den geplanten kompletten Pestizidverzicht der Ziffer 4 a) von mindestens 7 bis 10 Jahren gefordert und die Möglichkeit, abhängig von der Lage und Bonität der Pachtflächen die Biodiversitätsflächen ggf. alternativ auch auf anderen Betriebsflächen in räumlicher Nähe nachweisen zu können. Nachdem gemäß Artikel 36, 37 der EU-Verordnung (EG) Nr. 889/2008) die Landwirte sich bei einjährigen Kulturen vor der Aussaat bei der zuständigen Öko-Kontrollstelle melden und den Betrieb seinen Kontrollen unterstellen müssen, ist das Jahr 2019 tatsächlich als potentielles Umstellungsjahr für die Landwirte abgelaufen. Es wurde daher sowohl vom Bauernverband als auch den Landwirten gebeten, die Umsetzung des Regensburger Vorschlages erst ab dem Pachtjahr 2020/2021 vorzunehmen.
Die Vorgaben dieses Beschlusses werden in einer Nachtragsvereinbarung mit den landwirtschaftlichen Pächtern umgesetzt. Die Verwaltung wird beauftragt, die Einhaltung der Vorgaben stichprobenartig von einem qualifizierten Büro kontrollieren zu lassen. Insbesondere ist der verbleibende Pflanzenschutzmitteleinsatz gegenüber der Stadt Regensburg offenzulegen und die Lage der Biodiversitätsflächen jeweils vor Beginn des Pachtjahres anzuzeigen. Für die anzulegenden 10 % der Pachtfläche wird ein anteiliger Pachtpreisnachlass gewährt und im Sinne der Qualitätssicherung einer hochwertigen Saatgutmischung die Kosten hierfür übernommen. Diese Maßnahmen werden voraussichtlich in einem hohen fünfstelligen Betrag Kosten in Form von Einnahmeverlusten bzw. zusätzlichen Ausgaben zur Folge haben.
Weiter sind von den Landwirten begleitende Maßnahmen nach den Vorgaben des Integrierten Pflanzenschutzes, z.B. gute Fruchtfolge, kein wiederholter Maisanbau, Anwendung Schadschwellenprinzip und Kooperationsprojekte z.B. mit Imkervereinen und Umweltverbänden umzusetzen.
Sofern die Umsetzung des Beschlusses für einzelne Pächter z.B. aufgrund besonderer Betriebsstrukturen, dem Anbau von Sonderkulturen, kleinerer Flächenanteile in arrondierten Bereichen oder sonstiger heute noch nicht absehbarer Gründe eine besondere Härte darstellt, kann eine Härtefallkommission angerufen werden. Den Vorsitz dieser Kommission hat der Oberbürgermeister/die Oberbürgermeisterin inne und wird gebildet aus dem / der Umweltreferenten/in, dem/der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferenten/in, Obmann-/frau des Bauernverbandes und einer weiteren Vertretung des Bauernverbandes.
Eine Evaluierung der beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen ist ab 2025 durchzuführen, den Stadtratsgremien Bericht zu erstatten und weitere Umsetzungsmaßnahmen vorzuschlagen.
Alle stadteigenen Grundstücke, die von der Stadt Regensburg neu an einen Landwirt verpachtet werden (echte Neuverpachtungen), sind hinsichtlich des Pestizideinsatzes nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus im Sinne der Ziffer 1 zu bewirtschaften. Eine Zertifizierung des landwirtschaftlichen Betriebes nach der EU-Durchführungsbestimmung Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission oder anderen Zertifizierungsstellen ist seitens der Pächter nicht nachzuweisen, nachdem eine Teilumstellung des landwirtschaftlichen Betriebes nur für die Pachtflächen nicht möglich ist. Politisches Ziel ist es, in 5 Jahren grundsätzlich alle landwirtschaftlichen städtischen Flächen ökologisch bewirtschaften zu lassen.
Nach der Geschäftsordnung des Stadtrates ist in Stiftungsangelegenheiten der Ausschuss für Soziales und Stiftungsangelegenheiten bzw. der Ausschuss für die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung zuständig. Für die im Eigentum von Stiftungen, die von der Stadt verwaltet werden, stehenden Flächen ist vom Grundstücksausschuss ein Pestizidverbot nicht wirksam zu beschließen gewesen. Nachdem ein Großteil der allgemeinen Stiftungsflächen erst 2014 über einen 25-jährigen Pachtvertrag vergeben wurde, gibt es hier derzeit keine Einwirkungsmöglichkeiten. Sollte für die Restflächen ein solcher Beschluss angedacht werden, hat die Stiftungsaufsicht hier intensiven Abstimmungsbedarf angemeldet, insbesondere nachdem das in Bayern erfolgreiche Volksbegehren Artenschutz in der Folge bereits Einschränkungen für die Eigentumsflächen der Stiftungen mit sich bringt.
Der Ausschuss für Umweltfragen- Natur- und Klimaschutz empfiehlt / der Grundstücksausschuss beschließt:
a) Das Totalherbizid Glyphosat (Wirkstoff) und die bienengefährdenden Neonikotinoide werden auf allen städtischen Pachtflächen verboten.
b) Zur Schaffung von Biodiversitätsflächen werden 10 % der städtischen Pachtflächen als mehrjährige Blüh-, Saum- oder Ackerwildkräuterflächen mit mindestens 5 m Breite und außerhalb von B-Plan-Gebieten Gewässerrandstreifen mit mindestens 10 m Breite angelegt, auf denen jegliche Pestizid- und Düngerausbringung verboten ist.
c) Die Lage der Biodiversitätsflächen ist der Stadt Regensburg jeweils vor Beginn des Pachtjahres anzuzeigen. Weiter sind von den Landwirten begleitende Maßnahmen nach den Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes verpflichtend umzusetzen (z.B. gute Fruchtfolge, kein wiederholter Maisanbau, Anwendung Schadschwellenprinzip).
4. a) Die vollständige Umstellung des ökologischen Landbaus im Sinne der Ziffer 1. auf allen städtischen Grundstücken soll grundsätzlich nach 5 Jahren abgeschlossen sein. Die Verwaltung wird beauftragt, die Einhaltung der Bewirtschaftungsvorgaben stichprobenartig von einem qualifizierten Büro überprüfen zu lassen.
b) Eine Evaluierung findet 2025 statt.
Anlagen:
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