Sachverhalt:
1. Anlass
Das Einzelhandelsrahmenkonzept der Stadt Regensburg aus dem Jahr 2009 war eine fundierte und akzeptierte Grundlage und Orientierung sowohl für die Bauleitplanung als auch für die Beurteilung von Einzelvorhaben. Für Betreiber/innen, Grundstückseigentümer/innen und Investoren schaffte es Planungs- und Investitionssicherheit. In den letzten Jahren waren allerdings vermehrt Versuche festzustellen, vom Einzelhandelsrahmenkonzept abzuweichen. Dadurch bestand die Gefahr, dass es an Bedeutung, Steuerungsfunktion und Durchsetzungskraft verlieren könnte. Vor diesem Hintergrund ist eine Neuaufstellung des Konzeptes auf einer aktuellen Grundlage unabdingbar, zumal die Laufzeit des noch gültigen Konzeptes nur noch bis zum Jahr 2020 reicht. Nicht zuletzt verläuft die Einzelhandelsentwicklung seit vielen Jahren ausgesprochen dynamisch. Auch die Einzelhandelslandschaft in Regensburg und seiner Umgebung hat sich dementsprechend verändert, so dass die Fortschreibung und Anpassung des Einzelhandelskonzeptes (Zielhorizont 2030) unbedingt notwendig ist. Im Juli 2017 hat der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen bzw. der Stadtrat den folgenden Beschluss gefasst: „Die Verwaltung wird beauftragt, das geltende „Rahmenkonzept für die weitere Entwicklung des Regensburger Einzelhandels 2020“ fortzuschreiben bzw. neu erstellen zu lassen“ (VO/17/13269/66).
2. Ausschreibung und Auswahl eines geeigneten Büros
Mit dem Stadtratsschluss haben die Arbeiten rund um die Fortschreibung des städtischen Einzelhandelskonzeptes begonnen. Den geänderten Rahmenbedingungen auf Seiten der Einzelhandelslandschaft soll Rechnung getragen und ein von allen Beteiligten getragener, rechtssicherer Rahmen für die zukünftige Entwicklung des Einzelhandels geschaffen werden. Der „Kleine Arbeitskreis Einzelhandel“ mit Vertretern der IHK, des Handelsverbandes Bayern, der Universität Regensburg und des Stadtmarketings hat die Stadtverwaltung bereits im Rahmen der Ausschreibung und der Auswahl eines geeigneten Büros unterstützt. Im August 2018 wurde schließlich das Münchner Büro der GMA, Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH, mit der Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes beauftragt. Damit wird innerhalb eines Jahres eine zentrale planerische Grundlage der Stadt fortgeschrieben. Ziel ist es, auch in Zukunft Voraussetzungen zur Weiterentwicklung der Innenstadt einerseits, der oberzentralen Versorgungsfunktion im Handel insgesamt, aber auch für eine attraktive und möglichst flächendeckende verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Grundbedarfs zu schaffen.
3. Fortschreibungsprozess / Arbeitsweise / Zeitschiene und Vorgehensweise
Bei der Fortschreibung des Rahmenkonzeptes für den Einzelhandel soll analog dem Vorgehen von 1997 und 2009 der Arbeitskreis Einzelhandel einbezogen werden. Durch die Beteiligung der fachlich betroffenen Verbände und Interessenvertretungen wird gewährleistet, dass die örtlichen Akteure hinter dem Konzept stehen. Denn die Umsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes kann nicht ausschließlich durch die Instrumentarien des Bau- und Planungsrechts oder mit städtebaulichen und verkehrsplanerischen Maßnahmen erfolgen. Die Umsetzung muss gleichermaßen durch die Akteure vor Ort sowie durch die vielfältigen Aktivitäten des Einzelhandels selbst unterstützt werden. Der Fortschreibungsprozess erfolgt in enger Zusammenarbeit und Abstimmung des Amtes für Stadtentwicklung mit der GMA. Der „Kleine Arbeitskreis Einzelhandel“ wird dabei aktiv in die Diskussion rund um die Methodik und Vorgehensweise eingebunden. Der „Große Arbeitskreis Einzelhandel“ setzt sich aus Vertretern des städtischen Einzelhandels, der Politik und der Stadtverwaltung zusammen. Er wird themenbezogen eng in den Fortschreibungsprozess eingebunden und informiert.
Abbildung 1: Zusammensetzung Kleiner und Großer Arbeitskreis Einzelhandel
Tabelle 1: Zeitschiene und Vorgehensweise
4. Erste wesentliche Ergebnisse
Im Rahmen des mit dem Kleinen Arbeitskreis abgestimmten Untersuchungsdesigns erfolgte im Oktober/November 2018 die Erhebung des gesamtstädtischen Einzelhandels sowie die Befragung wesentlicher Akteure der Regensburger Handelslandschaft (Handelsverbände, Händler, Interessengemeinschaften) im Rahmen von branchenübergreifenden Expertengesprächen.
4.1 Erhebungen des gesamtstädtischen Einzelhandels und der Komplementärnutzungen
Im Rahmen der Totalerhebung des Regensburger Einzelhandels wurden sämtliche Einzelhandelsbetriebe erfasst, die Produkte für den Endverbraucher anbieten, die sie zumeist nicht selbst produziert haben („Einzelhandel im engeren Sinne“). Hierbei sind die Betriebe inkl. Standort (geocodierte Adresse mit Straße und Hausnummer), Betriebsname/Geschäftsbezeichnung, Verkaufsfläche (gemäß Rechtsprechung), Sortiment/Branche, Betriebstyp und Lage-/Standortkategorie aufgenommen worden. Angebotsseitig existieren in Regensburg aktuell rund 1.260 Betriebe[1] mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund 450.000 Quadratmetern und einem Gesamtumsatzvolumen von ca. 1,67 Mrd. Euro.[2] Im Vergleich zu dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Regensburg aus dem Jahr 2009 ist somit ein leichter Rückgang in der Betriebsanzahl (Bestätigung des gesamtdeutschen Trends) bei gleichzeitigem Anstieg der Verkaufsfläche und Anstieg der durchschnittlichen Shop-Größe (ebenfalls Bestätigung des gesamtdeutschen Trends) zu konstatieren. Nachfrageseitig ist im Vergleichszeitraum 2009/2019 ein Bevölkerungswachstum von rd. 12 Prozent im Vergleich zu 2009 festzuhalten, das in Verbindung mit der insgesamt gestiegenen Kaufkraft (+ 27 Prozent zu 2009) zu einer Umsatzsteigerung (+ 23 Prozent zu 2009) geführt hat. Gleichzeitig wurde eine geringfügig gesunkene Einzelhandelszentralität ermittelt (Einzelhandelszentralität einer Stadt: Bezeichnung des Verhältnisses aus ihrem Einzelhandels-Umsatz zur vor Ort vorhandenen Einzelhandels-relevanten Kaufkraft). Vor dem Hintergrund der erfolgten Wettbewerbsveränderungen im Umfeld und Entwicklungen des Distanzhandels ist diese Entwicklung positiv zu bewerten. Der Handelsstandort Regensburg ist nach wie vor hoch attraktiv. Weiterhin erfolgte die Erhebung ergänzender Komplementärnutzungen (Dienstleistungen) sowie der Leerstände in den zentralen Versorgungsbereichen der Stadt Regensburg (Basis: Zentrenausweisung 2009).
4.2 Expertengespräche
Zusätzlich zu der quantitativen Analyse des Regensburger Einzelhandels konnten qualitative Leitfadeninterviews mit Vertretern der Regensburger Handelslandschaft geführt werden (rund 15 Expertengespräche). Die Auswahl der Akteure wurde so organisiert, dass die Gespräche räumlich verteilt im Stadtgebiet sowie branchenübergreifend mit Vertretern der Handelsverbände, Händler und Interessengemeinschaften durchgeführt werden konnten. Hierbei zeigte sich ein generell positives Bild von der Entwicklung des Handelsstandortes Regensburg. Insbesondere das Bevölkerungswachstum und die damit gestiegene Kaufkraft wurden als Chance für den lokalen Einzelhandel gewertet . Gleichzeitig stand das Thema der zunehmenden Digitalisierung des Handels (Stichwort „Onlinehandel“) im allseitigen Bewusstsein der Befragten und wird in den einzelnen Verbänden und Gremien breit diskutiert. Als größte Herausforderung wurde die Verkehrsbelastung und mangelnde Erreichbarkeit der Altstadt benannt. Erwartungen seitens der befragten Akteure bestehen vor allem in der konsequenten Durchsetzung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes, das neben einer konsistenten Herleitung der Zentren und Steuerungsregeln vor allem auch die gegenwärtige Situation und künftigen Herausforderungen (insbesondere Onlinehandel, Einwohnerentwicklung, rechtliche Entwicklung) berücksichtigt. Gleichzeitig solle es handhabbar bleiben.
4.3 Haushaltsbefragung in der Stadt Regensburg und im Marktgebiet
Die Haushaltsbefragung in der Stadt Regensburg (N = 1.000) und im Marktgebiet (N = 1.000) ist am 7. Januar angelaufen und wird bis Ostern durchgeführt.[3] Anschließend erfolgt die Aufarbeitung der erhobenen Daten und Informationen, insbesondere die Überprüfung des Marktgebietes (räumlicher Umgriff).
5. Ausblick / weitere Vorgehensweise
Zwischenzeitlich wurde mit der städtebaulich-funktionalen Analyse der bestehenden und potenziellen neuen Nahversorgungsstandorte begonnen. Im Mittelpunkt steht hierbei die Überprüfung der im Einzelhandelskonzept 2009 definierten zentralen Versorgungsbereiche innerhalb des Stadtgebietes anhand verschiedener funktionaler sowie städtebaulicher Kriterien (vor allem städtebauliche Integration, Versorgungsfunktion, Dichte, Handelsbesatz mit Magnetfunktion, Wettbewerbssituation im Umfeld, Stabilität und Leistungsfähigkeit, Potenzialflächen, fußläufige Erreichbarkeit, städtebauliche Qualitäten und Zäsuren). Als Basiskriterien werden die aus der Rechtsprechung abzuleitenden Punkte herangezogen (insbesondere Integration, Versorgungsbedeutung über den Nahbereich hinaus, funktionales und städtebauliches Gewicht). Die bestehenden Zentren werden hinsichtlich Festlegung, Hierarchisierung und räumlicher Abgrenzung überprüft und mögliche Abänderungen vorgeschlagen.
5.1 Passantenbefragung
Auf der empirischen Ebene ist ab April/Mai 2019 die Befragung von insgesamt 1.200 Passanten an den drei oberzentralen Standorten in Regensburg vorgesehen. So sollen an zwei frequenzstarken Einkaufstagen in der Regensburger Altstadt, in den Regensburg Arcaden und im Donaueinkaufszentrum jeweils 400 Passanten nach deren Einkaufsverhalten befragt werden. Zusätzlich erfolgt die Befragung von insgesamt 400 Touristen. Die Organisation und Durchführung der Befragung obliegt der GMA und erfolgt digital gestützt.
5.2 Nahversorgungstage
Die Nahversorgungstage sind als Teil des Beteiligungsprozesses rund um die Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes der Stadt Regensburg eingeordnet. Sie finden im März (1. Nahversorgungstag mit insgesamt 4 Runden) und Mai 2019 (2. Nahversorgungstag mit insgesamt 4 Runden) statt. Hierzu wird es einen öffentlichen Aufruf geben, der es jedem Bürger/jeder Bürgerin ermöglicht, sich in die Diskussion einzubringen. Für vier Stadtbereiche (Mitte/Nordwest, Nord, Wes/Südwest, Osten/Süden) werden die Analyseergebnisse und Entwicklungspotenziale der Nahversorgungsstandorte präsentiert und diskutiert sowie Lösungsansätze und -ideen mit den Teilnehmern gemeinsam entwickelt. Um die Veranstaltungen auch organisatorisch bewältigen zu können, ist für die Teilnahme eine Anmeldung erforderlich.
Nach der Sommerpause 2019 soll der Stadtrat über die Ergebnisse rund um den Fortschreibungsprozess und das städtische Einzelhandels- und Zentrenkonzept informiert werden. Das Konzept soll als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, das in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen ist, beschlossen werden – es dient damit als Grundlage und Orientierungsrahmen für die angestrebte Entwicklung des Einzelhandels in Regensburg bis zum Jahr 2030.
[1] Unter Verwendung der Betriebsdatenbank der Altstadtgeschäfte des Amtes für Stadtentwicklung (Stand: September 2018). [2] Die Zahlen sind als vorläufige Ergebnisse / Arbeitsstand zu verstehen. [3] Vgl. lokale Presse. Der Sachstandsbericht zur Fortschreibung des städtischen Einzelhandels- und Zentrenkonzeptes wird zur Kenntnis genommen.
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