Vorlage - VO/19/15332/85  

 
 
Betreff: Untersuchung zur Machbarkeit eines Areals für die Kultur- und Kreativwirtschaft Regensburg im ehem. Stadtlagerhaus
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent Daminger
Federführend:Amt für Wirtschaft und Wissenschaft   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft Entscheidung
04.04.2019 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

Ausgangslage:

Die Kultur- und Kreativwirtschaft Regensburg ist eine aufstrebende Wirtschaftsbranche mit hohem Zukunftspotential am Standort Regensburg - dies bestätigt eine Studie aus dem Jahr 2012. Mehr als 680 Unternehmen erwirtschaften über 420 Mio. Euro Jahresumsatz (Stand 2012).

 

Mit dem Kreativraum DEGGINGER wurde im Herzen der Regensburger Altstadt ein Ort des Austauschs, der Vernetzung und der Präsentation geschaffen. Als Ergebnis lässt sich nach rund 3 Jahren Betrieb eine deutlich stärkere Wahrnehmung der Branche in Regensburg, eine wachsende Vernetzung der zwölf Kreativbranchen sowie eine Professionalisierung dieser Strukturen beobachten, z.B. mit dem 2017 neugegründeten Verein Forum Kreativwirtschaft e.V.. Neben dem Clustermanagement entwickeln sich damit essentielle Bausteine einer nachhaltigen Clusterstruktur in Regensburg. Von Anfang an wurde seitens der Stadt die Entwicklung eines r Regensburg passgenauen Kreativareals als Ziel eines nachhaltigen Clustermanagements und zur langfristigen Etablierung und Profilierung der Branche angestrebt. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten in Deutschland (z.B. Augsburg, Leipzig, Chemnitz) verfügt Regensburg jedoch über so gut wie keine industriellen Brachflächen mit geeignetem Gebäudebestand für die Entwicklung eines Kreativareals, weshalb die Einstellung des Betriebes des Städtischen Lagerhauses am Westhafen zum 31.12.2018 eine seltene Gelegenheit für eine zeitnahe Umsetzung bietet.

 

Kreativareal im Industriedenkmal:

Das Stadtlagerhaus befindet sich im Hafengebiet Regensburg auf Flächen im Eigentum der Bayernhafen GmbH & Co. KG, an denen wiederum ein Erbbaurecht zu Gunsten der das Stadtwerk.Regensburg GmbH eingetragen ist. Es wurde 1910-1911 von der Stadt Regensburg in einem ersten Bauabschnitt (Mittelteil) im Stil des Art Nouveau errichtet. In den Jahren 1935 und 1939 wurden die beiden Außensilos (Silo West und Silo Ost) nach dem architektonischen Vorbild amerikanischer Lagerhäuser angebaut. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) klassifizierte das Gebäude einschließlich technischer Gerätschaften und inneren Ausprägungen als Denkmal.

 

Die Bayernhafen GmbH & Co. KG steht einer Umnutzung eines zweckgebundenen Erbbaurechtes und der Entwicklung von Nutzungsideen (z.B. eines Kreativquartiers) positiv gegenüber, hierzu wurden diverse Gespräche geführt. Das Gebäude befindet sich direkt im Bereich des aktiven Hafenbetriebs mit umliegender Nutzung der seit 1910 bestehenden Infrastruktur sowohl bahn-, als auch wasserseitig.

 

Nach erster Einschätzung der Stadt Regensburg, dem das Stadtwerk Regensburg GmbH sowie nach Gesprächen mit der Bayernhafen GmbH & Co. KG als Erbbaurechtsgeber rde sich das Stadtlagerhaus Regensburg grundsätzlich gut als möglicher Standort für ein Kreativareal für die Kultur- und Kreativwirtschaft Regensburg eignen, wenn durch eine Umnutzung des bisher im Hafenbetrieb genutzten Stadtlagerhauses keine erhöhten Einschränkungen des Hafenbetriebs resultieren. Die Wahrung der Hafenbelange, insbesondere das Dulden von hafentypischen Emissionen und Beeinträchtigungen muss sichergestellt werden. Es ist auf die Vereinbarkeit der Umnutzung mit zu treffenden Regelungen des Bebauungsplans Westhafen zu achten.

 

Als vorteilhaft erweisen sich die stabile und tragfähige Stahlbetonkonstruktion, die architektonische Charakteristik sowie der Status als Industriedenkmal. Die Lage im Osten Regensburgs im zentrumsnahen Teil des Hafenareals ist prädestiniert für ein Objekt, in dem mit der Kultur- und Kreativwirtschaft eine zukunftsweisende Wirtschaftsbranche wirken könnte. Anderweitige Nutzungen des Gebäudes sind derzeit nach Ansicht der Betreibergesellschaft auf einfache Lagerei beschränkt und somit wirtschaftlich und wirtschaftspolitisch wenig zielführend.

 

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ermöglicht aufgrund ihrer branchenspezifischen Anforderungen an Arbeitsräume und Gewerbeflächen die gewerbliche Nutzung denkmalgeschützter Gebäude dieser Größe, ohne wesentliche denkmalkritische Eingriffe in die bauliche Substanz vornehmen zu müssen. Damit wäre die weitere gewerbliche Nutzung des Stadtlagerhauses Regensburg am Westhafenbecken gesichert.

 

Vorarbeiten:

Ein Impulsgeber für die Überlegungen, ein Kreativareal für die Kultur- und Kreativwirtschaft im ehem. städtischen Lagerhaus zu realisieren, war das Europäische IACOBUS+2018-Projekt der OTH Regensburg unter Leitung von Dekan Andreas Emminger und in Kooperation mit Universitäten aus Spanien, Frankreich und Armenien. Europäische Architekturstudierende aus vier Nationen erarbeiteten im Rahmen des Erasmus+ Projekts städtebauliche Visionen rund um das Stadtlagerhaus Regensburg - unter anderem als Areal der Kultur- und Kreativwirtschaft. Eine Ausstellung der sehr hochwertigen studentischen Arbeiten ist im Mai 2019 vorgesehen.

 

Best-Practices an den Beispielen Tapetenwerk, Westwerk und Alte Spinnerei in Leipzig zeigen auf, dass das Stadtlagerhaus für eine auf Regensburg zugeschnittene Lösung sehr gut geeignet wäre. Eine Delegationsreise des Clustermanagements Kultur- und Kreativwirtschaft Regensburg, gemeinsam mit Vertretern der das Stadtwerk Regensburg GmbH sowie dem Sächsischen Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft, bestätigte, dass das Stadtlagerhaus, als eines der wenigen Bestandsgebäude in Regensburg, auf den ersten Blick die erforderlichen Rahmenbedingungen erfolgreicher Kreativareale erfüllt. Die Best-Practice-Projekte in Leipzig zeigen zudem, dass die Kompetenz erfahrener Entwickler solcher Areale frühzeitig hinzugezogen werden sollte sowie die vorhandene Infrastruktur der Gebäude kostenorientiert (bezahlbarer Arbeitsraum) und für kreativwirtschaftliche Anforderungen geeignet aufbereitet, ergänzt und genutzt werden muss. Mittels weniger Ankermieter werden dort großteilige Geschossflächen zu bezahlbaren Preisen vermietet und mit den Nutzern entwickelt und ausgestattet. Die Mieter der in Leipzig besichtigten Objekte waren für den Ausbau selbstverantwortlich oder zahlen bei hochwertigerer Ausstattung (Bodenbelag, Schallschutz, Materialität der Wandelemente etc.) einen höheren Mietpreis. Dies gewährleistet die Langfristigkeit der Mieterbindung und ermöglicht mehr Flexibilität in der zielgruppenorientierten Nutzung. Das Angebot flexibler Flächenoptionen wie Co-Working- und Maker-Spaces ermöglicht es den Mietern, auf temporären Personalzuwachs zu reagieren und so auch umfangreichere Aufträge realisieren zu können.

 

Das 2018 beantragte ETZ Projekt No.274 flankiert programmatisch die Vorbereitung eines Regensburger Kreativareals durch einen themenspezifischen Erfahrungsaustausch mit Pilsen.

 

Ein auf Regensburg zugeschnittenes Konzept:

Die Möglichkeit der schrittweisen Entwicklung der Immobilie am Hafen und Nutzung ihres Potentials gewährleistet gleichzeitig ein modulares Entwickeln und Wachsen des Projekts mit den Anforderungen der Zielgruppe. Zu Beginn können, je nach Auslastung, einzelne Stockwerke (1. bis 4. Stock, zw. 500 m² - 800 m² und 5. bis 6. Stock, zw. 200 m² - 250 m²;  je Etage im Mittelbau) entwickelt, genutzt und deren Betrieb evaluiert werden.

 

Dabei muss sichergestellt werden, dass die Mieter der Studios, Ateliers, Büros, Probenräume und Aufnahmestudios, der Co-Working- und Maker-Spaces, Hochschullabore und Werkstätten, studierende, gründende oder etablierte Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft sind.

 

Veranstaltungs-, Ausstellungs-, Besprechungs-, Workshop- und Gastronomieräume ergänzen das Raumprogramm für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Im Vorfeld muss Augenmerk auf das Community Building sowie die Nutzerauswahl und -mischung gelegt werden.

 

Bzgl. eines Atelierprogramms beziehungsweise zu Räumlichkeiten für Künstlerinnen und Künstler, Artist-in-Residence sowie temporärer wie dauerhafter Ausstellungsflächen der Bildenden Kunst wird das Kulturamt der Stadt Regensburg und/oder die Kunstvereine am Standort Regensburg bei Bedarf und bei räumlicher Eignung des Gebäudes eingebunden. Ggfs. können weitere Flächen für Kulturschaffende, Künstlerinnen und Künstler für deren Entwicklungsziele vermietet werden.

 

Weitere Vorgehensweise:

Im Rahmen dieses Beschlusses soll die Verwaltung beauftragt werden, gemeinsam mit der Betreibergesellschaft das Stadtwerk Regensburg GmbH eine Machbarkeitsstudie zum Objekt durchzuführen - im Fokus: der zentrale Baukörper von 1910/11. Die Stadt Regensburg und das Stadtwerk Regensburg GmbH prüfen die Rahmenbedingungen zu Brandschutz, Schallschutz, Parkierung, Entwässerung und Denkmalschutz sowie die Umsetzbarkeit hinsichtlich Gebäudetechnik, sanitärer Anlagen, Versorgung und Erschließung. Hierbei ist im Besonderen ein Parkierungskonzept zu entwickeln, das eine möglichst großgige hafenaffine Nutzung gewährleistet und kleinere Freiflächen für das Kreativareal berücksichtigt.

 

Zur Finanzierung der Untersuchungen sind im IP 2018 2022 Mittel i. H. von 150.000 € (Hh.Stelle 1.7915.94900) eingeplant.

 

Mit der Bayernhafen GmbH & Co. KG sollen insbesondere die Verkehrswege zum Objekt abgestimmt und ggfs. optimiert werden. Es folgen eine Vermessung des Gebäudes, eine erste Kostenschätzung sowie die Recherche nach möglichen Förderprogrammen und -mitteln.

 

Die Ergebnisse werden dann im Rahmen einer Machbarkeitsstudie, eines Betreibermodells und eines detaillierten Kosten- und Finanzierungsplans dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da anfangs bautechnische und baurechtliche Überlegungen im Vordergrund stehen, soll dieser Themenblock federführend durch das Immobilienmanagement der das Stadtwerk Regensburg GmbH bearbeitet werden. Dabei sind geeignete Fachprojektanten hinzuzuziehen. Die Verwaltung würde hier begleitend tätig und das Stadtwerk Regensburg GmbH ggfs. hierfür beauftragen (Inhousevergabe). Hinsichtlich der Definition des Ansiedlungspotenzials, des Nutzungskonzeptes, Betreibermodells, Finanzierung und Vermarktung wäre die Verwaltung federführend.

 

 

Anlagen:

- Photographien und Grundrissplan, 2. OG

- Außenansicht

 

 


Der Ausschuss für Wirtschaft nimmt den dargestellten Sachverhalt zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, die Realisierbarkeit eines Kreativareals für die Kultur- und Kreativwirtschaft im ehem. Stadtlagerhaus am Westhafen hinsichtlich technischer Umsetzbarkeit, Ansiedlungspotenzial, Wirtschaftlichkeit und Betreibermodell zu prüfen und ein schlüssiges, mit der Bayernhafen GmbH & Co.KG abgestimmtes Nutzungskonzept samt Zeitplan und Finanzierungsplan zur Entscheidung vorzulegen.

 


Anlagen:

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 01 Kreativareal 2 OG (964 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 02 Kreativareal - Außenansicht (1636 KB)