Sachverhalt:
1.Ausgangssituation und Aufgabenstellung
Die Schaffung von umfangreichem Baurecht, insbesondere zum Bau dringend benötigter neuer Wohnungen, bedeutet für die Stadt Regensburg aktuell und auch in Zukunft eine große Herausforderung. Die Entwicklung neuer größerer Wohnungsbaugebiete ist stets verbunden mit vielfältigen Belastungen und Aufwendungen, die grob unterschieden werden können in - Lasten, die direkt mit den städtebaulichen Planungen zusammenhängen (Planungs- und Erschließungskosten, Flächenabtretungen, Gutachten etc.), - und sogenannten „Folgelasten“ der Planung (in der Regel Kosten für soziale Infrastruktur, den naturschutzrechtlichen und artenschutzrechtlichen Ausgleich oder die Verpflichtung zum Bau geförderter Wohnungen).
Es besteht seit langem Konsens darin, dass Investoren und Projektentwickler, die größere Planungsprojekte umsetzen, sich an den Planungs- und Folgekosten beteiligen müssen. Genauso selbstverständlich ist auch der Grundsatz, dass die Leistungen der Vorhabenträger auf das angemessene Maß beschränkt bleiben müssen. Im Rahmen von städtebaulichen Verträgen wird seit vielen Jahren versucht, eine jeweils gerechte Lastenverteilung zwischen der Stadt Regensburg und den verantwortlichen Investoren zu erreichen. Das Instrument des städtebaulichen Vertrages hat sich zweifellos bewährt, Kritik wurde jedoch in der Vergangenheit dahingehend laut, dass kein für alle Investoren verbindlicher, einheitlicher „Katalog“ an Kosten und Lasten vorliegt. Dabei wird gerne auf die von der Stadt München seit 1994 angewandte „Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN)“ als nachahmenswertes Beispiel verwiesen.
Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen hat deshalb in seiner Sitzung am 04.04.2017 beschlossen, die Verwaltung mit der Prüfung zu beauftragen, „ob“ und „wie“ in der Stadt Regensburg die „Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) eingeführt werden kann, die Planungsbegünstigte konsequent, rechtssicher und transparent an den Kosten und Lasten beteiligt, die durch die kommunale Bauleitplanung ursächlich ausgelöst werden. Der Vorschlag einer entsprechenden Richtlinie ist unter Einbeziehung der Erfahrungen aus anderen Kommunen (z. B. München) dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.“
Ziel des Regensburger Baulandmodells ist es, die Anforderungen der Stadt, die sich aus der bisherigen Verwaltungspraxis entwickelt haben, sowie bestehende Einzelbeschlüsse, z. B. zum geförderten Wohnungsbau, in einem Grundsatzpapier zusammenzufassen und damit Transparenz, Gleichbehandlung und Kalkulierbarkeit für alle am Planungsprozess Beteiligten sicherzustellen. Das Regensburger Baulandmodell soll einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Gemeinwohlinteressen und dem rechtlich geschützten Interesse des Planungsbegünstigten, aus dem Grundeigentum Erträge zu erzielen und mit Folgekosten nur in einem angemessenen Maße belastet zu werden, darstellen.
2.Aktuelle Vorgehensweise der Stadt Regensburg beim Abschluss städtebaulicher Verträge
2.1Erste Stufe: Planungsvertrag Parallel zum Aufstellungsbeschluss für einen neuen bzw. einen Änderungsbebauungsplan schließt die Stadt als Vorstufe zum städtebaulichen Vertrag mit dem jeweiligen Vorhabenträger einen Planungsvertrag mit folgenden Inhalten:
2.2Zweite Stufe: Städtebaulicher Vertrag, Erschließungsvertrag, Durchführungsvertrag Der städtebauliche Vertrag ist aus rechtlichen Gründen vor dem Entstehen von Baurecht abzuschließen. Dies geschieht in der Regel vor der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanes.
Städtebauliche Verträge enthalten im Wesentlichen folgende Regelungen:
Die Absicherung der vertraglich festgelegten Verpflichtungen erfolgt in der Regel durch Hinterlegung von Bürgschaften und Vereinbarung von Ankaufsrechten.
Planungsvereinbarungen, städtebauliche Verträge und Erschließungsverträge werden grundsätzlich dem zuständigen Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligung und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt.
3.Das Regensburger Baulandmodell
Das Regensburger Baulandmodell soll die bereits bestehenden Anforderungen an die Planungsbegünstigten kompakt zusammenfassen und sie in den Bereichen geförderter Wohnungsbau (künftig 20 % EOF I und II plus 20 % EOF III) und Folgelasten für soziale Infrastruktur (Anpassung des Ablösungsbetrages an gestiegene Kosten und Bedarfe) ergänzen.
Die Erhöhung der geforderten Quote für den öffentlich geförderten Wohnungsbau von 20 % auf 40 % lässt sich einerseits mit der anhaltend hohen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum begründen, während zunehmend Sozialwohnungen des ersten Förderwegs aus der Bindung fallen. Zum anderen können nach Anhebung der Einkommensgrenzen zum 1. Mai 2018 ca. 60 % aller bayerischen Haushalte Anspruch auf eine öffentlich geförderte Wohnung anmelden. Dadurch kommen nun deutlich mehr Haushalte in der Einkommensstufe III in den Genuss der Zusatzförderung. Diesem Umstand ist durch weitergehende Anstrengungen im geförderten Wohnungsbau Rechnung zu tragen. Dabei geht es nicht mehr ausschließlich um die Wohnraumversorgung einkommensschwächerer Bevölkerungsschichten, sondern verstärkt um die Versorgung der mittleren Einkommensgruppen, die auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Regensburg zunehmend Probleme bei der Wohnungssuche haben. Analog zur Erhöhung der Quote für den öffentlich geförderten Wohnungsbau wird die Mindestgröße der Geschossfläche für Wohnen, ab der diese Regelung gilt, von 4.500 qm auf 2.500 qm verringert. Mit der Festlegung einer Mindestgröße war bereits bisher die Absicht verbunden, eine wirtschaftlich noch vertretbare Zahl von geförderten Wohnungen innerhalb eines Gebäudes sicherzustellen. Nachdem die Quote für den geförderten Wohnungsbau verdoppelt wird, ist dieses Ziel nun auch mit einer verringerten Mindestgröße der zugrunde gelegten Geschossfläche für Wohnen erreichbar.
Um die Planungsbegünstigten nicht übermäßig zu belasten, ist die vom Gesetzgeber geforderte rechtliche Schranke der Angemessenheit der insgesamt geforderten Leistungen zu beachten. Bei der Frage, wie diese Angemessenheit ermittelt und bewertet werden kann, ist die Verwaltung bislang noch zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen.
Während der Gesetzgeber mit Blick auf die Frage nach der Kausalität, zum Beispiel mit Blick auf eine Quotierung preisgünstigen Wohnraums, relativ klare Aussagen trifft, bleibt der Begriff der Angemessenheit unbestimmt. Aber auch hierfür haben sich in den vergangenen Jahren in der Praxis Regelungen als Anhaltspunkte etabliert. So definiert das seit Jahren erfolgreich umgesetzte Baulandmodell der Stadt München (Sozialgerechte Bodennutzung – SoBoN) die Angemessenheitsgrenze über die planungsbedingte Wertsteigerung eines Grundstücks. Demnach ist ein städtebaulicher Vertrag angemessen, wenn die mit dem Planungsbegünstigten vereinbarten Leistungen zwei Drittel dieser Bodenwertsteigerung nicht überschreiten. Bei der Übertragung dieser Form der Angemessenheitsprüfung auf andere Kommunen zeigten sich in der Praxis jedoch größere Probleme, welche die Anwendung von Baulandbeschlüssen teilweise deutlich einschränkte und in einzelnen Fällen zu erheblichen Verfahrensverzögerungen oder sogar zur Einstellung des Verfahrens führte. Dabei liegt ein Kernproblem in der Wertermittlung für Wohnungsbaustandorte der Innenentwicklung. Die auch ohne Planung hohen Bodenwerte (bestehende Nutzung / Baurechte) führen zu einer geringen planungsbedingten Wertsteigerung, was zum einen den Spielraum für Leistungen der Baulandbeschlüsse einschränkt und zum anderen eine Ungerechtigkeit gegenüber ertragsschwächeren Wohnungsbaustandorten (z.B. in randstädtischen Lagen) zur Folge hat.
Ausgehend von diesen Problemen wurde vor kurzem für die Stadt Bonn (aber auch andere Städte) ein Verfahren zur Angemessenheitsprüfung entwickelt, das nicht nur den Bodenwert, sondern das gesamte Ertragspotenzial eines Wohnungsbauvorhabens berücksichtigt („Ertragsmethode“). Eine Angemessenheitsprüfung nach dieser Methode könnte in Zukunft auch Grundlage für die Ausgestaltung städtebaulicher Verträge der Stadt Regensburg sein und soll im Zuge der Erstellung des Baulandbeschlusses entwickelt werden.
4.Weiteres Vorgehen
Bezüglich der Angemessenheitsprüfung wird nun konkret von einem von der Verwaltung im Mai 2019 beauftragten Fachbüro ein „Berechnungstool“ erarbeitet, mit dem der Ertragswert einer Gesamtinvestition (abgezinst) errechnet und sämtliche Lasten, die die Planungsbegünstigten auf der Grundlage des Baulandmodells tragen müssen, monetär bewertet werden können. Anschließend soll das „Berechnungstool“ an mehreren aktuellen und geplanten Regensburger Planungsvorhaben getestet und der etablierten Bodenwertmethode gegenübergestellt werden mit dem Ziel, daraus eine auf Regensburger Verhältnisse abgestimmte Angemessenheitsquote abzuleiten. Dabei wird auch die geforderte Erhöhung des Anteils an gefördertem Wohnungsbau von derzeit 20 % um weitere 20 % (EK III) der neu geschaffenen Geschossfläche für Wohnen zu bewerten sein.
Noch abschließend zu prüfen sind zudem die rechtssicheren Modalitäten für das Ankaufsrecht, das sich die Stadt Regensburg für den Fall einräumen lässt, dass der Investor nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren ab Vorliegen des Baurechts seiner Baupflicht nicht nachgekommen ist.
Ferner ist – unter Berücksichtigung der Berechnungsergebnisse – festzulegen, in welchem Umfang die nicht unerheblichen Steigerungen bei den sozialen Infrastrukturkosten tatsächlich auf die Planungsbegünstigten umgelegt werden können.
Die Erarbeitung des „Berechnungstools“ wird etwa fünf Monate in Anspruch nehmen.
Das Freiraumentwicklungskonzept befindet sich aktuell noch in Bearbeitung und wird voraussichtlich im vierten Quartal 2019 abgeschlossen sein. Bei der Festlegung von öffentlichem Grün in Bebauungsplänen werden die Ergebnisse dieses Konzeptes dann an Stelle der aktuell praktizierten Regelung treten.
Es ist geplant, die oben beschriebenen Schritte noch in diesem Jahr abzuschließen und unmittelbar danach einen endgültigen Beschluss zum Regensburger Baulandmodell herbeizuführen.
Der Ausschuss beschließt:
1.Der Entwurf des Regensburger Baulandmodells in der vorliegenden Fassung wird zur Kenntnis genommen. 2.Die Verwaltung legt das Baulandmodell zur Beschlussfassung vor, wenn das Verfahren zur Angemessenheitsprüfung und die Erstellung eines Freiraumentwicklungskonzepts abgeschlossen sowie der Inhalt und die Konditionen eines Ankaufsrechts abschließend geprüft sind. 3.Bei Bebauungsplangebieten mit einer Geschossfläche von mehr als 2.500 Quadratmetern für Wohnen sind 20 Prozent der gesamten Geschossfläche für Wohnen im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung für die Einkommensstufen I und II zu erstellen. Weitere 20 Prozent der gesamten Geschossfläche für Wohnen sind im Rahmen der Sozialen Wohnraumförderung für die Einkommensstufe III zu erstellen. Diese Regelung gilt für alle Bebauungspläne, für die nach diesem Beschluss ein Aufstellungsbeschluss gefasst wird.
Anlagen:
Regensburger Baulandmodell
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