Sachverhalt:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüro (BaS) als Projektträger initiierte das Modellprojekt „SelbstBestimmt im Alter - Vorsorge-Unterstützung im Team“. Das Projekt (Laufzeit: 01.09.2016 bis 31.08.2019) wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. 15 Projektstandorte bundesweit erhielten über die genannte Laufzeit eine Förderung als Sachkostenzuschuss i.H.v. insgesamt bis zu 16.500,00 €. Mit Beschluss vom 26.01.2017 (VO/16/12726/54) erhielt das Seniorenamt die Legitimation, sich am Projekt zu beteiligen und dezentral Flächen für ein Projektbüro in der Kumpfmühler Str. 52 a anzumieten. Im Kooperationsvertrag zwischen der BaS und der Stadt Regensburg wurde folgendes Ziel beschrieben: „Das Projekt hat zum Ziel, die Selbstbestimmung und die Alltagsbewältigung älterer Menschen im Vorfeld rechtlicher Betreuung zu unterstützen. Ehrenamtliche und professionelle Hilfsangebote sollen dabei wohnortnah vernetzt, Information und Beratung zu Vorsorge und Betreuung niedrigschwellig zugänglich gemacht werden.“ 1. Aufgaben des Seniorenamtes - Betreuungsstelle Die Aufgaben der Betreuungsbehörde sind im Gesetz über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger (Betreuungsbehördengesetz - BtBG) geregelt (§§ 4 - 8 BtBG). Nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Stärkung der Funktion der Betreuungsbehörde zum 01.07.2014 nehmen neben der Betreuungsgerichtshilfe (§ 8 BtBG) die Aufgaben in § 4 BtBG eine zentrale Stellung ein. Der Gesetzgeber möchte hiermit den Erforderlichkeitsgrundsatz im Betreuungsrecht stärken. Das Wohl der betroffenen Menschen - im Sinne von Autonomie und Selbstbestimmung - wird in den Mittelpunkt gestellt Die Beratung und ggfs. Vermittlung aller erforderlichen Hilfen auch im Sinne „anderer Hilfen“, die sich an den Wünschen der Betroffenen orientieren und im Vorfeld einer rechtlichen Betreuung zu sehen sind, werden der Betreuungsbehörde als Aufgabe zugewiesen (Landkreistag & Städtetag, 2018). Zu den Beratungsaufgaben werden im BtBG insbesondere die Beratung über eine Vorsorgevollmacht und über andere Hilfen, bei denen kein Betreuer bestellt wird, benannt (§ 4 Abs. 1 BtBG). Dies impliziert neben der Beratung im Einzelfall, eine allgemeine Beratung der Bürgerinnen und Bürger zur rechtlichen Betreuung und rechtlichen Vorsorge. Neben der Beratung wird der Betreuungsbehörde auch die Pflicht zugewiesen, bei Bedarf andere Hilfen zu vermitteln (§ 4 Abs. 2 BtBG). Voraussetzung für die Vermittlung anderer Hilfen ist, dass ein adäquates Hilfenetz zur Verfügung steht. Auch hier wird der Betreuungsbehörde eine steuernde Funktion zugeschrieben (§ 6 BtBG). Damit ergibt sich für die Betreuungsbehörde eine wichtige Funktion im kommunalen Hilfesystem im Sinne betreuungsvermeidender Strukturen im institutionellen Bereich, aber auch im Aufbau von Unterstützungsnetzen im ehrenamtlichen Bereich (Landkreistag & Städtetag, 2018). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Betreuungsbehörde der Stadt Regensburg mit dem Projekt „SelbstBestimmt im Alter - Vorsorge-Unterstützung im Team“ die genannten Aufgaben in vollem Umfang erfüllt. Dies wird im Weiteren erläutert: 2. Ziel des Angebotes „SelbstBestimmt im Alter“: 1. Vorsorge und Beratung ermöglichen Mit dem niedrigschwelligen Angebot im Projektbüro soll außerhalb der Amtsstruktur die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Regensburg, schwerpunktmäßig ältere Menschen, im Vorfeld rechtlicher Betreuung gefördert und ihre Selbstständigkeit unterstützt werden. Die zwischenzeitlich gut funktionierende Vernetzung auf lokaler Ebene sichert die Qualität der Arbeit im Projektbüro. Wichtige Kooperationspartner sind neben den ehrenamtlich Mitwirkenden die Regensburger Betreuungsvereine, Nachbarschaftshilfen, Ärzte/Ärztinnen, Pflegedienste, Altenhilfeträger, Wohlfahrtsverbände, etc. 3. Zielgruppe: 4. Angebote und Inhalte des Projektes: Rechtliche Vorsorge Eine Rechtliche Betreuung soll nur „subsidiär“ angeordnet werden. Die Vorsorgevollmacht wirkt betreuungsvermeidend. Somit ist das Selbstbestimmungsrecht und die Autonomie der betroffenen Personen gewahrt (Nedden-Boeger, 2019). Deshalb erfolgt Beratung im Projektbüro zu folgenden Themen:
Zusätzlich finden Einzelberatungen, offene Sprechstunden, moderierte Gesprächskreise (sog. Vorsorgefrühstücke) und Vorträge statt. So erfolgten im Jahr 2018 nur zum Thema rechtliche Vorsorge insgesamt 367 Informationsgespräche. Nahezu monatlich (außer August) wurde ein Vorsorgefrühstück (moderierter Gesprächskreis) angeboten. Damit wurden im Schnitt jeweils 15 - 20 Bürger/innen erreicht. Die Teilnehmerzahl ist limitiert durch die räumliche Voraussetzung - leider mussten immer wieder Interessenten auf spätere Termine vertröstet werden. Gesundheit, Pflege und Versorgung im häuslichen Umfeld In Form von Sprechstunden, moderierten Gesprächskreisen, Schulungen und Vorträgen informieren und beraten wir im Projektbüro
Wohnen und Technik Zu diesem Thema informieren und beraten wir mit regelmäßigen Sprechstunden und öffentlichen Informationsveranstaltungen im Projektbüro SelbstBestimmt im Alter
Zu diesem Thema werden donnerstags auch regelmäßig Einzelberatungen z.B. zu Smartphone- und EDV-Nutzung angeboten. Sprechstunde der Bewohnervertretungen (Heimbeiräte) der stationären Pflegeeinrichtungen in Regensburg Jeden 1. und 3. Freitag im Monat beantwortet der Vertreter der Bewohnervertretungen Fragen im Rahmen seiner Sprechstunde. Sprechstunde zum Thema Sucht im Alter Jeden 2. Freitag im Monat findet eine Sprechstunde zum Thema Sucht im Alter statt. Als weiterer Baustein rundeten Vorträge zu expliziten Themen das Informationsangebot ab. Themen waren z.B.
Alltagsbetreuungsbeistände Im Rahmen des Projektes wurde ein Team ehrenamtlich Engagierter aufgebaut die als sog. Alltagsbetreuungsbeistände im Vorfeld rechtlicher Betreuung die Betroffenen im Alltag unterstützen. Die Ehrenamtlichen bringen eine hohe fachliche Kompetenz mit und unterstützen und begleiten Betroffene z.B. bei Antragstellungen, d.h. sie unterstützen z.B. beim Ausfüllen von Anträgen, begleiten zu den entsprechenden Stellen z.B. Schuldnerberatung, Amt für Soziales etc. Dieses Angebot ist für die Betroffenen zeitlich befristet, d.h. die Begleitung wird auf maximal 6 Monate festgesetzt. Nach diesem Zeitraum ist ersichtlich, ob noch Betreuungsbedarf besteht oder die Betroffenen zwischenzeitlich wieder in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu erledigen. Weitgehend werden die Angebote im Projektbüro im Ehrenamtlichen-Profi-Mix gestaltet. So arbeiten wir zum Thema rechtliche Vorsorge mit einem sehr qualifizierten und engagierten Vorsorgeteam, bestehend auf vier Ehrenamtlichen zusammen, welche für Einzelberatungen und weitere Informationsveranstaltungen sehr kompetent zur Verfügung stehen. Auch zum Thema Wohnen und Technik kooperieren die Hauptamtlichen der Fachstelle u.a. sehr eng mit ehrenamtlichen Experten aus dem CIG-Team (Computer-Internet-Gruppe). In unserem Projektstandort gelang es zwischenzeitlich, eine Qualifizierungs-, Begleitungs- und Unterstützungsstruktur für Ehrenamtliche zu etablieren, welche wertvolle, fachliche Synergien für die Beratung und Information von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt liefert. Das Projektbüro SelbstBestimmt im Alter ist mit seinem Angebot, welches auch öffentlich beworben wird, in der Bevölkerung auch über den Standortstadtteil hinaus gut bekannt geworden und wird als Beratungs- und Informationsbüro zwischenzeitlich auch sehr gut angenommen. So sind die Termine für Einzelberatungen, aber auch die moderierten Gesprächskreise und Informationsveranstaltungen zu den o.g. Themen regelmäßig ausgebucht. 5. Kooperationen: Um über andere Hilfen beraten zu können bzw. ein an den Bedarfen und Bedürfnissen orientiertes Hilfe- und Unterstützungs-Netzwerk aufzubauen ist eine entsprechende Vernetzung notwendig. Die Betreuungsbehörde verfügt mit dem Netzwerk Regensburgs nette Nachbarn (ReNeNa) über ein breites Spektrum an ehrenamtlichen Hilfs- und Unterstützungsangeboten. Hier bieten mittlerweile 31 Kooperationspartner entsprechende Leistungen (i.d.R. kostenlos) an. Dass diese teils niedrigschwelligen Hilfen wirksam Betreuungen verhindern können, war das Ergebnis einer Studie des IGES Instituts GmBH (2015) durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. So schätzten ca. 50 % der Betreuungsbehörden Angebote wie Formularlotsen im Hinblick auf Vermeidung einer rechtlichen Betreuung als hoch/eher hochwirksam ein (Nolting, Zich, & Braske, 2017) Weitere wichtige und enge Kooperationen bestehen zu folgenden Institutionen:
6. Kosten: Raumkosten Sachkosten 7. Zusammenfassung Insbesondere die dezentralen angemieteten Räumlichkeiten in der Kumpfmühler Straße tragen zum Erfolg bei. Die Hemmschwelle, eine Behörde aufzusuchen, existiert hier nicht. Der Zugang zu den Leistungen ist unbürokratisch. Das Büro ist ebenerdig in einem Ladenlokal untergebracht und sehr einladend. Informationen in den Fenstern wecken das Interesse. Ein großer Wert wird auf Öffentlichkeitsarbeit gelegt. So gelingt es, Bürgerinnen und Bürger für das wichtige Thema rechtliche Vorsorge zu sensibilisieren. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es notwendig, über die Projektlaufzeit hinaus das Projekt als stetiges Angebot weiter fortzuführen.
Literatur Landkreistag, D., & Städtetag, D. (2018). Empfehlungen zum Anforderungsprofil von Betreuungsbehörden. In D. Landkreistag, Schriften des Deutschen Landkreistages - Band 138 (S. 11-26). Berlin: DLT Pressetelle. Nedden-Boeger, C. (2019). Die Vorsorgevollmacht in der betreuungsgerichtlichen Praxis. BtPRAX, 87-91. Nolting, H. D., Zich, K., & Braske, G. (2017). Umsetzung des Erforderlichkeistsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis im Hinblick auf vorgelagerte "andere Hilfen" - Zentrale Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung im Auftrag des BMJV. BtPrax, 211-216. Spanl, R. (2016). Grundzüge des Betreuungsrechts. In M. A. Hartmut Kreß, Patientenverfügungen (S. 121-139). Berlin, Heidelberg: Springer.
Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:
1. Vom Bericht der Verwaltung wird Kenntnis genommen.
2. Das Projekt „SelbstBestimmt im Alter“ des Seniorenamtes mit dem Schwerpunkt Beratung, Sorge sowie Vorsorge-Unterstützung im Team wird fortgeführt
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