Vorlage - VO/19/16158/61  

 
 
Betreff: Verkehrsberuhigung Altstadt, Veränderung der Verkehrsführung im Kernbereich
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:1. Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
2. Rechts- und Regionalreferent Dr. Boeckh
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Entscheidung
03.12.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Einleitung und Sachverhalt

 

Überlastete innerstädtische Kreuzungen, starker Parksuchverkehr, Lärm, Abgase, zugeparkte Geh- und Radwege sowie Konflikte zwischen Nutzern des Umweltverbundes und des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) kennzeichnen vielerorts das Verkehrsgeschehen in Regensburg. Die Verkehrsprobleme sind dabei vielfältiger im Innenbereich als außerorts, da sie u.a. im Zusammenhang mit der Aufenthalts- und Freizeitfunktion, Siedlungs- und Verkehrsentwicklung stehen.

 

Die Wahrung der Mobilität nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein, weil davon die Lebensqualität der Regensburger Bürgerinnen und Bürger ebenso bestimmt wird wie die Wettbewerbsfähigkeit der Regensburger Wirtschaft. Zeitgleich nehmen die Mobilitätsbedürfnisse und Mobilitätsarten (E-Roller, E-Bikes, Lastenräder, Car- und Bike-Sharing) zu. Zusätzlich könnten künftig die politischen und öffentlichen bundesweiten Diskussionen zu Feinstaub- und Stickoxidbelastung oder Grenzwertüberschreitungen in zahlreichen Städten im Bundesgebiet nach EU-Luftreinhalterichtlinie oder der EU-Umgebungslärmrichtlinie zu restriktiveren Umweltvorschriften führen. In beiden Sachverhalten spielen die Emissionen des motorisierten Individualverkehrs auf Verbrennbasis eine bedeutende Rolle.

Eine Neuordnung und Verlagerung des Verkehrs und eine Stärkung des Umweltverbundes sind dringend notwendig.

 

Im Vorgriff auf das geplante neue Erschließungskonzept Altstadt, das in den nächsten Monaten über einen breiten Beteiligungsprozess vorbereitet werden soll, hat die Verwaltung eine Reihe von Einzelmaßnahmen ausführlich geprüft, die

 

- eine schnelle verkehrsberuhigende Wirkung entfalten können,

- ohne größere bauliche Maßnahmen umsetzbar sind,

- das bestehende Verkehrssystem nicht belasten und

- keine Vorfestlegung auf bestimmte Ergebnisse des späteren Erschließungskonzepts
erzeugen.

 

Bewertung der Situation in der Regensburger Altstadt

Das Paketsende- und Warenaufkommen und die Fragmentierung der Endkundenbelieferung werden einschlägigen Prognosen nach auch in Regensburg weiter zunehmen. Eine erhöhte Anzahl an Lieferfahrzeugen und damit verbunden die zurückzulegenden Lieferwege sind die absehbaren Folgen. Die tägliche Flut an Warensendungen ist vor allem in der Innenstadt wahrzunehmen, z.B.: 1.550 Lieferfahrzeuge pro Woche in der Residenzstraße, 1.400 in der Maximilianstraße oder 1.200 in der Ludwigstraße (Stand: 17.-22.09.2018, Frequenzerhebung Regensburger Altstadt).

 

Zusätzlich führen das straßenbegleitende Parken im öffentlichen Raum der Altstadt (widerrechtliches Parken) und die Missachtung von Durchfahrtsverboten (z.B.:dliche Wohnverkehrsstraße in der Maximilianstraße) zu einem erheblichen Parksuch- und Durchgangsverkehr und einer Erhöhung des Verkehrsgeschehens.
Im Umfeld des Alten Kornmarktes sowie Domplatzes und der Maximilianstraße (35.200 Passanten & 6010 PKW pro Woche, Zählpunkt Nord) sind diese Probleme alltäglich in der Wohnverkehrsstraße wahrzunehmen, die von jeglichen Verkehrsteilnehmern als Abkürzung und zum Teil widerrechtlich in/oder aus Richtung Ernst-Reuter-Platz genutzt wird.

Die parkenden KFZ bilden zusätzlich nicht nur Barrieren, sondern belegen öffentliche oder historisch bedeutsame Flächen, auf denen eine zweckmäßigere Nutzung möglich wäre (z.B. Möblierung, Lieferkonzepte, Rad- und Lastenradabstellanlagen, Sondernutzungen, Sharing-Konzepte oder Kunst & Kultur). Das begrenzte Raumangebot kann jedoch nicht beliebig erweitert werden.

 

Der ÖPNV-Achse Maximilianstre - Kornmarkt - Domplatz etc. (EMIL-Altstadtbus) kommt dabei eine hohe Bedeutung für die Erreichbarkeit mit dem Rad, zu Fuß oder dem Öffentlichen Personennahverkehr zu, denn die meisten Beförderungsfälle treten im angrenzenden Umfeld der Albert- und Maximilianstraße auf.


Durch eine Priorisierung des Umweltverbundes würden sich freier befahrbare und sicherere Routen, Verkehrs- und Freiräume (Verkehrssicherheitsaspekte) ergeben. Lärm- und Abgasemissionen könnten zusätzlich vermieden werden und der Umweltverbund als Ganzes würde profitieren.

 

Bisherige Gutachten empfehlen darüber hinaus Reduzierungen und Steuerungen des Individualverkehrs - insbesondere auf der Achse D.-Martin-Luther-Straße/Adolph-Kolping-Straße in folgenden Gutachten: VEP 1997, ZOB-Ergänzungskonzept 2009, Ideenstudie/ZOB und weitergehende Anpassungen des MIV-Systems 2017.

ImLeitbild - Energie und Klima“ vom 29.03.2017 wurde eine Steigerung des Anteils des Umweltverbundes am Modal Split bis 2030 um 10 Prozentpunkte als grundsätzliche Zielstellung beschlossen. Zusätzlich sind an demSofortprogramm Saubere Luft 2017 - 2020“ vom 07.02.2018 weitere Maßnahmen zu berücksichtigen.

 

Der Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs, der Aufenthaltsqualität und der Priorisierung des Umweltverbundes ist somit ein höherer Stellenwert einzuräumen. Das Ziel ist ein weiterer Schritt in Richtung Mobilitätswende ohne großumige Verbote.

 

Signalsetzung und aktuell erforderliche und mögliche Maßnahmen

 

Die Verwaltung hat eine Reihe von Verkehrsberuhigungs-Maßnahmen bereits im Vorgriff auf ein umfassendes Verkehrskonzept geprüft. Diese basieren auf der Auswertung besonders kritischer Bereiche und der möglichen technischen und rechtlichen Spielräume.

Da verfügbare Flächen und Verkehrsräume eng begrenzt sind, müssen im Vorfeld die Verkehrsströme in einzelnen Teilbereichen neu geordnet und verkehrlich zugewiesen werden. Dem Umweltverbund ist dabei Vorrang einzuräumen. Nur auf diesem Weg können sichere und leistungsfähige Verbindungen und Aufenthaltsmöglichkeiten für den Umweltverbund gewährleistet sowie mehr Nutzer (Rad- und Fußverkehr) aufgenommen oder anderweitige Nutzungen auf Frei- und Aufenthaltsflächen ermöglicht werden.

 

Entsprechend wurden daraufhin erste Lösungsvorschläge in Teilräumen geprüft und erarbeitet, das MIV-Aufkommen und die Parkraumsuchverkehre in der Altstadt neu zu steuern. Grundlegende Beurteilungskriterien waren hierbei die Erreichbarkeit der Altstadt, die Befahrbarkeit für den ÖPNV, das individuelle Verkehrsaufkommen, die derzeitige Geschwindigkeit und Häufigkeit des Individualverkehrs (PKW, Lieferfahrzeuge etc.) und der Anteil des Umweltverbundes (Rad- und Fußverkehr, ÖPNV).

 

Folgende kleinräumige Sofortmaßnahmen sind von der Verwaltung aufgrund der hohen Konfliktdichte - seien es Unfallgeschehen, Bürgeranliegen, Beschwerden, politische Anträge, Initiativen, Proteste und Radentscheid - in der östlichen Altstadt vorgesehen.

 

1. Verkehrsrechtliche Änderung der Maximilianstraße im Teilabschnitt Grasgasse bis Königsstraße von einer Wohnverkehrsstraße in eine Fußngerzone

  • Umsetzung durch Beschilderung
  • in der Folge Schrittgeschwindigkeit, Zufahrtsbeschränkung und festgesetzte Lieferzeiten
  • leichtere und effektivere Verkehrsüberwachung

 

Ziele sind Minimierung des Durchgangsverkehrs im Vorfeld

  • Aufwertung des Aufenthaltsbereiches der jeweiligen Gastronomen, Einzelhändler und Dienstleister
  • mehr Bewegungsfreiheit für Fußnger und Radler
  • bessere Befahrbarkeit für den emissionsfreien Altstadtbus EMIL
  • unbeschwertes sicheres Queren für Bewohner, flanierende Touristen und Gäste

 

2. Reduzierung der Durchfahrtsbreite in der Maximilianstraße an den Kreuzungs- und Einmündungsbereichen: Drei-Kronen-Gasse, Königsstraße und Grasgasse

  • Umsetzung durch veränderte Verkehrsbeschilderung und angepasste Pflanzkübelstandorte

 

Ziele sind visuelle einsehbare Abgrenzungen der Verkehrsräume (nördlich der verkehrsberuhigte Bereich, mittig die Fußngerzone und südlich die Wohnverkehrsstraße)

  • Vorrang für Fuß-/Radverkehr und den Altstadtbus
  • sicheres Queren für Fußnger, Bewohner oder flanierende Touristen

 

3. Verkehrsrechtliche Änderung der Domstraße/Domplatz/Krauterermarkt ab der Zufahrt (Herzogstor) bis zur Einmündung Goliathstraße von einer Ortstraße in eine Wohnverkehrsstraße

  • Umsetzung durch Beschilderung
  • Hinweis auf zugelassene Verkehrszwecke: Anwohner und Zufahrten zu privaten Stellplätzen, Liefer- und Handwerkerverkehr, Taxis, Ärzte im Dienst, Linienverkehr und Hotelzufahrten
  • Umwandlung von 10 Kurzzeitparksnden (in Behindertenstellplätze, Bewohnerstellflächen und erweiterte Lieferzone) vor der ehemaligen Dompost resultiert aus der Änderung des Domplatzes in eine Wohnverkehrsstraße (Verkehrszwecke)

 

Ziele sind Minimierung des alltäglichen Durchgangs- und Parksuchverkehrs für kurzzeitige Aufenthalte

  • Priorisierung von Sonderstellplätzen für Schwerbehinderte, Bewohner und Lieferzonen für Geschäftstreibende
  • resultierende Schrittgeschwindigkeit und Erhöhung der Verkehrssicherheit
  • rm- und Emissionsreduzierung & Vermeidung von Showrunden
  • Schonung historischer Bau- und Gebäudesubstanz

 

4. Fahrtrichtungsänderung „Unter den Schwibbögen“ (Folge der Wohnverkehrsstraße am Domplatz und der weiteren Zufahrtsmöglichkeit der z.T. öffentlichen Tiefgarage am Bischofshof ges. 42 Stellplätze für Hotel & sonstige Nutzer)

  • Umsetzung durch Beschilderung und beschilderte Ergänzung

 

Ziele sind Emissions- und Lärmreduzierung Unter den Schwibbögen

  • Vermeidung gebietsfremder Durchgangsverkehre
  • freier begeh.-/befahrbare Achse für Fußnger, Radler, Bewohner, Gäste und flanierende Touristen (aus/in Richtung des Museums der Bayerischen Geschichte)

 

 

5. Öffnung der „Fröhliche-Türken-Straße“ im Zweirichtungsverkehr

  • Umsetzung durch Beschilderung, veränderte Fahrbahnmarkierung und Rückbau des südlichen Fahrbahnteilers (1,30 x 2,80 m)
  • 2x Stellplatzentfall in der „Fröhliche-Türken-Straße“ aufgrund der Berücksichtigung der Durchfahrtsbreite im Zweirichtungs- und Begegnungsverkehr für MIV, Anlieferung und der notwendigen Durchfahrtsbreite der Feuerwehr
  • (Kompensation der zwei Stellplätze durch veränderte/temporäre Markierung am Obermünsterplatz - langfristiges Kompensationsziel istglicher niveaugleicher Ausbau Fröhliche-Türken-Straße und Grasgasse)

 

Ziele sind reduzierte Durchgangsverkehre in der Maximilianstraße, Am Brixener Hof und der Schäffnerstraße

  • Entlastung der bisherigen Zufahrtsmöglichkeit aus dem Norden und Osten mit weiterer Zufahrtsmöglichkeit aus Richtung Süd (St.-Peters-Weg) in Richtung Obermünsterstraße

 

Zusammenfassung und Empfehlung:

 

Nur mit einer kontinuierlichen Steigerung der Attraktivität im Umfeld der Altstadt kann es gelingen, wachsenden Mobilitätsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden. Deshalb werden erste Maßnahmen nach einer bereits erfolgten Vorstellung und Informationsveranstaltung beim Runden Tisch Altstadt ergriffen, um Schritt für Schritt das langfristig erforderliche, leistungsfähige Netz bevorrechtigter ÖPNV-, Fuß- und Radwegetrassen für Regensburg auf- und auszubauen.

Größere bauliche Veränderungen sind bei den genannten Maßnahmen nicht erforderlich, da im Wesentlichen nur Markierungs- und Beschilderungsarbeiten im Ergebnis verkehrsrechtlicher Anordnungen anfallen.

 

 


 

Der Ausschuss beschließt:

 

1.Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

2. Die Straßenverkehrsbehörde erlässt in eigener Zuständigkeit die notwendigen verkehrsrechtlichen Anordnungen (Lichtsignalanlagen, Fahrbahnmarkierungen und Verkehrsbeschilderungen gem. § 45 StVO).