Vorlage - VO/19/16264/61  

 
 
Betreff: Qualifizierte Fahrradabstellanlagen
- Bericht -
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Entscheidung
03.03.2020 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

 

Das Radverkehrsaufkommen in Regensburg ist in den letzten Jahren gestiegen, verkehrspolitisches Ziel ist eine deutliche Erhöhung des Radverkehrsanteils am Modal-Split. Nicht alle Wege können aufgrund der Länge insbesondere bei Berufspendlern allein mit dem Rad zurückgelegt werden, so dass vielfach nur eine intermodale Wegekette aus ÖPNV und Fahrrad (Stichwort: letzte Meile) Autofahrten ersetzen könnte. Um hier Anreize zum Umstieg zu setzen, sind entsprechende Schnittstellen notwendig nicht nur am Hauptbahnhof oder den beiden Bahn-Haltepunkten im Stadtgebiet. Zu diesem Systemansatz gibt die Verwaltung nachfolgenden Bericht ab:

 

 

Bericht:

 

  1. Ziel

Qualifizierte Abstellanlagen sollen Personen ansprechen, die derzeit ihre Wege ganz oder vornehmlich mit dem Kfz zurücklegen, u. a. weil die Ziele nicht direkt mit dem ÖPNV erreichbar sind bzw. der Weg vom Wohnort zu der ÖPNV-/SPNV-Haltestelle zu Fuß zu weit ist. Diese Distanzen könnten vielfach mit dem Fahrrad bzw. Pedelec zurückgelegt werden, insbesondere dann, wenn an dem ÖPNV-/SPNV-Verknüpfungspunkt ein bzw. ein adäquates Bike&Ride-Angebot vorhanden wäre. Diese Strecken werden regelmäßig als „erste und letzte Meile“ bezeichnet.

 

  1. Nutzergruppen

Im Stadtgebiet sind zwei potenzielle Nutzergruppen zu unterscheiden die Einpendler und die Auspendler. Hinzu kommen aber auch Personen, die in Regensburg etwas zu erledigen haben, dort einkaufen oder die Freizeit verbringen wollen.

 

Außerhalb des Stadtgebiets käme ein solches Angebot vornehmlich Menschen zugute, die nach Regensburg (oder in eine andere Stadt) fahren wollen. Der Zielverkehr ist im Umland vielfach eher untergeordnet. Ausnahmen bilden hier u. a. die Stadt Neutraubling (Kaufpark, Krones) oder der Markt Regenstauf (Eckert-Schulen), da hier ein regelmäßiges Ziel-Verkehrsaufkommen unterstellt werden kann.

 

  1. Bedarf

Gerade in topographisch bewegten Gebieten steigt die Zahl an Pedelecs in den Haushalten. Pedelecs, aber mehr und mehr auch konventionelle Fahrräder, haben einen hohen Wert. Daher ist es verständlich, dass die Nutzer dieser Räder entsprechende Ansprüche an die Abstellanlagen stellen. Diese müssen sowohl vor Vandalismus und Diebstahl als auch vor Witterungseinflüssen schützen. Darüber hinaus sollten auch Möglichkeiten vorhanden sein, Taschen, Helme, Regenkleidung, abnehmbare Beleuchtungssets, Pedelec-Akkus etc. sicher einschließen zu können. Idealerweise werden sogar Lademöglichkeiten für die Akkus und die Batteriebeleuchtung angeboten. Gerade Pendler benötigen ein hohes Maß an Verläss­lichkeit, dass beim Umstieg die benötigte Abstelleinrichtung auch tatsächlich zur Verfügung steht.

 

  1. sungsmöglichkeiten

Überdachte Abstellanlagen bieten zwar bei entsprechender Ausführung einen Witterungsschutz, doch die Räder sind nicht oder nur bedingt gegen Vandalismus und Diebstahl geschützt.

 

Effektiven Schutz gegen Witterungseinflüsse und Diebstahl/Vandalismus bieten erst Fahrradboxen und Sammelschließanlagen.

 

  • Fahrradboxen:

Fahrradboxen sind Stahlboxen, in die jeweils nur ein Fahrrad eingestellt werden kann. Sie bieten ein Optimum an Witterungs- sowie Diebstahl-/Vandalismusschutz. In den Boxen können zudem Gegenstände wie Helme, Taschen, Regenzeug etc. deponiert werden. Nachteil der Boxen ist der Flächenverbrauch. Allerdings gibt es inzwischen Systeme, bei denen die Boxen auf zwei Ebenen übereinander aufgestellt werden können. Im Außendesign sind die Boxen (zu einem gewissen Grad) individuell gestaltbar.

 

  • Sammelschließanlagen:

Auch diese Anlagen bieten ein hohes Maß an Sicherheit und Schutz vor Witterungsein­flüssen. Zugang zu den Anlagen erhalten nur Stellplatzmieter, etwa über einen Chip oder die Eingabe eines Zugangscodes. Da die Räder in einer gemeinsamen geschlossenen Anlage eingestellt werden, ist der Flächenverbrauch geringer. Gegenüber den Boxen haben diese Systeme den (Komfort-)Nachteil, dass Helme, Taschen, Pedelec-Akkus, Beleuchtungssets etc. abmontiert und in ggf. extra bereitgestellten Schließchern aufbewahrt oder mitge­nom­men werden müssen. Wenngleich die abgeschlossene Anlage Schutz gegen spontanen Diebstahl ermöglicht, so kann Diebstahl dennoch nicht in Gänze ausgeschlossen werden, da letztlich jede Person über die Buchung eines Stellplatzes Zugang zu der Anlage erhalten kann.

 

  • Zugang zu den Anlagen:

Nutzer müssen die Stellplätze anmieten. Das kann tageweise geschehen oder für längere Zeiträume (z. B. Woche, Monat, Quartal, Jahr). Moderne Systeme werden über eine Mobile-App betrieben. Sobald der Nutzer die App installiert und sich registriert hat, kann er einen freien Stellplatz mieten. Bei Langzeitmieten mietet der Nutzer bei Boxensystemen immer denselben Stellplatz, kann also z. B. Regenbekleidung dauerhaft in einer Box deponieren.

 

  1. Standorte

Die Verwaltung sieht für Auspendler im Stadtgebiet insbesondere die drei Bahnhaltepunkte (Hauptbahnhof, Prüfening und Burgweinting) als sinnvolle Standorte.

 

  • Am Hauptbahnhof ist längerfristig eine Radstation vorgesehen, also eine große Fahrradgarage mit Serviceeinrichtungen. Kurzfristig (ab 2021) soll eine Zwischen­sung etabliert werden, die in das Gesamtkonzept eingebunden werden sollte.
  • In Prüfening wird im Zuge des Baus der Gleisunterführung auf der Nordseite eine über­dachte Abstellanlage errichtet werden. Auf der Südseite könnte eine Sammel­schließ­anlage auf der städtischen Grünfläche aufgestellt werden. Im Bereich des Bahnhofsgebäudes (von der DB an Dritte veräert) und der Bahnsteige sind keine Flächen für Abstellanlagen vorhanden.
  • In Burgweinting sind die vorhandenen überdachten Abstellanlagen nicht ausgelastet. Dies kann auch ein Hinweis darauf sein, dass Pendler (Gewerbebetriebe Leibniz­straße und Siemensstraße, GVZ) wegen der Lage und der fehlenden Sozialkontrolle (insbes. Ostseite) hier über Nacht bzw. übers Wochenende keine Räder abstellen wollen. Boxen könnten die Angebotslücke schließen.

 

Einpendler könnten von einem entsprechenden Angebot dergestalt profitieren, dass sich die ÖPNV-Fahrzeiten deutlich verkürzen würden. Viele Ziele im Stadtgebiet sind mit dem ÖPNV nur durch Umsteigen im Bereich Hbf./Albertstraße zu erreichen. Das ist häufig zeitintensiv und bei Verspätungen ist oftmals der Anschluss nicht gesichert. Lange Umsteigezeiten sind dann die Folge.

Ein Ring aus qualifizierten Abstellanlagen an wichtigen ÖPNV-Linienbushaltestellen kann eine Alternative darstellen. Dazu folgendes Beispiel:

 

Die Fahrt mit dem Bus aus Donaustauf bis zu Continental an der Siemensstraße benötigt je nach Tageszeit und Anschlüssen zwischen 45 und 60 Minuten. Für die Autofahrt müssen, je nach Verkehrslage, ca. 25 Minuten eingeplant werden. Die Bus­fahrt nur bis zum Baseball-Station (Armin-Wolf-Arena) dauert lediglich 15 Minuten. Die anschließende 2,5 km lange Radlfahrt entlang des Odessa-Rings ist in rund 10 Minuten zu schaffen. Insgesamt wäre also die intermodale Fahrt mit Bus und Fahrrad in etwa 30 Minuten zu bewältigen - und damit kaum langsamer als das Auto.

 

Insgesamt sieht die Verwaltung für eine erste Stufe zwischen 8 und 12 mögliche Standorte für ein solches Angebot. Diese sollten insbesondere entlang der starken Regionalbuslinien platziert werden. Ziele sind neben den Gewerbegebieten im Stadtosten insbesondere das Uni-Klinikum, der Hochschul-/Tech-Campus, der Stadtwesten (Infinion, Lilienthalstraße, Barmherzige Brüder), Haslbach und der Gewerbepark.
 

  1. Umland

r die „erste Meile“ bieten sich Boxen und Sammelschließanlagen insbesondere an den Bahnhöfen an. Idealerweise sollte in Stadt und Region ein einheitliches System angeboten werden, damit die Nutzer mit einer App / einem Vertrag verschiedene Anlagen nutzen können. Erste Gespräche mit dem Landratsamt und dem RVV haben bereits stattgefunden. Das Thema soll sich auch in dem Radverkehrskonzept wiederfinden, das der Landkreis derzeit erstellen lässt.

Das Landratsamt hat zwischenzeitlich im Ausschuss für den ländlichen Raum, Umwelt und Regionalentwicklung des Kreistags am 02.12.2019 berichtet, dass gemeinsam mit der Stadt Regensburg ein Konzept für die Beschaffung hochwertiger Fahrradabstellanlagen verfolgt werden soll. Auch im Rahmen der regelmäßig tagenden Bürgermeisterkonferenzen wurde die Idee erörtert. Es hat eine breite Zustimmung gegeben.
 

  1. AG Rad

Das Konzept wurde am 19.12.2019 der AG Rad vorgestellt.
 

  1. Radtourismus

Auch im Radtourismus besteht Bedarf nach sicheren Abstellmöglichkeiten. Personen, die Regensburg etwa im Rahmen einer Tour auf dem Donauradweg besuchen, benötigen zusätzlich Einschließglichkeiten für das Gepäck. Angebote hierfür werden zukünftig über die am Hauptbahnhof geplante Radstation, die Mobilitätsdrehscheibe Unterer Wöhrd und die Parkgarage Gräßlschleife bereitgestellt werden. Darüber hinaus wäre der Bedarf für weitere Angebote zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen.
 

  1. gliche Modelle / Organisation

Die Verwaltung dieser Anlagen inklusive der Unterhaltung wäre mit einem Aufwand ver­bunden, den weder die Verwaltung noch eine städtische Tochter kurzfristig übernehmen könnten. Unternehmen, die diese Anlagen herstellen, haben sich inzwischen darauf spezialisiert, auch die gesamte Abwicklung der Vermietung sowie die Reinigung und Instandhaltung zu übernehmen. Die Unternehmen haben dazu die erforderliche Software sowie Hardware entwickelt.

Die Kommunen müssen lediglich die benötigten Flächen zur Verfügung stellen und die Anlagen (Boxen, Sammelschließanlagen, ggf. Schließcher für Helme etc.) erwerben. Für den laufenden Betrieb müssen die Kommunen an den Betreiber ein Entgelt zahlen, das jedoch nach den Kenntnisstand der Verwaltung höchstwahrscheinlich unter den zu erwarteten Mieteinnahmen liegen wird.

Vorteil der Boxen / Sammelschließanlagen ist, dass die Modelle vergleichsweise leicht zu versetzen sind, wenn sich z. B. keine hinreichende Nachfrage einstellen sollte. Auch sind die Anlagen erweiterbar, um auf einen gestiegenen Bedarf reagieren zu können. An Standorten, wo ein Stromanschluss nicht mit vertretbarem Aufwand herzustellen ist, nnte auf Solarmodule zurückgegriffen werden.
 

  1. weiteres Vorgehen / Finanzierung

Der erste Schritt könnte eine Anlage als Interimslösung am Hauptbahnhof sein. Die erforderlichen Haushaltsmittel müssten im Rahmen der Aufstellung des Nachtragshaushalts 2020 eingestellt werden, um eine Ausschreibung in diesem Jahr durchführen und eine Inbetriebnahme 2021 ermöglichen zu können. Anschließend könnten weitere Anlagen folgen.

Grundsätzlich sind diese Anlagen förderfähig. Die exakte Förderhöhe ist abhängig von der Anlagenform und den tatsächlichen Kosten. Der Freistaat fördert nach dem Gemeinde­verkehrsfinanzierungsgesetz (BayGVFG) und dem Finanzausgleichsgesetz(FAG) bis zu 80 % der förderfähigen Kosten bis zu festgelegten Höchstsätzen.

Die Leistung muss ausgeschrieben werden. Voraussetzung für die Ausschreibung ist die Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel.

 

Die Verwaltung wird im nächsten Schritt eine Markterkundung durchführen, um die zu erwar­tenden Kosten einschätzen zu können. Parallel werden Gespräche mit dem Fördergeber geführt. Sobald ein tragfähiges Konzept steht, wird dieses dem Ausschuss zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden.
 

  1. Auswirkungen auf das Klima / Nachhaltigkeit

 

Die Maßnahme wäre grundsätzlich dazu geeignet, den Ausstoß von klimaschädlichen Abgasen im Verkehr zu reduzieren, indem Kfz-Fahrten verkürzt oder ganz verhindert werden.

 

Dem gegenüber steht die Entstehung von Treibhausgasen durch die Produktion und den Transport der Abstellanlagen sowie in geringem Umfang durch den Betrieb.

 

Zusätzlicher Ausstoß einerseits und Ersparnis andererseits können zum jetzigen Stand nicht abgeschätzt werden. Dazu müssten zunächst Daten von den Herstellern der Anlagen abgefragt und ein konkretes Konzept erstellt werden.

 


 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

 


Anlage:

 

Konzept für qualitätsvolle Abstellanlagen

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 2019-12_qualitätsvolleAbstellanlagen (7974 KB)