Sachverhalt:
1. Bisherige Beschlusslage
In den Jahren 2020 bis 2022 wurde in Erweiterung der bis dahin geltenden Regelungen zur Unterstützung der Gastronomiebetriebe, die von der Corona-Pandemie wirtschaftlich besonders schwer betroffen waren, übergangsweise eine großzügige Genehmigung von Freisitzen und Freisitzerweiterungen praktiziert.
Hierzu wurden im Einzelnen folgende Beschlüsse gefasst:
Mit Beschluss vom 28.5.2020 (VO/20/16726/20) wurden die Gebühren für Freisitze für die Saison 2020 pauschal auf einen Betrag in Höhe von 15 v. H. der ursprünglich festgesetzten Sondernutzungsgebühren reduziert und eine großzügige Prüfung und zeitnahe Genehmigung von Erweiterungen und deren Ausgestaltung (z. B. Beschattung) veranlasst.
Mit Beschluss vom 8.10.2020 (VO/20/17166/20) wurden u. a. die Gebührenreduzierung, das Zulassen von Heizstrahlern und Windschutzelementen mit einem Kompensationsentgelt und eine grundsätzliche großzügige Genehmigungspraxis für die Saison 2021 verlängert.
Wegen der weiterhin andauernden Einschränkungen und Beeinträchtigungen durch das Infektionsgeschehen wurden mit Beschluss vom 2. Dezember 2021 (VO/21/18531/20) die großzügigen Regelungen der Jahre 2020 und 2021 für das laufende Jahr 2022 beibehalten.
Gleichzeitig wurde die Verwaltung damit beauftragt, Vorschläge für eine angepasste Handhabung von Freisitzen ab dem kommenden Jahr 2023 aufgrund der überwiegend positiven Erfahrungen mit der Genehmigungspraxis während der Pandemie zu erarbeiten. Es gilt die Prämisse, dass die während der Pandemie getroffenen Maßnahmen in der breiten Öffentlichkeit vielfach auf ein positives Echo gestoßen sind und ein vollständiges Zurückgehen auf die Genehmigungspraxis vor der Pandemie daher nicht mehr für angebracht gehalten wird. Für die Freisitze ab 2023 sind die gewonnenen Erfahrungen der letzten zwei Jahre aufzugreifen und weiter zu entwickeln. Zielsetzung ist die Beibehaltung so vieler Erleichterungen wie möglich und sinnvoll vertretbar. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die Interessen zugunsten der Gastronomiebetriebe, sondern u.a. auch Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner, brandschutzrechtliche Belange, das Bedürfnis nach Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang, das Angebot an Parkplätzen sowie an freien Flächen für Veranstaltungen und Feste. Auch übergeordneten Aspekten wie etwa dem geltenden Denkmalschutz sowie dem Regensburger Welterbe ist gebührend Rechnung zu tragen. Die vielfältigen berechtigten Interessen sind zu einem konsensfähigen Miteinander zusammenzuführen.
Sinn der großzügigen Übergangsregelungen für die Jahre 2020 bis 2022 war es mitunter, einen Aufenthalt an der frischen Luft statt im pandemiebedingt eher kritischen Innenraum sowie in lockerem Abstand zu anderen Gästen zu ermöglichen. Vor Corona wurden in der Saison 2019 im Rahmen von ca. 120 Freisitzen rund 3.200 m² Freisitzflächen zugelassen. Mit den Übergangsreglungen stieg die Zahl der Freisitze auf ca. 190 mit insgesamt etwa 6.300 m² Freisitzflächen. Dies stellt nahezu eine Verdoppelung der Freisitzflächen dar. Es ist aber festzustellen, dass im Vergleich zu 2021 in der laufenden Saison 2022 trotz etwa 20 mehr Freisitzen die Gesamtfreisitzflächen um etwa 100 m² rückläufig waren. Durch die nun vorgeschlagene dauerhafte Neuregelung ab der Saison 2023 ist mit einer Stabilisierung der Gesamtfreisitzflächen deutlich über 5.000 m², vermutlich eher um den Bereich 6.000 m² zu rechnen. Im Vergleich zu 2019 erreicht die Neuregelung damit eine deutliche Ausweitung an Freisitzen, die nicht weit hinter dem Maximum während Corona zurückstehen sollte. Auf die sonstigen Lockerungen im Vergleich zu 2019 wird jeweils nachfolgend eingegangen.
2. Handhabung der Freisitze ab der Saison 2023
Im Einzelnen werden ab der Freisitzsaison 2023 folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
2.1 Sondernutzungsgebühren
Ab der Freisitzsaison 2023 werden Gebühren nach der Sondernutzungssatzung festgesetzt und in voller Höhe erhoben. Eine Reduzierung der Gebühren aufgrund der Pandemie ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt, da die Innen- und Außenbereiche vollständig ohne Einschränkungen, insbesondere Einhaltung von Abstandsregelungen, genutzt werden können. Sollte sich diese Annahme im weiteren Jahresverlauf nicht bestätigen, kann eine Neubewertung hinsichtlich einer Gebührenreduzierung erfolgen.
2.2 Ansprechpartner
Sondernutzungserlaubnisse werden von der Stadtkämmerei, Abteilung 20.3 Erschließungsbeiträge erteilt, die als zentraler Ansprechpartner der Stadtverwaltung für die Anträge und nötigen Abstimmungen dient. Sie bindet im jeweiligen Bedarfsfall weitere Fachstellen (z.B. Feuerwehr, Stadtplanung, Denkmalschutz, etc.) ein.
Für bestehende Freisitzerweiterungen, die nach 2022 beibehalten werden sollen, ist zudem ein Antrag nach § 2 GastG (Antragserfordernis nach § 2 Absatz 1 GastV) erforderlich. Hierauf wurde in der Saison 2022 bereits hingewiesen. Diese Anträge sind bis 30.11.2022 direkt beim Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr zur Prüfung einzureichen.
2.3 Gestaltungsrichtlinien
Die verwaltungsinternen Richtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Außenbewirtschaftung von Gaststätten in der Altstadt vom 25. Mai 1993, zuletzt geändert am 17. Februar 2009, werden wie in Anlage 1 dargestellt zum 01.01.2023 geändert.
Die wesentlichen inhaltlichen Änderungen an der Richtlinie sind:
a) Räumlicher Zusammenhang zwischen Freisitz und Gaststätte
Ab der Saison 2023 wird grundsätzlich wieder ein direkter räumlicher Zusammenhang von Lokal und Freisitz gefordert. Im Einzelfall ist ein Freisitz ohne diesen direkten räumlichen Zusammenhang möglich, soweit:
b) Freisitzsaison
Die Sondernutzungserlaubnis wird für die jeweilige Saison in stets widerruflicher Weise erteilt. Als Freisitzsaison gelten die Monate vom 1. Februar bis 30. November jeden Jahres.
c) Möblierung
Innerhalb eines Freisitzes ist ein stimmiges Erscheinungsbild hinsichtlich der Auswahl von Stuhl-, Tisch- oder Schirmtypen sicherzustellen. Mehrfarbige oder uneinheitliche Ausführungen der Möblierung sind nur auf Antrag nach Abstimmung möglich.
d) Sonnen-, Wind-, Hitze- und Kälteschutz
Markisen und Sonnensegel können dann ausnahmsweise zugelassen werden, wenn die Gliederungselemente der Fassade eine Anbringung ermöglichen und sich eine Notwendigkeit aus der räumlichen Situation ergibt.
Der Einsatz von Sprühnebelkühlung ist zulässig, wenn dessen technische Ausführung filigran und formal zurückhaltend gestaltet ist.
Die Verwendung von Heizstrahlern und vergleichbaren technischen Maßnahmen sowie Windschutzelementen ist nicht gestattet und wird ab der Saison 2023 nicht mehr zugelassen. Ein Kompensationsentgelt für Heizstrahler wird ab der Saison 2023 folgerichtig nicht mehr erhoben.
e) Parklets
Die während der Pandemie geduldeten Parklets bleiben ab der Saison 2023 nur in Straßen mit ungleichem Niveau von Fahrbahn und Gehweg zulässig. Die Parklets dürfen dabei nicht über dem Gehwegniveau liegen und nicht über eine Stellplatzbreite hinaus in den Verkehrsraum ragen. Im Übrigen vgl. Anlage 1 Ziffer 6.4.
Die bisher bis Ende 2023 geltenden Regelungen zur Freisitzsaison mit Duldungsmonaten und Verwendung von Heizstrahlern und vergleichbaren technischen Maßnahmen sowie Windschutzelementen gemäß Beschluss vom 2. Dezember 2021 (VO/21/18531/20) werden wie oben ausgeführt modifiziert. Das bedeutet, dass im Januar 2023 Freisitze nicht mehr geduldet werden und im Februar 2023 keine Heizstrahler und Windschutzelemente verwendet werden dürfen. *
2.4 Öffentliche Plätze
Öffentliche Plätze gerade in der Altstadt haben eine eigenständige Bedeutung und Wirkung. Diese sollen eigenständig erlebbar und für die Allgemeinheit verfügbar sein. Daher werden für den Haidplatz, den Neupfarrplatz und den Bismarckplatz ab der Freisitzsaison 2023 die in Anlage 2 ersichtlichen Zonen festgelegt (Anlage 2), nur innerhalb derer Freisitze beantragt werden können. Für den Domplatz, den Kohlenmarkt sowie den Rathausplatz werden entsprechende Zonen im Bedarfsfall im Rahmen der laufenden Verwaltung festgelegt. Derzeit ist dies nicht veranlasst. Die ausgenommenen Flächen dienen als öffentliche Platzflächen für temporäre Veranstaltungen und Märkte, als Feuerwehranfahrtszonen oder als konsumfreie Bereiche. Die Zonen sind dabei so gewählt, dass auch hier aufgrund der Neuregelung mehr Freisitze als 2019 möglich bleiben.
*Dieser Satz ist veraltet und aus dem Sachverhalt zu streichen. Während der Bearbeitung der Beschlussvorlage wurde dies versehentlich versäumt. Siehe hierzu auch die Information von Fr. Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer bei Eröffnung der Stadtratssitzung am 29.11.2022.
2.5 Parkplätze, Zulassung einer Ablöse von Stellplätzen
Während der Pandemie wurden für die Einrichtung von Freisitzen auch Parkplatzflächen (Anwohnerparkplätze und bewirtschaftete Parkplätze) zur Verfügung gestellten. Dies kann mit der Neuregelung grundsätzlich dauerhaft umgesetzt werden. Insbesondere in Wohnverkehrsstraßen, Straßen mit niveaugleichem Ausbau und Fahrradstraßen wird daher der Einrichtung bzw. dem Erhalt von Freisitzen der Vorrang eingeräumt.
Zudem war eine Anpassung der Satzung der Stadt Regensburg zur Herstellung und Ablösung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge und für Fahrräder (Stellplatzsatzung – StS) vom 1. Februar 2013 im kommenden Jahr geplant. Neben einer konjunkturellen Fortschreibung der Ablösebeträge für einen Stellplatz (seit 2019 unverändert) ist eine Neuregelung bzgl. moderner Mobilitätskonzepte (vgl. z.B. Mobilitätskonzept der PLK) in der Stellplatzsatzung erforderlich. Diese Anpassung wird nun vorgezogen und zugleich eine zusätzliche Ergänzung des § 7 Absatz 2 Buchstabe a) der Satzung der Stadt Regensburg zur Herstellung und Ablösung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge und für Fahrräder (Stellplatzsatzung – StS) vom 1. Februar 2013 (Ergänzung fett) vorgeschlagen:
„(2) Nicht zulässig ist eine Ablösung
Mit der vorgeschlagenen Anpassung fordert die Stadt nach wie vor Stellplätze für sog. überschießende Freisitzflächen, d.h. für den Teil einer Freisitzfläche, der größer als der zugehörige Innenraum der Gastronomie ist. Entgegen der aktuellen Fassung soll ausschließlich für diese überschießenden Anteile der Freisitzfläche eine Ablöse zugelassen werden. Damit kann in einigen Fällen die Erweiterung der Freisitze wie in den Jahren 2020 bis 2022 aufrecht erhalten bleiben. Betroffene Gastronomen hatten eine entsprechende Regelung angeregt. Im Übrigen wird für Gaststätten allgemein das Verbot der Ablöse nicht gelockert, da dies ansonsten zu einer massiven Zunahme von Gaststätten in der Altstadt führen würde. Das Bauordnungsamt wird eine entsprechende Änderung der Stellplatzsatzung veranlassen.
2.6 Parkanlagen und öffentliche Grünflächen
Diese dienen vorrangig der Erholung aller Bürgerinnen und Bürger und stehen ab der Saison 2023 als öffentliche Anlage wieder uneingeschränkt der Allgemeinheit zur Verfügung.
Ausgenommen hiervon werden analog der Öffnung zugunsten von Freisitzen in der Altstadt lediglich die bereits während der Pandemie zugelassenen und erprobten zusätzlichen Freisitze im Stadtpark, soweit diese an eine übergeordnete Gastwirtschaft angeschlossen sind (vgl. Anlage 3). Für diese wird künftig analog der in der Vorlage dargestellten Neuregelung u.a. ein Nutzungsentgelt erhoben und vergleichbare Rechte und Pflichten auferlegt. Das Nutzungsentgelt wird in der Höhe an die Sondernutzungsgebühren (Ziffer 2.1) angelehnt. Darüber hinaus werden im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Genehmigung der künftig zulässigen Erweiterung entsprechend die Vorschriften der Stellplatzsatzung (Ziffer 2.5) herangezogen. Die Verantwortung zur Beachtung aller sonstigen Vorgaben, insb. auch zur Einholung je einer entsprechenden gaststättenrechtlichen sowie denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis obliegt ausschließlich dem Freisitzbetreiber.
Darüber hinaus werden keine rein gastronomische Nutzung als Freisitzersatz mehr zugelassen. Öffentliche Veranstaltungen (gegebenenfalls mit begleitendem gastronomischen Angeboten), insbesondere aus dem kulturellen Bereich, bleiben zulässig und werden wie vor der Pandemie gehandhabt. Dabei wird auf die besonderen Anforderungen des Natur-, Arten-und Denkmalschutzes Rücksicht genommen.
3. Abstimmung mit den Interessenvertretern
Die Neuregelungen wurden mit den betroffenen Interessenvertretern u.a. im Rahmen einer Sondersitzung des Runden Tisches Altstadt (u.a. Interessengemeinschaft Altstadtgastronomie Regensburg, Faszination Altstadt e. V., Stadtmarketing e. V.). am 08.07.2022 abgestimmt. Zudem wurden diverse weitere Gespräche und eingegangene Anregungen bzgl. Einzelfällen berücksichtigt. Die vorgeschlagenen Neuregelungen stießen dabei in der breiten Mehrheit auf Zustimmung.
4. Zusammenfassung
Bezogen auf die Handhabung der Freisitze in den „Corona-Jahren“ 2020 bis 2022 kommt es ab der Saison 2023 im Wesentlichen zu folgenden Anpassungen:
Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:
1. Die zur Pandemiebewältigung eingeführten Übergangsregelungen im Umgang mit Freisitzen (2020 bis 2022) laufen zum 28. Februar 2023 aus.
2. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit diesen Übergangsreglungen werden die im Sachverhalt dargestellten Neuregelungen (Lockerungen) für die Freisitze ab der Saison 2023 nun dauerhaft umgesetzt.
3. Die Richtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Außen-bewirtschaftung von Gaststätten in der Altstadt vom 25. Mai 1993, zuletzt geändert am 17. Februar 2009, werden wie in der Anlage 1 dargestellt geändert.
4. Die Verwaltung wird beauftragt, die im Sachverhalt genannten Regelungen umzusetzen und die hierfür erforderlichen Änderungen von Satzungen zu erarbeiten und zur weiteren Beschlussfassung vorzulegen.
Anlage 1 Richtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Außenbewirtschaftung von Gaststätten in der Altstadt (Synopse)
Anlage 2 Freisitzzonen auf öffentlichen Plätzen
Anlage 3 Stadtpark – Freisitzfläche Café Unter den Linden
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