Vorlage - VO/13/8905/61  

 
 
Betreff: Energiekonzept für den Bebauungsplan Nr. 102, Ehemalige Nibelungenkaserne
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
19.11.2013 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt:             

 

Bisherige Vorgehensweise:

 

Nach Aufgabe der militärischen Nutzung und dem Erwerb des Areals der ehemaligen Nibelungenkaserne durch die Stadt Regensburg hat der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen am 01.06.2011 beschlossen, die 45. Änderung des Flächennutzungsplanes im Bereich der ehemaligen Nibelungenkaserne einzuleiten und den Bebauungsplan Nr. 102, Ehemalige Nibelungenkaserne, aufzustellen. Das Ziel dieser Bauleitplanverfahren ist die Schaffung der planungsrechtlichen Grundlagen zur Realisierung eines neuen Bauquartiers mit verschiedenen Nutzungen (Berufliche Oberschule, Technologiepark, Wohnquartiere, öffentliche Grünflächen).

 

Parallel zur Schaffung des erforderlichen Baurechtes war es ein Ziel, das neu entstehende Stadtquartier zu einem Modellprojekt für zukunftsfähige Wohn- und Arbeitsformen zu entwickeln. Dabei sollten als wichtige Bausteine die Ökologie und die Energieeffizienz einen besonderen Stellenwert einnehmen, z.B. über die Rückhaltung von Niederschlagswasser, die Förderung der E-Mobilität und den Einsatz bzw. die Verwendung von Systemen zur umweltfreundlichen Energiegewinnung.

 

Im August 2011 wurden die Energieagentur Regensburg e.V. mit Beratungsleistungen im Rahmen der Ausschreibung für ein Gesamtenergiekonzept sowie die Fa. TEWAG in Regensburg mit einer geologischen Ersteinschätzung (Recherche und Prüfung der geologischen und hydrogeologischen Voraussetzungen zur Nutzung der Geothermie)  beauftragt.

 

Die geologische Ersteinschätzung der Fa. TEWAG vom September 2011 kam zu dem Ergebnis, dass sich alle untersuchten Energiegewinnungsformen (Grundwasser, Kollektoren, Sonden, Körbe) grundsätzlich zum Heizen und Kühlen über oberflächennahe Geothermie eignen. Es könnten je nach Nutzungsform bei optimaler Ausnutzung zwischen 0,3 MW und 7,1 MW Wärme-/Kühlleistung gewonnen werden. Für genauere Aussagen waren jedoch noch weitere Untersuchungen erforderlich.

 

Unter Berücksichtigung der o.g. Ergebnisse aus der geologischen Ersteinschätzung wurde deshalb im März 2012 die Energieagentur Regensburg mit der Ermittlung des zu erwartenden Energiebedarfs der im Bebauungsplan geplanten Nutzungen, mit der Leistungsbeschreibung für ein energetisches Gesamtkonzept, der Vorauswahl von geeigneten Ingenieurbüros, der Wertung der Angebote und Prüfung der Konzepte auf Plausibilität sowie mit weiteren Untersuchungen zur Nutzung der Geothermie beauftragt.

 

Im Mai 2012 wurden im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung insgesamt 12 geeignete Ingenieurbüros aufgefordert, ein Angebot einschließlich einer Konzeption zur Erstellung eines Gesamtenergiekonzeptes für das Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne abzugeben. Eine Jury, bestehend aus internen Mitarbeitern der Verwaltung, externen Experten der REWAG sowie der Technischen Hochschule Regensburg, prüfte die eingegangenen Konzepte und entschied, dass 3 Büros ihre Ideen im Rahmen einer Präsentation vorstellen sollten. Am 29.06.2012 fand die Präsentation der Konzeptvorschläge statt. Dabei hat das Expertengremium nach Auswertung der Bewertungsbögen vorgeschlagen, die Fa. ZREU, Zentrum für rationelle Energieanwendung und Umwelt GmbH, Regensburg, mit der Erarbeitung eines Energiekonzeptes zu beauftragen. Dies erfolgte durch das Amt für Wirtschaftsförderung am 27.08.2012. Das Energiekonzept liegt nach einer engen Abstimmungsphase mit den Fachstellen der Verwaltung seit Januar 2013 vor.

 

Ausgehend von der Verifizierung der Energieverbrauchskennwerte und einer Potentialanalyse wurden mehrere Varianten der Energieversorgung untersucht und im Rahmen einer Nutzwertanalyse bewertet. Im Ergebnis wird zur Realisierung ein Konzept vorgeschlagen, welches die Geothermie zum Heizen und Kühlen der Gebäude einsetzt. Die Geothermie soll dabei die Grundlast abdecken.

 

Im Vergleich mit den weiter untersuchten Varianten (Dezentrale Gasbrennwertkessel, Erdgas BHKW Kraft-Wärme-Kopplung und Biomasse-KWK) stellt sie unter den Aspekten

?         Innovation

?         Grundkosten

?         Betreiberaufwand

?         Flexibilität

?         Verbrauchskosten

?         Technische Reife

?         Versorgungssicherheit

?         Umweltaspekte sowie der

?         Akzeptanz

die beste Lösung dar.

 

Bei Bedarf sollen die Spitzenlasten über eine Erdgasversorgung abgedeckt werden. Im Bereich des ersten Bauabschnittes (Carl-Maria-von-Weber-Straße Fort-Skelly-Straße Unterislinger Weg) wurde von der REWAG bereits eine Gasleitung verlegt, die die BOS mit versorgt und von den angrenzenden Quartieren bei Bedarf genutzt werden kann.

 

Die Untersuchung von ZREU hat ergeben, dass es für die im Planungsgebiet erzeugbare große Menge an regenerativer Energie keine geeigneten Speichermöglichkeiten gibt. Angebot und Nachfrage an regenerativ erzeugter Energie fallen jedoch oft zeitlich auseinander. Häufig wird gerade dann viel Energie produziert, wenn sie nicht gebraucht wird und umgekehrt. Ein energetischer Austausch zwischen verschiedenen Nutzungen im Gebiet, etwa durch die Nutzung von Abwärme eines benachbarten Gewerbebetriebs, scheidet ebenfalls aus. Es gibt keine Nutzungen, die in nennenswertem Umfang z. B. überschüssige Wärme abgeben werden. Entsprechende Contracting-Lösungen zwischen den Quartieren erübrigen sich daher.

 

Unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlich zu erwartenden Realisierungszeiträume sind dezentrale Einheiten gegenüber einer zentralen Versorgung von Vorteil, da diese erst mit der vollständigen Umsetzung aller Nutzungseinheiten wirtschaftlich betrieben werden kann (Baumaßnahme für die BOS hat bereits begonnen, geplanter Baubeginn Innovationsgebäude Ende 2013, vorgesehene Zeiträume für die Realisierung der Wohnquartiere 5 - 10 Jahre, Technologiepark 10 15 Jahre). Deshalb wird in der Gesamtbetrachtung ein Ansatz mit größtmöglicher Flexibilität in Form dezentraler Versorgungseinrichtungen verfolgt.

 

 

Vertiefende Untersuchungen zum Innovationszentrum und zur BOS/FOS:

 

 

Innovationsgebäude:

Nach sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile wurde die Entscheidung getroffen, das Innovationszentrum mit einem Kombisystem, bestehend aus BHKW mit Absorptionswärmenutzung,rmepumpentechnik und Speichertechnik, in Form eines Eisspeichers, zu betreiben. Die Technik ist durch ihre Effizienz, ihre besonders geringen Schadstoff- und CO2Emissionen besonders umweltfreundlich und stellt, betrachtet auf 20 Jahre, im Vergleich zur Kombilösung mit Geothermie zudem die wirtschaftlichste Lösung dar. Der erzeugte Strom wird im Haus eigengenutzt. Der Preisvorteil könnte im Sinne einer Wirtschaftsförderungsmaßnahme an die Mieter / Gründer weitergegeben werden. Dies und ein denkbares Contracting-Modell sowie eine Inanspruchnahme verschiedener Förderprogramme werden in den nächsten Planungsstufen weiter vertieft.

 

BOS/FOS:

Parallel zur Ausarbeitung des Energiekonzeptes wurde im Zusammenhang mit den Planungen der Beruflichen Oberschule im Mai 2012 ein Thermal Response Test (TRT) durchgeführt. Ein TRT stellt eine zuverlässige Methode zur Bestimmung der standortspezifischen Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes dar. Die Auswertung  zur Ermittlung der thermischen Untergrundeigenschaften erbrachte recht positive Ergebnisse

 

Wegen des begrenzten Investitionsrahmens für die Schule insgesamt wurde jedoch ein Erdsondenfeld als Wärme- und Kältequelle zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes nicht in Betracht gezogen. Die weitergehende Untersuchung im Jahr 2013 zur Aktivierung der Erdpfähle der Gebäudefundamente ergab zudem, dass diese aufgrund technischer Hindernisse nur in ungenügendem Maße zur Heizung und Kühlung beitragen können. Deshalb wurde die Nutzung von Geothermie verworfen.

 

Stattdessen hat sich die Stadt Regensburg nun für eine Luft/Wasser-Wärmepumpe entschieden. Für diese Technologie sprechen u.a. der hohe Wirkungsgrad und der hohe Anteil von regenerativ erzeugtem Strom, der für den Betrieb der Pumpen notwendig ist. Die für 2014 beschlossene Novellierung der EnEV-2009 wird eine zusätzliche Verschärfung der Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden beinhalten, was sich weiter vorteilhaft für den Einsatz von mit regenerativ erzeugtem Strom betriebenen Luft-/Wasser-rmepumpen auswirkt.

 

Sowohl die geplante Luft-/Wasser-Wärmepumpe, aber auch die Geothermie-Wärmepumpe unterschreiten die Vorgaben der aktuellen EnEV-2009 deutlich.

 

Die CO2-Bilanz beider Techniken ist für die schulische Nutzung ebenfalls annähernd gleich, weil die Luft-/Wasser-rmepumpe im Jahresverlauf längere Laufzeiten erreicht und damit der erforderliche zusätzliche Anteil an Erdgas zur Spitzenlastabdeckung geringer sein wird als bei der Sole-Wasser-Wärmepumpe.

Am 01.10.2013 hat der Bau- und Vergabeausschuss entschieden, den Strombedarf zu 100 % aus Wasserkraft zu decken. Damit verbessert sich der ökologische Vorteil zu Gunsten der gewählten Energieversorgung.

 

Zudem ergab die Vollkostenrechnung trotz einer angenommenen mittleren Preissteigerung der Energiekosten von 7% in den nächsten 10 Jahren einen Vorteil für die Luftwärmepumpe.

In der Gesamtbetrachtung aus Wirtschaftlichkeit, Ökologie und technischer Machbarkeit wurde aus den genannten Gründen  der Energieversorgung mittels Luft-/Wasser-Wärmepumpen für die BOS/FOS der Vorzug gegeben.

 

Konsequenzen für die weitere Umsetzung des Energiekonzeptes:

 

Auf die Untersuchungsergebnisse aufbauend vergleicht das Energiekonzept der Fa. ZREU unterschiedliche Systeme. Danach schneidet die Verwendung der Geothermie am besten ab. Zu berücksichtigen ist, dass das Gutachten die Aufgabe hatte, die grundsätzliche Situation aufzuzeigen. Einzelne Projekte sowie Vorhaben konnten wegen des zeitlichen Vorlaufes des Bebauungsplanes nicht untersucht werden. Da teilweise im Vergleich der unterschiedlichen Systeme die Ergebnisse relativ knapp ausfallen, muss im Rahmen konkreter Objektplanungen eine Einzelfallbetrachtung, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden, die zu anderen Ergebnissen führen kann.

 

Gegenüber der Beurteilung für die Sondernutzung Schule stellt sich die Wirtschaftlichkeit der unterschiedlichen Modelle für Wohnen und auch grundsätzlich für Gewerbe anders dar. Im Gewerbe sind vor allem hohe Kühllasten zu erwarten, die über Geothermie leicht zu gewinnen sind. Im Gewerbe und bei der Wohnnutzung sind außerdem längere, kontinuierliche Betriebszeiten und geringere innere Lasten (z.B. Schulferien, Wochenende, Klassenräume mit 30 Schülern, Computer) zu erwarten, die die Wirtschaftlichkeit voraussichtlich weiter zu Gunsten der Geothermie verschieben.

 

Kosten der energetischen Untersuchungen:

 

Vorbereitende Untersuchungen + Leistungen der

Energieagentur Regensburg e.V.                                                                      12.700 €

 

Erkundungsbohrung + Thermal Response Test, Fa. TEWAG              9.400 €

 

Erarbeitung Energiekonzept, Fa. ZREU                                                        41.650 €

 

Summe                                                                                                                63.750 €

 

Finanzierung:

 

Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie bewilligte mit Zuwendungsbescheid vom 07.11.2012 aus Mitteln des Programms zur Förderung innovativer Energietechnologien und der Energieeffizienz für die Erstellung des Energiekonzeptes einen Zuschuss in Höhe von 29.150 €.

 

Weiteres Vorgehen:

 

Den künftigen Investoren wird das Gesamtenergiekonzept als Handlungsempfehlung zur Entwicklung der Versorgungskonzepte für die jeweiligen Einzelvorhaben zur Verfügung gestellt. Sie erhalten darüber hinaus Beratung zur weiteren Optimierung der Quartierskonzepte durch Zusammenschlüsse.

 

Gegebenenfalls können die künftigen Investoren KfW-Zuschüsse, Fördergelder bzw. Kredite für die Umsetzung des Energiekonzeptes im Rahmen der eigenen Objektplanung beanspruchen. Dabei wird sich die Nutzung der Geothermie als Primärenergieträger positiv auswirken.

 

Es wird empfohlen für alle Wohngebäude KfW-40 als auszuführender Mindeststandard zur nachhaltigen Energieversorgung vertraglich zu vereinbaren.

 

 


Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 


 

2 Anlagen:

 

Kurzfassung Energiekonzept (ZREU, Januar 2013)

 

Untersuchungen zur BOS

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 130131_EK_Kurzfassung (483 KB)    
Anlage 2 2 Untersuchungen BOS_Anlage 2 (511 KB)