Vorlage - VO/14/10590/66  

 
 
Betreff: Wohnraumversorgung Studierender in Regensburg - aktuelle Situation und künftige Entwicklung
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Amt für Stadtentwicklung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Entscheidung
20.01.2015 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:             

 

 

Anlass und Zielsetzungen

 

Die Wohnraumversorgung der Studierenden ist in Regensburg wie auch in vielen anderen Hochschulstädten ein Dauerthema. Schlagworte wie „Wohnungsnot“ oder plakative Aktionen wie die Einrichtung von Matratzenlagern prägen häufig das Bild der Wohnsituation der Studierenden. In den vergangenen Jahren war der studentische Wohnungsmarkt in Regensburg sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite von einer besonderen Dynamik geprägt. So hat der doppelte Abiturjahrgang die Zahl der Studierenden deutlich ansteigen lassen, gleichzeitig war auch auf der Angebotsseite eine Vielzahl von Projektentwicklungen mit Zielrichtung „studentischer Wohnungsmarkt“ zu beobachten. Die Immobilienfirma bulwiengesa hat ermittelt, dass Regensburg bei der Zahl der seit 2010 projektierten oder bereits gebauten Studentenappartements in Deutschland unter den ersten fünf Städten liegt.

 

Eine fundierte Analyse der Thematik erscheint daher sinnvoll und notwendig.

 

  • Wie stellt sich die Wohnraumversorgung der Studierenden in Regensburg tatsächlich dar?
  • Ist durch die intensive Bautätigkeit der jüngeren Vergangenheit bereits eine Marktttigung bei den Studentenappartements eingetreten oder absehbar?
  • Welche Konsequenzen für die Planungs- und Genehmigungspraxis der Stadt Regensburg sind zu ziehen?

 

 

Nachfragesituation

 

Abb. 1: Studierende an den Regensburger Hochschulen

Quelle: Stadt Regensburg, Amt für Stadtentwicklung

 

 

Zum Wintersemester 2014/15 waren an den drei Regensburger Hochschulen rund 30.800 Studierende eingeschrieben, davon knapp 70 % an der Universität. Die Abbildung 1 zeigt einen signifikanten Anstieg der Studierendenzahlen seit dem Wintersemester 2010/11, ausgelöst durch den doppelten Abiturjahrgang. Die Nachwirkungen dieses Ereignisses dürften in den kommenden beiden Jahren  zu einem moderaten weiteren Anstieg der Studierenden führen. Anschließend ist nach Ansicht der Verwaltung mit einem allmählichen Rückgang der Studentenzahlen auf etwa 28.000 Personen zu rechnen.

 

Die Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2014-2025 durch die ständige Konferenz der Kultusminister stützt, allerdings bezogen auf die gesamte Bundesrepublik, diese Annahme. Dort heißt es: „Entsprechend der vorliegenden Vorausberechnung ist davon auszugehen, dass die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger an Universitäten und Fachhochschulen bundesweit von 507 000 im Jahr 2013 auf 497 000 im Jahr 2015 zurückgehen dürfte. Nach einem leichten Anstieg im Jahr 2016 auf 504 000 Studienanfänger ist ein allmählicher Rückgang zu erwarten. Dabei bleiben die Studienanfängerzahlen bis zum Ende des Prognosehorizonts bei deutlich über 450 000. Selbst im Jahr 2025 ist mit 465 000 Studienanfängerinnen und Studienanfängern ein höheres Niveau als im Jahr 2010 zu erwarten.“

 

 

Angebot an Unterkünften für Studierende

 

Den knapp 31.000 Studierenden in Regensburg stehen etwa 7.680 Plätze in Wohnanlagen für Studierende zur Verfügung, davon rund 4.050 in öffentlich geförderten und ca. 1.730 in privaten Wohnheimen. Etwa 1.900 Appartements befinden sich in privaten Eigentumswohnanlagen (siehe Abb. 2). Das sind keine klassischen Wohnheime, sondern gewöhnliche Wohnhäuser ohne zusätzliche Gemeinschaftsräume, die sich aber dennoch insbesondere aufgrund der angebotenen Wohnungsgrößen im Schwerpunkt an Studierende richten.

 

 

Abb. 2: Wohnungen in Wohnanlagen für Studierende

Quelle: Stadt Regensburg, Amt für Stadtentwicklung

 

 

Weitere etwa 430 Zimmer bzw. Appartements sind bereits genehmigt oder im Bau. Hinzu kommen noch etwa 900 geplante, aber noch nicht genehmigte Wohnungen, davon ca. 300 öffentlich geförderte. Diese werden vom Studentenwerk bzw. vom Evangelischen Siedlungswerk in der ehemaligen Nibelungenkaserne gebaut. Etwa 450 Kleinwohnungen (Stand heute) mit Zielrichtung studentisches Wohnen sind von einem privaten Investor in Königswiesen Nord (Dr.-Gessler-Str.) geplant.

Nach Fertigstellung der oben aufgeführten genehmigten bzw. geplanten zusätzlichen Wohnheimplätze und Kleinappartements würde sich die Zahl der insgesamt in Regensburg vorgehaltenen Studentenwohnungen auf rund 9.000 erhöhen. Direkt an der Stadtgrenze ist/wird zudem das ehemalige Hotel „Vier Jahreszeiten“ zu einer Wohnanlage für Studenten umgebaut. Im Endausbau beherbergt diese Anlage rund 280 Wohneinheiten. Insgesamt stünde damit für etwa ein Drittel aller an den Regensburger Hochschulen Studierenden ein speziell auf diese Zielgruppe ausgerichtetes Wohnungsangebot zur Verfügung. Neben diesen studentischen Wohnanlagen gibt es in Stadt und Umland Regensburg noch eine Reihe privater Anbieter, über deren Zahl und Lage keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen.

 

Ein Blick auf die Entwicklung der Studierenden und der Wohnungen in Wohnanlagen für Studierende in der jüngeren Vergangenheit zeigt, dass die Wachstumskurve bei den Wohnungen bis 2011 stets über derjenigen der Studierenden gelegen hat (Abb. 3). Erst Sonderereignisse wie die Abschaffung der Wehrpflicht und der doppelte Abiturjahrgang haben ab 2011 zu einer Umkehrung dieser Entwicklung geführt. Aufgrund der aktuellen Zuwächse an Wohnraum für Studierende nähern sich beide Kurven seit 2013 wieder an. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend wegen der intensiven Neubautätigkeit anhalten wird.

 

 

 

Abb. 3: Entwicklung von Studierenden und Wohnungen in Wohnanlagen für Studierende

Quelle: Stadt Regensburg, Amt für Stadtentwicklung

 

 

 

 

Bewertung und Bedarf

 

Die Frage, ob die Studierenden ausreichend mit Wohnraum versorgt sind und wie Regensburg dabei im Vergleich zu anderen Hochschulstädten abschneidet, ist nicht einfach zu beantworten. Eine Annäherung an die Realität quasi über Umwege ist aber durchaus möglich. Nach der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks wohnten im Jahr 2012 in Bayern 28 % der Studierenden bei den Eltern, d.h. dieser Personenkreis tritt nicht als Nachfrager am Wohnungsmarkt auf. Immerhin 14 % sind in Wohnheimen untergebracht (Abb. 4). Heruntergebrochen auf Regensburg entspräche dies einer Nachfrage von aktuell rund 4.250 Studierenden, die in öffentlichen oder privaten Wohnheimen leben. Rein rechnerisch reicht die Zahl der Wohnheimplätze dafür also völlig aus.

Die Zahl der in Regensburg vorhandenen öffentlichen und privaten Wohnheimplätze (ohne private Kleinwohnungen in Appartementanlagen) würde sogar dafür ausreichen, rund ein Fünftel aller Studierenden aufzunehmen.

 

 

 

Abb. 4: Wohnformen Studierender im Ländervergleich

Quelle: 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks

 

 

Eine Umfrage der Technischen Universität Dresden im Auftrag des Immobiliendienstleisters CBRE aus den Jahren 2012/13 kommt abweichend davon zum Ergebnis, dass nur rund 20 % der Studierenden in Bayern bei den Eltern wohnen, dafür aber ebenfalls knapp 20 % in Wohnheimen. Auch unter Verwendung der Ergebnisse der TU-Dresden würde die Zahl der in Regensburg angebotenen Plätzen in öffentlichen und privaten Wohnheimen und Appartementhäusern noch ausreichen.

 

Beide Befragungen kommen fast übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der bayerischen Studierenden (Sozialstudie: 56 %) allein oder mit Partner in der eigenen Wohnung bzw. in einer Wohngemeinschaft leben. Übertragen auf Regensburg wären dies ca. 17.000 Studierende, die aber nicht alle im Stadtgebiet wohnen. Nach Angaben der Universität und der Ostbayerischen Technischen Hochschule haben aktuell 41 % (Universität) bzw. 30 % (OTH) der Studierenden ihren Wohnsitz in der Stadt Regensburg. In Wirklichkeit dürften diese Anteile deutlich höher sein, weil viele Studierende gegenüber ihrer Hochschule die Heimatadresse anstatt der Adresse am Studienort angeben. Geht es nach den Wohnpräferenzen der Studierenden, würden nach den Ergebnissen der Sozialstudie 2012 sogar 84 %  am liebsten in einer eigenen Wohnung bzw. Wohngemeinschaft leben (alte Länder einschl. Berlin).

Tatsächlich konnten sich aber nur 64 % der Befragten diesen Wunsch erfüllen. Das Wohnheim wäre nur für 9 % der Befragten die bevorzugte Wohnform.

 

Wer im Stadtgebiet wohnt und als Nachfrager am freien Wohnungsmarkt auftritt, muss mit dem vergleichsweise hohen Mietniveau in Regensburg zurechtkommen. Abbildung 5 zeigt den Anstieg der Mietspiegel-Basismieten zwischen 2001 und 2013. Gegenüber den vorherigen Zeiträumen ist seit dem Jahr 2009 nochmals ein überproportionaler Preisanstieg zu beobachten.

 

 

Abb. 5: Entwicklung der Wohnungsmieten in Regensburg

Quelle: Stadt Regensburg, Amt für Stadtentwicklung

 

 

Verglichen mit anderen deutschen Universitätsstädten liegen die Wohnkosten für Studierende in Regensburg allerdings nur im Mittelfeld. Die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat für Regensburg im Jahr 2012 einen durchschnittlichen Wert von 295 € pro Person für Miete einschließlich Nebenkosten ermittelt. Seither hat sich das Mietniveau in Regensburg jedoch noch einmal spürbar nach oben bewegt. Die Durchschnittswerte täuschen deshalb darüber hinweg, dass es vermutlich doch einen Anteil an Studierenden gibt, der Probleme mit dem Preisniveau in privaten Wohnheimen oder am freien Wohnungsmarkt hat. Die angemessene Versorgung dieser Zielgruppe muss die öffentliche Hand bei künftigen Aktivitäten daher verstärkt im Blickfeld haben.

 

Zusammenfassend stellt sich die Wohnsituation der Studierenden in Regensburg folgendermaßen dar:

 

  • Das Angebot an Wohnheimplätzen für Studierende in Regensburg ist quantitativ ausreichend und wird sich, wenn die genehmigten bzw. geplanten neuen Wohnanlagen umgesetzt sind, noch einmal deutlich erhöhen.
  • Die Angebotsausweitung an studentischem Wohnraum in der jüngeren Vergangenheit als Folge der gestiegenen Nachfrage erfolgte ausschließlich durch private Investoren. Das Preisniveau dieser Wohnungen ist deutlich höher als bei den öffentlich geförderten. Auch die genehmigten bzw. geplanten neuen Projektentwicklungen werden im Schwerpunkt von privaten Investoren getragen.
  • Studierende, die nicht bei den Eltern oder in einem öffentlich geförderten Heim wohnen, müssen jedoch entweder auf teurere Plätze in privaten Wohnheimen zurückgreifen oder sie treten als Nachfrager auf dem ohnehin angespannten Regensburger Wohnungsmarkt auf. Nicht alle sind dazu aber finanziell in der Lage.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die vorliegenden Zahlen in Summe keinen Hinweis auf schwerwiegende Defizite bei der Versorgung der Regensburger Studierenden mit Wohnheimplätzen geben. In Regensburg ist ein quantitativ ausreichendes Angebot an Wohnraum für Studierende vorhanden. Zu dieser Einschätzung kommt auch der Marktreport zum studentischen Wohnen in Deutschland 2014/15 des Immobiliendienstleisters CBRE. Für Regensburg sieht der Report „keinen zusätzlichen Investitionsbedarf“. Diese Einschätzung wird folgendermaßen begründet: „Aufgrund einer im Städtevergleich sehr niedrigen Leerstandsrate, …, sowie eines hohen Mietniveaus eignet sich Regensburg grundsätzlich als Investitionsstandort für Studierendenwohnheime im gehobenen Segment. Das in der Stadt eher niedrige durchschnittliche Einkommen der Studierenden sowie der aktuell hohe Bestand von Wohnheimplätzen im gehobenen Segment hemmen jedoch den Bedarf an zusätzlichem studentischem Wohnraum in diesem Bereich.“ So waren nach einer Befragung der CBRE in Regensburg im Jahr 2013 nur 18,9 % der Studierenden bereit, mehr als 400 pro Monat für Miete zu bezahlen. Die Bereitschaft, mehr als 500 € Mietkosten aufzubringen, brachten nur noch 3,4 % der befragten Studierenden auf. Hinzu kommt, dass sehr wahrscheinlich nur ein Teil derjenigen, der bereit ist, eine höhere Miete zu zahlen, dies auch für ein Einzelappartement im gehobenen Segment tun würde.

Die Einschätzung der CBRE ist umso bemerkenswerter, als der Marktreport die in Königswiesen Nord geplanten über 400 Kleinwohnungen noch gar nicht berücksichtigt. Sollte also das umfangreiche neue Wohnungsangebot in Königswiesen Nord im Schwerpunkt auf eine studentische Nachfrage abzielen, wäre es demnach nicht marktgerecht.

 

Problematisch sind allerdings die hohen Wohnkosten für Studierende mit einem geringeren Einkommen, die keinen Platz in öffentlich geförderten Wohnheimen bekommen. Hier besteht insbesondere seitens der öffentlichen Träger Handlungsbedarf.

 

 

Konsequenzen für die Planung und Genehmigungspraxis

 

Aufgrund der aktuellen Situation von Angebot und Nachfrage, der regen Bautätigkeit von Studentenappartements in der jüngeren Vergangenheit und dem zu erwartenden moderaten ckgang der Studierendenzahlen sind künftig gezielt nur auf studentisches Wohnen ausgerichtete Neubauprojekte mit einem hohen Risiko verbunden. Renommierte Immobilienunternehmen, wie die Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen (GBI) oder der Immobiliendienstleister CBRE, sehen den Markt für studentisches Wohnen in Regensburg ausgereizt. Neue Wohnanlagen für Studierende laufen künftig Gefahr, in einen Verdrängungswettbewerb mit bereits bestehenden Angeboten einzutreten.

 

Gerne wird in diesem Zusammenhang argumentiert, Studentenwohnheime könnten, falls sie von der eigentlichen Zielgruppe nicht mehr nachgefragt werden, einer alternativen Nutzung zugeführt werden. In der Realität dürften solchen Umnutzungen jedoch enge Grenzen gesetzt sein. Hohe Umbaukosten, Stellplatznachweise und generell die Frage nach denkbaren Alternativnutzungen seien an dieser Stelle nur Beispiel gebend als Hindernisse genannt.

 

Anders sind Wohnanlagen für weniger zahlungskräftige Studierende in Universitäts- oder Altstadtnähe zu sehen, wie sie z. B. in der Nibelungenkaserne entstehen werden. Aufgrund der günstigen Lage und der moderaten Mietpreise ist r diese Angebote eine langfristig stabile Nachfrage zu erwarten. Derartige Anlagen dürften aber nur von gemeinnützigen oder kirchlichen Trägern, die geringere Renditeerwartungen haben, umsetzbar sein.

 

Vor diesem Hintergrund ist eine weitere ungebremste Ausweitung des Angebots an Wohnraum für Studierende eher kritisch zu sehen. Private Bauträger, die mit dem Ziel, derartige Wohnanlagen zu bauen, an die Stadt herantreten, sollten von der Verwaltung entsprechend beraten und über die aktuelle Situation informiert werden.

 

Aus bauleitplanerischer Sicht können folgende Instrumente angewandt werden, um gegen eine unverträgliche Häufung von Kleinwohnungen vorzugehen:

 

  • In begründeten Fällen kann in Bebauungsplänen die höchstzulässige Zahl der Wohnungen pro Wohngebäude festgesetzt werden. Dadurch lässt sich die durchschnittliche Wohnungsgröße pro Gebäude steuern.
  • Bei der Vergabe städtischer Grundstücke können bestimmte Arten von Wohnungen im Rahmen des vorgegeben Kriterienkatalogs ausgeschlossen werden, um beispielsweise eine Konzentration von Kleinwohnungen zu verhindern. Dieses Vorgehen wurde zuletzt für mehrere Bauquartiere in der ehemaligen Nibelungenkaserne praktiziert.

 


  1. Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, die in der Vorlage dargestellten Konsequenzen für die Planung und Genehmigungspraxis zu prüfen und bei Bedarf anzuwenden.