Vorlage - VO/08/3855/04  

 
 
Betreff: Entwicklung kulturpolitischer Leitziele und eines darauf aufbauenden Kulturentwicklungsplans 2020
hierzu auch: Antrag der FDP-Stadtratsfraktion vom 27.11.2008
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Kulturreferent Unger
Federführend:Kulturreferat   
Beratungsfolge:
Kulturausschuss Entscheidung
03.02.2009 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Kulturausschusses ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                             

Sachverhalt: 

 

1. Ausgangssituation – warum ein Kulturentwicklungplan?

 

Unsere Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten überregional als Kunst- und Kulturstadt profiliert und positioniert und damit weit über die Region hinaus Anerkennung gefunden. Die internationale Anerkennung der Revitalisierung der historischen Architekturdenkmäler in Form der Anerkennung als Weltkulturerbe, die Erfolge der wissenschaftlichen Kulturarbeit, aber auch die überregional anerkannten Festivals, viele Kultureinrichtungen sowie viele KünstlerInnen, die hier leben und Kulturarbeit leisten, belegen, dass Regensburg einen fruchtbaren Boden für die Entwicklung von Kunst, Kultur und Bildung bietet. Kultur ist ein zentraler Tourismus- und Marketingfaktor. Kultur wurde damit auch zum Wirtschaftsfaktor für unsere Stadt und unterstützt nicht zuletzt als sog. Weicher Faktor die Standortentscheidungen bei Unternehmensplanungen. Kultur und Kunst eröffnen für die Zukunft weitere Wirtschaftspotenziale, gerade im Bereich der Kreativwirtschaft, die große Chancen bietet. Doch es gibt eine Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung: einige Kulturbereiche haben einen hohen Stellenwert, die zeitgenössische Kunst dagegen wird oft weniger beachtet. In manchen Kulturbereichen gibt es eine hohe Angebotsdichte, in anderen Bereichen dagegen Angebotsdefizite.

 

Regensburg hat sich in den letzten Jahren zwar zu einer Stadt mit vielfältigem kulturellem Angebot entwickelt, nun stößt dies seitens der Stadt jedoch an organisatorische, finanzielle und strukturelle Grenzen.

 

Die Erarbeitung eines Kulturplans für die Stadt Regensburg ist seit längerem in der Diskussion. In der Koalitionsvereinbarung für die Stadtratsperiode vom 2008 – 2014 wird explizit als Ziel der Kulturarbeit die Entwicklung einer kulturpolitischen Agenda 2020 genannt.

 

Ist Kultur wirklich planbar??

 

Kunst ist nichts statisches, vielmehr ist sie das Ergebnis eines Prozesses. Die Würdigung respektive Unterstützung gebührt nicht nur der Präsentation, sondern häufiger den Bedingungen ihrer Entstehung, womit wir sogleich bei der öffentlichen Kulturförderung sind. Zu den wichtigen Kriterien städtischer Förderung gehört zweifellos die Qualität. Und es darf einer Stadt deshalb auch gestattet sein, Spitzenleistungen besonders zu unterstützen. Vom daraus generierten Image profitieren alle. Dass Fördern und Fordern – auch ein vermeintliches Gegensatzpaar – auf das Engste zusammen gehören, ist eigentlich nicht mehr der Erwähnung wert.

 

Das Kulturreferat sieht mit der Erarbeitung kulturpolitischer Leitziele und einem daraus entwickelten Kulturentwicklungsplan eine Möglichkeit, die Basis dafür zu schaffen, den Einsatz der Investitionen in den Kulturbereich verantwortungsvoll und zukunftsorientiert leisten zu können. Eine Reihe von deutschen und österreichischen Städten hat in den letzten Jahren Kulturentwicklungspläne entworfen und damit gute Erfahrungen gemacht.

 

Kunst, Kultur und Planung sind also keine Widersprüche, wenn es darum geht, einen Prozess zu initiieren, in dem seitens der Stadt durch strategische Zieldefinition und längerfristig wirksame Grundlagen und Rahmenbedingungen die Abhängigkeit von Kunst und Kultur von kurzfristigen wirtschaftlichen oder politischen Erfordernissen vermindert wird. Die Aufgabe, das eigenständige, unverwechselbare kulturelle Profil von Regensburg gemeinsam zu definieren und weiter zu entwickeln, ist natürlich keine leichte. Es gilt einerseits Grundlagen für eine aktive Kulturarbeit zu schaffen, und andererseits dabei die Aufgaben der städtischen Kulturarbeit klar zu definieren. Denn, so eine Grundannahme dieses Kulturentwicklungsplanes: Politik und Verwaltung haben die Pflicht, Kultur als einen dynamischen Prozess zu gestalten, der partikulare Einzelinteressen erkennt und ausschließt, der eine Evaluierung der eingesetzten Mittel und eine freie künstlerische Entwicklung ermöglicht, der alltagskulturelle Bereiche einschließt und der die zum Teil widersprüchlichen Bedürfnisse verschiedenster Richtungen miteinbezieht.

Grundidee: Kulturkonzepte als Kontrapunkt zur Beliebigkeit. Das Kulturreferat ist nicht die Kulturszene sondern allenfalls deren Anwalt.

 

2. Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans 2020 in zwei Phasen

 

Das Kulturreferat schlägt deshalb die Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans 2020 in zwei Phasen vor.

 

2.1 Zunächst soll mit der Erarbeitung kulturpolitischer Leitziele die Basis für einen darauf aufbauenden  Kulturentwicklungsplan geschaffen werden. Wichtig für eine Stadt wie Regensburg, die sich stark über Kunst und Kultur definiert, sind kulturpolitische Leit- bzw. Kernziele, in denen die wesentlichen Ziele der Kulturarbeit definiert werden. Sie sollen Handlungs- und Orientierungsrahmen für die zukünftige städtische Kulturarbeit geben. Leitthemen und Positionierungen sind Problemzonen, die aber ständig aufgearbeitet werden müssen. Klar definierte Ziele sind erforderlich, um Prioritäten setzen zu können.

 

2.2 In der zweiten Phase sollen diese kulturpolitischen Leitziele unter Einbeziehung der verschiedensten kulturellen Strömungen, Vereinigungen und Institutionen sowie der Bürgerinnen und Bürger zu einem Kulturentwicklungsplan weiterentwickelt werden. In einem breiten und in vielen Teilen öffentlichen Diskussionsprozess sollen zunächst die Grundlagen für den ersten Kulturentwicklungsplan der Stadt Regensburg festgelegt werden, um daraus wiederum Perspektiven, Entwicklungsmöglichkeiten und Maßnahmen fortentwickeln zu können.

 

3. Bereiche des Kulturentwicklungsplans 2020

 

Folgende Bereiche sollen u.a. bei der Kulturentwicklungsplanung Berücksichtigung finden:

1. Nachfrage und Erwartungen

Querschnittsthemen, z.B.

·         Gesellschaftswandel und Kultur

·         Zeitgenössische Künste

·         Kinder, Jugend und Kultur

·         Urbanität

·         Kultur - Wirtschaft - Wissenschaft

·         Tourismus und Kultur

·         Regensburg international

2. Potentiale

Der kritische Blick fokussiert sich in diesem Abschnitt im Wesentlichen auf die Kunst- und Kulturgattungen

·         Kulturelle Bildung

·         Bildende Kunst

·         Darstellende Kunst

·         Literatur

·         Musik

·         Film- und Medienkultur inclusive Internet

·         Soziokultur

·         Museen

·         Denkmalschutz und Baukultur

·         Kulturelles Erbe und Regionalgeschichte

 

Einer speziellen Situationsanalyse folgt bei diesen überwiegend genrebezogenen Themen eine Auflistung der Potentiale hinsichtlich der Profilierung der Angebote und der Verbesserung spezifischer Rahmenbedingungen.

3. Umsetzung

Dieser Themenkomplex widmet sich der Rahmensetzung und dem Betriebssystem städtischer Kultur.

·         Status und Aufgaben der Stadtverwaltung

·         Rechts- und Betriebsformen

·         Kulturförderung

·         Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing

·         Maßnahmenkatalog

 

4. Ziel

 

Der Prozess der Entstehung einer Regensburger Kulturentwicklungsplanung soll besonders gekennzeichnet sein durch die umfassende Einbeziehung von Experten und  Bürgerschaft. Ziel ist nicht nur, Kompetenz und breite Unterstützung miteinzubeziehen,  sondern gerade auch durch diese Transparenz die interessierte Bevölkerung zu bürgerschaftlichem Engagement anzuregen. Neben einer Bestandsaufnahme sollen wesentliche Kulturperspektiven für die nächsten zehn Jahre entwickelt werden.

 

Demzufolge werden über den Kulturbereich hinausgehend auch andere Ressorts der Stadtverwaltung thematisch berührt. Die Struktur des Kulturentwicklungsplans könnte so angelegt sein, dass die auf die Kunst- und Kultursparten bezogene inhaltliche Perspektive bzw. einzelne Schwerpunkthemen - wie kulturelle Bildung, Kinder, Jugend und Kultur, Urbanität etc. – im Vordergrund stehen.

 

Seine Wirkung im Sinne eines Leitfadens zur Entwicklung der kommunalen Kulturlandschaft, der Kulturförderung und der Kulturpolitik kann der Plan vor allem dann entfalten, wenn die Umsetzung der zugrunde liegenden Ziele regelmäßig überprüft wird. Es handelt sich im Sinne eines Qualitätsmanagements um „work in progress“.  Infolge sich erfahrungsgemäß rasch ändernder Rahmenbedingungen werden immer wieder auch einrichtungs- und maßnahmebezogene Neujustierungen erforderlich sein.

 

 

5. Arbeitsformen

 

In verschiedensten Arbeitsformen wie Fachgesprächen, Workshops, Diskussionsforen etc. soll jedes Thema einzeln von Akteuren und Akteurinnen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft erörtert werden. Kulturinteressierte Bürger und Bürgerinnen sollen über Diskussionsforen in die Meinungsbildung einbezogen werden. Eine Steuerungs-gruppe, mögliche Besetzung aus in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik wirkenden Persönlichkeiten, begleitet diesen Prozess.

 


6. Zeitplan

 

Zeitplan

 

Februar 2009:

Start durch Kulturausschussbeschluss

 

 

 

Phase 1:

 

Entwicklung von kulturpolitischen Leitzielen

 

 

02/09 - 04/09               Fachgespräche kulturpolitische Leitziele

 

05/09 - 06/09               Entwurf eines Vorschlags für  kulturpolitische Leitziele durch eine

                                    verwaltungsinterne Arbeitsgruppe

 

07/09                           Diskussionsveranstaltung „kulturpolitische Leitziele“

 

08/09 - 09/09               Erarbeitung kulturpolitischer Leitziele

 

10/09                           Beteiligung des Kulturbeirats

 

11/09                           Kulturausschuss- und Stadtratsvorlage zur Beschlussfassung

 

12/09                           Kulturpolitische Leitziele der Stadt Regensburg

 

 

Phase 2:

 

Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans 2020 für die Stadt Regensburg

 

 

 

Grundlagenarbeit durch das Kulturreferat, die Steuerungsgruppe und die Ämter

 

„Kulturperspektiven 2020 aus dem jeweiligen Bereich der Verwaltung“

 

01/10 - 04/10               Erarbeitung schriftlicher Konzepte

 

05/10                           1. Zwischenbericht: Vorstellung dieser Konzepte im Kulturausschuss

 

07/10                           Öffentliches Diskussionsforum zu diesen Konzepten der

                                    Kulturverwaltung

 

09/10 - 11/10               Überarbeitung der Verwaltungskonzepte zu einem

                                    „1. Grundlagenentwurf Kulturentwicklungsplan 2020“

 

12/10                           2. Zwischenbericht: Vorstellung des „1. Grundlagenentwurfs Kultur-

entwicklungsplan 2020“ im Kulturausschuss und im Stadtrat

 

01/11 - 04/11               Einholung von Stellungnahmen bei Kulturinstitutionen, Experten

                                    etc. zum „1. Grundlagenentwurf Kulturentwicklungsplan 2020“

 

 

Arbeit der Arbeitskreise

 

01/11 - 04/11               Verschiedene Arbeitskreise zum Thema Kulturagenda 2020

aus den og. Kulturgattungen tagen

 

 

Zusammenführung der Ergebnisse aus Arbeitskreisen und Stellungnahmen

 

05/11 - 07/11               Dokumentation aller Beiträge, Redigierung und Erarbeitung eines

                                    „2. Grundlagenwurfs Kulturentwicklungsplan 2020“

 

07/11                           3. Zwischenbericht im Kulturausschuss: Vorstellung des

„2. Grundlagenentwurfs Kulturentwicklungsplan 2020“

 

09/11 - 11/11               Klausurtagungen der Arbeitsgruppen

 

12/11 - 03/12               Endredaktion zum „1. Entwurf Kulturentwicklungsplan 2020“

 

 

Öffentliche Diskussion

 

04/12                           Diskussionsforum mit Experten und Bürgern über den „Entwurf

                                    einer 1. Fassung Kulturentwicklungsplan 2020“

 

05/12                           Sondersitzung des Kulturausschusses zum Thema „1. Fassung

Kulturentwicklungsplan 2020“

 

06/12 - 09/12               Endredaktion zur „1. Fassung Kulturentwicklungsplan 2020“

 

 

10/12                           Vorstellung der „1. Fassung Kulturentwicklungsplan 2020“ im

                                    Kulturbeirat, Kulturausschuss und Stadtrat

 

 

7. Ressourcen

 

Welche Ressourcen (Personal, externe Organisationen, Moderatoren, Finanzmittel, Zeitrahmen) zur Entwicklung eines Kulturentwicklungsplans benötigt werden, kann zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer beurteilt werden. Wir können uns in diesem Zusammenhang nur auf Erkundigungen in anderen Städten stützen, die eine ähnliche Kulturentwicklungsplanung durchgeführt haben.

 

Die Stadt Freiburg hat einen Kulturentwicklungsplan mit knapp 30 Seiten im Jahr 2006 beschlossen. Der Prozess wurde dabei von einer Steuerungsgruppe aus dem Kulturdezernenten, dem Kulturamtsleiter und der Kulturplanerin verantwortet und von Anfang an von einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe unterstützt, die auch - durch externe Fachleute ergänzt - als Begleitgruppe fungierte. Dem Kulturamtsleiter als federführender Stelle stand hierfür während der gesamten Zeit eine eigene Stelle zur Verfügung (sog. Kulturplanerin). Der Prozess dauerte ca. 3 Jahre bis zum 1. Kulturkonzept Freiburg.

 

Die Stadt Coburg hat einen Kulturentwicklungsplan mit 141 Seiten im November 2001 mit Unterstützung der Unternehmensberatung Dr. Malcher und Richter Beratung verfasst. Hierbei wurden nach Befragungen und Wunschbildaktionen in den Zeitungen zunächst Leitlinien der Kulturentwicklung erarbeit, die wiederum in ein Leitbild der Kulturstadt Coburg 2010 übergeführt wurden. Dieses Leitbild beschreibt den Zustand des Kulturlebens in Coburg, der dann erreicht ist, wenn die Leitlinien verwirklicht worden sind.

Anschließend haben rund 100  Personen in sechs Spartenzielworkshops Ziele für die verschiedenen Kunstsparten und für die Kinder- und Jugendkultur erarbeitet.

Auf Grundlage der Leitlinien und der Spartenziele haben anschließend die Kultureinrichtungen  - teilweise auf Vorschlag der Gutachter – ihre Ziele definiert.

Aus Leitlinien und Zielaussagen wurden Kernzielaussagen komprimiert.

 

Die Stadt Dresden, die sich wiederum an der Stadt Salzburg orientiert hat, hat zur Erstellung eines Kulturentwicklungsplanes mit 130 Seiten gute 3 Jahre benötigt. Personell getragen wurde das Projekt durch eine Assistentin der Projektleitung mit einer ½ Tags-Sekretärin und verschiedenen Praktikanten aus dem Bereich Kulturmanagement. Unterstützt wurde der  Prozess durch eine externe Agentur, die gerade am Anfang gute Dienste als „neutrale Person“ leistete.

 

Aus den og. Erfahrungen bei anderen Städten hochgerechnet, könnten sich Kosten von 60.000,-- bis 70.000,-- Euro für eine Gesamtprojektdauer von 3 Jahren.

(Moderatoren, Reisekosten, Kosten für Klausurtagungen, Raummieten, Gutachter, Publikationskosten etc.) ergeben. Diese Kostenschätzung geht davon aus, dass kein separates Projektpersonal dafür eingestellt wird. Für die Phase 1 (Entwicklung von kulturpolitischen Zielen im Jahr 2009) würden die anfallenden Kosten aus dem Haushalt des Kulturreferats bestritten werden.

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

  1. Die Verwaltung  wird beauftragt, kulturpolitische Leitziele und darauf aufbauend einen Kulturentwicklungsplan 2020 unter Beteiligung von Wissenschaft, Kulturvereinen und -verbänden und den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Regensburg auf der Grundlage des Berichtes zu erarbeiten und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

  1. Dem Kulturausschuss sind Zwischenberichte vorzulegen.

 

Anlagen:

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Kulturentwicklungsplan (1969 KB)