Vorlage - VO/10/5585/50  

 
 
Betreff: Neuorganisation SGB II
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeister Wolbergs
Federführend:Amt für Soziales   
Beratungsfolge:
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
29.07.2010 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt: 

 

 

Das zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sieht zur Organisation der Grundsicherung für Arbeitssuchende die Bildung von Arbeitsgemeinschaften (ARGEN) aus den der Bundesagentur für Arbeit zugehörigen örtlichen Agenturen für Arbeit sowie den jeweiligen Kommunen vor.

 

Am 27.01.2005 hat der Stadtrat die Errichtung der mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 26.10.2004 gegründeten Arbeitsgemeinschaft in Form einer öffentlich-rechtlichen Gesellschaft beschlossen.

 

Die Stadt Regensburg hat zum 01.01.2005 mit der Agentur für Arbeit Regensburg eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II  in der Form einer öffentlich-rechtlichen Gesellschaft mit öffentlich-rechtlichem Vertrag errichtet.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat darin eine unzulässige Form der Mischverwaltung gesehen (Urteil vom 20.12.2007) und dem Gesetzgeber aufgegeben bis zum 31.12.2010 einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.

 

Die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende in der Arbeitsgemeinschaft Regensburg Stadt hat sich bewährt. Die Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Arbeit und der Stadt Regensburg gewährleistet die auch vom Bundesverfassungsgericht begrüßte Betreuung und Leistungserbringung aus einer Hand und soll daher als Regelfall durch eine Grundgesetzänderung (Artikel 91e GG) fortgeführt werden.

 

Als Ausnahme soll die im SGB II zunächst als befristete Experimentierklausel geregelte Zulassung der alleinigen Aufgabenwahrnehmung durch Kommunen (Optionskommunen) verstetigt und ausgeweitet werden.

 

Der Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitssuchende soll sicherstellen, dass die beiden Träger die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung fortsetzen und somit die Erbringung der Leistung aus einer Hand in einer gemeinsamen Einrichtung (gE) zukünftig sichergestellt wird.

 

 

 

Die wichtigsten Gesetzesänderungen zur gemeinsamen Einrichtung (gE)

 

Zulassungsverfahren / Gemeinsame Einrichtung (gE)

Die Argen gehen kraft Gesetzes in eine gE über. Ergänzend können lokale Vereinbarungen zwischen den Trägern geschlossen werden. Die Rechtsform ist eine öffentlich-rechtliche. Die gE führen die Bezeichnung Jobcenter.

Die gE nimmt die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Sie ist befugt Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich gegenüber der gE ein Weisungsrecht (§ 44 b SGB II).

 

 

Trägerversammlung (§ 44 c SGB II)

Jede gE hat eine Trägerversammlung, sie ist je zur Hälfte mit Vertretern der regionalen Agentur für Arbeit und der Kommune besetzt. Die Vertreter wählen einen Vorsitzenden, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Trägerversammlung entscheidet über organisatorische, personalwirtschaftliche, personalrechtliche und personalvertretungsrechtliche Angelegenheiten der gE. Die Trägerversammlung berät gemeinsame Betreuungsschlüssel unter Berücksichtigung der verfügbaren Haushaltmittel.

Bei der Personalbedarfsermittlung werden gesetzlich festgelegte Personalschlüssel für den Bereich Markt und Integration von 1:75 bei jungen Erwachsenen unter 25 Jahren und von 1:150 bei Personen über 25 Jahren berücksichtigt. Die Trägerversammlung stimmt das örtliche Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm ab.

 

 

Geschäftsführer (§ 44 d SGB II)

Der Geschäftsführer führt hauptamtlich die Geschäfte der gE und vertritt die gE gerichtlich und außergerichtlich. Er hat die von der Trägerversammlung in deren Aufgabenbereich beschlossenen Maßnahmen auszuführen. Der Geschäftsführer ist Beamter oder Arbeitnehmer eines Trägers und untersteht dessen Dienstaufsicht. Der Geschäftsführer übt über die zugewiesenen Beamten und Arbeitnehmer die dienst-, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Bundesagentur für Arbeit und des kommunalen Trägers und die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion, mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung und Beendigung der mit den Beamten und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse, aus. Der Geschäftsführer ist Leiter der Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinn und Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes.

 

 

Personalübergänge (§ 44 g SGB II)

Es erfolgt eine gesetzliche Zuweisung des bisherigen Personals der Arge zur gE für 5 Jahre (Zuweisung der Tätigkeiten bei der gemeinsamen Einrichtung für die Dauer von 5 Jahren). Die bestehenden Arbeitsverhältnisse bei dem jeweiligen Arbeitgeber bleiben unberührt.

 

 

Personalvertretung (§§ 44 h, 44 i, 44 j SGB II)

In der gE wird eine eigene Personalvertretung gebildet.  Es gelten die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Die Rechte der Personalvertretungen der abgebenden Dienstherren und Arbeitgeber bleiben unberührt, soweit die Entscheidungsbefugnisse bei den Trägern bleiben. Auf die Schwerbehindertenvertretung und Jugend- und Auszubildendenvertretung ist § 44 h SGB II entsprechend anzuwenden. Des Weiteren wird in der gE eine Gleichstellungsbeauftragte bestellt.

 

 

Ausschüsse / Gremien

Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Bund-Länder-Ausschuss für die Grundsicherung für Arbeitssuchende gebildet. Er beobachtet und berät die zentralen Fragen der Umsetzung, Fragen der Aufsicht, Fragen des Kennzahlenvergleichs, Fragen der zu erhebenden Daten und erörtert die Zielvereinbarungen (§ 18 c SGB II).

 

Auf Landesebene bildet die zuständige oberste Landesbehörde und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Kooperationsausschuss. Der Kooperationsausschuss koordiniert die Umsetzung der Grundsicherung auf Landesebene, vereinbart jährlich die Ziele und die Schwerpunkte der Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik in der Grundsicherung für Arbeitssuchende auf Landesebene. Bei Streitigkeiten in den gE über die jeweiligen Weisungsrechte der Träger entscheidet der Kooperationsausschuss (§ 18 b SGB II).

 

Bei jeder gemeinsamen Einrichtung wird ein örtlicher Beirat gebildet. Der Beirat berät die Einrichtung bei der Auswahl und Gestaltung der Eingliederungsinstrumente- und maß-nahmen (§ 18 d SGB II).

 

Die Trägerversammlungen bei den gE bestellen Beauftragte für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. Die Beauftragen unterstützen und beraten die gE in Fragen der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, der Frauenförderung sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (§ 18 e SGB II).

 

 

Aufsicht und Weisungsrechte (§ 47 SGB II)

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur. Die zuständigen Landesbehörden führen die Aufsicht über die kommunalen Träger. Im Aufgabenbereich der Trägerversammlung führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde.

 

 

Zielvereinbarungen (§ 48 b SGB II)

Die Steuerung erfolgt über Zielvereinbarungen und ein bundesweites Benchmarking. Dazu schließt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zielvereinbarungen mit der Bundesagentur, die Agenturen für Arbeit schließen bundesweit vergleichbare Zielvereinbarungen mit den Geschäftsführern, die Kommune kann mit dem Geschäftsführer ebenfalls regionale Zielvereinbarungen über die kommunalen Leistungen abschließen.

 

 

Finanzierung aus Bundesmitteln (§ 46 SGB II)

Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Anteil des Bundes an den Gesamtverwaltungskosten der gE beträgt 87,4 Prozent. Die Kommunen beteiligen sich mit 12,6 % an den Verwaltungskosten.

 

 

 

Option

 

Die Zahl der Optionskommunen wird auf 25 % der Gesamtheit der Argen beschränkt. Neben den bereits 64 bestehenden Optionskommunen kann es zukünftig bundesweit 41 Optionskommunen mehr geben. Die Antragstellung durch die kreisfreien Städte muss bis zum 31.12.2010 mit Zulassung zum 01.01.2012 erfolgen. Die Länder wählen auf der Grundlage einer Eignungsfeststellung (entsprechend der Kriterien einer Rechtsverordnung) die Antrag stellenden Kommunen aus. Für den Antrag ist eine 2/3-Mehrheit in der dafür zuständigen Vertretungskörperschaft der jeweiligen Kommune Voraussetzung.

Die Optionskommune muss eine gesonderte Einrichtung mit eigenem Haushalt schaffen. Des Weiteren ist eine personelle, organisatorische und finanzielle Abgrenzung zu anderen Bereichen der Kommunalverwaltung sicher zu stellen. Kommunale Haushaltsmittel für das SGB II sind auf die Einrichtung zu übertragen. Personell erfolgt eine gesetzliche Zuweisung des bisher in der Arge tätigen Personals der Bundesagentur in den Dienst des kommunalen Trägers. Die Steuerung erfolgt ebenfalls über Zielvereinbarungen und bundesweites Benchmarking.  Die Leistungen des Bundes werden direkt aus dem Bundeshaushalt bezahlt, die Kommunen müssen nicht in Vorleistung gehen. Eine Anschubfinanzierung oder Kostenerstattung des Bundes für finanzielle Mehraufwendungen durch den Umstellungsaufwand ist nicht vorgesehen. Die Länder führen die Aufsicht über die Optionskommunen, der Bund erhält eine Rechtsaufsicht gegenüber den Ländern, soweit Bundesmittel von den Optionskommunen verausgabt werden.

Es wird auf die Anlage „Entscheidungshilfe für Jobcenter bzw. Option“ des bayerischen Städte- und Landkreistages verwiesen.

 

 

 

 

 

 

Bewertung

 

Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Regensburg Stadt hat das SGB II in den letzten 5 Jahren erfolgreich umgesetzt. Ziel der Arge ist die ordnungsgemäße Umsetzung des SGB II, die Beendigung der Hilfebedürftigkeit der Betroffenen und die Integration in den Arbeitsmarkt. Dies konnte, insbesondere auch durch die gute Zusammenarbeit beider Träger vor Ort und deren Unterstützung für die Arge erfolgreich umgesetzt werden. Die bisherige erfolgreiche Arbeit der Arge zeigt sich z.B. in der Arbeitslosenquote.

 

Mai 2006

6,1 % Arbeitslosenquote

Mai 2010

3,9 % Arbeitslosenquote

 

 

 

 

 

Der Beschlussvorlage ist die „Entscheidungshilfe für Jobcenter bzw. Option“ des Bayer. Städtetags und des Bayer. Landkreistags als Anlage beigefügt.

 

 

 

Anlage

 

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Stadtrat beschließt:

 

 

1.   Die zwischen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und der Stadt Regensburg mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 26.10.2004 gegründete Arbeitsgemeinschaft Regensburg-Stadt, zur Betreuung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger und Gewährung von Grundsicherungsleistungen aus einer Hand, wird ab 01.01.2011 als gemeinsame Einrichtung (gE) von BA und Stadt Regensburg weitergeführt.

 

2.   Der Oberbürgermeister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der BA den Standort, die nähere Ausgestaltung und Organisation der gE zu vereinbaren, sowie Zielvereinbarungen zur Erreichung der Ziele nach dem SGB II mit der gE abzuschließen.

 

3.   Der Beschluss erfolgt vorbehaltlich der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitslose zur Änderung des SGB II.

 

 

Anlagen: