Vorlage - VO/16/12015/31  

 
 
Betreff: Bioabfallentsorgung im Stadtgebiet Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeister Huber
Federführend:Umweltamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz Entscheidung
27.04.2016 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

  1. Sachstand:

 

Der Ausschuss für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz hat die Verwaltung mit Beschluss vom 24.03.2015 beauftragt, die verschiedenen Varianten für eine getrennte Entsorgung des derzeit im Restmüll verbleibenden Bioabfalls gutachterlich untersuchen zu lassen.

 

Die Verwaltung hat daher zur Vorbereitung der Biomüllerfassung und zur Ermittlung des Wertstoffpotentials in der Restmülltonne eine Hausmüllanalyse im Herbst und Winter 2015 durchführen lassen.

Die Analyse wurde durch das bifa Umweltinstitut durchgeführt. Dieses Institut besitzt in Bayern die größte Erfahrung mit Hausmüllanalysen und wird auch vom LfU als Sachverständiger herangezogen.

Die Stichprobe wurde über alle relevanten Bewohnerstrukturen der Stadt Regensburg gelegt:

Innenstadt 12,2% der Einwohner,

städtisch dichtes Wohnen Altbestand (bis 1990 errichtet) 66,9 % der Einwohner,

städtisch dichtes Wohnen Neubestand (ab 1990 errichtet) 11,9 % der Einwohner

ndliche Bereiche 7,6 % der Einwohner

Gewerbe 1,4 % der Einwohner

Mit Datum vom 06.04.2016 hat das bifa Umweltinstitut gemeinsam mit der AU Consult GmbH einen Wertstoffpotenzialbericht (Hausmüllsortier-Anlagen und Auswirkungen bzgl. Biomüll) und einen Abschlussbericht (Zusammensetzung des Restmüllabfalls der Stadt Regensburg und Auswirkungen einer getrennten Bioabfallerfassung) vorgelegt.

 

  1. Wesentliche Feststellungen des Gutachtens

 

  1. Allgemeine Feststellungen

 

  • Das geschätzte Behältervolumen von 32 l/EW in 14 Tagen entspricht den Vorgaben der Abfallsatzung
  • Der Befüllgrad der Behälter liegt bei 91 %
  • Der Restabfall besteht zu 89,1 % aus Grobmüll (größer 40 mm), zu 8,3 % aus Mittelmüll (zwischen 10 und 40 mm) und 2,6 % aus Feinmüll (kleiner 10 mm)
  • Das Restabfallaufkommen in der Stadt Regensburg liegt mit 167,3 kg/EW*a geringfügig niedriger als im Durchschnitt anderer bayerischer Städte (173,4 kg/EW*a. Das Restmüllaufkommen im bayerischen Gesamtdurchschnitt beträgt 145,1 kg/EW*a.

 

  1. Wertstoffe im Restabfall

 

  • das theoretische Wertstoffpotential im Restabfall liegt mit 48,3 kg/EW*a über dem bayernweiten Durchschnitt von 26,8 kg/EW*a
  • das erhöhte Potential ist insbesondere auf einen höheren Anteil an PPK (Papier, Pappe, Kartonagen), Kunststoffen und Glas zurückzuführen
  • bei einer optimalen Abschöpfung nnte von PPK 11,2 kg/EW*a, von Glas 3,5 kg/EW*a und Leichtverpackungen (LVP) 3,9 kg/EW*a zusätzlich gesammelt werden.

 

  1. Bioabfall

 

  • der Restabfall der Stadt Regensburg besteht zu 21,5 % aus Bioabfall, dies entspricht 35,9 kg/EW*a
  • die 2014 erfassten Gesamtmengen an Bioabfällen (insgesamt 30.912 t) gingen folgenden Entsorgungswegen zu:

-       87,1 kg/EW*a Grüngut zur stofflichen Behandlung in einer Kompostierungsanlage. Das entspricht einer Menge von ca. 13.753 t.

-       29 kg/EW*a Grüngut zur energetischen Behandlung im Biomasse-HKW. Das entspricht einer Menge von ca. 4.578 t.

-       44 kg/EW*a Bioabfall zur stofflichen Behandlung in der Eigenkompostierung und sonstige Entsorgungswege. Das entspricht einer Menge von ca. 6.953 t.

-       35,9 kg/EW*a Bioabfall im Restabfall zur Beseitigung im MHKW des ZMS Schwandorf. Das entspricht einer Menge von ca. 5.664 t.

  • Signifikant sind in der Altstadt 40,7 kg/EW*a, städtisches Wohnen 49,5 kg/EW*a, ländlicher Bereich 21,2 kg/EW*a, Gewerbe 6,7 kg/EW*a Bioabfall im Restmüll
  • durch eine Biomüllerfassung mit hohem Anschlussgrad lässt sich aus der Restlltonne max. 50 % der organischen Abfälle erfassen. Aus vergleichbaren Analysen zeigt sich, dass damit 10 30 kg/EW*a im Restmüll verbleiben
  • für die Stadt Regensburg bedeutet dies bei guter Abschöpfung eine Reduktion des Restabfalls von 18 kg/EW*a
  • die Pro-Kopf-Menge des bereits jetzt erfassten Grünguts aus privaten Haushalten liegt mit 116,2 kg/EW*a deutlich über dem bayernweiten Durchschnitt
  • durch die Biomüllerfassung kommt es zu einer Verlagerung von Grüngutabfällen hin zur Biotonne. Der Gutachter geht bei einem Holsystem und bei einem Anschlussgrad von 70 % von einer Menge von 24,4 kg/EW*a aus
  • es kommt ebenfalls zu einer Verlagerung weg von der Eigenkompostierung hin zur Biotonne. Bei einem Holsystem und einem Anschlussgrad von 70 % werden 37,7 kg/EW*a angenommen

 

  1. Empfehlung zur verbesserten Wertstofferfassung

 

  1. Es besteht ein Handlungsbedarf r eine verbesserte Erfassung von PPK, Glas, Leichtverpackungen (LVP).

Wobei die Erfassung von Glas und LVP im Wirkungsbereich der Verpackungsverordnung liegen und ein Zugriff durch die Kommunen nicht möglich ist, da hier die Systembetreiber (zehn Duale Systeme) tätig sind. Die Stadt kann nur in Form der Abfallberatung auf die Bürgerinnen und Bürger einwirken. Anders sieht es bei der Sammlung von PPK aus. Hier ist die Stadt im Auftrag der Systembetreiber tätig und verkauft nur den von einer Clearingstelle ermittelten Anteil (§6 Abs. 7 VerpackV) an das jeweilige Duale System. Der restliche Anteil an PPK wird nach Ausschreibung verkauft und dient je nach Marktsituation zur Kostendämpfung der Müllgebühren.

 

  1. In einem ersten Schritt sollte auf jeden Fall die Abfallberatung verstärkt werden. Da der PPK-Anteil in der Restmülltonne oder die Einsammlung von PPK durch gewerbliche Unternehmen zu einem Verlust von Einnahmen bei der Stadt Regensburghrt, sollte für diese Stofffraktion eine Optimierung der Erfassung vorangetrieben werden.

 

  1. Vor der sehr gegensätzlichen Diskussion des Entwurfes des Wertstoffgesetzes und der als sicher geltenden Verpackungsverordnung kann die gemeinsame Erfassung eines Wertstoffgemisches in einer Wertstofftonne nicht empfohlen werden.

 

  1. Empfehlungen zur Bioabfallverfassung

 

Ein Großteil der Bioabfälle (Grüngut, Nahrungs- und Speisereste aus dem gewerblichen Bereich, Biotonnen über private Anbieter) wird bereits jetzt getrennt erfasst und zu Kompost verarbeitet, vergärt oder im Biomasseheizwerk entsorgt. Die in der Restmülltonne derzeit verbleibenden Bioabfälle (gemäß Hausmüllanalyse 5664 Tonnen) sollen ebenfalls einer gesonderten Entsorgung zugeführt werden. Um die ökologisch effektivste, ökonomisch sinnvollste und für die Bürgerinnen und Bürger akzeptabelste Variante zu eruieren, wurde ein Gutachten des bifa Umweltinstituts in Kooperation mit AU Consult GmbH beauftragt. Das Gutachten hat für die Biomüllverfassung zwei Varianten ermittelt.

 

Holsystem: Flächendeckende Einführung einer Biotonne mit einem Anschlussgrad von 70 % oder mehr der Regensburger Haushalte und Beibehaltung der Grünguterfassung. Die Abholung erfolgt 14-täglich, Tonnengrößen liegen zw. 60-240 l, Umschlag des gesammelten Biomüll im Stadtgebiet, Transport der Bioabfälle max. 70 km, Verarbeitung in einer Vergärung oder Kompostierung.

 

Bringsystem: Flächendeckende Einführung eines Bringsystems und Beibehaltung des Grüngutsammelsystems. Max. Entfernung von den Wohnhäusern 100 m, Gemeinschaftstonnen 240 l, allergerinnen und Bürger können sich beteiligen, Anschlussgrad ca. 11 % (Verhältnis Biobehälter zu Restmüllbehälter) ca. 2100 Standplätze und zusätzlich Recyclinghof, Grüngutsammelstellen, Nachbarschaftstonne, Leerung wöchentlich, Verarbeitung in einer Vergärungsanlage (Pfropfenstromanlage).

 

 

  1. Ökobilanzielle Auswirkungen

Die beiden vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Bioabfallerfassung haben sich bei einem Vergleich in einer ökobilanziellen Betrachtung als vorteilhaft gegenüber dem IST-Zustand herausgestellt. Es wurde eine biogene Abfallmenge von 30.912 t bei 157.672 EW angenommen.
Der Ökologie-Index für beide Szenarien ist ca. 7 % niedriger als der IST-Zustand.
Zu Umweltentlastungen kommt es beim Treibhauseffekt (120-150 Einwohnerwerte) und Ressourcennutzung (89-134 Einwohnerwerte).
Zu Belastungen kommt es  bei den Faktoren Versauerung (39-69 Einwohnerwerte, fotochemische Oxidantien (37-55 Einwohnerwerte) und terrestrische Eutrophierung (90-149 Einwohnerwerte).
 

  1. Finanzielle Auswirkungen

Die Einführung einer Biotonne mit einem Anschlussgrad von 70 %  würde zu jährlichen Mehrkosten von 1,85 Millionen oder ca. 12 pro Einwohner und Jahr hren. Bei einer gleichmäßigen Verteilung der Entsorgungskosten incl. Vergärung aus der Biotonne auf alle Gebührenzahler errechnet sich eine Müllgebühren­steigerung von voraussichtlich 25 %.
Die Einführung eines Bringsystems wie oben beschrieben würde zu  jährlichen Mehrkosten von knapp 780.000 € oder 5 € pro Einwohner und Jahr führen. Bei einer Umlage auf alle Gehrenzahler entspräche dies einer Gebührensteigerung von ca. 11 %.

Unabhängig von der prognostizierten Gebührensteigerung bei Einführung der Biotonne ist zum heutigen Zeitpunkt mit einem Anstieg der Abfallentsorgungsgebühren im neuen Kalkulationszeitraum ab dem 01.01.2018 zu rechnen.
 

  1. Fazit

Die Einführung einer Biotonne mit geringeren Anschlussgraden 30 % oder 50 % kann laut Gutachter nicht empfohlen werden, da die ökologischen Vorteile nicht mehr gegeben sind. Ökonomisch ist ein Holsystem auch immer teurer wie ein Bringsystem.

Die Einführung eines verdichteten Bringsystems führt nur zu einer geringeren Verschiebung des Grünguts in die Biotonne. Es erfolgt somit gezielt eine Erfassung der Küchenabfälle aus den Haushalten. Allerdings stellt ein Bringsystem die Stadt Regensburg vor eine Herausforderung wegen der benötigten Anzahl (ca. 2100) der Stellplätze, die auch im Welterbebereich zur Verfügung gestellt werden müssten. Gemeinschaftsbiotonnen-Standplätze müssten im privaten und öffentlichen Raum geschaffen werden. Können nur deutlich weniger  Standplätze (- ca. 300 Stück) geschaffen werden ist der ökologische Vorteil nicht mehr gegeben. Eventuell kann mit einer Nachbarschaftsbiotonne ein pragmatischer Weg bei der Standortsuche gefunden werden.

Als Verwertungsverfahren kann eine Vergärungsanlage (geschlossenes Pfropfenstromverfahren) nach dem Stand der Technik mit max. 70 km  Transportentfernung empfohlen werden. Alternativ wäre eine geschlossene Kompostieranlage nach dem Stand der Technik sinnvoll. Die Nutzung der Abwärme, Einspeisung von Biogas in ein Netz, vor Ort Gasverwertung über BHKW, Anliefermengen und Details in der Betriebsweise verändern geringfügig die Ökobilanz. Allerdings ist immer der Stand der Technik zu beachten.
Mit dem Bau einer eigenen Anlage ist abzuwarten und die Mengenentwicklung der Bioabfälle im Auge zu behalten. Zu Beginn sind die Dienstleistungen auszuschreiben.

 

  1. Weiteres Vorgehen

In einem weiteren Schritt ist das bifa Umweltinstitut in Kooperation mit der AU Consult GmbH mit der konkreten Ausgestaltung des erweiterten Bringsystems (Erbringung der Dienstleistungen durch die Stadt oder Fremdvergabe, Kalkulation, Ausschreibungstexte) zu beauftragen. Diese Leistungen sind bereits im bisherigen Auftrag als optionaler Teil enthalten. Haushaltsmittel für die Beauftragung dieses Teils sind vorhanden.


  1. Zusammenfassung

 

Die Hausmüllsortieranalyse und die darauf aufbauenden gutachterlichen Feststellungen haben wichtige Erkenntnisse für die Abfallentsorgung bei der Stadt Regensburg gebracht. Oberste Priorität muss nach wie vor die Abfallvermeidung haben. In diesem Bereich müssen verstärkte Anstrengungen unternommen werden. Unter dem Motto „ll vermeiden Lebensqualität gewinnen“ wird die Verwaltung in nächster Zeit verstärkt Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Auch die Abfallberatung muss intensiviert werden. Diese Abfallberatung ist sowohl wichtig, um die getrennte Erfassung von Bioküchenabfällen wirksam umzusetzen, aber auch um die Wertstoffanteile (vor allem PPK, Glas, Kunststoffe) im Restmüll zu minimieren. Für den Haushalt 2017 wurde bereits ein Antrag auf Schaffung einer zusätzlichen Stelle im Bereich Abfallberatung gestellt.

Das gut funktionierende System der Sammlung von Grünabfallsammelstellen soll beibehalten werden. Die derzeit noch im Restmüll verbleibenden Bioabfälle sollen mit einem verdichteten Bringsystem erfasst werden.

 

 

 


 

Der Ausschuss beschließt:

 

  1. Vom Bericht der Verwaltung wird Kenntnis genommen.

 

  1. Seit 1. Januar 2015 gilt eine bundesweite Pflicht zum getrennten Sammeln von Bioabfällen (§11 Kreislaufwirtschaftsgesetz). Die Verwaltung wird deshalb beauftragt, die Einführung einer Biomüllerfassung gemäß Szenario D (flächendeckende Einführung eines Bringsystems im Stadtgebiet und Beibehaltung des Grünguterfassungssystems) des Abschlussberichtes der Projektgemeinschaft bifa Umweltinstitut und AU Consult GmbH vom 06.04.2016 vorzubereiten.

 

  1. Das bifa Umweltinstitut wird in Kooperation mit AU Consult GmbH mit der weiteren Ausarbeitung (konkrete Ausgestaltung des erweiterten Bringsystems, Kalkulation, Ausschreibungstexte) des Gutachtens beauftragt. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, welche Leistungen stadtintern unter welchen Kostenbedingungen erbracht werden können. Bei der Ausarbeitung des Bringsystems müssen die unterschiedlichen Anforderungen in den Stadtteilen berücksichtigt und stadtteilspezifische Lösungsansätze erarbeitet werden (Altstadt, ländlich geprägte Stadtteile etc.). Auf Basis des Gutachtenentwurfs zum Bringsystem sollen kleinräumige Lösungsvorschläge für die konkrete Umsetzung vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden und deren Anregungen in das Konzept einfließen. Voraussichtlich Anfang 2017 sind hierzu verschiedene Informationsveranstaltungen in den Stadtteilen geplant.

 


Anlage:

 

1 Kurzbericht bifa Umweltinstitut in Kooperation mit AU Consult GmbH vom 06.04.2016

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Kurzbericht bifa Umweltinstitut (728 KB)