Sachverhalt:
Das Kreislaufwirtschaftgesetz fordert neben der in Regensburg bereits erfolgreich praktizierten Sammlung von Garten- und Grünabfällen zusätzlich die Sammlung von Nahrungs- und Küchenabfällen auch aus privaten Haushalten. Ziel ist es, mit der Biomasse einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz zu schaffen. Mit der Sammlung von Nahrungs- und Küchenabfällen durch die Biotonne werden die identischen Abfälle aus dem Kleingewerbe oder der Gastronomie nicht erfasst. Diese gewerblichen Abfälle müssen über eine gewerbliche Speiseabfalltonne entsorgt werden. Am 27.04.2016 hat der Ausschuss für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz die Einführung eines flächendeckenden Bringsystems im Stadtgebiet unter Beibehaltung des Grünguterfassungssystems beschlossen. Gegenüber dem Holsystem hat das für Regensburg beschlossene Bringsystem zwei entscheidende Vorteile:
- Die Kosten für das Bringsystem sind nur halb so hoch wie bei dem Holsystem. - In vielen Haushalten ist kein Platz für eine zusätzliche Biotonne.
Es soll den Bürgerinnen und Bürgern in fußläufiger Entfernung die Möglichkeit eröffnet werden Bioabfälle aus der Küche umweltfreundlich zu entsorgen. Dazu werden über das Stadtgebiet verteilt bis zu 2100 Stellplätze für die Biotonnen erforderlich. Die Erfassung der Garten- und Grünabfälle bleibt von der neu einzuführenden Biotonne unberührt. Geringfügige Abwanderung von Grüngut aus dem Mehrfamilienbereich (z.B. Balkonpflanzen) können nicht unterbunden werden, sollen sich aber in einem möglichst kleinen Rahmen halten.
Die gesammelten Nahrungs- und Küchenabfälle werden laut Hausmüllanalyse mittelfristig ca. 5500 t/a erreichen. Geschätzt werden sich etwa 11% der Haushalte in Regensburg an dieser Art, die Nahrung- und Küchenabfälle zu sammeln, beteiligen. In Regensburg sind laut Statistischem Jahrbuch 2014 rund 88.000 Haushalte gemeldet. Zum jetzigen Zeitpunkt wird mit einer Beteiligung von etwa 10.000 Haushalten und einer Abschöpfungsquote von 35 kg/Ew*a gerechnet. Der Beginn der Bioabfallsammlung ist für Herbst 2017 vorgesehen.
Die Haushalte, welche sich an der Sammlung der Nahrungs- und Küchenabfälle beteiligen, sollen ein Starter-Set durch die Stadt Regensburg erhalten. Dieses besteht aus einem Vorsortiergefäß für die Küche mit 10 l Fassungsvermögen und Deckel und einem Einlegebeutel aus Biokunststoff. Die Einlegebeutel aus Biokunststoff müssen die EN 13432 einhalten, da nur dann eine einwandfreie, störungsfreie Verarbeitung bei der Vergärung und anschließenden Kompostierung erfolgt. Es wird mit Kosten von ca. 5-10.-€ /Haushalt für das Starterpaket gerechnet. Die Ausschreibung der Leistungen wird 2017 in die Wege geleitet. Die Verteilung der Starter-Sets kann z.B. durch Studierende erfolgen. Es wird mit 3-4 Teams aus jeweils 2 Personen über ca. 4-12 Wochen gerechnet.
Mit dem Vorsortiergefäß bringen die Bürgerinnen und Bürger den Bioabfall zum nächstgelegenen Bioabfallsammelbehälter. Dieser Sammelbehälter soll fußläufig von der Wohnung erreichbar sein und in durchschnittlich 100 Meter Entfernung liegen.
Es soll ein Behälter mit einem Volumen von 240 l zum Einsatz kommen. Die Behälter werden von der Stadt Regensburg beschafft. Die Behälter sind normiert für die Standardschüttung und sollten braun gefärbt sein. Im Rahmen einer Erprobung werden zunächst unterschiedliche Behälterausführungen getestet. Erste Beschaffungen erfolgen im Laufe des Jahres 2017. Die Behälter sollten über Transponder identifizierbar sein.
Bei der Stadtverwaltung wird eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die gemeinsam die Einführung der Biotonne mit den ca. 2100 Standplätzen und den notwendigen Ausschreibungen schultern soll.
Bezüglich der Standorte für die Bioabfallbehälter ist die Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger ein wichtiges Kriterium. Als Standorte kommen bereits bestehende Containerinseln, Grüngutsammelstellen, Trafohäuser, Straßenecken, Hinterhöfe, bestehende Mülltonneneinhausungen usw. in Betracht. Wichtig sind kleinräumige Lösungen, die die Besonderheiten des jeweiligen Stadtteils berücksichtigen. So werden in der Altstadt andere Kriterien anzusetzen sein wie z.B. in einem ländlich geprägten Gebiet. Die konkrete Umsetzung vor Ort muss mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden.
Bezüglich der Stellplätze für die Biotonne sollen die Bürgerkenntnisse abgefragt und mit in das Konzept integriert werden. Diese Öffentlichkeitsbeteiligung wird sehr personalintensiv werden. Einen Teil können die Abfallberater abdecken, sicherlich werden auch Dienstleistungen von dritter Seite erforderlich sein. Eventuell können auch hier Studierende mit einbezogen werden. Es wird mit etlichen Bürgerterminen, Hausverwaltungsinformationen, allgemeinen Infoständen bei Einkaufszentren usw. gerechnet. In der Altstadt werden Biotonnenmanager gesucht, die bereit sind, in der Nachbarschaft die Biotonnen aus den Hinterhöfen für die Abholung bereitzustellen, aber auch Beratungsaufgaben zu übernehmen. Die Stadt Regensburg sowie die städtischen Töchter müssen als Vorbild wirken und die Aufstellung der Biotonnen auf ihren Grundstücken unterstützen und zulassen.
Die Bioabfallsammlung wird wöchentlich durch die Stadt Regensburg im Eigenbetrieb durch das Amt für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Fuhrpark durchgeführt. Dazu wird ein neues Müllfahrzeug (IP 2017) angeschafft. Ein Stellenschaffungsantrag für einen zusätzlichen Fahrer und drei Müllwerker sind für den Verwaltungshaushalt 2017 gestellt. Nur mit der notwendigen personellen Ausstattung kann Amt 70 die zusätzliche Leistung erbringen.
Wesentlich für die Erfassung und Verarbeitung von Nahrungs- und Küchenabfällen ist, dass die Qualität der erfassten Bioabfälle vor der Quantität stehen muss. Die Nahrungs- und Küchenabfälle sollen in einer Vergärungsanlage verarbeitet werden.
Die Einführung der Biotonne muss durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden. Die Öffentlichkeitsarbeit umfasst: Gestaltung der Tonnen, Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung, Newsletter 5-6 mal pro Jahr für interessierte Bürgerinnen und Bürger über 2 Jahre, Flyer in deutsch und den Hauptfremdsprachen (englisch, französisch, russisch, türkisch), eine Abfallberaterin oder Abfallberater, Zeitungsartikel, App und Karten für Tonnenstandplätze und weitere Maßnahmen. Es wird in den drei Einführungsjahren mit jährlich, mindestens zusätzlichen Kosten in Höhe von 50.000,- € gerechnet. Ausschreibung der genannten Dienstleistungen und die Öffentlichkeitsarbeit sollen so schnell wie möglich erfolgen. Die erste große öffentliche Veranstaltung zur Einführung der Biotonne wird am 05.12.2016 stattfinden. Die Herausforderung besteht in dem Auffinden der zahlreichen Stellplätze für die Sammelbehälter und dem Erreichen einer entsprechenden Akzeptanz bei der Bevölkerung. Diese Akzeptanz wird sich erst nach und nach einstellen und damit werden auch die Beteiligung der Bevölkerung am System und die gesammelten Mengen zunehmen.
Nach einer Einführungsphase von ca. 3 Jahren muss mit einer Sortieranalyse der Bioabfälle und der Restmülltonnen eine Erfolgskontrolle zum eingeführten System durchgeführt werden.
Die Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Regensburg ist um das Bringsystem für Nahrungs- und Küchenabfälle zu erweitern. Die Bioabfallentsorgung wird in der Restmüllgebühr integriert. Eine eigene Gebühr wird nicht erhoben. Eine Eigenkompostierung bleibt selbstverständliche weiterhin zulässig und gewünscht. Auch die Möglichkeit, sich über einen privaten Anbieter eine persönliche Biotonne zu mieten, bleibt weiter bestehen. Die Abfallwirtschaftssatzung und evtl. auch die Gebührensatzung für die Abfallentsorgung sind in der 1. Jahreshälfte 2017 zu überarbeiten und vom Stadtrat zu beschließen.
Die Gebühren für die Abfallentsorgung in Regensburg sind im bayernweiten Vergleich niedrig. Es gab in den letzten Jahren keine Gebührenerhöhung, ganz im Gegenteil: aufgrund von stufenweisen Senkungen sind die Gebühren derzeit um 47% niedriger gegenüber den Gebührensätzen 1999. Durch Entnahme aus der Gebührenausgleichsrücklage konnten die Gebührensätze mehrmals ermäßigt werden. Für die ausstehende Gebührenbedarfsberechnung ab 2018 ist dies nicht mehr möglich, da die Gebührenausgleichsrücklage aufgebraucht ist. Ab 2018 ist also unabhängig von der Einführung der Bioabfallsammlung mit einer bis zu 35%igen Erhöhung der Gebühren zu rechnen. Nach Einführung der Biotonne werden die Gebühren voraussichtlich wieder das Niveau des Jahres 1999 erreichen.
Nach der Berechnung des bifa Instituts verursacht die Einführung des flächendeckenden Bringsystems Mehrkosten in Höhe von 400.000 - 783.000 €/a.
Folgende Kosten sind bereits bisher im Haushalt 2017 im Zusammenhang mit der Einführung der Bioabfallsammlung vorgesehen:
Vermögenshaushalt:270.000 € für die Anschaffung eines Bioabfallsammelfahrzeuges
Verwaltungshaushalt:Miete/Kauf von Bioabfalltonnen:34.935,00 Euro
Sammlung der Bioabfälle:238.380,00 Euro
Vergärung der Bioabfälle:397.368,00 Euro
Bürgerworkshops: 30.000,00 Euro
Biomüllabfuhr Eigenregie:134.000,00 Euro (Schätzung)
Abfallberater: 83.700,00 Euro
Öffentlichkeitsarbeit Abfallwirtschaft: 70.000,00 Euro
Bezüglich der personellen Ausstattung des Biomüll-Fahrzeuges wurde durch das Amt für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Fuhrpark zusätzliches Personal beantragt (ein Fahrer und drei Müllwerker). Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass beim Amt für Abfallentsorgung im Verwaltungsbereich ein/e zusätzlicher/e Mitarbeiter/in erforderlich ist. Beim Umweltamt ist eine zusätzliche Stelle für eine/n Abfallberater/in im Stellenplan vorgesehen.
Weitere Kosten (z.B. für Starter-Kit, Reinigung der Tonnen, Einhausung, evtl. zusätzliche Personalkosten) werden den zuständigen Gremien des Stadtrates in den nächsten Monaten im Rahmen der Fortschreibung der Haushaltsplanung vorgelegt.
Die Einführung eines Sammelsystems für Bioabfälle aus Haushalten ist ökologisch sinnvoll und aus rechtlichen Gründen unumgänglich. Die Stadt Regensburg hat sich für ein flächendeckendes Bringsystem entschieden. Dieses System ist eine weitere Dienstleistung der Stadt und hat gegenüber dem Holsystem den Vorteil, dass es geringere Kosten verursacht und auch das Problem des geringen Platzbedarfs in vielen Haushalten löst. Auf Grund der konkreten Ausgestaltung ergeben sich auch noch folgende Vorteile:
- ökologischer Mehrwert - alle mit der Einführung der Biotonne verbundenen Kosten werden in der Gebührenabrechnung über die Restmüllgebühren erhoben. Es entsteht kein zusätzlicher Gebührentatbestand für die Bürgerinnen und Bürger - jeder Haushalt erhält kostenlos ein Vorsortiergefäß inkl. Tüten (Starter-Kit) - die Bürgerinnen und Bürger werden in die Standortentscheidung einbezogen - ein Abfallberater geht individuell auf alle Fragen ein - die Bioabfallsammelbehälter werden regelmäßig gereinigt - die Abfuhr erfolgt wöchentlich - Bürgerinnen und Bürger, die nicht die Mölgichkeit zur Eigenkompostierung haben, wird die Möglichkeit gegeben, ihre Restabfallmenge zu reduzieren. Der Ausschuss beschließt:
1. Vom Bericht der Verwaltung wird Kenntnis genommen. 2. Die Einführung eines flächendeckenden Bringsystems für Küchenabfälle aus den Haushalten im Stadtgebiet wird gemäß dem Bericht der Verwaltung umgesetzt. Für die Vergabe der im Bericht genannten Dienstleistungen sind die entsprechenden Ausschreibungen durchzuführen. Anlage:
Ausarbeitung bifa Umweltinstitut und AU Consult „Ausgestaltung des Bringsystems für Bioabfälle“ vom 10.11.2016
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