Vorlage - VO/16/12725/54  

 
 
Betreff: Tätigkeitsbericht der örtlichen Betreuungsbehörde (Betreuungsstelle)
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Federführend:Seniorenamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten Entscheidung
07.12.2016 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

 

Jeder Mensch kann durch Unfall, Krankheit oder Alter in eine Lage geraten, in der er seine Angelegenheiten kurzfristig oder auch dauerhaft nicht mehr selber regeln kann und Hilfe benötigt. Diesen Personen können zur selbstbestimmten Unterstützung vom Betreuungsgericht ehren- oder hauptamtliche Betreuerinnen oder Betreuer zur Seite gestellt werden. Das Betreuungsrecht stellt eine besondere Form der staatlichen Rechtsfürsorge dar. Es regelt die rechtliche Hilfe und Fürsorge für erwachsene Menschen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können und deshalb auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

 

Das Betreuungsrecht ermöglicht es somit, hilfebedürftigen Erwachsenen eine Vertretungsperson an die Seite zu stellen, die für sie in einem oder mehreren genau festgelegten Aufgabenkreis/en Rechtshandlungen vornehmen darf. Neben diesem Grundsatz der Erforderlichkeit muss an dieser Stelle auch auf die Nachrangigkeit der rechtlichen Betreuung gegenüber privaten und öffentlichen Hilfen und Unterstützungsangeboten hingewiesen werden.

 

 

 

 

1. Unsere Aufgaben

 

Andere Hilfen, Betreuungsvermeidung, Stärkung des Ehrenamtes und niedrigschwellige Unterstützungsangebote,….das alles sind Begriffe, die den aktuellen Diskurs in der betreuungsrechtlichen Fachwelt prägen. Sie stehen für neue Herausforderungen in der betreuungsrechtlichen Arbeit aufgrund des zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörden. Durch dieses Gesetz sollen Betroffene eine bessere Hilfestellung erhalten, um selbstbestimmte Vorsorge zu treffen oder um durch andere Hilfen gegebenenfalls eine rechtliche Betreuung zu vermeiden. Die Betreuungsstelle der Stadt Regensburg möchte in ihrer fachlichen Ausrichtung verstärkt dazu beitragen, unterstützungsbedürftige Bürgerinnen und Bürger bedarfsgerecht mit geeigneten Hilfen zu versorgen und dabei ihr Recht auf Selbstbestimmung so weit als möglich zu wahren.

 

Das breite Aufgabenspektrum der Betreuungsbehörde ergibt sich zunächst aus den

§§ 1896 ff BGB und den weiteren gesetzlichen Grundlagen im Verfahrensrecht (FamFG, Gesetz über die Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), dem Betreuungsbehördengesetz (BtBG) und dem bayerischen Gesetz zur Ausführung des Betreuungsgesetzes (AG BtG).

Die Betreuungsstelle der Stadt Regensburg und die dort tätigen Mitarbeiter/-innen sehen sich in erster Linie als Interessenvertreterr die häufig vielfältig unterstützungsbedürftigen Betroffenen. Der Gesetzgeber hat die Betreuungsbehörden hierfür mit einem eigenem Beschwerderecht ausgestattet, wovon wir auch regelmäßig zur Interessenswahrung unserer Klienten Gebrauch machen.

 

Die Betreuungsstelle der Stadt Regensburg übernimmt mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Fachbehörde

 

einzelfallbezogene Aufgaben wie z.B.

Unterstützung von Betreuungsgerichten (AG Regensburg, Betreuungsgericht),

die Vermittlung anderer betreuungsvermeidender Hilfen,

die Zusammenarbeit mit Sozialleistungsträgern,

Kooperation mit sämtlichen, sozialen Dienstleistern im Stadtgebiet,

die Beglaubigung von Unterschriften und Handzeichen unter vorsorgende Verfügungen.

und zudem strukturell steuernde Aufgaben, wie z.B.

Sicherstellung eines Angebotes für die Information und Beratung über allgemeine betreuungsrechtliche Fragen,

die Einführung, Fortbildung, Beratung und Unterstützung von Betreuern und Bevollmächtigten,

die Förderung von Betreuungsvereinen,

die Aufklärung und Beratung über Vollmachten und Betreuungsverfügungen,

die Förderung von örtlichen und überörtlichen Arbeitsgemeinschaften im Rahmen der  Qualitätssicherung.

 

 

 

2. Die betreuungsrechtliche Landschaft in Regensburg

 

Fast die Hälfte der in Regensburg lebenden und betreuten Menschen wird im Rahmen eines Ehrenamtes betreut. Überwiegend übernehmen dieses Ehrenamt Bezugspersonen aus dem unmittelbaren, sozialen Umfeld der Betroffenen, insbesondere die Angehörigen. Darüber hinaus gelingt es auch immer wieder in Kooperation mit dem Regensburger Betreuungsverein, engagierte und auch qualifizierte Interessierte für die ehrenamtliche Betreuungsführung zu gewinnen. Die Begleitung, Beratung und Unterstützung dieser Laien ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe unserer Sachbearbeiter, die wir in Kooperation mit den Betreuungsvereinen mit vielfältigen Angeboten sicherstellen.

Die vom Gesetzgeber als Regelbetreuung präferierte Laienbetreuung wird in Regensburg von berufsmäßig tätigen Betreuerinnen und Betreuern ergänzt. Gerade für die Übernahme von Betreuungen, die einen besonders aufwändigen oder fachlich anspruchsvollen Regelungsbedarf erwarten lassen, bilden die berufsmäßig tätigen Betreuerinnen und Betreuer, die mit uns kooperieren, eine wichtige Stütze, um die Versorgungsqualität hilfebedürftiger Menschen in unserer Stadt sicherzustellen.

 

Aktuell kooperieren wir mit vier Betreuungsvereinen mit insgesamt 11 in der Betreuungsführung tätigen Vereinsmitarbeitern und weiter mit ca. 65 selbstständigen grundsätzlich in Vertretungsgemeinschaften agierenden Berufsbetreuerinnen und -betreuern.

 

Die folgende Grafik verdeutlicht das Verhältnis von ehrenamtlich und beruflich tätigen Betreuern:

 

Betreuungsbeziehungen: Wer führt die Betreuung?

 

Betreuungsart

2012

2013

2014

2015

2016*

EA Betreuer Familie

und soziales Umfeld

1255

1274

1273

1251

1279

EA Betreuer Sonstige

   29

   45

   59

   79

   73

Berufsbetreuer

1193

1208

1187

1196

1208

Vereinsbetreuer

310

304

312

316

340

Summe

2787

2831

2831

2842

2900

* Zum Stichtag: 17.11.2016

 

 

 

3. Das Betreuungsrecht in Zahlen

 

Zum Auswertungsstichtag am 17.11.2016 waren in Regensburg insgesamt 2706 Betreuungsfälle, also betreute Menschen, registriert, eine Zahl, die seit 2013 mit geringer Abweichung von +/- 100 betreuten Bürgern weitgehend stabil bleibt. Damit blieben auch die jährlichen Auftragszahlen für die Sachbearbeiter in den zurückliegenden Jahren weitgehend stabil bei ausnahmsloser Beteiligung der Betreuungsbehörde in allen gerichtlichen Verfahren (Neuverfahren, Überprüfungsverfahren zur Verlängerung oder zur Änderung einer Betreuung, Überprüfung einer Beendigung, Prüfung der Notwendigkeit betreuungsrechtlicher und genehmigungsbedürftiger Interventionen,…).

 

Die jährliche Zahl der neu hinzukommenden Betreuungsfälle (sog. Neuanordnungen) hat sich dagegen in Regensburg in den zurückliegenden fünf Jahren sukzessive verringert, auch wenn die Zahl der jährlichen Anfragen des Gerichtes an die Betreuungsstelle stabil geblieben ist. Während im Jahr 2012 insgesamt 697 neue Betreuungen angeordnet wurden,  reduzierte sich diese Zahl auf bislang 421 neue Betreuungsfälle im laufenden Jahr. Auch wenn man die in diesem Jahr noch verbleibenden sechs Wochen und die zu erwartende Zahl der neuen Betreuungen in dieser Zeit noch fiktiv addiert, ist eine deutliche Reduzierung um ca. 150 Neuanordnungen gegenüber 2012 zu registrieren, was überwiegend auf eine intensive Vermittlung der bei uns hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürger an geeignete Hilfen außerhalb der Anordnung einer rechtlichen Betreuung zurückzuführen ist. Hiermit wurde in Regensburg der gesetzgeberischen Maßgabe der Nachrangigkeit einer rechtlichen Betreuung und der Zielsetzung der Betreuungsvermeidung bei gleichzeitig hilfreicher Hilfevermittlung Rechnung getragen. Die Bearbeitung der gerichtlichen Aufträge, die sich zahlenmäßig seit einigen Jahren stabil hält, wurde durch diesen erweiterten Auftrag der aktiven Vermittlung an Andere Hilfen deutlich komplexer und zeitlich aufwändiger.

 

Betrachtet man das Alter der Betroffenen zum Zeitpunkt der Betreuungseinrichtung (Neuanordnungen) in der Rückschau auf die vergangenen fünf Jahre, so ist eine deutliche Veränderung der Altersverteilung und damit unserer Zielgruppen festzustellen. Während im Jahr 2012 insgesamt ca. 45 % der Betroffenen bei der Betreuungseinrichtung 70 Jahre und älter waren und die Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren nur mit ca. 10 % vertreten war, nehmen die sog. jungen Erwachsenen in diesem Jahr bereits 16 % der Neuanordnungen ein und der Anteil der Senioren über 70 Jahren reduzierte sich auf gerundete 33 %. Diese Verlagerung der Altersverteilung bei Neuverfahren ist überwiegend auf zwei Einflussfaktoren zurückzuführen:

 

Im Bereich der Beratung zur Vorsorge (Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung) wurde durch die Betreuungsstelle der Stadt Regensburg in den zurückliegenden Jahren eine intensive Informations- und Aufklärungsarbeit geleistet, welche größtenteils durch zwei thematisch besonders hochqualifizierte, ehrenamtliche Damen und mit fachlicher Begleitung durch die Mitarbeiter der Betreuungsstelle übernommen wurde. Hierdurch konnte erreicht werden, dass in vielen Familien in gesunden Tagen mit entsprechenden Vollmachten vorgesorgt und damit eine rechtliche Betreuung im Krankheitsfalle vermieden wurde.

 

In der nachstehenden Grafik zur Altersstruktur werden vorgenannte Ausführungen belegt.

 

 

 

 

Altersstruktur: Alter zum Zeitpunkt der Betreuungseinrichtung.

 

Altersstruktur

2012

2013

2014

2015

2016*

Altersgruppe 60 69

12,30%

12,80%

12,60%

13,00%

16,20%

Altersgruppe 70 79

20,80%

20,40%

21,40%

17,50%

12,60%

Altersgruppe 80 89

19,50%

21,20%

16,30%

17,50%

15,50%

* Zum Stichtag: 17.11.2016

 

Das Alter psychiatrischer Akutpatienten, die häufig auch einen betreuungsrechtlich relevanten Vertretungs- und Unterstützungsbedarf haben, wurde in den zurückliegenden Jahren tendenziell jünger, so dass wir gerade bei sehr jungen Betroffenen einen statistischen Anstieg der Betreuungsverfahren registrieren.

 

In Bayern ergab eine statistische Auswertung im Jahr 2014 bei einer Bevölkerungszahl von 12.691.568 Einwohner im Freistaat insgesamt 36.825 Erstbestellungen im Jahr

(2,9 Neueinrichtungen pro 1.000 Einwohner bzw. für 0,31% der bayerischen Gesamtbevölkerung wurde im Jahr 2014 eine Betreuung neu eingerichtet).

Im Vergleich hierzu wurde im selben Jahr in Regensburg für 0,34% der Regensburger Bevölkerung eine Unterstützung im Rahmen einer rechtlichen Betreuung gerichtlich angeordnet. Der etwas höhere Anteil im Vergleich zu den bayerischen Zahlen ist auf die städtische Struktur mit diversen Klinikzentren mit weitem Einzugsgebiet, insbesondere einer großer, psychiatrisch-neurologischen Universitätsklinik (medbo), begründet.

 

 

 

4. Betreuungsvermeidung durch Vermittlung an sog. Andere Hilfen

 

Eine im Juli 2014 neu vom Gesetzgeber in besonderer Weise herausgestellte Kernaufgabe der Betreuungsbehörde ist die Beratung zu und die Vermittlung von bereits bestehenden anderen Hilfen, die betreuungsvermeidend wirken können und damit dem betreuungsrechtlichen Grundsatz der Nachrangigkeit gerecht werden.

Die gesetzliche ZielsetzungBetreuungsvermeidung“ setzt voraus, dass andere Hilfen im Bereich der privaten und im Bereich der öffentlichen Hilfen bedürfnis- und bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Es reicht nicht aus, unterstützungsbedürftige Menschen nur mit einem Weiterverweis auf andere Stellen und Dienstleister zu bedienen und damit alleine zu lassen. Die alleinige Vermittlung von anderen Hilfen ohne umfassendes Angebot von Hilfe zur Selbsthilfe bis hin zur unterstützenden Problemlösung, wie in der Praxis immer wieder belegt, ist kontraproduktiv und für die Betroffenen nicht zielführend.

Die anderen Hilfen sind, abgesehen von der Unterstützung durch Angehörige im Rahmen der privaten und öffentlichen Hilfen, gerade mit dem Inkrafttreten des Betreuungsrechts kontinuierlich abgebaut worden. Exemplarisch sind u.a. Angebote der Gesundheitsämter sowie Krankenhaussozialdienste und Beratungs- und Unterstützungsangebote von Wohlfahrtsverbänden zu benennen.

Bleibt der wesentliche Handlungsanspruch für die Entwicklung und Weiterentwicklung der Betreuungsvermeidung „der Mensch im Mittelpunkt“, dann sollten die Kommunen und die freie Wohlfahrtspflege einen weiteren Ansatz im Rahmen der Daseinsvorsorge diskutieren und neue Projekte des bürgerschaftlichen Engagements (niedrigschwellige Angebote) für die Betroffenen psychisch kranken, geistig oder seelisch behinderten Menschen ermöglichen und deren Vernetzung moderieren.

Ein Zitat eines Betreuungsrichters am Amtsgericht Regensburg vom 09.05.2016 umschreibt in knapper Form dier die Mitarbeiter in der täglichen Fallbearbeitung bestehende Abgrenzungsproblematik zwischen dem Betreuungsrecht und betreuungsrechtlich nicht relevanten, aber dennoch mit geeigneten Angeboten zu bearbeitende Bedarfslagen von betroffenen Bürgern.

 

Eine Betreuung ist keine Hilfe für gesunde Menschen in schwieriger Lage.“

Richter am Amtsgericht Regensburg, Mai 2016

 

 

 

5. Gesetzliche Neuentwicklungen mit Auswirkungen auf das Betreuungsrecht

 

Die betreuungsrechtliche Fachwelt befindet sich derzeit in Erwartung zweier gesetzlicher Neuausrichtungen im Bereich der Versorgung psychisch kranker Menschen, die unmittelbar oder mittelbar auch auf das Betreuungswesen und damit auch auf unsere Arbeit in der Betreuungsstelle wirken werden. Zunächst sei hier das Bundesteilhabegesetz (BTHG) genannt, welches als geplantes Reformwerk für eine zeitgemäße Gestaltung, höhere Effizienz sowie bessere Nutzerorientierung und Zugang in der deutschen Eingliederungshilfe auch im Hinblick auf die UN-Behindertenrechtskonvention sorgen soll. Insgesamt ist ein Systemwechsel beabsichtigt, in dessen Zuge die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herausgenommen und ein eigenes entsprechendes Leistungsrecht im SGB IX begründet werden soll. Es verschiebt alle Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung aus der Sozialhilfe in das Recht der Rehabilitation, regelt die Leistungen der Eingliederungshilfe auch inhaltlich neu, verändert die Regelungen zur Kostenheranziehung von Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen, bestimmt das Verfahren zur Beantragung und Bedarfsermittlung der Teilhabeleistungen, reformiert das Vertragsrecht zwischen den Einrichtungen/Diensten und den Kostenträgern der Eingliederungshilfe, verändert die Schnittstelle zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung (das Pflegestärkungsgesetz III wird gleichzeitig mitgeregelt), erneuert das Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben und reformiert den Allgemeinen Teil des SGB IX. Auch wenn das Betreuungsrecht mit dieser sozialrechtlichen Neuausrichtung nicht verändert bzw. unmittelbar tangiert ist, erwarten Betreuungsrechtler mit dieser Reform, welche auch für sozialrechtliche Fachleute sehr komplex erscheint, eine Überforderung vieler Hilfeempfänger, was zumindest als mittelbare Folge der Einführung des BTHG auch eine quantitative Zunahme der Betreuungsverfahren verursachen könnte.

 

hrend in einigen Bundesländern das Unterbringungsrecht bereits in Richtung eines PsychKHG reformiert wurde, wird in Bayern diese Neuausrichtung im kommenden Jahr erwartet. In Bayern wird aktuell das öffentlich-rechtliche Unterbringungswesen im sog. Bayerischen Unterbringungsgesetz beschrieben. Das Bayerische Unterbringungsgesetz ermöglicht bis dato die Zwangseinweisung, wenn in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist. Die Auswirkungen dieser gesetzlichen Neuausrichtung auf die betreuungsrechtliche Landschaft bleiben abzuwarten.

 

Im Frühjahr des Vorjahres beschlossen die Justizminister der Länder eine Bundesratsinitiative zur Regelung des „Beistandes unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und damit zusammenhängenden Bereichen“. Es gab bereits 2003 einen gemeinsamen Anlauf von Bund und Ländern für eine Regelung, dass Ehegatten im Krankheitsfall untereinander Auskunft durch die Ärzte erhalten und in Behandlungen einwilligen können, was jedoch nach massiven Einsprüchen insbesondere von Behindertenverbänden gestoppt wurde. Mit der neuen Gesetzesinitiative zur Einführung der Ehegattenbeistandschaft soll das Tätigwerden der Justiz in den Fällen vermieden werden, in dem Ehegatten es versäumt haben, sich gegenseitig zu bevollmächtigen. Auch wenn ein baldiges Inkrafttreten der Angehörigenvertretung derzeit noch fraglich ist, wird diese Änderung einen ansteigenden Beratungsbedarf in der Bevölkerung verursachen und auch im Bereich unserer Sachverhaltsermittlung wird eine genauere Prüfung zur Aufdeckung von Missbrauch, gerade bei Ehepartner, die sich aus guten Gründen nicht gegenseitig bevollmächtigt haben, indiziert sein. Die Berufsverbände sprechen sich gegen die „automatische Angehörigenvertretung“ aus. Eine gesetzliche Vertretung ohne schützendes Betreuungsverfahren sei, so die Haltung der Verbände, mit unkalkulierbaren Risiken für die betroffenen Personen verbunden. Dies sei Betreuungsvermeidung auf Kosten der Selbstbestimmung.

 

 

 

6. Öffentlichkeitsarbeit

 

Die Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Aufgabenbereich der Betreuungsstelle sowie der Betreuungsvereine, der zur allgemeinen Information und Aufklärung in der Öffentlichkeit über betreuungsrechtliche Themen, auch im Bereich von vorsorgenden Verfügungen etc., dient. Im Bereich unserer vielfältigen Öffentlichkeitsarbeit, die sich sowohl an interessierte Bürger, aber auch an Fachkräfte z.B. in den Kliniken, Pflegeeinrichtung etc. richtet, wird unsere Thematik und auch die Abgrenzung zu den vor Ort vorhandenen Unterstützungsdiensten vorgestellt. Bei konkreten Anfragen werden auch unterstützungsbedürftige Menschen oder derent Bezugspersonen bereits im Vorfeld eines Betreuungsverfahrens beraten. Weiter werden im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit geeignete ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer akquiriert und auf ihre Aufgabe vorbereitet. Öffentlichkeitsarbeit geschieht auch über Pressearbeit, über Vorträge oder durch Erstellung und Verteilung diverser Informationsschriften, die entsprechend über weitere, soziale Dienste und Fachämter in Regensburg verteilt werden.

 

 

 

7. Qualitätssicherung

 

Im Rahmen der Qualitätssicherung wurden in den zurückliegenden Jahren verschiedene Maßnahmen und Instrumente implementiert, um die Strukturqualität im Bereich der betreuungsrechtlichen Arbeit im Stadtgebiet Regensburg weiter zu optimieren.

 

Hierzu seien in erster Linie die vor zwei Jahren eingeführten, jährlich stattfindenden Kooperationsgespräche mit allen Berufsbetreuerinnen und -betreuern, mit welchen wir im Stadtgebiet kooperieren, aufgeführt. Im fachlichen Austausch werden in Einzelgesprächen die aktuelle Arbeitssituation, die beruflichen Perspektiven und Aktuelles besprochen und konkrete Kooperationsvereinbarungen getroffen. Dieses, angesichts der hohen Zahl der in Regensburg berufsmäßig tätigen Betreuerinnen und Betreuer sehr zeitaufwändige Angebot wird in der Fachwelt sehr gut angenommen, was uns antreibt, diese fachliche Synergie im Interesse der betroffenen Klienten auch fortzuschreiben.

 

In regelmäßigen Absnden (einmal jährlich) wird im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung der konkrete Bedarf an weiteren, berufsmäßig tägigen Betreuern bekundet.   Es wird dabei, bezogen auf eine bestimmte Zielgruppe mit verstärktem Betreuungsbedarf, nach entsprechend qualifizierten Fachkräften mit hier passenden, beruflichen Vorerfahrungen gesucht. Die Auswahl geeigneter Interessenten erfolgt durch Mitglieder der örtlichen Arbeitsgemeinschaft mit einer Vertretung des Gerichtes, der Hochschule, der Betreuungsstelle und der Berufs- und Vereinsbetreuer. Mittels diesem auch sehr aufwändigen Verfahren soll transparent und zielgruppenorientiert nach geeigneten Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuern gesucht werden, welche dann u.a. die langjährig in dieser Thematik tätigen und sehr erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, deren Ruhestand naht, nach einer Übergangszeit ersetzen.

 

In dieser auch nicht selten konfliktbelasteten Arbeitsbeziehung zwischen Betreuern, Betreuten und weiteren Beteiligten, welche auf unterschiedliche Erwartungen und Zielsetzungen zurückzuführen ist, erreichen uns auch regelmäßig Beschwerden unterschiedlichster Inhalte, die über das Betreuungsgericht oder von anderen Stellen an uns herangetragen werden. Zur Erreichung einer Objektivierung des Vorgetragenen,  haben wir intern Instrumente eines  Beschwerdemanagements entwickelt, welche eine Klärung des Sachverhaltes, orientiert an Wunsch und Wohl des Betroffenen, anstreben.

 

Bereits im Jahr 2013 wurde auf Initiative der Betreuungsstelle der Stadt Regensburg die örtliche Arbeitsgemeinschaft, ein Gesprächsforum Betreuungsrecht für die Stadt Regensburg, erneut ins Leben gerufen. Ziel dieser Arbeitsgemeinschaft soll es sein, die Situation der im Stadtgebiet rechtlich betreuten Personen weiter zu verbessern. Insbesondere koordiniert dieses Forum die Vernetzung der Akteure, welche am Betreuungsverfahren beteiligt sind und verbessert so die Zusammenarbeit der Beteiligten zugunsten der Betroffenen. Die Verbesserung der Koordination wird insbesondere angestrebt durch fachlichen Informationsaustausch, die Erarbeitung grundsätzlicher Standards und Empfehlungen zur Umsetzung des Betreuungsrechtes im Stadtgebiet und zur Erarbeitung von Empfehlungen für die Umsetzung sog. Querschnittsaufgaben durch die Betreuungsvereine. Diesem Kompetenzgremium gehören Vertreter des Gerichtes, der Betreuungsstelle, der Hochschule, der Vereins- und Berufsbetreuer, der ehrenamtlichen Betreuer, der FQA (Heimaufsicht) an und themenabhängig auch ein als Gutachter tätiger Facharzt bzw. anderweitige Experten. Die Geschäftsführung obliegt der Betreuungsstelle.

 

Die Betreuungsstelle hat gemäß § 6 BtBG die Tätigkeit einzelner Personen sowie von gemeinnützigen und freien Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen und zu fördern. Hiermit ist die Förderung der örtlichen Betreuungsvereine zur Finanzierung von sog. Querschnittsaufgaben zu nennen (siehe auch Punkt 8).

 

 

 

 

 

8. Beratung und Begleitaufgabe für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer

 

Die Beratung und Begleitung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer ist gesetzlich in

§ 6 Abs. 1 BtBG geregelt und erfolgt gemäß § 1908 f BGB in Kooperation und Abstimmung mit den örtlichen Betreuungsvereinen im Rahmen der sog. Querschnittsaufgaben. Insbesondere sind hier

das Bemühen um die Gewinnung neuer ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer,

die Einführung neu bestellter Ehrenamtlicher in ihre Aufgaben,

die Fortbildung und Beratung der bestellten Ehrenamtlichen und

die Beratung und Unterstützung von Bevollmächtigten

zu nennen.

 

Grundsätzlich erfolgt die Auswahl eines Betreuers oder einer Betreuerin vorrangig aus dem Kreis der Angehörigen und Bekannten des Betroffenen oder der Betroffenen. Sollte hier keine geeignete Person zu finden sein, wird ein Berufsbetreuer oder eine Berufsbetreuerin mit der Aufgabe betraut. Wichtig sind dabei in jedem Fall der Wille und das Wohl des Betreuten oder der Betreuten, dem das Gericht in seiner Entscheidung grundsätzlich folgen muss. Erfordert eine Betreuung einen bestimmten Umfang oder eine bestimmte Intensität, die ein Familienangehöriger oder eine Familienangehörige bzw. ein ehrenamtliche Betreuer oder eine ehrenamtliche Betreuerin nicht verrichten kann oder will, kann eine Betreuung auch berufsmäßig durch besonders qualifizierte hauptamtliche Fachkräfte, den sogenannten Berufsbetreuerinnen und Betreuern, geführt werden.

 

 

 

9. Zukünftige Entwicklung

 

Im Rahmen unserer ständigen Weiterentwicklung betreuungsvermeidender Strukturen, die gleichsam im Einzelfall unterstützend und problemlösend wirken können, streben wir derzeit eine Projektinitiierung/-erweiterung für sog. Alltagsassistenten an. Diese sollen künftig im Sinne einer Daseinsvorsorge bei konkreten und zeitlich begrenzten Hilfebedarfen eingesetzt werden. Als Beispiel sei hier eine einmalige Einkaufshilfe nach einer Klinikentlassung oder die einmalige Begleitung zu einem Behörden- oder Arzttermin genannt.


Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

Der Ausschuss für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten nimmt den Tätigkeitsbericht der örtlichen Betreuungsbehörde (Betreuungsstelle) zur Kenntnis.