Vorlage - VO/18/14369/61  

 
 
Betreff: Studie höherwertiges ÖPNV-System, Ergebnis Öffentlichkeitsbeteiligung und Systementscheidung
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Vorberatung
19.06.2018 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
28.06.2018 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

Über die Untersuchung „Studie zur Einführung eines höherwertigen ÖPNV-Systems in Regensburg“ wurde im Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen mehrfach berichtet. Zuletzt wurde am 17.10.2017 das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die betrachteten Systemvarianten sowie die abschließende Gutachter-Empfehlung vorgestellt, die klar die Einführung einer Straßenbahn/Stadtbahn favorisiert. Im Nachgang fand im Dezember 2017 eine interfraktionelle Arbeitsgruppe des Stadtrates statt, in der Detailfragen und Konsequenzen aus einer entsprechenden Systementscheidung gemeinsam mit den Gutachtern nochmal vertieft erörtert wurden.

Zwischenzeitlich liegt auch der vollständige Ergebnisbericht der Studie vor, der in der Anlage 1 zur Kenntnis gegeben wird. Dieser beinhaltet im Wesentlichen die in den vorangegangenen Gremiensitzungen zur Kenntnis gebrachten Inhalte (Bericht Charrette-Verfahren, Zwischenbericht zum Maximalnetz und Kernnetz sowie das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung) und führt die einzelnen fachliche Aspekte teilweise detaillierter aus.

 

Durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung

 

a) Information Charrette-Teilnehmer

Die Ergebnisse der Studie inkl. dem Ergebnis der Nutzen-Kosten-Betrachtung und der Gutachterempfehlung wurden den Teilnehmern des Charrette-Verfahrens, mit dem die Studie im April 2016 begonnen wurde, auf einer Besprechung am 12.12.2017 vorgestellt und erörtert. Damit wurde die Beteiligung für diesen Teilnehmerkreis abgeschlossen.

 

b) Onlinebeteiligungsverfahren (www.ideen-fuer-regensburg.de)

Als wesentlicher Schritt der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde im Februar 2018 ein vierwöchiges Onlinebeteiligungsverfahren durchgeführt. Über ein textbasiertes Modul (Textkonsultation) konnten sich alle Bürgerinnen und Bürger sowie auch Interessierte von außerhalb auf der Plattform www.ideen-fuer-regensburg.de (betreut durch die polidia GmbH) über die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse der Studie informieren und diese kommentieren. Auch die Kommentare anderer Teilnehmer konnten kommentiert und bewertet werden, so dass ein offener Meinungsaustausch über das Projekt möglich war. Ziel dieses Beteiligungsschrittes war, die unterschiedlichen Aspekte und Einstellungen, die es in der Bürgerschaft zu diesem Projekt derzeit gibt, frühzeitig transparent werden zu lassen, um diese Aspekte in der anstehenden Planungsphase bestmöglich berücksichtigen zu können.

Die Verwaltung hat das Beteiligungsverfahren durch zahlreiche werbliche Maßnahmen unterstützt (u.a. Infostände, Werbung im Straßenraum und in den Busse der RVB).

 

Knapp 500 Personen haben sich im Beteiligungszeitraum auf der Plattform neu registriert. Insgesamt gab es in diesem Zeitraum auf der Online-Plattform 4.331 Besuche und es wurden insgesamt 546 Kommentare hinterlassen.

 

Die Beteiligungsintensität blieb über den gesamten Zeitraum erhalten. Erwartungsgemäß fand in den ersten Tagen dabei die höchste Beteiligungsintensität statt (Anlage 2). Die intensivsten diskutierten fachlichen Inhalte waren die ersten drei Kapitel, von denen das Kapitel 3.1, in dem die Tram/Stadtbahn als System vorgestellt wurde, die höchste Aufmerksamkeit bekam.

Der Meinungsaustausch kann insgesamt als recht fruchtbar angesehen werden. Durch den Dialog unter den Teilnehmern fand zum Teil eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Projekt statt. Viele Nutzer informierten sich auch über vergleichbare Projekte in anderen Städten oder speisten persönliche Erfahrungen ein.

Die Beteiligung bietet im Ergebnis ein breites Meinungsbild zu derzeitigen Wahrnehmung des ÖPNV sowie zu bestehenden Erwartungen an seine Weiterentwicklung und zu Präferenzen des hierzu erforderlichen ÖV-Systems. In der Gesamtbetrachtung der Kommentare liegt, sofern dabei eine Systempräferenz zum Ausdruck gebracht wurde, diese mehrheitlich bei einem Pro für die Tram/Stadtbahn. Auch wenn das Verfahren allen Bürgern bzw. der Öffentlichkeit gleichermaßen offenstand, hat es allerdings nicht den Anspruch auf Repräsentativität.

 

Die eingegangen Kommentare wurden inhaltlich analysiert und dabei die Argumente nach Themen sortiert:

-          Dinge, die bei der weiteren Projektrealisierung allgemein wichtig sind,

-          Dinge, die am bestehenden ÖPNV-Angebot besonders kritisch gesehen werden,

-          Argumente PRO und Argumente CONTRA Stadtbahn/Tram,

-          Argumente PRO und Argumente CONTRA BRT-System sowie

-          Grundtendenz der Kommentaraussage in Bezug auf die Systempräferenz Tram.

Die Ergebnisse sind in Anlage 3 in knapper Form zusammengefasst (die vollständigen Kommentare bleiben im Portal archiviert). Unter den genannten Aspekten, auf die bei der weiteren Projektplanung besonders geachtet werden sollte, ist insbesondere hervorzuheben:

-          optimales Zusammenspiel zwischen Tram und Radverkehr (u.a. gegenseitige Ernzung in der Verkehrsfunktion, hohes Maß an Radverkehrssicherheit im Umfeld der Trasse bzw. bei Überkreuzung beider Verkehrswege),

-          Gestaltung der einzelnen Infrastrukturkomponenten, insb. Energiezuführung und Oberleitungsanlagen,

-          qualitative Weiterentwicklung des ÖPNV-Angebots auch abseits der Tram-Trasse (z.B. tangentiale Busverbindungen im Stadtgebiet) und Sicherstellung einer optimalen Verknüpfungsqualität zwischen Bus und Tram

-          Verknüpfung des Tramnetzes mit den regionalen ÖPNV-Angeboten sowie perspektivische Weiterentwicklung der Tram ins Umland.

Zu spezifischen fachlichen Fragen, die sich aus den Kommentaraussagen ergeben haben und die dabei tendenziell eine eher kritische Sicht auf die Gutachtens-Ergebnisse oder die Systemempfehlung für die Tram widerspiegeln, wurde das Gutachter-Team nochmal um Stellungnahme gebeten. Das Ergebnis findet sich in Anlage 4.

 

Systementscheidung und deren Konsequenzen

 

Mit dem Projekt Stadtbahn/Straßenbahn verbindet sich für die Stadt Regensburg ein Großprojekt, dass in seiner Dimension auch im deutschlandweiten Vergleich weitgehend einzigartig ist: dem vollständigen Neuaufbau eines Straßenbahnnetzes innerhalb des bestehenden Verkehrssystems. Der Erfolg dieses Projektes hängt in entscheidendem Maße davon ab, dass das Vorhaben auch in seiner später planerisch konkretisierten Form ein wirtschaftliches Vorhaben und damit nach GVFG förderwürdiges Vorhaben bleibt.

Durch die in der aktuell durchgeführten Studie zu einem höherwertigen ÖPNV-System ermittelte Netzform und -größe ist ein Optimum hinsichtlich Nutzen (verkehrlicher und betrieblicher Wirkungen) und Kosten (Investitionsaufwendungen für den Fahrweg) gegeben. Der Nutzen-Kosten-Quotient ist allerdings nach strenger Anwendung der Standardisierten Bewertung bisher nur knapp erreicht. Durch die weitere Planung muss sichergestellt werden, dass dieses Wirtschaftlichkeitsniveau mindestens gehalten, nach Möglichkeit sogar verbessert wird. Dies hängt entscheidend von folgenden Rahmenbedingungen ab:

-          Vom definierten Kernnetz darf nicht ohne wichtigen Grund abgewichen werden; eventuell auftretende Forderungen nach einer anderen oder größeren Netzdimension (z.B. Regio-Stadtbahn) sind von der Stadt nicht weiterzuverfolgen, bis die Umsetzung des Kernnetzes als gesichert gelten kann.

-          Das Stadtbahnprojekt muss proaktiv durch flankierende Entwicklungen unterstützt werden (z.B. Nachverdichtung des Wohnens und weiterer urbanen Funktionen im Umfeld der Trasse, Stärkung des SPNV- und Regionalbus-Angebots als Fahrgast-„Zulieferer“ zur Stadtbahn aus der Region).

-          Sicherstellung der Umsetzbarkeit der Stadtbahn-Infrastruktur, um alle erforderlichen Systemqualitäten herstellen zu können (insb. die hohe Reisegeschwindigkeit, beschleunigte Führung/Abwicklung an Knoten, hohe Zugänglichkeit zu Haltstellen). In anderen Planungen der Stadt kommt der Stadtbahn der Charakter einer Vorrangplanung zu.

-          Regelmäßige Einbeziehung der Öffentlichkeit, RVV/GFN, Initiativen und Interessensverbände der Stadtgesellschaft sowie des Landkreises Regensburg im Zuge des weiteren Planungsfortschritts zur Sicherung eines nachhaltigen Rückhalts für das Projekt.

 

Aufbau von Organisations- und Bearbeitungsstrukturen

 

Das Projekt Stadtbahn stellt die Stadt vor immense Herausforderungen. Gegenstand des zu leistenden Planungsaufwandes ist das ca. 15 km lange Streckennetz der Tram inklusive der zugehörigen Sonderbauwerke, Verknüpfungspunkte und Betriebsanlagen. Parallel sind umngliche Anpassungen im übrigen Verkehrssystem zu konzipieren und das Betriebskonzept der Tram und der übrigen ÖPNV-Linien (weiter Optimierungen im Stadt- und Regionalbus) weiterzuentwickeln.

Die Stadtwerke Regensburg bzw. das Stadtwerk.Mobilität (im folgenden „SWR.M“) ist als kommunaler Verkehrsbetrieb und Leistungsersteller des Stadtverkehrs eng bei den anstehenden Planungen sowie in Bezug auf die spätere Einrichtung und den Betrieb der Tram einzubeziehen.

Die Organisation der Planung erfordert besondere Organisationseinheiten sowohl bei der Verwaltung als auch bei der SWR.M, die entsprechend mit zusätzlichen personellen Kapaziten und Haushaltsmitteln ausgestattet sein müssen.

Als erste Projektstufe nach Beschluss wird ein Projektteam aus Vertretern von Verwaltung und SWR.M die anstehenden Planungs- und Organisationsschritte strukturieren, sowie die Aufgabenaufteilung und die erforderlichen Personalbedarfe jeweils konkretisieren. Dies erfolgt maßgeblich über vorhandenes Personal (s.u.). Hierzu ist die Einbeziehung von weiteren Beratungsleistungen vorgesehen. Die Überleitung in eine feste Arbeitsstruktur erfolgt über weitere Beschlüsse der Gremien des Stadtrats (insbesondere Personalaufbau, Organisationseinheiten). Für die Kooperation von Verwaltung und SWR.M ist hierfür eine Vereinbarung zwischen Stadt und SWR.M vorzubereiten und abzuschließen.

Im Stadtplanungsamt ist für das Projekt Stadtbahn als erster Schritt eine Stelle geschaffen worden, die zeitnah besetzt werden soll. Weitere Personalkapazitäten sind - auch im Hinblick auf die Planungen des ZOB - aktuell beantragt. Für erste Planungsleistungen und das Einbinden von Beratern sind die erforderlichen Mittel im Investitionsprogramm enthalten.

 


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

  1. Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
  2. Auf Basis der durchgeführten Untersuchung wird die Aufnahme der Planung zur Einführung einer Stadt- bzw. Straßenbahn beschlossen.
  3. Die Verwaltung wird beauftragt, die einzelnen Planungsschritte für das in der Untersuchung definierte Kernnetz vorzubereiten und durchzuführen.
  4. Das Kernnetz ist verbindlich. Im Zuge der Planung darf ein Abrücken davon nur erfolgen, wenn im Zuge der Planung hierfür hinreichend begründbare fachliche Erkenntnisse vorliegen und dadurch keine Nachteile für die Wirtschaftlichkeit des Projektes eintreten.
  5. Alle sonstigen Planungen der Stadt, die das Vorhaben Stadt-/Straßenbahn und seine Wirtschaftlichkeit tangieren, haben die Belange, die sich aus der Planung der Stadtbahn ergeben, vorrangig zu berücksichtigen.
  6. Die Verwaltung wird beauftragt, die Trasse des Kernnetzes einschließlich der zugehörigen Betriebsanlagen eigentumsrechtlich zu sichern (Grunderwerb). Zu sichern sind darüber hinaus die Flächen zur perspektivischen Realisierung der Trassen für die westlichen und östlichen Netzerweiterungen.
  7. Die Verwaltung wird des Weiteren beauftragt, die in Frage kommenden Flächen für einen Betriebshof einschließlich der zu- und abführenden Betriebstrassen planerisch und eigentumsrechtlich zu sichern.
  8. Die Verwaltung wird beauftragt, in Abstimmung mit der SWR eine Organisations- und Personalstruktur für die Planungsphase zu erarbeiten und – vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien des Stadtrates - abzuschließen.

 


Anlagen:

 

  1. Gesamtbericht der Studie zur Einführung eines Höherwertigen ÖPNV-Systems in Regensburg, komobile u.a., April 2018 
  2. Öffentlichkeitsbeteiligung - Beteiligungsstatistik
  3. Öffentlichkeitsbeteiligung - Inhaltsanalyse der Kommentare
  4. Öffentlichkeitsbeteiligung - Fachliche Fragen und Stellungnahme der Gutachter

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1_Endbericht Studie inkl. Plananlagen (28923 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 2_Öffentlichkeitsbeteiligung - Beteiligungsstatistik (29 KB)    
Anlage 3 3 Analge 3_Öffentlichkeitsbeteiligung - Inhaltsanalyse (48 KB)    
Anlage 4 4 Anlage 4_Öffentlichkeitsbeteiligung - Fragen und Stellungnahme (40 KB)