Vorlage - VO/19/15108/60  

 
 
Betreff: Restaurierung der spätgotischen Schnitzaltäre, bauphysikalische und technische Ertüchtigung der Kirche St. Anna, Großprüfening 33, Regensburg.
- Beschluss über die technische Ausführung -
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:1. Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
2. Kulturreferent Unger
Federführend:Amt für Gebäudeservice   
Beratungsfolge:
Bau- und Vergabeausschuss Vorberatung
29.01.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
30.01.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

 

I. Allgemeines:

 

Mit dem Maßnahmenbeschluss vom 26.04.2018 hat der Stadtrat der Stadt Regensburg auf Empfehlung des Kulturausschusses vom 24.04.2018 die Restaurierung der spätgotischen Schnitzaltäre und die bauphysikalische sowie technische Ertüchtigung der Kirche St. Anna, Großprüfening beschlossen und die Verwaltung beauftragt, die Planungen für die Maßnahme voranzutreiben.

 

 

II. Beschreibung der Baumaßnahme:

 

Historie

 

Der kleine spätgotische Kirchenbau mit dem Patrozinium der hl. Anna wurde im Auftrag des Prüfeninger Abtes Johannes Grasser 1487/88 errichtet. Es handelt sich um eine einfache Saalkirche mit eingezogenem Chorpolygon und zweibahnigen Maßwerkfenstern. Nach schweren Bombenschäden erfolgte der Wiederaufbau 1962.

 

Das Kirchlein besitzt herausragende Bedeutung durch die komplett erhaltene Ausstattung mit drei Flügelaltären. Diese drei spätgotischen Schnitzaltäre sind bildhafte Zeugnisse der lokalen Regensburger Kunstproduktion am Ende des Mittelalters (um 1488). Als Ensemble verkörpern sie die letzten Repräsentanten einer vollständigen spätgotischen Altarausstattung in situ.

 

Im Hochaltar befindet sich eine vollplastische Gruppe der hl. Anna Selbdritt, die von hoher Qualität ist. Die sogenannten Schreinwächter ursprünglich an den beiden Außenseiten der Altarflügel zu finden rften zum Zeitpunkt der Kirchenweihe 1488 entstanden sein und befinden sich derzeit im Historischen Museum. Der südliche Seitenaltar, der wohl zur selben Zeit wie der Hauptaltar gefertigt wurde, ist dem hl. Sebastian geweiht. Der zur nördlichen Seite ist ein Marienaltar.

 

Die Kirche und die Schnitzaltäre befinden sich im Besitz der Stadt Regensburg. Sie wird heute als Filialkirche der Pfarrei St. Bonifaz, Killermannstraße 26, Regensburg genutzt.

 

Ergebnisse der bauphysikalischen Voruntersuchungen :

 

Im Hinblick auf den schadensfreien Erhalt von Ausstattung und Raumschale wurden die bestehenden raumklimatischen Verhältnisse der Kirche bauphysikalisch untersucht. Zwischen Dezember 2017 und Juni 2018 erfolgten dazu entsprechende Raumklimamessungen. Während in der sommerlichen Phase übliche Luftfeuchtewerte festgestellt wurden, ist das Innenraumklima in der Winterperiode, bedingt durch die Lage der Kirche in der Nähe zur Donau und den daraus resultierenden mikroklimatischen Verhältnissen, durch anhaltend hohe relative Luftfeuchten bei einer deutlichen Auskühlung geprägt. Daraus resultieren Risiken eines biogenen Befalles an Ausstattung und Raumschale mit entsprechender Kondensatbildung.

Empfohlen werden Maßnahmen zur Absenkung der relativen Feuchte im Kircheninnenraum auf ein möglichst konstantes Niveau und eine Vermeidung von starken Schwankungen des Raumklimas durch unkontrollierte Luftwechsel.

 

Arbeiten an den Schnitzaltären:

 

Das Ziel der Maßnahme besteht neben der Konservierung akuter Schäden in einer behutsamen Reintegration der drei „Altarzustände“ zu einem Ensemble, die die gemeinsame Geschichte der Altarausstattung und die sich ergebenden Einzelbefunde berücksichtigt. Dies bedeutet vorrangig, die jüngeren handwerklichen Fehler zu korrigieren, primär um Spannungen aus dem System zu nehmen und das Schadenspotential künftig zu reduzieren.

Das Grundkonzept für den Marienaltar sieht eine Pflege des Ist-Zustands vor, bei teilweiser Reduzierung oder Abnahme älterer Retuschen oder Überzüge. Insgesamt soll der gealterte Oberflächencharakter erhalten werden.

Das allgemeine Konzept für den Sebastiansaltar sieht eine Pflege des Ist-Zustands, bei teilweiser Reduzierung oder Abnahme älterer Retuschen oder Überzüge, vor. Gegebenenfalls ist der zu neue und dichte Charakter der Vergoldungen zu reduzieren, um eine Angleichung an die beiden anderen Altäre zu erreichen.

Der Hauptaltar der Hl. Anna wurde 1961 neu gefasst. Eine Freilegung der Neufassungen am Annenaltar ist nicht vorgesehen, da sich ohnehin nur noch in spärlichen Resten ältere Fassungsbefunde auf den figürlichen Teilen finden ließen. Es ist das Ziel, das optische Erscheinungsbild sowohl der Gemälde, der Figuren und der Altararchitektur in ihrer Oberfläche und Struktur anhand der historischen Befunde einander anzunähern und zu harmonisieren. Im Einzelnen bedeutet dies: 1.) Maßnahmen zum Substanzerhalt und 2.) Reduktion der störenden, minderwertigen Retuschen aus den Jahren 1938 ff.

Die Komplettierung des Ensembles durch die Rückführung der im Museum verwahrten Figuren ist unter Wahrung der geschichtlich gewachsenen Situation, d.h. unter Verzicht auf das fehlende und das ursprünglich die Figuren umgebende Gesprenge (1914 erstmals dokumentiert) auszuführen. Im Einzelnen bedeutet dies: 1.) Rekonstruktion der seit 1942 fehlenden Korbkonsolen unter den Schreinwächtern, sofern eine Rekonstruktion nach den historischen Fotografien möglich ist. Ist dies nicht der Fall so ist eine Lösung anzustreben, die eine Anordnung der Figuren an ihrem angestammten Platz ermöglicht. 2.) Ersetzen der fehlenden Standflügeltafeln.

 

Arbeiten am Bauwerk:

 

Raumschale Wandmalerei:

 

Neben der Erneuerung der schadhaften Sockelputze ist eine Neutünchung der Raumschale in einer an den Bestand angepassten Kalklasurtechnik geplant. Die bestehende Deckengestaltung mit Sichtbalken und verputzen Deckenfeldern aus der Zeit des Wiederaufbaus 1962 soll belassen werden. Hier ist eine Reinigung vorgesehen.

Aufgrund der festgestellten Schäden an dem gotischen Wandmalereifragment an der Nordwand des Kirchenschiffs sollen die notwendigen konservatorischen Maßnahmen mit Putzfestigung und einer Sicherung gefährdeter Kanten durchgeführt werden. Durch eine Reinigung der Malereioberfläche und Retuschen kann die Ablesbarkeit der Darstellung deutlich verbessert werden.

 

Lichtschutz und Maßwerkfenster:

 

Die bestehende, neuzeitliche Sechseck-Bleiverglasung soll durch UV-/ IR-Gläser ersetzt werden, so dass durch den Einbau dieser Lichtschutzgläser der Erhalt der gotischen Schnitzaltäre und der übrigen Ausstattung nachhaltig gesichert ist.

Die Fenster werden um eine weitere Lüftungsöffnung ergänzt, um für eine ausreichende Querlüftung des Innenraums zu sorgen. Die insgesamt vier Lüftungsöffnungen werden mit Motoren ausgestattet, die über eine entsprechende Steuerung eine kontrollierte, nutzerunabhängige Belüftung des Raumes sicherstellen.

Im Zuge des Austausches der Verglasung müssen die Schäden an den gotischen Maßwerkfenstern behoben werden. Da keine statischen Schäden der Werksteine festgestellt werden konnten, beschränken sich die Arbeiten auf eine Instandsetzung der vorhandenen Risse, der offenen Fugen und von abgeplatzten Altergänzungen. Die bestehenden Fenstereisen werden entrostet und erhalten einen neuen Anstrich.

Schutzgitter und Gestühl:

 

Im Zuge der Maßnahme ist der Einbau eines schmiedeeisernen Schutzgitters geplant, das den Eingangsbereich vom Kirchenraum abtrennt und so die Möglichkeit schafft, die Zugänglichkeit der Kirche für Besucher sicherzustellen.

Das nördliche Gestühlspodest, das aktuell bis zur westlichen Außenwand reicht, wird um zwei Bänke eingekürzt. Die Bankpodien müssen aufgrund dieser Arbeiten erneuert werden.

Das aktuell ausgelagerte neugotische Gestühl wird gereinigt und holzkonstruktiv instand gesetzt. Nach dem Wiedereinbau der Bänke erhalten diese neue Sitzbankauflagen.

 

Zugang Dachraum:

 

Der Zugang zum Dachraum erfolgt über eine außenliegende Leiter östlich des Sakristeianbaues an der Nordseite der Kirche. Die bestehende Situation entspricht nicht den aktuellen arbeitssicherheitstechnischen Vorgaben und soll deshalb erneuert werden.

 

Sonstige Ausstattung:

 

Zur Verbesserung des Gesamterscheinungsbildes soll die Ausstattung der Kirche überarbeitet oder erneuert werden. Geplant ist ein neuer Ambo, ein neuer Priestersitz und eine Ministrantenbank.

 

Technische Gebäudeausrüstung:

 

Heizungstechnische Anlagen:

 

Die veralteten elektrischen Kirchenbankheizungen  (Hochtemperaturstrahler) werden durch moderne elektrische Niedertemperaturstrahler ersetzt.

Bezüglich der baukonservatorischen Verbesserung des Raumklimas wurden im Zuge der Planungen eingehend zwei mögliche Varianten untersucht.

 

Variante 1: eine umlaufende gasbetriebene Wandtemperierung, wobei hierbei ein Gasanschluss mit Heizungstherme und Abgaskamin installiert werden müsste und zusätzlich für kirchliche Veranstaltungen wie bisher eine elektrische Kirchenbankheizung  erforderlich wäre.

 

Variante 2: eine Verstärkung der elektrischen Heizung, die auch außerhalb von kirchlichen Veranstaltungen soweit erforderlich durch die Luftfeuchte geregelt automatisch stufenweise zu- bzw. abgeschaltet wird.

 

Unter Abwägung aller Aspekte hat sich das Kulturreferat für die Variante 2 entschieden.

 

Raumlufttechnische Anlagen:

 

Als weiterer Baustein zur Verbesserung des baukonservatorischen Raumklimas werden vier Fensterflügel künftig motorisch über eine intelligente Lüftungssteuerung die die Luftwerte innen und außen vergleicht  - im Bedarfsfall geöffnet bzw. geschlossen.

 

Wasser- und Abwassertechnische Anlagen:

 

Derzeit erfolgt die Wasserversorgung und entsorgung über das nachbarschaftliche Anwesen. Im Zuge der Sanierungsarbeiten werden ein eigener Wasseranschluss und ein den heutigen Vorschriften entsprechender  Abwasserkanal erstellt.

Das Waschbecken in der Sakristei wird durch ein neues mit einem elektrischen Untertischspeicher ersetzt.

 

Elektrotechnik:

 

Die überalterte Elektroinstallation wird fast gänzlich erneuert. Beibehalten werden können lediglich einige Elektrozuleitungen und die Zeitdienstanlage.

Des Weiteren werden die veralteten Leuchten durch zeitgemäße und energiesparende  ersetzt, wobei auf die lichttechnische Inszenierung des Altarraums unter Berücksichtigung der konservatorischen Belange -  ein besonderes Augenmerk gelegt wird.

 

 

III. Geplanter zeitlicher Ablauf

 

Mit dem Beschluss zur technischen Ausführung sowie nach Erteilung des vorzeitigen Baubeginns durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege kann mit den Ausschreibungen begonnen werden. Der erste Bauabschnitt umfasst die bauphysikalische und technische Ertüchtigung des Gebäudes, der zweite Bauabschnitt beinhaltet die Restaurierung der mittlerweile ausgelagerten spätgotischen Altäre und wird ungefähr zeitgleich mit dem ersten Abschnitt erfolgen.

Geplant ist ein Abschluss der gesamten Arbeiten im August 2019.

 

 

IV. Finanzbedarf

 

r die Haushaltsstelle 1.3102.94500  ist bisher  im Investitionshaushalt eine Summe von  513.000,00 Euro berücksichtigt. Der veranschlagte Kostenrahmen wird eingehalten, im Einzelnen wurden in der Kostenberechnung vom 10.01.2018 folgende Kosten ermittelt:

 

r HHSt 1.3102.94500 

Kostengruppe

 

 

Gesamtkosten

100

Grundstück

 

0,00 €

200

Herrichten und Erschließen

 

4.000,00 €

300

Bauwerk -Baukonstruktionen

 

165.500,00 €

400

Bauwerk -Technische Anlagen

 

82.500,00 €

500

Außenanlagen

 

0,00 €

600

blierung, Ausstattung

 

150.000,00 €

700

Baunebenkosten

 

111.000,00 €

100 - 700

Gesamtkosten

 

513.000,00 €

 

r HHSt 1.3102.93500

Kostengruppe      Gesamtkosten

400

Bauwerk -Technische Anlagen

 

13.000,00 €

 

r HHSt 1.3102.96300

Kostengruppe      Gesamtkosten

700

Baunebenkosten

 

13.000,00 €

                                

r die Gesamtmaßnahme gliedern sich die Kosten daher wie folgt:

Haushaltsstelle

1.3102.93500: 

  13.000,00 €

 

1.3102.94500:

513.000,00 €

 

1.3102.96300:  

  13.000,00 €

 

Gesamtkosten

539.000,00 €

 

 

 


Beschlussvorschlag:

 

 

Der Bau- und Vergabeausschuss empfiehlt, der Stadtrat der Stadt Regensburg beschließt die weitere Planung und die Ausführung der Restaurierung der spätgotischen Schnitzaltäre mit bauphysikalischer und technischer Ertüchtigung der Kirche St. Anna entsprechend der Berichtsvorlage, mit einer Gesamtinvestitionssumme vom 539.000,00 €.

 

 


Anlagen: