Vorlage - VO/19/15409/65  

 
 
Betreff: Klärwerk Regensburg;
Darstellung der aktuellen Klärschlammentsorgungssituation und Eröffnung einer zusätzlichen Option zur Klärschlammverwertung in der Rekultivierung
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Tiefbauamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz Vorberatung
08.05.2019 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
29.05.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

 

1. Ausgangssituation und Vorgehen der Stadt Regensburg

Am Klärwerk Regensburg fallen jährlich ca. 18.000 t bis 20.000 t Klärschlamm an; der Klärschlamm muss dabei aus dem Abwasserstrom in der praktizierten Form und Menge entnommen werden, da sonst die Abwasserreinigung gefährdet werden könnte; eine Reduzierung des mengenmäßigen Anfalls mittels abwasserbetrieblicher Maßnahmen ist daher nicht möglich.

 

Seit  dem Beschluss vom 28.11.1996 (Drucksachennummer 0106/0000-65) wird der Klärschlamm aus dem Klärwerk Regensburg in Braunkohlekraftwerken thermisch verwertet. Hierzu wurden seit dem Jahr 1997 die dafür notwendigen EU Vergabeverfahren mit einer Laufzeit von jeweils bis zu 4 Jahren durchgeführt.

 

Mit dem Inkrafttreten der neuen Düngemittelverordnung und der Klärschlammverordnung im Oktober 2017, die ein weitgehendes Verbot der landwirtschaftlichen Verwertung beinhaltet, hat sich der Entsorgungsweg über die thermische Verwertung in den Braunkohlekraftwerken bundesweit dramatisch verdichtet, da – verstärkt durch die Energiewende - hier mit einer bevorzugten Nutzung der Wind- und Sonnenenergie keine ausreichenden Mitverbrennungskapazitäten bestehen. Die Engpässe bei den Kraftwerken führen auch dazu, dass der Klärschlamm bei vielen Kläranlagen nicht mehr bedarfsgerecht abgeholt wird und der Klärschlamm bei den Kläranlagen teilweise in großen Mengen zwischengelagert werden muss.

 

Mit Stadtratsbeschluss vom 30.07.2015 erfolgte eine Mitgliedschaft der Stadt Regensburg beim ZTKS in Schwandorf. Über den ZTKS ist vorgesehen, den Klärschlamm der Verbandsmitglieder mit Hilfe von Abwärme aus der dortigen Müllverbrennung von einem Trockensubstanzgehalt von ca. 25% auf ca. 90% zu trocknen und anschließend mit einem deutlich besseren Brennwert als Brennstoff (u.a. in Zementwerken) zu verwenden.

Der ursprüngliche Zeitplan beim ZTKS ging von einer Inbetriebnahme Anfang 2018 aus.

Als sich Anfang 2017 eine Verzögerung bei der Trocknungsanlage abzeichnete (beim ZTKS ging mal damals von einer Inbetriebnahme bis zum Jahresende 2018 aus), erfolgte durch die Stadt Regensburg eine nochmalige EU-weite Ausschreibung zur thermischen Verwertung mit Beauftragung bis Ende 2018 (Vergabebeschluss vom 23.05.2017); dabei wurde als zusätzlicher Puffer eine Verlängerungsoption von zweimal 3 Monaten bzw. maximal 8.000 t Klärschlamm für das Jahr 2019 angesetzt. Als sich im Sommer 2018 abzeichnete, dass der Betrieb beim ZTKS voraussichtlich erst zum III. Quartal 2019 erfolgen könne, wurden diese Optionen komplett in Anspruch genommen (Vergabebeschluss VO/18/14755 vom 09.10.2018). Laut einer Auskunft des ZTKS bei einem Gespräch im März 2019 kann nach derzeitigem Stand nun allerdings eine Inbetriebnahme voraussichtlich frühestens ab dem IV. Quartal 2019 erfolgen.

 

2. Aktuelle Situation der Klärschlammentsorgung und Auswirkungen auf das Klärwerk Regensburg

Die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Randbedingungen haben auch negative Auswirkungen auf die derzeitige thermische Verwertung des Klärschlammes aus dem Klärwerk Regensburg durch die Südwasser GmbH / Bayernwerk Natur als derzeitiger Entsorger. Seit Beginn des Jahres 2018 wird der täglich anfallende Klärschlamm mit einer Menge von ca. 75 t bis 100 t nicht regelmäßig im erforderlichen Umfang abgefahren. Um den ungestörten Betrieb der Abwasserreinigung und der Schlammbehandlung sicherzustellen musste in 2018 bereits zeitweise entwässerter Klärschlamm provisorisch auf dem Klärwerksgelände zwischengelagert werden. Trotz mehrmaligen Aufforderungen an den Auftragnehmer zur Abfuhr des Klärschlamms, ist aufgrund der nicht ausreichenden Verbrennungskapazitäten in den Braunkohlekraftwerken als Entsorgungsweg mit keiner nachhaltigen Entspannung der Entsorgungssituation zu rechnen. Aktuell werden auf den befestigten Flächen ca. 800 t Klärschlamm gelagert. Dadurch entstehen erhebliche Behinderungen des Betriebes, da die Zugänglichkeit der Anlagen für Wartung- und Instandhaltungsarbeiten erheblich eingeschränkt ist. Um zumindest übergangsweise eine verbesserte Zwischenlagerung zu ermöglichen wird aktuell ein plangemäßes Zwischenlager errichtet (siehe Beschluss „Neubau eines Zwischenlagers“ VO/19/15124/65).

 

Die gelagerten Klärschlammmengen müssen allerdings dringend von den Flächen abgefahren werden, um wieder einen ordnungsgemäßen Betrieb zu ermöglichen.

 

Es ist daher zwingend eine schnelle Übergangslösung bis zur Inbetriebnahme des ZTKS erforderlich, bei der verschiedene Entsorgungswege als Optionen bereitstehen müssen, da der bestehende Entsorgungsvertrag für die vertraglich vereinbarten 8.000 t ca. Anfang Juni 2019 endet.

 

3. Mögliche Entsorgungswege der Stadt Regensburg bis zur Inbetriebnahme der Trocknung beim ZTKS

Folgende Möglichkeiten zur Klärschlammentsorgung der Stadt Regensburg sollen parallel verfolgt werden:

 

  1. Möglichkeit einer (nochmaligen) Vergabe zur thermische Verwertung
  2. Möglichkeit einer Entsorgung über die Trocknungsanlage des Zweckverbands Pfattertal  in Mintraching
  3. Möglichkeit einer Vergabe zur Verwertung im Rahmen von Rekultivierungsmaßnahmen

 

Zu I.

Bei einem Erfahrungsaustausch in Schwandorf (ZTKS) im März 2019 wurde berichtet, dass bei EU-weiten Ausschreibungen für die Klärschlammentsorgung z.T. kein Angebot abgegeben wurde oder dass bei aktuellen Ausschreibungsergebnissen Entsorgungspreise in einer Größenordnung von 150 € bis 200 €/t brutto angeboten wurden. Im Vergleich zur aktuellen Marktlage beträgt der derzeitig noch gültige Entsorgungspreis für die Stadt Regensburg nur etwa die Hälfte. Eine aktuelle Recherche bei den Klärwerken in Bayern bestätigt die dramatische Lage bei der Klärschlammentsorgung mit den extrem hohen Entsorgungspreisen. Um dennoch eine Ausschreibung zur thermischen Verwertung zu ermöglichen, mussten daher außerplanmäßig entsprechende HH-Mittel für den Nachtragshaushalt 2019 vom Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen am 10.04.2019 bzw. durch den Stadtrat am 11.04.2019 bereit gestellt werden.

Das Vergabeverfahren für die weitere thermische Verwertung des Klärschlamms wurde aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit bereits begonnen. Der Umfang der ausgeschriebenen Entsorgungsleistung beträgt 10.000 t (6000 t zuzüglich einer zweimaligen Verlängerungsoption um jeweils 2000 t). Mit dieser Menge soll die Zeitdauer bis zur Inbetriebnahme der Trocknungsanlage des ZTKS ab dem IV. Quartal überbrückt werden.

 

Zu II.

Die Abwasserbehandlungsanlage des Abwasserzweckverbandes Pfattertal verfügt über eine eigene Klärschlammtrocknungsanlage, die jedoch nur eine tägliche zusätzliche Durchsatzmenge von ca. 25 t mitverarbeiten kann. Das getrocknete Material wird als Ersatzbrennstoff aufbereitet und anschließend in Braunkohlekraftwerken eingesetzt.

Mit diesem Entsorgungsweg über Braunkohlekraftwerke ist auch diese Variante direkt von den Verwertungskapazitäten in den Kraftwerken abhängig. Wegen dem Vorrang der regenerativen Energien kann der Ersatzbrennstoff oftmals nicht eingesetzt werden, so dass der getrocknete Klärschlamm nicht bedarfsgerecht abgeholt und entsorgt werden kann. Daher kann der Zweckverband aus logistischen und vertraglichen Gründen nicht mehr als 500 t entwässerten Schlamm aus dem Klärwerk Regensburg übernehmen. Dennoch ist auch diese Teilmenge zumindest eine Möglichkeit, eine evtl. zusätzliche Zwischenlagerung von Klärschlamm auf dem Betriebsgelände zu vermeiden.

 

Zu III:

Zusätzliche Entsorgungsoption über Verwertung in der Rekultivierung

Da aufgrund der extremen Entsorgungsengpässe bei der thermischen Verwertung (s.o.) eine  Abfuhr der täglich notwendigen Mengen bzw. auch die zusätzliche Abfuhr der gelagerten Mengen in Braunkohlekraftwerken auch bei einer erneuten Ausschreibung nicht lückenlos sichergestellt ist, soll ein zusätzlicher Entsorgungsweg geöffnet werden; um die Entsorgungssicherheit  zu erhöhen und eine Möglichkeit für die Abfuhr des gelagerten Klärschlamms zu schaffen, sollen daher als Alternative zur thermischen Verwertung die derzeit noch bestehenden, begrenzten Möglichkeiten genutzt werden, den Klärschlamm in der Rekultivierung und im Landbau zu verwenden.

 

Der Klärschlamm wird (auch als Voraussetzung für die thermische Verwertung) für alle Parameter gemäß der Klärschlammverordnung untersucht. Die Klärschlammanalysen werden jedes Quartal („kleine Untersuchung“) bzw. alle 2 Jahre („große Untersuchung“) durchgeführt. Dabei müssen alle Parameter und Grenzwerte der Klärschlammverordnung, die für eine landwirtschaftliche Verwertung des Schlammes zu erfüllen wären, eingehalten werden. Da der Klärschlamm aus dem Klärwerk Regensburg diese Anforderungen erfüllt, wäre eine Verwertung auch bei Rekultivierungszwecken möglich. Dabei wird aus dem Klärschlamm und zusätzlichen Bestandteilen wie z.B. Wurzelholz, Rindenmulch, ein Bodensubstrat hergestellt, das für den Landbau bei Rekultivierungszwecken (zumeist im Braunkohleabbau) verwendet wird.

 

4. Beschluss zur Nutzung einer zeitlich befristeten Verwertung in der Rekultivierung

Die Verwertung des Klärschlamms in der Rekultivierung soll wie dargestellt als zusätzliche Möglichkeit zur thermischen Verwertung vorgesehen werden, um die Entsorgungssicherheit zu erhöhen und die Abfuhr des am Klärwerksgelände gelagerten Schlammes zu ermöglichen, damit ein ordnungsgemäßer Betrieb des Klärwerks wieder sichergestellt werden kann. Als Zeitraum für die Verwertung in der Rekultivierung ist der Zeitraum von Juni 2019 bis zur Vollinbetriebnahme der Klärschlammtrocknungsanlage in Schwandorf vorgesehen. Die Vollinbetriebnahme beim ZTKS soll nach derzeitigem Stand voraussichtlich im IV. Quartal 2019 erfolgen.

 


Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

1. Der Bericht der Verwaltung über die aktuelle Klärschlamm-Entsorgungs-Situation wird zur Kenntnis genommen.

 

2. Als Alternative zur thermischen Verwertung in Kraftwerken wird die Möglichkeit eröffnet, im Bedarfsfall Klärschlamm in der Rekultivierung zu verwerten. Die alternative Verwertung in der Rekultivierung wird dabei als Übergangslösung bis zur endgültigen Aufnahme des Vollbetriebs der Klärschlammtrocknungsanlage des ZTKS in Schwandorf ausgeführt.