Vorlage - VO/19/15562/66  

 
 
Betreff: Überbauung von Parkplätzen
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Amt für Stadtentwicklung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Entscheidung
02.07.2019 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

 

Sachstand

Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen hat am 03.05.2018 die Verwaltung beauftragt, u.a. zu prüfen, welche Parkplätze an Einzelhandelsobjekten, wie Lebensmittel- oder Baumärkten bzw. welche Firmenparkplätze mit Wohnungen überbaubar sind.

 

Vorgehensweise

In der Untersuchung wurde nur die Überbauung zu Wohnzwecken geprüft. Die Betrachtung einer Überbauung mit gewerblicher Nutzung wurde aufgrund der laufenden Arbeiten zum Gewerbeflächenentwicklungskonzept zurückgestellt.

 

Um ein möglichst vollständiges Bild sämtlicher in Betracht kommender Parkierungsflächen der Stadt zu erhalten, wurde im Amt für Stadtentwicklung eine umfassende Erhebungs- und Analysemethode entwickelt, erprobt und schrittweise durchgeführt. Grundlage der Datenerhebung waren zwei Quellen: Ausgehend von allen in „Open Street Map“ erfassten und über Luftbilder verifizierten Parkierungsflächen hat die Abteilung für Vermessung und Kartographie diese mittels einer systematischen Bild-für-Bild-Auswertung von aktuellen Orthofotos über das gesamte Stadtgebiet ergänzt. Anschließend wurden alle so gefundenen  Flächen bereinigt, also beispielsweise Flächen, die eng zusammenliegen, verschmolzen bzw. Überlappungen und Ungenauigkeiten beseitigt. So ergab sich nach der ersten Analyse eine Gesamtmenge von 1.550 zu prüfenden Parkierungsflächen.

 

Abb. 1  Stadtgebiet mit 1.550 relevanten Parkierungsflächen

 

Im nächsten Schritt wurden diese 1.550 Flächen in der Abteilung Statistik mittels formaler Parameter bezüglich Größe und Form quantitativ betrachtet.  Ein speziell programmiertes Auswertungstool lieferte im Ergebnis nur Flächen mit mindestens 1.000 m² Grundfläche und einer Tiefe von mehr als 15 m. Kleinere oder schmälere Flächen (z.B. straßenbegleitende Parkierung) wurden aussortiert und als ungeeignet verworfen.

 

Abschließend erfolgte in einer Vielzahl von  Besprechungsterminen in der Abteilung Stadterneuerung und Wohnungswesen systematisch für jede einzelne dieser Flächen eine qualitative Bewertung. Offensichtlich für eine Wohnbebauung völlig ungeeignete Flächen, so z.B. in Industrie- und Gewerbegebieten, an großen Verkehrsachsen oder auf Überschwemmungsflächen wurden ausgesondert. Nach diesem Auswertungsdurchgang verblieben immer noch 83 mögliche Flächen

(vgl. Abb. 2).

 

 

 

Abb.2 Stadtgebiet mit 83 verbleibenden Parkierungsflächen

 

Diese 83 Fälle wurden im Rahmen der Wohnbauoffensive einer intensiveren Betrachtung unterzogen, durch das Bauordnungsamt und das Stadtplanungsamt beurteilt und offensichtlich und eindeutig nicht genehmigungsfähige Fälle ausgeschlossen (z. B. aus Lärmschutzgründen, Flächen, die im Außenbereich liegen oder für Gewerbe vorgesehen sind, Flächen,r die eine Überbauung mittelfristig ausgeschlossen ist, da die derzeitige Nutzung gefördert ist etc.)

 

Die dann noch verbliebenen 59 Flächen wurden mit dem Flächennutzungsplan und vorhandenen Bebauungsplänen abgeglichen sowie für sämtliche der betroffenen Flurstücke die Eigentümerstruktur ermittelt. Anschließend wurde jede Fläche mittels entwickelter „Prüfbaukörper“ detailliert auf die Möglichkeiten der Bebauung inklusive Abstandsflächen geprüft.  Dabei wurden, unter Berücksichtigung städtebaulicher und grünordnerischer Zwänge, mögliche Baukörperkonstellationen getestet. Hier war zu beachten, dass auch unter Wirtschaftlichkeitsaspekten (keine Tiefgaragen) eine aufgeständerte Bauweise zugrunde gelegt werden sollte und die vorhandenen Stellplätze soweit als möglich erhalten bleiben sollten. Deshalb war für das „Erdgeschoss“ eine Höhe von mindestens drei Metern anzusetzen. Erst über diesem Parkierungs- und Erschließungsgeschoss können Wohngeschosse realisiert werden.  Um eine vernünftige Anzahl an Wohnungen zu erzielen, wurde in den meisten Fällen mit einer Normgeschosshöhe von EG+III kalkuliert. Diese Vorgabe bedingt Gebäudehöhen von mindestens 11,25 m und zieht einen entsprechenden  Abstandsflächenbedarf nach sich. Bei der Prüfung der mindestens erforderlichen Abstandsflächen sind nochmals einige Potentialflächen ausgeschieden.

 

Die letztlich als grundsätzlich geeignet identifizierten 35 Flächen wurden, zusammen mit einem in einem maßstäblichen Lageplan eingezeichneten Bebauungsvorschlag, nochmals vom Bauordnungsamt und Stadtplanungsamt vertieft hinsichtlich Städtebau und Bauordnungsrecht, Grünordnung und Lärmsituation überprüft. Die Klimaresilienzmanagerin hat ebenfalls eine erste überschlägige  Einschätzung dieser Flächen vorgenommen.

 

 

Beurteilung

Nach kritischer Bewertung der letztendlich verbliebenen 35 Standorte ergeben sich für die Überbauung von Parkplatzflächen mit Wohngebäuden mehrere Fragen in verschiedenen Problemfeldern, die es zu lösen gilt bzw. Rahmenbedingungen, die geändert werden müssten.

 

Ein Grundproblem ist das oft fehlende angemessene Wohnumfeld. Viele Parkplatzflächen sind durch Gewerbe- und Verkehrslärm in der Nachbarschaft stark belastet (z.B. an größeren Straßen, durch den Anlieferverkehr von Supermärkten etc.). Die damit einhergehende Frage ist, inwiefern vorhandenes Gewerbe zugunsten einer Wohnnutzung aufgelöst bzw. eingeschränkt werden kann und soll. Gewerbe ist für die Stadt unbestritten ein wichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor. Insbesondere in gewachsenen Quartieren schafft das oft mittelständische Gewerbe attraktive Arbeitsplätze und trägt zur Versorgung der Nachbarschaft mit Produkten und Dienstleistungen bei.

 

r die Überbauung mit Wohnungen müssen Kinderspielplätze nachgewiesen werden. Qualitativ ansprechende Freiflächen stehen auf den Parkplatzflächen meist nicht zur Verfügung. Eine Verlegung der Freiflächen und Kinderspielplätze auf das Dach der neuen Bebauung, analog dem Beispiel des Münchner Dante-Bades, wäre denkbar und oftmals wohl die einzige Lösung. Damit wäre aber ein deutlich höherer (Kosten-) Aufwand für Absturzsicherung und eventuell zusätzliche Abstandsflächen verbunden.

 

Zu lösen ist ebenfalls der Stellplatzbedarf, den die neue Bebauung zusätzlich auslösen wird. Handelt es sich nicht um einen Parkplatz, der mehr Stellplätze nachweist als für die ursprüngliche Nutzung bauordnungsrechtlich gefordert sind, wird die Herstellung der notwendigen Stellplätze für PKW und Fahrräder einen erheblichen Mehraufwand (z.B. Tiefgarage) auslösen. Individuelle Lösungen bezüglich des Stellplatzbedarfes sind nötig, eine gute ÖPNV-Anbindung bzw. Carsharing-Lösungen sollten dieses Konzept begleiten. Auch die neue Stellplatzssatzung, mit der Möglichkeit der Reduktion der Stellplatzforderung für einkommensorientiert geförderte Wohnungen der Stufe I und II um bis zu 50 %, ist ein notwendiger Ansatzpunkt zur Verminderung des Problems.

 

15 der betrachteten 35 Standorte befinden sich in Bebauungsplangebieten. Für diese Flächen müsste entweder eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans oder ein Änderungsverfahren eingeleitet werden. Im Falle aufwendiger Bebauungsplanänderungen sollte deshalb über eine qualitätsvollere Bebauung anstelle der aufgeständerten Bauweise nachgedacht werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass in einem Bebauungsplanverfahren die Öffentlichkeit beteiligt und r das Vorhaben möglichst ein Konsens und eine Akzeptanz in der direkten Nachbarschaft erreicht werden muss.

 

Im Rahmen des weiteren Verfahrens der fachlichen Abwägung sollte künftig auch der Aspekt Klimaverträglichkeit eine noch stärkere Berücksichtigung finden. Um das Ausmaß der klimatischen Beeinträchtigung beurteilen zu können, bedarf es einer genauen Betrachtung der jeweiligen Flächen, sobald konkrete Pläne zur Überbauung vorliegen.

 

Die potentiell geeigneten Grundstücke sind fast ausschließlich in Privateigentum, damit hat die Stadt nur einen äerst begrenzten Einfluss auf die Realisierung derartiger Maßnahmen. Das Angebot der Schaffung von höherwertigem Baurecht muss der Eigentümer nicht annehmen, da die vorhandene Nutzung grundsätzlich Bestandsschutz genießt.

Eine Ansprache der Eigentümer ist bislang nicht erfolgt. Dies soll nach einer grundsätzlichen Einigung bzw. Beschlussfassung zum weiteren Vorgehen erfolgen.

 

 

Beurteilung von konkreten Vorhaben

Um externe Kompetenzen zu nutzen und unbelastete Ideen in die Wohnbauoffensive einfließen zu lassen, wurde eine Kooperation mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule OTH geschlossen. Dabei wurde von der Fakultät für Architektur ein Masterseminar durchgeführt, welches unter dem Titel „Ressource Wohnen in der Stadt“ Entwürfe für die Umnutzung und Nachverdichtung von Grundstücken in Regensburg zum Ziel hatte. Ausgehend von einigen vorgeschlagenen oder auch von frei gewählten Grundstücken wurden Entwürfe für die Bebauung von Baulücken oder die Umnutzung bzw. Aufstockung von vorhandenen Gebäuden oder Parkplätzen angefertigt. Die Arbeiten sind in einer Broschüre zusammengefasst.

 

Zu zwei Entwürfen gibt es bereits Rückmeldungen von Seiten der Eigentümer. Während eine Genossenschaft im Rahmen eines Auskunftsverfahrens beim Bauordnungsamt vorstellig wurde, ist die Wohnbauoffensive mit den Eigentümern einer zweiten Fläche, ebenfalls einer Genossenschaft, bezüglich einer Realisierung im Gespräch. Der erste Entwurf musste aufgrund der Abstandsflächen, der höchst komplizierten Eigentümersituation auf dem Areal und dem vorhandenen Bebauungsplan, der an dieser Stelle Parken vorsieht, in der Wohnbauoffensive abschlägig beurteilt werden. Die Genossenschaft hat daraufhin einen zweiten Entwurf eingebracht, der erneut im Jour Fixe beurteilt wurde. Derzeit ist die Verwaltung zuversichtlich, mit gezielten Änderungen am Entwurf zur Verbesserung der städtebaulichen Erscheinung und einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan eine Realisierung herbeiführen zu können.

 

Ein weiterer Entwurf aus diesem Projekt, eine Überbauung des Parkplatzes am Westbad, ist als grundsätzlich geeignetes Beispiel im Anhang dargestellt, wobei in diesem Fall insbesondere das festgesetzte Landschaftsschutzgebiet einer Realisierung entgegensteht.

 

Des Weiteren gab es erste Überlegungen zu einem Discounter-Markt, dessen Eigentümer sich aufgeschlossen zeigt, auf seinem Markt, ggf. in Kombination mit dem zugehörigen Parkplatz, Wohnungen zu realisieren. Da die üblichen eingeschossigen Gewerbeanlagen  nicht für eine Aufstockung mit mehreren Wohngeschossen ausgelegt sind, führt in solchen Fällen oftmals nur Abbruch, Teilabbruch und ein kompletter Neubau zur Lösung. Die Wohnbauoffensive hofft, dort trotzdem mittelfristig ein Projekt initiieren zu können.

 

 

Fazit

Ein pauschales Modell zur standardisierten Überbauung von Parkplatzflächen kann es angesichts der vielfältigen Standorte mit ihren mannigfaltigen Problemstellungen nicht geben. Jede einzelne Fläche muss individuell bewertet und beplant werden. In Anbetracht des Aufwands eines Bebauungsplanverfahrens sollte immer zuerst die Genehmigungsfähigkeit ohne umfangreiche Verfahren geprüft und solchen Projekten der Vorrang eingeräumt werden. Abweichungen von bisherigen Anforderungen, wie z.B. bei Stellplätzen und Kinderspielplätzen, müssen in Ausnahmefällen möglich sein.

In der Anlage sind als Beispiel für die vielfältigen Herausforderungen exemplarisch drei Grundstücke (Stadtwerk und Stadt) dargestellt.

 

 

 


Der Ausschuss beschließt:

 

  1. Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen nimmt den Bericht zustimmend zur Kenntnis.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, in den Fällen mit der höchsten Umsetzungswahrscheinlichkeit mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen und über eine zeitnahe Realisierung zu verhandeln.

 

  1. Die Verwaltung wird im Einzelfall ermächtigt, Abweichungen von der Stellplatzsatzung und von der Kinderspielplatzsatzung auszusprechen, um eine sinnvolle  Bebauung  zu ermöglichen.

 


Anlagen:

 

Beispielgrundstücke

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Beispielgrundstücke (318 KB)