Vorlage - VO/19/15833/54  

 
 
Betreff: Allgemeiner Sozialdienst für Regensburger Bürgerinnen und Bürger ab dem vollendeten 65. Lebensjahr
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Federführend:Seniorenamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten Vorberatung
18.09.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
26.09.2019 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

 

  1. Ausgangssituation

Die Stadt Regensburg hat mit Beschluss des Ausschusses für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten vom 16.04.2015 (VO/15/10849/50) einen allgemeinen Sozialdienst (ASD) beim Amt für Soziales installiert. Ergänzend dazu wurde mit Beschluss des Stadtrates am 27.06.2019 (VO/19/15484/50) die Fortschreibung des Konzepts des Allgemeinen Sozialdienstes (ASD) befürwortet, das erstmalig folgende Abgrenzung der Zuständigkeiten beinhaltet:

  • Die Zuständigkeit für Personen, die zwischen 21 und 64 Jahre alt sind, bleibt beim Amt für Soziales.
  • Familien mit Kindern, Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres werden wie bisher gem. Sozialgesetzbuch, Achtes Buch (SGB VIII) vom Amt für Jugend und Familie beraten und unterstützt.
  • r Bürgerinnen und Bürger, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, obliegt künftig die Beratung und Unterstützung dem Seniorenamt.

 

1.1. Alter und Altern

Erfreulicherweise erreichen immer mehr Personen ein hohes Lebensalter. Aufgrund verbesserter Lebensumstände und besserer medizinischer Versorgung geht man davon aus, dass im Jahr 2060 die Lebenserwartung auf 84,8 Jahren bei Männern und 88,8 Jahren bei Frauen ansteigen wird. Das sind bezogen zur Lebenserwartung 2010/2012 ein Zuwachs von 7 bzw. 6 Jahren (Pötzsch & Rößger, 2015).

Das Leben wird in verschiedene Altersphasen eingeteilt. Dabei wird die Kindheit und Jugend als „erstes Alter“, das Erwachsenenalter als „zweites Alter“ bezeichnet. Die anschließende Lebensphase des Alter(n)s erstreckt sich über drei bis vier Jahrzehnte, weshalb neben dem „dritten Alter“, das „vierte Alter“ als zusätzliche Kategorie die lange Phase des Alter(n)s unterteilt (Oswald W. , 2000).hrend die Phase des „dritten Alters“ geprägt ist vom Eintritt in den Ruhestand und damit einhergehenden neuen Aktivitäten, ist das sogenannte „vierte Alter“ durch beginnende Funktionseinbußen und Ressourcenverluste geprägt (Wahl & Diegelmann, 2015). Dieses beginnt ab dem 80. bis 85. Lebensjahr.

hrend „Alter“ sich auf das kalendarische Alter bezieht, ist „Altern“ als Prozess zu sehen, der beeinflusst ist von einer Vielzahl von Einflüssen und Bedingungenhrend des Lebenslaufs einer Person. Altern wird damit zu einem individuellen, differenzierten Prozess (Oswald W., 2000).

In Regensburg leben derzeit 12.466 Personen, die 65 Jahre bis unter 75 Jahre sind, sowie 14.355 Personen, die 75 Jahre und älter sind (Stichtag: 31. Dezember 2017). Mit einer Zunahme der Anzahl älterer Menschen ist zu rechnen. Insbesondere die Gruppe der Hochaltrigen wird zunehmen.

 

1.2. Ungleichheiten in der alternden Gesellschaft

Altern ist ein differenzierter Prozess. Dabei haben Einflussfaktoren wie Geschlecht, verfügbare finanzielle Ressourcen, Bildung, Gesundheit oder sozialer Status einen erheblichen Einfluss auf die Lebenslage im Alter und sich daraus ergebende soziale Ungleichheiten (Kricheldorf & Tesch-Römer, 2013).

Im höheren Lebensalter ergibt sich eine erhöhte Vulnerabilität durch die Zunahme an Krankheiten. Die Wahrscheinlichkeit chronischer Erkrankungen nimmt mit zunehmendem Alter zu. Dabei kommt es häufig zu Multimorbidität ca. drei Viertel der über 80-jährigen leidet an zwei oder mehr Erkrankungen gleichzeitig. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Einschränkungen des Bewegungsapparats, demenzielle Krankheiten werden häufig diagnostiziert Diese funktionalen Einbußen führen zu Schwierigkeiten, den Anforderungen des Alltags gerecht zu werden. Auch hier ist festzustellen, dass Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status und geringerer Bildung größere Probleme haben, ihre Selbständigkeit aufrecht zu erhalten (Amrhein, Heusinger, Ottovay, & Wolter, 2015). Altersarmut hat weitreichende Auswirkungen. Von Altersarmut sind insbesondere Hochaltrige mit Migrationshintergrund und Alleinstehende betroffen. Frauen haben ein besonders hohes Armutsrisiko, da sie auf Grund ihrer Biografie häufig niedrigere Renten beziehen (Brussig & Zink, 2018). Armut hat einen entscheidenden Einfluss auf die soziale Teilhabe und ein gesundes und aktives Leben (Amrhein, Heusinger, Ottovay, & Wolter, 2015). Ältere Menschen mit einem geringen Alterseinkommen verfügen zudem über geringere informelle Hilfe- und Unterstützungsressourcen und haben ein erhöhtes Risiko, sich aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu fühlen (Böger, Wetzel, & Huxhold, 2017).

Die Gruppe der heutigen 65- bis 85-Jährigen zeichnet zwar eine insgesamt hohe Lebenszufriedenheit und ein positives Lebensgefühl aus (Köcher & Sommer, 2017), allerdings gibt es auch eine nicht unerhebliche Gruppe älterer Menschen, die auf Grund verschiedenster Problemlagen ufig kumuliert über die Lebensspanne in ihrem selbstbestimmten Leben gefährdet ist. Da es dem Wunsch der meisten älteren Menschen entspricht, möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit zu verbleiben, wird es von zunehmender Bedeutung sein, einen drohenden Hilfebedarf frühzeitig zu erkennen, um ihm angemessen begegnen zu können (Oswald & Konopik, 2015).

 

1.3. Aufgaben der Kommune

Den Kommunen kommt als kleinsten räumlich-politischen Verwaltungseinheiten eine besondere Bedeutung für den Lebensalltag älter werdender Menschen zu.“ Der Siebte Altenbericht stellt hier auf die Verpflichtung im Rahmen der Daseinsvorsorge der Kommune ab (BMFSFJ, 2016). Ressortübergreifendes und interdisziplinäres Handeln ist dabei ebenso wichtig, wie die aktive Gestaltung der sozialen Infrastruktur unter Einbeziehung der Kompetenzen und Ressourcen der älteren Menschen (Deutscher Verein, 2006).

Nach dem Sozialgesetzbuch zwölftes Buch (SGB XII) soll alten Menschen Altenhilfe gewährt werden. „Die Altenhilfe soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, selbstbestimmt am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen und ihre Fähigkeit zur Selbsthilfe zu stärken.“71 SGB XII) Personen haben Anspruch auf die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung (§ 8 SGB XII).

Entsprechende Hilfe- und Unterstützungsstrukturen, insbesondere für Krisensituationen sind aus den genannten Gründen dringend erforderlich, um Bedingungen für ein gutes Altern in Regensburg zu gewährleisten. Dies entspricht auch dem Grundsatz „ambulant vor stationär“, der einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik zugrunde liegt und die Lebenswelt älterer Menschen mit den notwendigen Versorgungsstrukturen umfasst (Art. 69 Abs.2 AGSG).

Im Gegensatz zur Kinder- und Jugendhilfe und dem darin erhaltenen Schutzauftrag (SGB VIII) existiert kein „Erwachsenenschutzgesetz“. Die Einrichtung eines allgemeinen Sozialdienstes (ASD) ist ein freiwilliges Angebot der Stadt Regensburg.

 

  1. Notwendigkeit eines differenzierten Allgemeinen Sozialdienstes (ASD)

Im Jahr 2015 wurde der Allgemeine Sozialdienst für erwachsene Bürgerinnen und bürger in Regensburg beim Amt für Soziales der Stadt Regensburg, als wichtiges Angebot für Menschen in besonderen Lebenslagen und Lebenskrisen, installiert.

Es stellte sich in der Vergangenheit heraus, dass nicht nur im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch im Bereich der Altenhilfe eine Spezialisierung notwendig ist. Im Rahmen der konzeptionellen Weiterentwicklung wurde deshalb die Zuständigkeit des ASD für Personen ab vollendetem 65. Lebensjahr dem Seniorenamt zugewiesen.

Ein Sozialdienst bzw. eine mobile Beratung für ältere Menschen wurde u.a. auch als Maßnahme (Nr. 204) im Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung der Ursachen und Folgen von Armut von der Arbeitsgruppe „Seniorinnen und Senioren“ genannt.

Der Siebte Altenbericht, der sich dem Thema „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ widmet, beschreibt, dass sozial benachteiligten Gruppen insbesondere im höheren Alter gefährdet sind. Aufgrund der abnehmenden physischen und psychischen Ressourcen besteht ein höheres Risiko für krisenhafte Situationen wie Altersarmut, sozialer Exklusion und Unterversorgung (BMFSFJ, 2016).

Die Differenzierung der Zuständigkeit des Sozialdienstes hinsichtlich des Alters entspricht dem Konzept der Lebenslagen und der Lebenswelten und ermöglicht eine qualifizierte und den Bedarfen und Bedürfnissen der Betroffenen gerechte Erfüllung des Auftrages (Textor, 1994). Die oben dargestellte Heterogenität des Alters erfordert ein differenziertes u.a. gerontologisches Wissen in der Beratung und Unterstützung älterer Menschen. Im Sinne des Empowerments ist es wichtig, an den Ressourcen der älteren Menschen anzusetzen, ohne die bestehenden Grenzen, die sich durch einen evtl. altersbedingten Abbau ergeben, aus dem Blick zu verlieren.

Mit der Etablierung des Sozialdienstes für Menschen mit Vollendung des 65. Lebensjahres im Seniorenamt ergeben sich Synergieeffekte mit den vorhandenen Strukturen (siehe Tabelle). Alle genannten Fachstellen haben ihren klar abgegrenzten Aufgabenbereich. Personelle Ressourcen, die für die Tätigkeit im Rahmen eines ASD erforderlich sind, sind nicht vorgesehen und auch nicht vorhanden.

Der ASD kann jedoch im Sinne des Case-Management an die entsprechenden Angebote vermitteln.

Fachbereiche am Seniorenamt

Aufgaben und Angebote

Fachstelle für pflegende Angehörige

Psychosoziale Beratungs,- Entlastungs- und Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige
Beratung und Information zur häuslichen Pflegesituation sowie ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen, Hilfsmittel und deren Finanzierung

Fachstelle Wohnen und Technik

Beratung und Information zu den unterschiedlichen Wohnformen im Alter, Wohnungsanpassung und technischen Unterstützungssystemen

Fachstelle Engagementförderung

Beratung und Vermittlung von engagementbereiten Mitbürger*innen

Anlaufstelle ältere Menschen

Information über Beratungs- und Unterstützungsangebote des Seniorenamtes und anderer Institutionen

Begleitung der ehrenamtlichen
Strukturen

Ehrenamtliche Angebote im Treffpunkt Seniorenbüro

Angebote im Netzwerk Regensburgs nette Nachbarn

Betreuungsstelle

Beratungsaufgaben nach § 4 BtBG zu rechtlicher Vorsorge und rechtlicher Betreuung

Fachstelle Pflege- und Behinderteneinrichtungen Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA)

Beratung von potentiellen Betreibern, Einrichtungsträgern sowie Einrichtungen

Beratung und Unterstützung von Bewohner*innen, Mitgliedern der Bewohnervertretung, von Betreuern, Angehörigen und Interessenten zu allen Belangen des Lebens in einer Einrichtung

 

Das Beratungs- und Unterstützungsangebot des ASD ist trägerneutral und für die Betroffenen kostenlos. Die Leistung entspricht der Freiwilligkeit, d.h. der Betroffene kann diese im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts ablehnen. Der ASD übernimmt keine Rechtsberatung.

Bei Selbst- und Fremdgefährdung werden entsprechende Maßnahmen ergriffen.

Der ASD übernimmt keine rechtliche Betreuung. Leistungen des ASD wirken jedoch im Hinblick auf „andere Hilfen“ des Betreuungsrechts betreuungsvermeidend. Nach § 4 Abs. 2  BtBG sollen im Vorfeld einer rechtlichen Betreuung andere Hilfen geprüft werden, ob sie geeignet sind, eine Betreuung zu vermeiden. Dies entspricht dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Nachrangigkeit einer rechtlichen Betreuung.

 

  1. Zielgruppe

rgerinnen und Bürger, die das 65. Lebensjahr vollendet, ihren Wohnsitz in Regensburg haben und Beratungs- und/oder Unterstützungsbedarf in einer Krisensituation bzw. sonstigen Problemlage benötigen.

Die Bereiche Obdachlosigkeit sowie präventive Wohnungssicherung für Bürgerinnen und Bürger, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, verbleiben beim Amt für Soziales.

 

  1. Ziele des Allgemeinen Sozialdienstes für ältere Menschen

Handlungsleitendes Ziel ist die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Selbständigkeit, um ein möglichst langes Leben in der eigenen Häuslichkeit zu gewährleisten. Dabei ist die Integration in das Lebensumfeld eine wichtige Aufgabe, um eine Isolation der betroffenen Menschen zu verhindern.

Der ASD für ältere Menschen sieht sich dabei als Beratungs- und Steuerungsinstanz für ältere Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Im Sinne des Case-Management soll den Betroffenen die Unterstützung vermittelt werden, die sie zur Überwindung der Krise benötigen. Ziel dabei ist es, die Ressourcen der Klienten, aber auch der Lebensumwelt einzubeziehen. Es werden sowohl die persönlichen Stärken, Fähigkeiten und Potentialen als auch die Bedingungen des Sozialraums einbezogen. Dies bedeutet, dass u.a. familiäre sowie nachbarschaftliche Unterstützungssysteme gefördert und unterstützt werden. Ebenso kann es erforderlich sein, weitere professionelle Leistungsangebote zu vermitteln.

Oberste Maxime sind dabei die Selbstbestimmung und Autonomie der Bürgerinnen und Bürger.

 

  1. Leistungen, Angebote und Aufgaben

Der ASD ist Ansprechpartner für die o.g. Zielgruppe und wird tätig, sobald er von einer Krisensituation oder einem Beratungs- und Unterstützungsbedarf auf Grund komplexer Problemsituationen erfährt. Dies kann erfolgen, indem sich die Betroffenen selbst an den ASD wenden oder Dritte wie z.B. Nachbarn, Vermieter, Ärzte, Polizei etc. eine Mitteilung an den ASD machen.

Grundsätzlich und handlungsleitend ist dabei die Selbstbestimmung der Betroffenen. Die Annahme einer evtl. Unterstützung basiert auf Freiwilligkeit. Nur wenn sich Anhaltspunkte ergeben, dass die Betroffenen nicht mehr in der Lage sind, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst zu klären, wird geprüft inwieweit eine rechtliche Betreuung erforderlich ist. Dies gilt auch bei Selbst- und Fremdgefährdung. Auch hier wird sorgfältig abgewägt, inwieweit weitergehende Schritte erfolgen wie z.B. Einschaltung des Gesundheitsamtes, des Ordnungsamtes etc.

Im Einzelnen ergeben sich folgende Aufgabenbereiche:

5.1.     Einzelfallhilfe

Das Angebot des ASD  ist niedrigschwellig und zugehend im Rahmen von Hausbesuchen. Dies entspricht der Lebenswelt- und Sozialraumorientierung. Dabei hat der ASD u. a. folgende Aufgaben:

Als Anlaufstelle ist der ASD Ansprechpartner und bietet psychosoziale Beratung und Unterstützung in persönlichen Krisen, in besonderen Lebenssituationen und sozialen Notlagen, bei gesundheitlichen Problemen oder bei Problemen im wirtschaftlichen Bereich.

Aufgaben dabei sind u.a.:

  • Analyse der aktuellen Notsituation
  • Abklärung des individuellen Hilfebedarfs
  • Beratung über Leistungen und Hilfsangebote
  • Unterstützung bei Antragstellungen (z. B. Schwerbehindertenausweis, Wohngeld, Rentenversicherung, Kranken- bzw. Pflegekasse, MdK)
  • Vermittlung von Spenden ( Mahlzeitenpatenschaft, Stiftungsmittel, etc.)
  • Auskunft und Beratung und ggfs. Vermittlung von Unterstützungsmöglichkeiten bei personenspezifischen Bedarfen (z.B. Wohnhilfen, Sucht, Erkrankungen, Betreuun-gen, Behinderung, hauswirtschaftliche Versorgung, Pflegebedürftigkeit, Verwahrlosung, etc.) und Kontaktherstellung zu Ämtern etc. zur Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts
  • Unterstützung und Beratung von Angehörigen (insb. zur Selbsthilfe und Einbindung in soziale Netzwerke)
  • Einleitung von erforderlichen Maßnahmen bei Selbst- und Fremdgefährdung
  • Ansprechpartner für andere Institutionen (Polizei, Ärzte, soziales Umfeld, andere städtische Dienststellen oder nichtstädtische Beratungsstellen etc.)
  • Stellungnahmen für Behörden
  • Maßnahmen zur Vermeidung erneuter Problemlagen
  • Maßnahmen zur Sicherung der Existenz

Der ASD ist bei der Vermittlung an andere Institutionen federführend in der Fallbearbeitung und organisiert die notwendigen individuellen und bedarfsgerechten Hilfe- und Unterstützungsleistungen. Aufgabe ist es u.a. die Hilfen zu implementieren, zu koordinieren, zu überwachen und am Ende des Prozesses zu evaluieren.

 

5.2.     Prävention

 

Neben der Einzelfallhilfe, die anlassbezogen ist, ist die Prävention ein weiterer Schwerpunkt des ASD, da die Verhütung von Problemen effektiver und kostengünstiger ist, als deren Behebung. Im Hinblick auf den Verlust der Selbständigkeit im Alter zeigte sich im Rahmen der interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE), dass früh einsetzende mehrdimensionale Beratungsangebote einen verzögernden Einfluss auf den Verlust der Selbstständigkeit haben (Wahl, Schmitt, & Danner, 2008). Die Altersrisiken, bedingt durch Altersarmut, Vereinsamung sowie physischem und psychischen Abbau, können durch früh einsetzende Maßnahmen abgemildert und dadurch die Lebenslagen insbesondere Hochbetagter positiv beeinflusst werden (Wähnke, 2017).

 

 

5.3.     Kooperation und Vernetzung

Eine wichtige Aufgabe des ASD ist es, die Klienten über das differenzierte und teilweise unübersichtliche Netz von Beratungs-, Hilfs-, und Unterstützungsangeboten zu beraten und ggfs. Hilfen zu vermitteln. Das Wissen über die entsprechenden Angebote ist dabei ebenso entscheidend, wie eine enge Zusammenarbeit mit den hilfegewährenden Institutionen, da die Fallverantwortung i.d.R. bei den Mitarbeiter*innen des ASD verbleibt.

Eine enge Kooperation und Zusammenarbeit ergibt sich deshalb u.a. mit folgenden Institutionen:

  • Träger der Wohlfahrtspflege
  • Ambulante, teilstationäre und stationäre Pflegedienste und Einrichtungen
  • Kliniken
  • Haus- und Fachärzte
  • Wohnungsbaugesellschaften
  • Gerontopsychiatrische Dienste
  • Gesundheitsamt
  • Bezirksverwaltung d.Opf.
  • Rentenversicherungsträger
  • Kranken- und Pflegekassen
  • Zentrum Bayern Familie und Soziales
  • Stiftungen
  • Sonstige soziale Dienste und Einrichtungen
  • Justiz
  • Polizei
  • Zusammenarbeit des ASDs mit den neu aufzubauenden Quartierskonzepten und deren Akteuren

 

5.4.     Öffentlichkeitsarbeit

Die Erfahrung zeigt, dass sich nur selten Betroffene von selbst an den ASD wenden. Gründe dafür können neben einer Scham, Hilfe einzuholen auch die Angst vor Eingriffen in die eigene Autonomie sein. Um dieses negative Bild des ASD in der Öffentlichkeit zu korrigieren und aufzuzeigen, dass Betroffene positive Unterstützung bekommen können, ist intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig.

Die Arbeit und das Angebot des ASD kann nur dann wirken, wenn eine breite Öffentlichkeit darüber informiert ist. Die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Veröffentlichung in der Presse, Erstellen von Flyern, Vorträgen etc. ist zwingend erforderlich. Dabei stehen die betroffenen Menschen im Fokus. Wichtig ist jedoch auch, Fachkräfte, Fachinstitutionen und andere Multiplikatoren im Sozialraum zu sensibilisieren und zu informieren. Die bestehenden Kooperationen mit den Akteuren der Seniorenarbeit, wie z.B. Seniorenclubs, Kirchengemeinden etc. können dabei genutzt werden. Damit soll erreicht werden, dass im Sinne einer sorgenden Gemeinschaft ältere Menschen über verschiedene Zugangswege erreicht werden und dadurch die vermutlich bestehenden Hemmschwellen abgebaut werden.

 

  1. Personalbedarf

Bei der Berechnung des Personalbedarfs muss berücksichtigt werden, dass die Beratung und Begleitung von Seniorinnen und Senioren durch überwiegend zugehende Hausbesuche zeitaufwändiger ist, die Schaffung einer Vertrauensbasis ebenfalls mehr Zeit bedarf und die unterschiedlichen Problemlagen einer längeren Begleitung bedürfen. Erfahrungen zeigen, dass der hilfesuchende Personenkreis häufig mit multiplen Problemlagen behaftet ist, die sich über den Lebenslauf kumuliert haben. Der Beratungszeitraum erstreckt sich i.d.R. über mehrere Monate.

Speziell bei dieser Zielgruppe ist eine aufsuchende Sozialarbeit wichtig. Dies entspricht der Lebenswelt- und Sozialraumorientierung. Die Menschen leben oft vereinsamt, haben wenig bis keine Außenkontakte und sind häufig deutlich immobiler auf Grund ihres Gesundheitszustandes. Sie stehen Unterstützungsangeboten oft misstrauisch gegenüber obwohl sie sich auf Grund der Einsamkeit und Exklusion in einer Lage befinden, die sie aus eigener Kraft kaum selbst bewältigen können (Böger, Wetzel, & Huxhold, 2017).

Seit dem Bestehen des ASD, angesiedelt beim Sozialamt, stiegen die Fallzahlen jährlich. Zum Stellenplan des Haushalt 2020 wurden von Seniorenamt bereits vorsorglich 2 Vollzeitstellen für sozialpädagogische Fachkräfte beantragt.


 

Literatur

Amrhein, L., Heusinger, J., Ottovay, K., & Wolter, B. (2015). Die Hochaltrigen - Expertise zur Lebenslage von Menschen im Alter über 80 Jahren.ln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Backes, G. (2008). Potenziale des Alter(n)s - Perspektiven des homo vitae Longae? In A. Amann, & F. Kolland, Das erzwungene Paradies des Alters (S. 63-108). Wiesbaden: Springer.

BMFSFJ. (2016). Siebter Altenbericht. Sorge und Mitverantwortung in der Kommune - Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften. Berlin.

ger, A., Wetzel, M., & Huxhold, O. (2017). Allein unter vielen oder zusammen ausgeschlossen: Einsamkeit und wahrgenommene soziale Exklusion in der zweiten Lebenshälfte. In K. Mahne, J. Wolff, J. Simonson, & C. Tesch-Römer, Altern im Wandel - Zwei Jahrzehnte Deutscher Alterssurvey (DEAS) (S. 273-285). Wiesbaden: Springer VS.

Brussig, M., & Zink, L. (2018). Erwerbsverlaufsmuster von Frauen und Männern mit Niedrigrenten.sseldorf: Hans-Böckler-Stiftung.

Deutscher Verein. (2006). Empfehlungen zur Gestaltung der sozialen Infrastruktur in den Kommunen mit einer älter werdenden Bevölkerung. Berlin.

Dill, H., Gmür, W., & Kandler, J. (2014). Abschlussbericht zum Modellprojekt "Präventive Hausbesuche für ältere Münchnerinnen und Münchner.nchen: IPP München.

cher, R., & Sommer, M. (2017). Generali Altersstudie 2017. Wie ältere Menschen in Deutschland denken und leben. Berlin: Springer.

Kricheldorf, C., & Tesch-Römer, C. (04 2013). Altern und soziale Ungleichheit. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, S. 304-305.

Oswald, F., & Konopik, M. (2015). Bedeutung von außerhäuslichen Aktivitäten, Nachbarschaft und Stadtteilidentifikation für das Wohlbefinden im Alter. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 401-407.

Oswald, W. (2000). Sind Alter und Altern meßbar? Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, S. 8-14.

tzsch, O., & Rößger, F. (2015). Bevölkerung Deutschlands bis 2060. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.

Textor, M. (1994). Allgemeiner Sozialdienst. Ein Handbuch für soziale Berufe. Beltz.

Wahl, H., & Diegelmann, M. (2015). Perspektiven der psychologischen Alternsforschung. Der Urologe, S. 1731-1738.

Wahl, H.-W., Schmitt, M., & Danner, D. (2008). Verlust von Selbständigkeit im Alltag: Rolle von kognitiver Leistungsfähigkeit, Neurotizismus und Kontrollüberzeugungen. In M. Schmitt, & H.-W. Wahl, Interdisziplinäre Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) (S. 80-89). Berlin: bmfsfj.

hnke, W. (2017). Altersarmut - Welche kommunalen Handlungsoptionen gibt es? Der Bayerische Bürgermeister, 333-335.

 


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

1. Vom Bericht der Verwaltung wird Kenntnis genommen.

2. Der Allgemeinen Sozialdienst für Regensburger Bürgerinnen und Bürger ab dem vollendeten 65. Lebensjahr wird beim Seniorenamt der Stadt Regensburg implementiert. Dies erfolgt im Rahmen der Vorgaben des Berichts, vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und vorbehaltlich der dafür notwendigen Stellenschaffungen.