Sachverhalt:
Im Rahmen des Sofortprogramms Saubere Luft der Bundesregierung wurde ein Maßnahmenpaket aufgezeigt, das maßgeblich zur Reduktion der Stickstoffdioxydbelastung im Stadtgebiet beitragen kann (vgl. VO/18/14867/31). Hierbei wurde vom beauftragten Ingenieurbüro Lohmeyer GmbH & Co. KG u. a. die pilothafte Integration eines autonom fahrenden Bus-Shuttles in den ÖPNV als wirksame Maßnahme empfohlen. Das Umweltamt hat einen entsprechenden Antrag bei der Förderstelle „Projektträger Jülich (PTJ)“ gestellt. Des Weiteren ist die Optimierung der städtischen Mobilitätsinfrastruktur durch Einsatz von elektrisch angetriebenen autonomen Kleinbussen in der Smart City-Strategie der Stadt Regensburg verankert (vgl. VO/19/15388/D3).
Die Beschaffung der Fahrzeuge anhand mittels europaweiter Ausschreibung erfolgt durch die SMO; ebenso wird diese die Fahrzeuge betreiben und warten. Um mit dem Betrieb der Fahrzeuge im November 2020 beginnen zu können, ist eine Vorlaufphase zur Beschaffung und Zulassung der Fahrzeuge sowie zur Erlangung der Genehmigung notwendig. Des Weiteren müssen die in der Pilotphase notwendigen Sicherheitsoperatoren geschult werden und ein Probebetrieb ohne Fahrgäste durchgeführt werden. Die Zeitbedarfe der Phase für die Bestellung, Produktion und Lieferung der Fahrzeuge sowie für die streckenbezogene Zulassung der Fahrzeuge sind nach Rücksprache mit den Fahrzeugherstellern und aus der Erfahrung von anderen Pilotprojekten in Deutschland angenommene Zeiträume (vgl. Zeitplan in Anlage 1). Aus diesen ergibt sich eine Inbetriebnahme im November 2020. Einige organisatorische Schritte sind bereits vorab erfolgt, vgl. Projektsteckbrief in Anlage 1.
Fahrtroute Nach mehrmonatiger Streckenanalyse durch die SMO in Abstimmung mit der Stadt Regensburg und dem TÜV Süd wurde der Gewerbepark als optimaler Standort für den Betrieb ausgewählt. Der Gewerbepark mit seinen über 380 Firmen zeichnet sich durch ca. 16.000 Besucher pro Tag und ca. 6.000 Beschäftigte aus. Neben den im Verkehr üblichen Lastspitzen lässt sich zur Mittagszeit eine weitere Nachfragespitze, v. a. beim nicht motorisierten Individualverkehr feststellen, insbesondere von Gebäuden in denen sich Arbeitsplätze befinden zu den gastronomischen Betrieben. Um eine gewisse Mindestanzahl an Fahrgästen für den Pilotbetrieb zu gewährleisten, soll dementsprechend montags bis freitags im 5-Minuten-Takt zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr die Strecke befahren werden, vgl. Anlage 2. Die Planung und genaue Verortung der Haltestellen entlang der Strecke erfolgt in Absprache mit dem Gewerbepark. Bau, Finanzierung und Instandhaltung der Haltestellen übernimmt der Gewerbepark. Aktuell sind insgesamt 8 Haltestellen in einem Abstand von etwa 200 Metern vorgesehen. Fahrtgeschwindigkeit Die zulässige Höchstgeschwindigkeit der autonomen Fahrzeuge wird in Absprache zwischen Fahrzeughersteller, SMO und dem Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr festgelegt. In vergleichbaren Pilotprojekten in Deutschland verkehren autonome Busse mit einer Geschwindigkeit von 15-25 Km/h. Eine Harmonisierung der allgemein geltenden Höchstgeschwindigkeit für den motorisierten Individualverkehr mit der Geschwindigkeit der autonomen Fahrzeuge wird angestrebt, daher wird eine Reduktion der allgemein geltenden Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h im relevanten Bereich bereits durch das Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr geprüft. Integration in den bestehenden ÖPNV Aufgrund der aktuellen technischen Eigenschaften der Fahrzeuge, insbesondere der niedrigen Geschwindigkeit und der noch fehlenden Kommunikationsmöglichkeit mit Lichtsignalanlagen, konnte kein Pilotbetrieb entwickelt werden, bei dem ein direkter Übergang vom konventionellen ÖPNV in ein autonomes Shuttle an einer bestimmten Haltestelle möglich ist. Ein Umstieg von/auf den klassischen ÖPNV (Linien 5, 36 und 37) ist jedoch durch einen kurzen Fußweg möglich (vgl. Anlage 2). Das Angebot der autonomen Busse wird in die bestehende RVV-App integriert. Über diese werden außerdem Fahrgästen in Echtzeit Informationen über den Standort der Fahrzeuge auf einer Streckenkarte zur Verfügung gestellt werden. Automatisierungsgrad Das hier dargestellte zweijährige Projekt befindet sich analog zu allen anderen ähnlichen Projekten im Bundesgebiet im Automatisierungsgrad 2 „teilautomatisiert“ (vgl. Anlage 3). Ein sich im Fahrzeug befindender Sicherheitsoperator muss jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen können und während des automatisierten Fahrens wachsam sein Umfeld und die anderen Verkehrsteilnehmer beobachten. Aktuell ist es dem Fahrsystem noch nicht möglich, Längs- und Querführung selbstständig zu übernehmen, das bedeutet, dass bei einem festen Hindernis auf der Strecke der Sicherheitsoperator manuell eingreifen und das Fahrzeug von seiner virtuellen Schiene in Längs- und Querrichtung um das Hindernis lenken und es danach wieder auf die virtuelle Schiene setzen muss. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass während der zweijährigen Testphase eine Fortentwicklung in die Stufe 3 „hochautomatisiert“ erfolgt.
Die Pilotphase dient dazu, Erkenntnisgewinne über den Betrieb von autonomen Shuttles zu erhalten, um diese in den nachfolgenden Jahren im ÖPNV einsetzen zu können. Um für einen möglichst störungsfreien und hochqualitativen Betrieb gerüstet zu sein, ist es notwendig, der SMO die Möglichkeit zu bieten, innerhalb der Pilotphase Erkenntnisse, insbesondere über die Interaktion der autonomen Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern, die Fahrgastnachfrage sowie die Möglichkeit der Integration in die Leitstelle der SMO zu erlangen. Gegen Ende der Pilotphase legt die SMO der Stadt einen Bericht vor, auf dessen Grundlage über den weiteren Betrieb entschieden wird; nach Ende des ersten Betriebsjahres der Pilotphase legt die SMO dem Stadtrat einen Zwischenbericht vor. Neben Stadt Regensburg und SMO sollen die beiden Fahrzeuge auch externen Stellen aus Wissenschaft und Wirtschaft die Möglichkeit bieten, den Testbetrieb zu Forschungszwecken zu nutzen. Die Fakultät für Psychologie der Universität Regensburg hat ihr Interesse bekundet, eine genaue Untersuchung der Akzeptanz und Wahrnehmung der Fahrgäste gegenüber dem autonomen Fahren als Feldversuch innerhalb eines Forschungsprojektes durchzuführen. Des Weiteren sollen sich lokale Partner aus der Industrie in das Projekt einbringen können durch Nutzung als Plattform für die Erprobung von z. B. technischen Bauteilen, die an den Fahrzeugen angebracht werden können. Neben den im technischen Bereich während der Pilotphase entstehenden Erfahrungswerten dient die Erprobung des autonomen Fahrbetriebs dazu, das Sofortprogramm saubere Luft umzusetzen und dadurch langfristig eine Senkung der lokalen Lärm- und Stickstoffdioxydemissionen im Verkehr zu erreichen. Des Weiteren dient die Pilotphase als Rüstzeit, damit der angestrebte fahrerlose Betrieb sowie bedarfsgesteuerte Bedienungsformen als Baustein der Smart City-Strategie fungieren können.
Nach Abschluss der Pilotphase besteht die Chance, die Fahrzeuge als vollwertiges Produkt des städtischen ÖPNV zu betreiben, indem diese Fahrzeuge Funktionen erfüllen, die jetzt noch mit klassischen Bussen bewältigt werden, z. B. die Feinerschließung von Wohngebieten („Quartiersbus“). Damit könnten People Mover zur Attraktivierung des ÖPNV beitragen, indem z. B. bestehende Buslinien sich auf Hauptachsen reduzieren und dadurch eine großer Teil der Fahrgäste von Fahrzeitverkürzungen profitiert, da Umweg- und Schleifenfahrten auf den Hauptlinien entfallen. Als Verkehrsmittel zu Bewältigung der „letzten Meile“ könnte der People Mover dienen. Sollte nach Ende der Pilotphase ein Betrieb im on demand-Modus bereits möglich sein, könnten bereits bestehende Bedarfsgesteuerte Verkehre auf die Betriebsform mit People Mover umgestellt werden sowie neue Bedarfsgesteuerte Verkehre geschaffen werden. Diese wären im Vergleich zur jetzigen Bedienform mit Taxen deutlich attraktiver, weil die Vorbestellung durch den Entfall des dispositionsbedingten Vorlaufs nicht mehr ca. eine Stunde vor Abfahrt erfolgen müsste. Die beschriebenen potentiellen Attraktivitätssteigerungen für die Fahrgäste bringen zusätzlich betriebswirtschaftliche Vorteile mit sich, da die Betriebskosten pro eingesetztem Kilometer im autonomen Betrieb niedriger sind als im klassischen ÖPNV, da die Kostenkomponente Fahrpersonal entfällt. Der im ÖPNV besonders schwer wiegende Fachkräftemangel kann dadurch abgeschwächt werden. Sollte sich bei Beendigung der Pilotphase herausstellen, dass sich in Regensburg keine sinnvollen Einsatzmöglichkeiten bieten, können die Fahrzeuge zum Restwert veräußert werden.
Für die beiden Fahrzeuge sind insgesamt Investitionen bei der SMO in Höhe von 500.000 € veranschlagt. Diese werden auf 6 Jahre degressiv abgeschrieben, sodass sich voraussichtlich nachfolgende Kosten für das gesamte Projekt ergeben:
Zusammensetzung:
Fahrzeug inkl. Förderung
pro Jahr- 40.000 €
Um die Ausgleichsfähigkeit der entstehenden Betriebskosten nach EU-VO 1370/2007 zu gewährleisten, integriert die Stadt Regensburg die Betriebsleistung der autonomen Fahrzeuge in den am 1.12.2019 an die SMO erteilten öffentlichen Dienstleistungsauftrag. Die dort definierte gemeinwirtschaftliche Verpflichtung wird um die Betriebsleistung der autonomen Fahrzeuge ergänzt. Da derzeit aufgrund der fehlenden Erfahrungen keine präzisen Sollkostensätze für den Betrieb mit autonomen Fahrzeugen kalkulierbar sind, erfolgt Ausgleich in Höhe der gesondert nachzuweisenden tatsächlichen Kosten. Diese sind in der Trennungsrechnung entsprechend von den sonstigen in die Sparte strategische ÖPNV-Planung fallenden Kosten, z. B. Stadtbahn, zu trennen.
Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen empfiehlt: Der Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen empfiehlt: Der Stadtrat beschließt:
Anlagen:
Anlage 1: Projektsteckbrief Anlage 2: Fahr- und Fußwege Anlage 3: Automatisierungsgrade des autom. Fahrens
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