Vorlage - VO/19/16293/51  

 
 
Betreff: Einrichtung einer Regionalen Koordinierungsstelle zur Verhandlung von Entgelten mit Trägern der freien Jugendhilfe bei Inanspruchnahme ambulanter Jugendhilfeleistungen (ReKo ambulant) mit Geschäftsstelle bei der Stadt Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Federführend:Amt für Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Vorberatung
12.02.2020 
Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses geändert beschlossen   
Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen Vorberatung
13.02.2020 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen geändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
20.02.2020 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg geändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

  1. Aktuelle Situation

 

In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vom 09. Mai 2019 wurde beschlossen, dass die Verwaltung alternativ zu den bisher gültigen Honoraren der ambulanten Jugendhilfe durch freie Träger eine individuelle Vereinbarung mit den Trägern der freien Jugendhilfe schließen kann. Dies ist zwischenzeitlich auch durch Anwendung einer Übergangslösung, die im Jugendhilfeausschuss beschlossen wurde, mit verschiedenen Anbietern erfolgt. In der Sitzungsvorlage wurde damals bereits darüber informiert, dass das Amt für Jugend und Familie der Stadt Regensburg zur Vereinheitlichung der Sätze in der Region eine überregionale Zusammenarbeit der öffentlichen Jugendhilfeträger, ähnlich der Regionalen Kommission Kinder- und Jugendhilfe Ostbayern (ReKo), zur Neugestaltung der geltenden pauschalen Entgeltvereinbarungen anstrebt. Die soll der dauerhaften Sicherung von angestrebten Qualitätsstandards in der ambulanten Jugendhilfe und gerade auch im Hinblick auf die Personalsituation bei den freien Trägern, welche gut qualifizierte Mitarbeiter nur dann an sich binden können, wenn ihre Personal- und Sachkosten durch das bezahlte Entgelt gedeckt werden, dienen. Da inzwischen einige freie Träger, die ambulante Jugendhilfen anbieten, in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind, ist hier dringender Handlungsbedarf gegeben, der im Zusammenwirken mehrerer Jugendämter in der südlichen Oberpfalz nun erfüllt wird.

 

  1. Zweckvereinbarung zur Übertragung von Aufgaben an die Stadt Regensburg (hier: Verhandlung von Entgelten und Abschluss von einheitlichen Vereinbarungen mit Anbietern von ambulanten Jugendhilfen) Anlage 1 (Entwurf)

 

Da zahlreiche Anbieter von ambulanten Leistungen, Hilfen und Diensten gem. §§ 13, 16, 18, 20, 27 Abs. 2, 30, 31, 35a Abs. 2 Nr. 1 und § 41 i. V. m. §§ 13, 16, 18, 20, 27 Abs. 2, 30, 31, 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nicht nur in der Stadt Regensburg tätig sind, sondern teilweise auch Zweigstellen in anderen Landkreisen und Städten unterhalten und es aus oben genannten Gründen sinnvoll ist, ein einheitliches Honorar zu verhandeln, haben sich die Landkreise Amberg-Sulzbach, Cham, Neumarkt i. d. OPf, Regensburg, Schwandorf und die Stadt Regensburg in fachlicher Anlehnung an die Regionale Kommission Kinder- und Jugendhilfe Ostbayern für den stationären und teilstationären Bereich (ReKo Ostbayern) darauf verständigt, der Stadt Regensburg im Rahmen einer Zweckvereinbarung die Aufgabe zu übertragen, mit diesen Anbietern Entgelte für die Inanspruchnahme ihrer ambulanten Leistungen auszuhandeln und hierüber Vereinbarungen gem. § 77 SGB VIII zu schließen, die auch für die an der Koordinierungsstelle beteiligten Landkreise verbindlich sind.

 

Hierzu soll bei der Stadt eine Geschäftsstelle eingerichtet werden, deren Betrieb durch alle beteiligten Partner refinanziert werden soll. Im Entwurf der Zweckvereinbarung ist vorgesehen, die Finanzierung über einen jährlich zu errechnenden Faktor zu sichern. Dieser Faktor soll durch die Division der Personal- und Sachkosten der Geschäftsstelle (Dividend) und dem Gesamtvolumen der erbrachten Fachleistungsstunden eines Haushaltsjahres im Gültigkeitsgebiet aller der Zweckvereinbarung beigetretenen Kommunen (Divisor) bestimmt werden.

Zur Berechnung des jeweiligen Refinanzierungsbeitrags soll dieser Faktor dann mit der Gesamtzahl der vom einzelnen Vereinbarungspartner im Haushaltsjahr in seinem Zuständigkeitsbereich angefallenen Fachleistungsstunden multipliziert werden.

 

Im Entwurf der Zweckvereinbarung ist ferner vorgesehen, dass die Stadt Regensburg nach dem Aushandeln der Entgelte auch mit dem Anbieter eine Vereinbarung gem. § 77 SGB VIII schließt, deren Gültigkeit sich auch auf die an der Zweckvereinbarung beteiligten Landkreise erstreckt. Die Vereinbarung mit den Anbietern wurde im Vorfeld mit den o. g. Landkreisen diskutiert und entworfen (Anlage 2). Sie wird unter Punkt 4 näher erläutert.

 

  1. Berechnungsmodell und Kriterien für die Ausgestaltung der Hilfen

 

Es ist angedacht, ein allgemein gültiges Berechnungsmodell einzuführen, mit dem auf der Grundlage der konkreten betrieblichen Kosten des Trägers die Höhe des Entgelts für eine Fachleistungsstunde, welche dieser Träger zur Deckung der Kosten der Leistungserbringung benötigt, individuell ermittelt werden kann. Hierbei wird das Modell der Landesarbeitsgemeinschaft Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege in NRW [1]herangezogen, welches wiederum auf dem AFET-Modell der Fachleistungsstunden für die ambulanten Erziehungshilfen[2] beruht.

 

Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfen dient der individuelle Hilfeplan nach § 36 SGB VIII, der Feststellungen über den Bedarf, die Art der zu gewährenden Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält. Aus ihm müssen sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Merkmale der Leistungen hervorgehen. Er ist demnach auch Grundlage für die Bemessung der notwendigen Anzahl von Fachleistungsstunden. Zu den Kostenbestandteilen der Fachleistungsstunde gehören Personal- und Sachkosten. Fahrtkosten sind nicht in der Fachleistungsstunde berücksichtigt und werden separat abgerechnet. Der Stundensatz ist das Ergebnis der Division der Gesamtkosten durch die verfügbare Nettojahresarbeitszeit der Fachkräfte[3].

 

 

  1. Vereinbarung mit den Anbietern auf der Grundlage von § 77 SGB VIII - Anlage 2
    (Entwurf)

 

Soweit der Anbieter für die Erbringung von ambulanten Jugendhilfeleistungen die Ermittlung des Fachleistungsstundensatzes nach dem o.g. Berechnungsmodell wünscht, wird dies in einer neu abzuschließenden Vereinbarung (Entwurf siehe Anlage 3) festgehalten. Diese beinhaltet u. a. Vorgaben zur Qualität der Leistungen, definiert die einzelnen Hilfearten, die angeboten werden und für die ein Entgelt verhandelt wird, und regelt die Zusammenarbeit, die Berechnungsmodalitäten, die Vergütung, den Personaleinsatz, Vereinbarungen zum Schutz des Kindeswohls sowie Regelungen zum Datenschutz und entspricht im Wesentlichen den bisher von der Stadt Regensburg mit Honorarkräften bzw. freien Trägern der Jugendhilfe geschlossenen Vereinbarungen. Die Qualitätskriterien sollen von der Geschäftsstelle festgelegt werden und orientieren sich an den von der Landesarbeitsgemeinschaft Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege in NRW (LWL) herausgegebenen Empfehlungen für Jugendämter und freie Träger.

Die Anwendung des neuen Berechnungsmodells soll verbindlich bis zur Kündigung der Vereinbarung oder Änderung des Berechnungsmodells festgelegt werden. Dabei wird der individuelle Fachleistungsstundensatz ermittelt. Dieser behält Gültigkeit, bis der Träger ein neues Angebot vorlegt; mindestens jedoch ein Jahr ab Vereinbarung. Vom Mindestvereinbarungszeitraum kann abgewichen werden, wenn beim Leistungserbringer wesentliche strukturelle Änderungen eintreten.

 

 

5. Mehrkosten durch die Neugestaltung der Entgeltvereinbarung für Leistungen der ambulanten Jugendhilfe

 

Grundlage der Maßnahmekosten für ambulante Jugendhilfeleistungen ist die Anzahl der im Einzelfall notwendigen Fachleistungsstunden je Fall und das vereinbarte Entgelt pro Fachleistungsstunde.

 

Im Haushaltsjahr 2018 betrugen die Kosten für Leistungen, die durch ambulante Träger erbracht wurden, 4.618.799,18 €.

Durch die oben dargestellte neue Vorgehensweise bei der Berechnung von Fachleistungsstunden der Leistungserbringer wird mit einer Ausgabensteigerung von rund 20 % gerechnet. Dies führt schätzungsweise zu einer Kostensteigerung um 923.759,84 €.


 


[1] https://www.lwl-landesjugendamt.de/de/erzhilf/Familie/aushandlung-ambulanter-erziehungshilfen/

[2] AFET (Allgemeine Fürsorge-Erziehungs-Tag, Bundesverband für Erziehungshilfe e.V.) Modell der Fachleistungsstunden für ambulante Erziehungshilfen“(AFET-Arbeitshilfe 1/2012),  https://afet-ev.de/

[3] vgl. „AFET-Modell der Fachleistungsstunden für die ambulanten Erziehungshilfen“, AFET-Arbeitshilfe 1/2012 und „Aushandlung ambulanter Erziehungshilfen, Empfehlungen für Jugendämter und freie Träger“ der Landesarbeitsgemeinschaft Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege in NRW, dem Landesjugendamt des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe und dem LVR-Landesjugendamt Rheinland, Februar 2017


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

  1. Die Stadt Regensburg schließt mit den Landkreisen Amberg-Sulzbach, Cham, Neumarkt i. d. OPf, Regensburg und Schwandorf sowie künftig ggf. mit weiteren an einer Zusammenarbeit interessierten Landkreisen und Städten eine Zweckvereinbarung, die die Stadt Regensburg ermächtigt, Entgelte mit Anbietern von ambulanten Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe auszuhandeln und hierüber Vereinbarungen gem. § 77 SGB VIII mit diesen zu schließen.

 

  1. Die Stadt Regensburg richtet hierzu eine Geschäftsstelle zur Erledigung dieser Aufgaben ein.

 

  1. Die Verwaltung wird ermächtigt, Qualitätskriterien festzulegen, Entgelte für die Fachleistungsstunden der Anbieter zu berechnen und Vereinbarungen gem. § 77 SGB VIII mit den Anbietern zu schließen sowie nötigenfalls Nachbesserungen an den Vereinbarungen oder dem Berechnungsmodell vorzunehmen.

 

 


Anlagen:

 

-          Zweckvereinbarung

-          Vereinbarung Geschäftsstelle Träger

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Zweckvereinbarung (327 KB)    
Anlage 2 2 Vereinbarung Geschäftsstelle - Träger (374 KB)