Vorlage - VO/20/16389/41  

Sachverhalt:

1.Ausgangslage

Das Konzept der Jahresthemen ist seit dem Jahr 2000 zentraler Bestandteil der Kulturarbeit der Stadt Regensburg. Kulturakteure aller Sparten sowie Einrichtungen und Institutionen sind eingeladen, das ausgerufene Thema mit Leben zu füllen. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl von interessanten und genreübergreifenden Veranstaltungen anzubieten. Der Umfang und die Zahl der Veranstaltungen richteten sich in den ersten Jahren jeweils nach den finanziellen und personellen Ressourcen des Kulturreferats.

Das Programm wurde fast ausschließlich vom Kulturreferat organisiert und durchgeführt. In der Regel handelte es sich um eine Vortragsreihe und ein bis zwei Konzerte, zum Teil haben Ausstellungen stattgefunden.

Im Jahr 2015 wurden zum ersten Mal gezielt mehrere Kulturakteure in das Jahresthema 2015 eingebunden, die ein abwechslungsreiches Programm mit Pilsen- bzw. Tschechien-Bezug in Regensburg angeboten haben.

2.Jahresthemen mit mehr Gegenwartsbezug seit 2016

Mit Beginn im Jahr 2016 wurde die Konzeption der kulturellen Jahresthemen auf eine neue Basis gestellt. Jeweils ausgehend von einem historischen Anlass-Thema wird die Stadt dabei vor allem auch in den zeitgenössisch künstlerischen Blick genommen. Zudem werden die Jahresthemen nun langfristiger konzipiert und an die städtische Kulturszene kommuniziert. Die Kulturakteure werden im Vorjahr zu einer Ideenwerkstatt zum Thema eingeladen, um rechtzeitig die Möglichkeit zu erhalten, sich mit Projekten zu beteiligen.

Die Umsetzung der neuen Strategie hat sich gleich im ersten Jahr mit einem umfassenden Programm zum Thema „Stadtgestaltung“ als erfolgreich bewiesen. Mit vielen beteiligten Partnern und unter Einbindung der lokalen Kulturakteure und Kulturgestalter werden seitdem für kulturelle Jahresthemen Formate und Veranstaltungen entwickelt und umgesetzt.

Ziel ist es, sich mit den hiesigen Kooperationspartnern an die kreative, kontroverse, sachliche oder auch außergewöhnliche Aufarbeitung eines Themas zu wagen, um ein breit bespieltes und facettenreiches Programm aus Tanz, Theater und Musik, Vorträgen und Symposien, Führungen, Ausstellungen und vielen weiteren Formaten und spartenübergreifenden Angeboten entstehen zu lassen. Immer mehr Kulturakteure und Institutionen konnten in den letzten fünf Jahren als Mitdenker, Mitveranstalter und Projektautoren gewonnen werden.

Übersicht der Jahresthemen 2016 bis 2019 mit historischen Anlässen:

2016: „Stadtgestaltung“, historischer Anlass: 800 Jahre Dominikanerorden

2017: „Stadt und Glaube“, historischer Anlass: 500 Jahre Reformation

2018: „Stadt – Land – Fluss“, historischer Anlass: 200 Jahre Bayerische Verfassung und 100 Jahre Freistaat Bayern

2019: „Stadt und Gesellschaft“, historischer Anlass: 500 Jahre Vertreibung der Juden aus Regensburg

Im Jahr 2020 wird die Reihe, die sich mit Urbanität auseinandersetzt und das Thema „Stadt“ im Mittelpunkt hat, mit einem fünften Thema abgeschlossen. Das Kulturreferat hat sich für das Thema „Provinz – Stadt – Metropole“ entschieden.

3.Die Jahresthemen 2021 bis 2023

Für die nächsten Jahre plant das Kulturreferat ein Paket mit drei Themen zu schnüren, damit die Kooperationspartner langfristig planen können. Das Kulturreferat hat sich für Themen entschieden, die voneinander unabhängig sind, trotzdem aber eine Trilogie mit einer Klammer bilden. Die Themen sind abstrakt und haben keinen historischen Anlass. Das Kulturreferat verspricht sich davon, dass die kulturellen Jahresthemen dadurch noch offener und inspirierender werden und dass die künstlerische Auseinandersetzung damit noch kreativer und spannender wird.

Das Kulturreferat plant folgende kulturelle Jahresthemen für die nächsten drei Jahre:

2021 - Nahsicht

2022 - Zwischentöne

2023 - Höhenflug

4. Die Jahresthemen 2021 bis 2023 im Einzelnen

2021 - Nahsicht

Bei dem Thema „Nahsicht“ kann es darum gehen, sich etwas ganz genau anzuschauen und auf die Details zu achten. Dies kann auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Bereichen geschehen, zum Beispiel in der Fotografie oder im Film (Strukturen, Pflanzen und Tiere, Gesichter von Menschen usw.), in den Bereichen Architektur (Bauten, Straßenpflaster, Muster an Fassaden), Bildende Kunst (Details in Gemälden und Kunstwerken), Physik (die kleinsten Teilchen und Elemente, Nano-Strukturen) und vieles mehr.

In der heutigen schnelllebigen Zeit kann man es als einen gewissen Luxus auffassen, wenn man sich die Zeit nimmt, um sich mit einem Thema oder einer Sache intensiv und im Detail zu beschäftigen und es aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Gegenstand der Beschäftigung kann auch eine Art „Mikrokosmos“ sein, zum Beispiel eine Familie, ein Stadtteil, die Natur. „Nahsicht“ kann aber gleichzeitig auch bedeuten, dass etwas vor unseren Augen verschwimmt, denn wer zu nah dran ist, sieht das große Ganze nicht. Ebenfalls kann der Schwerpunkt beim Gegenteil von „Nahsicht“, also bei Fern- bzw. Weitblick liegen. Das Kepler-Jubiläum (450. Geburtstag von Johannes Kepler) wird ebenfalls in das Jahresthema einbezogen.

2022 - Zwischentöne

Bei dem Begriff „Zwischentöne“ denken viele wahrscheinlich zuerst an die bildende Kunst (verschiedene Farbtöne und Nuancen, Graustufen). Man findet sie jedoch in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel in der Musik, Literatur oder im Film. Der Begriff „Zwischentöne“ spricht hierbei auch das schwer Fassbare an; etwas, was kaum zu kategorisieren ist und sich vielleicht auch von seiner originären Zuständigkeit loslöst. Zudem spricht das Thema der „Zwischentöne“ die Gefühlsebene an, was ein wichtiger Teil unserer zwischenmenschlichen Kommunikation ist. Zwischentöne prägen die Art und Weise, wie wir uns mitteilen, sie sind die Grauschattierungen unserer Kommunikation. Sie sind oft unerlässlich, stellen aber manchmal auch eine Herausforderung dar, denn wenn man sie nicht richtig entschlüsselt oder interpretiert, können schnell Missverständnisse entstehen. Dies gilt sowohl für die zwischenmenschliche Kommunikation, die direkt abläuft, als auch zum Beispiel für Übersetzer und Dolmetscher – nicht umsonst gilt Übersetzen von literarischen Werken als eine große Kunstform. Auf der sprachlichen Ebene bedienen sich auch Ironie und Humor den verschiedensten Nuancen, ein weiterer Bereich sind verschiedene Dialekte, Akzente und sprachliche Feinheiten. Zwischentöne muss man oft zwischen den Zeilen hören oder herauslesen, manchmal werden sie – bewusst oder unbewusst – nicht gehört. Sie können ebenfalls spartenübergreifend und interdisziplinär verstanden werden.

2023 - Höhenflug

Mit dem Begriff „Höhenflug“ verbinden viele etwas Visionäres, Utopisches oder Fantastisches. Nach einem Höhenflug kann zwar ein Fall kommen, aber es bedeutet gleichzeitig, dass man mutig ist, sich etwas zutraut und riskiert, neue Wege geht. So haben es schon immer Meister und Genies gemacht, oft gegen einen großen Widerstand, und am Schluss profitierten viele von ihren Erfindungen und Ideen.

„Höhenflug“ hat eine starke emotionale Komponente, man denkt dabei fast automatisch an Extreme und Superlative, vielleicht sogar an etwas Übermenschliches oder Überdimensionales. Und natürlich an den Traum der Menschen vom Fliegen und von der Eroberung des Weltalls. Der Begriff kann aber auch als ein Gemütszustand aufgefasst werden: etwas ausgelassen, ohne Limit und Beschränkungen anzugehen. Das Thema lädt gleichzeitig dazu ein, die Perspektive zu wechseln und einen Blick von oben – aus der Vogelperspektive – zu wagen. Weitere mögliche Fragestellungen könnten zum Beispiel sein: Wer lebt in Regensburg „in der Höhe“, in hohen Gefilden, wie zum Beispiel in den verschiedenen Türmen, die das Stadtbild prägen? Wo ist die Grenze zwischen „Höhenflug“ und „Größenwahnsinn“?

Der Kulturausschuss beschließt, die im Sachverhalt dargestellten Jahresthemen 2021 bis 2023 umzusetzen.