Vorlage - VO/20/16580/85  

 
 
Betreff: Ansiedlungsbericht 2018/2019

Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent Prof. Dr. Barfuß
Federführend:Amt für Wirtschaft und Wissenschaft   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft Entscheidung
01.10.2020 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt: 

 

Im zweijährigen Rhythmus berichtet die Verwaltung über die aktuelle Ansiedlungssituation

in Regensburg.

 

Die hohe Nachfrage nach gewerblichen Flächen hat auch im Zeitraum 2018/2019 angehalten und damit den schon seit 2014 erkennbaren Trend fortgeschrieben. Neben der guten konjunkturellen Entwicklung im Berichtszeitraum sind hierfür auch Themen wie die aktuelle Niedrigzinsphase, steigende Mietpreise und die gute Finanzausstattung vieler kleiner und mittlerer Unternehmen als ausschlaggebende Faktoren einzustufen.

 

Nicht zu unterschätzen in ihrer Auswirkung auf die steigende Nachfrage in den letzten beiden Jahren war zugleich aber auch die Tatsache, dass die zunehmende Knappheit an gewerblichen Flächen in Regensburg die Nachfrage nochmals befeuerte. Etliche Firmen, darunter insbesondere solche, bei denen eine Betriebsübergabe an die nächste Generation bevorsteht, befürchteten, dass die Verknappung im Bereich der Erwerbsgrundstücke künftige Entwicklungen erschweren könnte. Zunehmend schwierig wird die Situation auch für diejenigen Betriebe, die z.B. aufgrund von Nutzungsbeschränkungen in Bebauungsplänen dort kein Grundstück erwerben können bzw. denen der private Grundstücksmarkt aufgrund der hohen Preise keine Alternativen bietet. Hierunter fallen z.B. reine Lagernutzungen, reine Abstellflächen für Fahrzeuge, kleinere Handwerksbetriebe etc.

 

Nach wie vor kommt der Großteil der Anfragen von den bereits ansässigen Betrieben, die aufgrund ihrer Geschäfts- und Kundenbeziehungen und der Dynamik gerne am Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Regensburg bleiben und sich hier weiter entwickeln möchten.

 

Flächennachfrage und Ansiedlungsbetreuung

 

In den Jahren 2018/2019 wurden seitens der Wirtschaftsförderung 146 Betriebe (ohne Einzelhandel) betreut, die auf der Suche nach einem gewerblichen Grundstück oder einem Bestandsobjekt waren. 2018 wurden 82 Anfragen verzeichnet, im Jahr 2019 waren es 64 Anfragen. Insgesamt wurden ca. 301.000 m² städtische gewerbliche Flächen nachgefragt, dazu ca. 37.000 m² Büroflächen im Bestand sowie ca. 44.000 m² Hallenfläche im Bestand.

 

Zum Vergleich:

 

2011/2012    90 Anfragen mit ca. 250.000 m² für eine städtische Gewerbefläche

2014/2015  100 Anfragen mit ca. 230.000 m² für eine städtische Gewerbefläche

2016/2017  114 Anfragen mit ca. 265.000 m² für eine städtische Gewerbefläche

 

Das bedeutet gegenüber den Jahren 2011/2012 eine Steigerung um 62 % bei den Anfragen, während das nachgefragte städtische Flächenvolumen in etwa konstant blieb.

 

Eine sektorale Aufschlüsselung der Anfragen ergab folgende Verteilung:

 

Jahr

2016/2017

2018

2019

Dienstleistung

41%

48%

70%

Produktion

16%

11%

8%

Handwerk

13%

21%

4%

Spedition/Lager

12%

8%

16%

Großhandel

10%

10%

2%

Sonstige

8%

2%

0%

 

Der wachsende Dienstleistungsbereich und die damit steigende Nachfrage nach Büroflächen resultieren aus folgenden Entwicklungen:

 

Der Anteil der im Dienstleistungsbereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Arbeitnehmer ist von 74.500 im Jahr 2014 auf 85.653 im Jahr 2018 gestiegen. Das bedeutet eine Zunahme von knapp 15% mit einem entsprechenden Mehrbedarf an Büroflächen. Die Ursachen sind vielfältig:

 

  • Einen großen Anteil daran haben die Zukunftsthemen Digitalisierung und Industrie 4.0 sowie Künstliche Intelligenz, durch die in den Unternehmen neue Arbeitsplätze sowie neue Unternehmen entstehen.

 

  • Mit dem E-Mobilitätscluster z.B. forciert die Stadt Regensburg das Potential der Unternehmen in der Region und der Forschungseinrichtungen im Umfeld Automotive Electronics, bzw. Software Engineering.

 

  • Mit der Digitalen Gründerinitiative Oberpfalz (DGO) wird der Aufbau einer nachhaltigen Gründungskultur im Bereich Digitalisierung in der Oberpfalz vorangetrieben.
  • Die positive Entwicklung resultiert aber auch aus den Anstrengungen der Stadt Regensburg heraus, mit der TechBase als Innovations- und Gründerzentrum technologieorientierten Start-ups Starthilfe durch entsprechende Räumlichkeiten zu gewähren. Hier entstanden in den letzten Jahren rd. 600 Arbeitsplätze.

 

Ein Teil der Mieter der Tech Base, insbesondere die Gründer, hat einen Mietvertrag über eine Laufzeit von 2 Jahren. Nach rund 5 Jahren verlassen die betreffenden Mieter i.d.R. die Tech Base und suchen Flächen auf dem privaten Büroimmobilienmarkt. Derzeit sind in der TechBase knapp 90 Mieter auf ca. 6.000 m² Bürofläche angesiedelt. Bedingt durch das Auslaufen derartiger Mietverträge werden laufend bezahlbare Büroflächen auf dem privaten Grundstücksmarkt nachgefragt.

 

Dabei konzentrieren die Firmen ihre Suche überwiegend auf das nähere räumliche Umfeld des TechCampus, um weiterhin den unmittelbaren Kontakt zur TechBase, aber auch der Universität und der OTH halten zu können.

 

Eine wesentliche Erkenntnis des Jahres 2019 hierzu war, dass Büroflächen mit zusammenhängend 1.000 m² oder mehr am Markt nicht verfügbar waren und entsprechende Nachfragen nicht bedient werden konnten. Größere Büroflächenpotenziale kommen nach derzeitigen Erkenntnissen erst wieder in den Jahren 2021 ff. auf den Markt.

 

Zudem hat sich die steigende Mietpreisentwicklung der letzten Jahre fortgesetzt, so dass mittlerweile für Büroräume (Neubau) mit einer guten Standardausstattung eine Nettokaltmiete von mind. 12,50 €/m² und deutlich höher anzusetzen ist. Vergleichbar mit den Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt hat die Knappheit an Büroflächen dazu beigetragen, dass die Büromieten deutlich gestiegen sind.

 

Veräußerung städtischer Gewerbeflächen

 

2014/2015 wurden an 11 Unternehmen insgesamt rund 60.000 m² städtische Gewerbeflächen veräußert.

 

2016/2017 wurden an 19 Unternehmen insgesamt rund 160.000 m² städtische Gewerbeflächen veräußert.

 

2018/2019 wurden an 8 Unternehmen insgesamt rund 27.000 m² städtische Gewerbefläche veräußert.

 

Das spiegelt zum einen die zunehmende Flächenknappheit, andererseits aber auch den restriktiven und nachhaltigen Umgang mit der knappen Ressource „Gewerbefläche“ wider. Die Schwankungen resultieren aber auch aus den zeitlichen Abläufen. Ansiedlungen werden i.d.R. nicht innerhalb von Jahresfristen abgewickelt.

 

Bei der Vermittlung von Bestandsobjekten hat sich gegenüber dem letzten Berichtszeitraum keine Veränderung ergeben. Mangelnde Passgenauigkeit der Objekte für den Betrieb, notwendige Umbauarbeiten und damit einhergehende Investitionen und die – wie im Bereich Wohnungsmieten –  nach oben gehende Preisspirale machen Bestandsobjekte zur Miete für viele Interessenten unattraktiv und stellen deshalb in den meisten Fällen keine Option dar. Kaufobjekte sind nahezu nicht am Markt, und wenn doch, dann in aller Regel in unattraktiven Preislagen.

 

Flächensituation und Handlungsempfehlungen

 

Nur durch vorausschauende Flächenbevorratung kann die Handlungsfähigkeit der Wirtschaftsförderung auf die Nachfrage aus der Wirtschaft mittel- bis langfristig gesichert werden. Es ist auch der kommunalen Wirtschafts- und Liegenschaftspolitik der letzten 30 Jahre zu verdanken, dass Regensburg im Rahmen einer europaweiten Untersuchung des Manager Magazins von 1.432 Regionen zum Thema „Wer sind die Technologiestandorte innerhalb der EU und wo sollten Tech-Unternehmen in Europa investieren?“ mit einem 14. Platz belohnt wurde. Der Wirtschaftsstandort empfiehlt sich im internationalen Wettbewerb als Top-Standort insbesondere für zukunftsträchtige HighTech-Unternehmen.

 

Um für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung gut aufgestellt zu sein und damit zugleich im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, benötigt die Stadt Regensburg mithin auch mittel- und langfristig bezahlbare Gewerbe- und Büroflächen.

 

Gerade vor diesem Hintergrund wurde im Ergebnis des letzten Berichtes im Jahr 2018 festgehalten, dass aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung eine Fortschreibung des Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes aus dem Jahre 2008 aufzeigen soll, welche gewerblichen Flächen in den letzten Jahren aufgrund anderer Nutzungen weggefallen sind und wo künftig noch gewerbliche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, damit eine wirtschaftliche Entwicklung am Standort auch noch langfristig möglich ist.

 

Das Gewerbeflächenentwicklungskonzept ist mittlerweile fertig gestellt, folgende Handlungsempfehlungen für die Stadt Regensburg wurden im Einklang mit der bisherigen Grundstückspolitik erarbeitet:

 

  • Sicherung, Ausweitung und Aktivierung der gewerblichen Bauflächenkulisse
  • Entwicklung neuer Standorte, damit Regensburg auch künftig ein bedarfsgerechtes Portfolio anbieten kann (z.B. weitere Tech Campus, Gewerbehöfe)
  • Förderung der bestehenden Cluster- und Netzwerkförderung

 

Diese Handlungsempfehlungen haben übergeordnet das Ziel, dass Regensburg künftig quantitativ und qualitativ ausreichende Gewerbeflächen unter Berücksichtigung einer effizienten, sparsamen und nachhaltigen Flächennutzung für ein breites Nutzungs- und Unternehmensspektrum bereitstellen kann.

 

Exkurs:

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die Flächennachfrage ausgewirkt?

 

Mit Beginn der Corona Pandemie Anfang 2020 ist die Nachfrage nach gewerblichen Objekten und Gewerbegrundstücken zunächst fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die meisten Unternehmen haben ihre Aufmerksamkeit in dieser Phase auf die konkreten Auswirkungen der Pandemie auf die jeweilige Branche und damit auf die weitere betriebliche Entwicklung gerichtet. Während viele Betriebe die mittel- und langfristigen Folgen der Pandemie auch heute noch nicht abschließend bewerten können, haben einzelne Branchen von der Pandemie auch profitiert und verzeichnen dementsprechend eine positive Entwicklung. Seit Juni 2020 ist wieder eine jedoch insgesamt verhaltene Nachfrage nach Bestandsobjekten und Grundstücken zu verzeichnen. Dabei werden sowohl Büroflächen als auch Hallenflächen nachgefragt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, bevor hierzu im Rückblick detailliertere Erkenntnisse nachgereicht oder ein Ausblick gewagt werden kann.

 

 


 

Der Ausschuss nimmt vom vorliegenden Bericht der Verwaltung Kenntnis.