Vorlage - VO/20/16924/RV  

 
 
Betreff: Verstetigung des Projekts "Bildungskoordination für Neuzugewanderte"
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Referent für Bildung Dr. Hage
Federführend:Referat für Bildung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Bildung Vorberatung
08.07.2020 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
23.07.2020 
Nichtöffentliche/öffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt: 

 

Im November 2016 wurde im Referat Bildung, Sport und Freizeit die Stelle der Bildungskoordination für Neuzugewanderte – StkZ R5 203 geschaffen. Diese wurde vorerst projektbefristet auf vier Jahre besetzt. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Stelle wird nach Projektlaufzeit im November 2020 nicht mehr weiter finanziert. Eine Fortführung der Arbeit ist jedoch zwingend erforderlich.

Seit 2011 steigt die Anzahl der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger kontinuierlich an, konkret im Vergleich bis zum Jahr 2019 um 79 Prozent. Im Jahr 2019 lebten 27.723 Personen ohne einen deutschen Pass in Regensburg, rund ein Viertel davon waren dabei Schutzsuchende. Durch eine weitere Destabilisierung im Nahen Osten sowie in afrikanischen Ländern, wird hier der Zuzug nicht abreißen. Die meisten Zuwanderer kommen allerdings aus dem osteuropäischen und südosteuropäischen Raum. Durch die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes und die EU-Freizügigkeitsregelung wird die Zuwanderung aus diesen EU-Staaten auch künftig weiter zunehmen. Auf Grund neuer Abkommen zum Anwerben von Fachkräften aus Südamerika und Indien ist auch aus diesen Drittstaaten mit erhöhter Einwanderung zu rechnen.
Über zwei Drittel der Zugewanderten sind im erwerbsfähigen Alter und um deren Bildungsqualifikationen zu verbessen, braucht es:

-         eine Analyse der bestehenden Kenntnisse/des Bildungsstandes

-         individuelle Qualifizierungsmaßnahmen, insbesondere für die Bereiche: Kranken- und Altenpflege, KinderpflegerInnen/ErzieherInnen, Gastronomie, Logistikbranche usw.;

Die aktuellen Gesetzgebungsaktivtäten des Bundes, insbesondere das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, erschließen weitere Aufgaben  für die Bildungskoordination für Neuzugewanderte: Gerade in Branchen mit Fachkräftemangel liegt erhebliches Potenzial, diesen durch Zuwanderung und Integration zu kompensieren. Zur Abmilderung des Fachkräftemangels im Pflegebereich wurden schon seit längeren zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte gesetzt. Laut aktueller Statistik (Mai 2020) der Agentur für Arbeit sind derzeit 12 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Kranken- und Altenpflegebereich aus dem Ausland zugewandert. In den letzten fünf Jahren hat sich die absolute Zahl bundesweit verdoppelt, in Verbindung mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz lässt dies auf eine steigende Arbeitsmigration von Pflegekräften auch in Zukunft schließen. Sprachbarrieren, Nachqualifizierung sowie Berufsanerkennung stellen allerdings weiterhin große Hürden, nicht nur für den potenziellen Arbeit nehmenden, sondern auch für das jeweilige Unternehmen dar. Hier müssen entsprechende Maßnahmen und vor allem flexible, an die Arbeitszeiten angepasste Sprachlernangebote koordiniert und ausgebaut werden. Arbeitsmigration vor allem aus den EU-Mitgliedsstaaten ist zudem mit dem Zuzug von Familienangehörigen verbunden. Hier gilt es also nicht nur die entsprechenden Fachkräfte zu integrieren, sondern auch deren Kinder und Lebenspartner.

Das Migrationspaket der Bundesregierung beinhaltet aber nicht nur Neuerungen hinsichtlich der Fachkräftezuwanderung, sondern auch erhebliche Änderungen hinsichtlich Ausbildung Jugendlicher mit Flucht- und Migrationshintergrund. Hier gilt es besonders im Bereich der beruflichen Bildung frühzeitig zu sensibilisieren, aber vor allem auch bedarfsgerechte Angebote innerhalb des vorhandenen Netzwerkes zu schaffen, die die Jugendlichen vor und während der Ausbildung unterstützen. Die aktuellen Zahlen der Agentur für Arbeit zeigen, dass auch noch während der Coronakrise im Juni 2020 auf einen Bewerber zwei unbesetzte Ausbildungsstellen kommen. Durch neue Ausbildungskonzepte, zusätzliche Unterstützungsangebote und verstärkte Maßnahmen zur beruflichen Bildung könnten mehr Ausbildungsstellen besetzt werden. Wie eine Wirkungsanalyse der Stadt München zur Erschließung ausländischer Qualifikationen zeigt, liegt der Social Return on Investment beim fünffachen der Kosten für Maßnahmen zur Erschließung, entsprechend hätten sich Ausgaben in dem Bereich der Bildungs- und Arbeitsmarktintegration innerhalb kurzer Zeit amortisiert.

Im Hinblick auf den Schwerpunkt Arbeitsmigration und Arbeitsmarktintegration des im Mai gestarteten Projektes „Kommunales Integrationsmanagement“ des Amtes für Integration und Migration, in dessen Begleitgremium die Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte ist, gilt es das vorgeschaltete Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf entsprechend gleichzuziehen. Hier gibt es bereits auf Initiative der Bildungskoordination bestehende Netzwerkstrukturen, die gewinnbringend seit 2016 zusammenarbeiten. Die Synergieeffekte beider Projekte sollten auch über das Ende der Projektlaufzeit genutzt werden.
Der Bereich Bildung wird im Integrationskonzept der Stadt Regensburg einen großen und wichtigen Teilbereich einnehmen. Hier ist die Weiterentwicklung eines bildungsspezifischen Monitorings geplant (Weiterentwicklung Faktencheck Integration, der von der Bildungskoordinatorin erstmals zur Bildungskonferenz 2019 aufgelegt wurde). Dies soll als Arbeitsgrundlage für die Erarbeitung von bedarfsgerechten Maßnahmen im Rahmen des Integrationskonzeptes dienen. Im Bereich Bildung ist es zwingend notwendig, neben stadtinternen auch externe Einflussnehmende an der Entwicklung zu beteiligen. Hier sollten vor allem bestehende Netzwerkstrukturen aus dem Projekt genutzt und vom Referat für Bildung koordiniert werden. Zentrales Ziel wäre  ein „Aktionsplan Bildung und Integration“ mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen und einer Neuauflage alle 5 Jahre.

Es müssen immer wieder neue, spezifische Konzepte der Bildungsberatung und Nachqualifizierung entwickelt und kontinuierlich angepasst werden. Dies ist zentrale kommunale Aufgabe. Die Erfahrung aus der Coronakrise zeigen, dass gerade die Gruppe der Zugewanderten weiter erhebliche Hürden überwinden müssen, um an Bildung teilhaben zu können. Es gilt diese zu identifizieren und Maßnahmen zur Überwindung zu entwickeln und zu koordinieren, nur so kann langfristig die Quote der SGBII-Empfänger mit Flucht- und Migrationshintergrund verringert werden, dies sollte im Interesse der Kommune sein. 

Im Rahmen des Projektes Kommunale Bildungskoordination für Neuzugewanderte wurden hier schon entsprechende Netzwerkstrukturen aufgebaut, die derzeitige Stelleninhaberin steht im ständigen Austausch mit relevanten Entscheidungsträgern. Diese Netzwerkstrukturen müssen weiterhin ausgebaut und nachhaltig koordiniert werden. Dabei gilt es auch, die in dem Bereich bestehende gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis Regensburg weiter fortzuführen. Durch ein systematisiertes Netzwerkmanagement und verstetigter Evaluierung laufender Projekte und Maßnahmen, kann die Reaktionsfähigkeit und Qualität im Bildungsbereich auf Zuwanderungsdynamiken, gesetzlichen Änderungen, gesellschaftlichen Veränderungen erheblich erhöht werden.

Unter Einbeziehung von Experten und relevanten Stakeholdern innerhalb und außerhalb der Verwaltung müssen fortlaufend Konzepte entwickelt, geprüft, angepasst und evaluiert werden. Dabei bedarf es einer kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmenplanung im Bildungsbereich im Kontext Migration, deren Entwicklung, Evaluierung und Umsetzung bei einer kommunalen Koordination verankert sein muss. Die Erstellung von Entscheidungsgrundlagen auf Basis quantitativer und qualitativer Datenerhebung sowie eines nachhaltig gestalteten Beteiligungsprozesses aller relevanter Stellen ist dabei Basis der Arbeit einer Koordinierungsstelle.

Weiter gilt es, einzelne Tätigkeiten und Projekte eigenverantwortlich umzusetzen, dazu gehören zielgruppengerechte Maßnahmen zur Schaffung transparenter Strukturen, strukturierte Informationsweitergabe in Form von Publikationen und Veranstaltungen, kontinuierliches Fördermittelscouting und Wissenstransfer von Fördermöglichkeiten und wissenschaftlichen Erkenntnissen in bestehende Netzwerkstrukturen und darüber hinaus. 

Des Weiteren sollen weitere Zielgruppen im Kontext der Bildungsarbeit, z.B. im Bereich der Inklusion in enger Abstimmung mit bestehenden Stellen innerhalb der Verwaltung, erschlossen werden.

 

Bildung und Integration gehören zu den Kernaufgaben einer Kommune, deshalb ist es unabdingbar, die Stelle für Bildungskoordination für Neuzugewanderte zu verstetigen. Dieser Meinung ist im Übrigen auch die Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Gudrun Brendel-Fischer, die bei der Bildungskonferenz von Stadt und Landkreis Regensburg am 7.11.2019 ihre Haltung, wie wichtig die Weiterführung des Projektes und die Entfristung der Projektstelleninhaber sei, deutlich machte.
Bei der Bayerischen Integrationskonferenz für Kommunen am 19.11.2019 in Nürnberg äußerte Dr. Heike Jung, Ressortleitung beim Bayerischen Staatsministerium des Innern für Sport und Integration, dass eine Verstetigung von befristen Projektstellen sehr wichtig für die Integrationsarbeit einer Kommune ist. Auch sie stellte hier die Bildungskoordinatoren explizit heraus.

 

 

Hinweis:

 

Die Bundesprojektstelle ist mit TVÖD EG 13, 39 Stunden, kw 30.11.2020 ausgewiesen.
Es ist beantragt, die bestehende Stelle R5 203 im Nachtragshaushalt 2020 dauerhaft zu schaffen.

 


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

Die Verstetigung des Projekts  „Bildungskoordination für Neuzugewanderte“.