Vorlage - VO/20/17428/85  

 
 
Betreff: Cross-Innovation als integrierter Ansatz zur Förderung des Innovationsökosystems Regensburg
- Maßnahmenbeschluss -
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Wirtschafts-, Wissenschafts- und Finanzreferent Prof. Dr. Barfuß
Federführend:Amt für Wirtschaft und Wissenschaft   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft Vorberatung
10.12.2020 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
17.12.2020 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt: 

 

Ausgangssituation 

 

Die ökonomischen, gesellschaftlichen und technologischen Rahmenbindungen des Wirtschaftssystems verändern sich derzeit spürbar und in steigendem Tempo. Hoher Innovationsdruck lastet auf dem gesamten Wirtschafts- und Wissenschaftssystem. Parallel hierzu rücken Technologien, deren Herausforderungen, Weiterentwicklung und Optimierung verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher Diskussionen.  Wachstum folgt einer neuen Wirtschaftslogik: das Streben nach (monetärem) Gewinn wird zunehmend mit ökologischen und sozialen Gesichtspunkten verknüpft. Zukünftige Innovationsprozesse müssen demzufolge gesellschaftliche Herausforderungen sowie Impulse einer lebendigen Stadtgemeinschaft verstärkt berücksichtigen. 

Diese Systemtransformationen zeigen sich auch in Regensburg. Das hiesige Wirtschaftssystem befindet sich durch die starke internationale Orientierung, die ungewöhnlich lange Boom-Phase zwischen 2010 und 2019 sowie durch die fortschreitende Digitalisierung in einem spürbaren Wandel. Der Standort Regensburg benötigt neue Lösungsansätze, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit verbunden Lebensqualität am Standort aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen.

Hierfür bieten die oben genannten Veränderungen Chancen: es entstehen Zukunftsmärkte und Möglichkeiten, die quer zu den bisherigen Branchen liegen. Um dieses Potenzial nachhaltig und gewinnbringend zu erschließen, bedarf es einer konzertierten Aktion in Regensburg. 

 

Zielsetzung:

 

Um Projekte in den Themenfeldern Klimawandel, Digitalisierung, Smart-City u.v.m. in Zukunft erfolgreich bearbeiten zu können, sind eine ausgeprägte Innovationskultur und die Fähigkeit der Einbindung von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft im Prozess der Lösungsfindung wichtige Erfolgsvoraussetzungen. Ein Cross-Innovation-Ansatz für Regensburg wurde entwickelt, um diesen Herausforderungen zu begegnen und die Zukunftsmärkte und Möglichkeiten für den Standort auszuloten.

Der Cross-Innovation-Ansatz greift die o.g. Entwicklungen auf: Er fokussiert auf Problemstellungen, die von einzelnen Akteur*innen nicht alleine gelöst werden können und fördert eine inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit von Unternehmen, Hochschulen, Verwaltung und Gesellschaft. Cross-Innovation leistet Akteur*innen Hilfestellung, Prozesse durch eine neue kreative und innovationsförderliche Haltung kritisch zu hinterfragen und Raum für Perspektivwechsel, Querdenken sowie Disruption zu schaffen. Er ermöglicht dadurch das Verlassen klassischer Denksilos, die Entwicklung innovativer Lösungsansätze für fortlaufende gesellschaftliche Herausforderungen und vermittelt neue Impulse für ein gemeinschaftlich initiiertes Wachstum. Durch die Implementierung dieses Ansatzes soll das Ökosystem Regensburg nachhaltig weiterentwickelt werden. Cross-Innovation soll durch Impulse für eine nachhaltige und resiliente Ökonomie dazu beitragen, dass Regensburg weiterhin von der Gesellschaft und Unternehmen als zukunftsorientierter und attraktiver Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort wahrgenommen und positiv begleitet wird. Konkrete Pilotmaßnahmen unterstützen die langfristige Etablierung eines „Cross-Innovation-Mindsets“ im Ökosystem und werden zu sichtbaren Erfolgsbeispielen dieser Haltung. Interessierten Bürger*innen der Stadtgesellschaft werden neue Beteiligungsformen und -möglichkeiten eröffnet.

 

Umsetzungskonzept

 

r die Implementierung des Ansatzes erfordert es zukunftsorientierte Inhalte, eine konkrete räumliche Verortung im Rahmen eines Cross-Innovation-Hubs sowie ein lebendiges und vielfältiges Ökosystem.

Der Cross-Innovation-Ansatz für den Standort Regensburg besteht demnach aus drei Erfolgsfaktoren: Inhalte, Ort und Ökosystem. 

 

1) Inhalte

Bei der positiven Begleitung des Transformationsprozesses am Standort Regensburg leistet der Cross-Innovation-Ansatz einen wichtigen Beitrag: neue Formen kreativer Prozesse werden ermöglicht und Möglichkeitsräume für Innovationen werden eröffnet. Der Ansatz steht dabei insbesondere für die strategische und operative Fähigkeit, neue Verknüpfungen im Netzwerk von Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Gesellschaft in Regensburg zu schaffen. Im Hinblick auf das Ziel, regionale Innovationspotenziale zu erschließen und neue Wertschöpfung zu ermöglichen, entstehen Impulse für gemeinschaftliches Wachstum und Chancen für die nachhaltige Weiterentwicklung des gesamten Innovationsökosystems in Regensburg. Dabei wird der wirtschaftlich und technisch geprägte Innovationsbegriff um soziale, kulturelle und gesellschaftliche Wirkungsfelder erweitert und weitere Akteur*innen in die Standortentwicklung eingebunden. Als Vorreiterin neuer, agiler Arbeitsformen und Bindeglied transdisziplinären Arbeitens spielt die Kultur- und Kreativwirtschaft bei Cross-Innovation eine bedeutende Rolle.

Konkrete inhaltliche Bausteine möglicher Handlungsfelder sind aus heutiger Sicht die branchenübergreifenden Themenbereiche Digitalisierung, Smart City, künstliche Intelligenz, Klimawandel und grüne Technologien. Hierbei ist das Ziel, die bisherigen Clusterstrukturen in diesen Innovationsprozess zu integrieren. Demzufolge soll die Steuerung der Aktivitäten in der Abteilung Wissenschaft, Technologie und Cluster des Amtes für Wirtschaft und Wissenschaft angesiedelt werden. Ein*e „Cross-Innovation-Manager*in“ konzipiert ein entsprechendes Profil des Cross Innovation-Ansatzes für den Standort Regensburg und kuratiert, konzipiert und plant Pilotprojekte und Vernetzungsformate in dem geplanten Cross-Innovation-Hub.  

 

2) Ort

Als Ort zur Vernetzung und zur Generierung von Innovation werden die ehemaligen Büroräumlichkeiten der RTG GmbH im Deggingerhaus (Wahlenstraße 17 | 1. und 2. OG) vorgeschlagen. Die zentrale Lage eignet sich hervorragend für die sichtbare Etablierung eines Cross-Innovation-Hubs in Regensburg. Im EG des Deggingerhauses hat das Clustermanagement Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt Regensburg mit dem Degginger eine erfolgreiche Bühne und einen besonderen, lebendigen Ort für die Regensburger Kreativwirtschaft und Kultur etabliert. Hier treffen sich die Akteur*innen zum Arbeiten, Vernetzen, Präsentieren, Weiterbilden und Experimentieren. In Kombination mit dem gastronomischen Angebot und den hochwertigen Veranstaltungsformaten der HTW GmbH bietet das EG im Degginger Raum zum Verweilen, Austauschen und Genießen sowie unmittelbare, sehr wertvolle Vernetzungsmöglichkeiten mit der breiten Stadtgesellschaft.  Die Räume darüber, im 1. und 2. OG des Deggingerhauses, bieten deshalb optimale Voraussetzungen das Cross-Innovation-Konzept umzusetzen und die aufgeführte Zielsetzung zu erreichen. Für die Cross-Innovation-Manager*in soll auf der Fläche ein Arbeitsplatz mit Besprechungssituation geschaffen werden.

 

3) Ökosystem

Neben der Verortung ist die Schaffung eines lebendigen Ökosystems von hoher Bedeutung. Dazu gehören in erster Linie weiche Faktoren, wie Sichtbarkeit, eine inspirierende Atmosphäre, ein kollaborativer Charakter und ein wirkungsvolles Vernetzungsmanagement mit den weiteren Aktivitäten im Deggingerhaus. Aus diesem Grund wird empfohlen, die ehemaligen Räumlichkeiten der RTG GmbH (1. und 2. OG) als bewirtschaftete Veranstaltungsfläche, als Co-Working- und Co-Creation-Space sowie als Bürofläche für die kurz- und mittelfristige Nutzung durch Unternehmen und Start-Ups aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, sowie angrenzenden und technologieorientierten Branchen zu nutzen. So soll ein belebter Cross-Innovation-Hub in der Regensburger Innenstadt entstehen.

 

Die Vermietung der Räume und Bewirtschaftung dieser Veranstaltungsflächen ist wichtiger Bestandteil des Betriebs und soll nicht durch städtisches Personal erfolgen, sondern im Rahmen einer Verpachtung der Flächen an die HTW GmbH organisiert sein. Die HTW GmbH ist bereits seit 2015 gastronomischer Pächter und Veranstalter im EG des Deggingerhauses und hat sich als zuverlässiger Partner erwiesen. Darüber hinaus ist die HTW GmbH durch zahlreiche (internationale) kultur- und kreativwirtschaftliche sowie clusterrelevante Veranstaltungsformate im Degginger eine wichtige Akteurin und Impulsgeberin der Regensburger Branche. In der Erweiterung der Pacht auf das 1. und 2. OG des Deggingerhauses eröffnet sich das große Potenzial für die Etablierung eines lebendigen Ökosystems mit erfolgreichem Community-Management. Die Fokussierung auf einen Partner (HTW GmbH) stellt die Bewirtschaftbarkeit der Räume und Veranstaltungsflächen sicher. Die Federführung für das Projekt Cross-Innovation liegt bei der Stadtverwaltung (Amt für Wirtschaft und Wissenschaft). Der Rahmen für die Aufgabenteilung mit der HTW GmbH wird im abzuschließenden Pachtvertrag festgelegt.

  

Kosten und Einnahmen 

 

Die Umsetzung ist mit folgenden Aufwänden verbunden:

  • Übernahme der Mietverträge der RTG GmbH durch die Stadt Regensburg. Die Übernahme entlastet entsprechend die Kapitaleinlage bei der RTG GmbH.
  • Übernahme von bestehendem Inventar der RTG GmbH (sofern geeignet)
  • Entscheidung über die Schaffung einer Projektleiterstelle „Cross-Innovation Manager*in“ (EG 13) im Rahmen des Nachtragshaushalts 2021
  • Veranstaltungsfläche und Co-Working-Hub: Notwendige Infrastrukturmaßnahmen (Anpassung der Abluft und Belüftung im EG und OG und Internetanschluss durch R-KOM) ca. 100.000 Euro Investition netto
  • Ausgaben für begleitende Kommunikationsmaßnahmen, Referenten, Moderatoren und Kooperationen (ca. 10.000 Euro netto p.a.)
  • Durch die spezifische Nutzung (z.B. Veranstaltungen) entsteht zusätzlicher Bedarf an Hausmeisterdienstleistung, die nicht durch den Vermieter abgedeckt werden. Es ist geplant diese Hausmeisterdienstleistungen zukünftig durch städtisches Personal abzudecken
  • Einnahmen durch Verpachtung zu marktgerechten Preisen an die HTW GmbH  

 

Die oben genannten Miet- und Mietnebenkosten sind im Entwurf des Haushaltsplans 2021 bzw. im Entwurf des Investitionsprogramms 2020 2024 im UA 7915 enthalten.

Im Übrigen sind die Personal- und Sachkosten, soweit die vorhandenen Haushaltsmittel nicht ausreichen, saldoneutral zu finanzieren.

 

Zusammenfassung 

 

Der vorgeschlagene Cross-Innovation-Ansatz ist ein wichtiger strategischer Beitrag zur Weiterentwicklung der „Regensburger“ Innovationskultur und somit eine wichtige Investition in die Zukunft der Stadt. Dabei sollen alle Teile der Regensburger Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft integriert werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Kultur- und Kreativwirtschaft zu. Sie ist durch ihr kreatives Potential inhaltliche Gestalterin von neuen Möglichkeitsräumen für Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Zugleich bietet Cross-Innovation für alle Wirtschaftsbranchen zusätzliche Chancen auf Kooperationen und weiteres Wachstum.

 

Durch die frei gewordenen Flächen im 1. und 2. OG im Deggingerhaus, bedingt durch den Auszug der RTG GmbH, entsteht die Chance, die Innovationskompetenz Regensburgs im Herzen Regensburgs zu fördern und sichtbar zu machen. Darüber hinaus kann auf diese Weise der verbleibende Gesamtmietzeitraum (10 Jahre) des Deggingerhauses sehr effektiv im Sinne der Innovationsförderung genutzt werden. Die bei der Umsetzung eines Cross-Innovation-Hubs entstehenden Einnahmen aus der Verpachtung an einen externen Partner verringern, wenn auch nur im überschaubarem Ausmaß, die Gesamtkosten bei der Anmietung des Deggingerhauses.

 

Das angestrebte Cross-Innovation Konzept ist eine wichtige Investition in die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Regensburgs, sowohl auf wirtschaftlicher als auch gesellschaftlicher Ebene und zugleich positiver branchenübergreifender und gesamtgesellschaftlicher Impuls für die Post-Corona Zeit.

 


 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

  1. Der Ausschuss nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis und empfiehlt dem Stadtrat im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel die Umsetzung des Cross-Innovation-Ansatzes wie im Sachverhalt dargestellt.
  2. Der Ausschuss empfiehlt die Übernahme der Mietverträge der RTG GmbH im Deggingerhaus durch die Stadt Regensburg zum nächstmöglichen Zeitpunkt und ermächtigt die Verwaltung Teile dieser Flächen, wie im Sachverhalt dargestellt, an die HTW GmbH zu marktgerechten Konditionen zu verpachten.