Vorlage - VO/21/18033/61  

 
 
Betreff: Mobilitätsorganisation für das Gebiet der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen
27.07.2021 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt: 

 

Allgemeines:

 

Für das Gebiet der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne, der ehemaligen Pionierkaserne sowie die angrenzenden Areale wurde 2020 ein städtebaulicher Ideen-Wettbewerb durchgeführt (VO/19/16231/61 vom 17.12.2019). Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Wettbewerb (VO/20/17187/61 vom 27.10.2020) werden der Bebauungsplan Nr. 277 „Ehemalige Prinz-Leopold-Kaserne / Teilfläche-Pionierkaserne“ und weitere Bebauungspläne von privaten Vorhabenträgern im Umfeld entwickelt.

 

 

Abstract:

 

Auf Grund der ehrgeizigen und zukunftsorientierten Bestrebungen der Stadt Regensburg in den Bereichen Verkehr und Klima sollen verstärkt innovative Konzepte und Projekte mit Pilotcharakter realisiert werden. Ziel ist, die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger durch innovative Verkehrslösungen möglichst komfortabel, kostengünstig und klimafreundlich abzuwickeln. Hierbei soll stets die Bürgerschaft – Familien wie Alleinstehende, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie junge und alte Menschen – im Vordergrund der städtebaulichen Planung stehen. Das angedachte innovative Mobilitätskonzept für die ehemalige Prinz-Leopold-Kaserne soll jeder am Verkehr teilnehmenden Person individuell die Möglichkeit eröffnen, die für sie passende Form der Mobilität, im Einklang mit ökologischen und ökonomischen Aspekten, frei wählen zu können.

 

Für das Innovationsquartier, ehemalige Prinz-Leopold-Kaserne, wurde deshalb ein eigenes Mobilitäts- und Parkraumkonzept entwickelt, welches zum Ziel hat, alle Arten und Möglichkeiten von Mobilitätsformen anbieten zu können. Unabhängig von der individuellen Mobilitätswahl wurde der städtebauliche Ansatz eines „Quartiers der kurzen Wege“ verfolgt. Das neue Viertel soll durch eine umfangreiche Radwegeinfrastruktur und große Fußgängerbereiche optimale Bedingungen für den Fuß- und Radverkehr sowie eine gute Nahversorgung bieten. Innovative Mobilitätsangebote (Stellplätze mit Ladeinfrastruktur, ÖPNV, stationsgebundenes Car- Sharing und E-Mobilität) sollen allen Bewohnern von Beginn an zur Verfügung stehen und den Stadtteil optimal anbinden. Für innovative Mobilitätsangebote sind Mobilitätshubs an geeigneten Standorten vorzusehen.

 

 

Die einzelnen Elemente des innovativen Mobilitäts- und Parkraumkonzepts sind im Folgenden dargestellt.

 

 

Mobilitätshubs:

 

Eine der wichtigsten Säulen des Mobilitätskonzepts stellen die öffentlichen Mobilitätshubs dar. Diese bündeln eine Vielzahl an Mobilitätsangeboten innerhalb baulicher Anlagen an verschiedenen Standorten des neuen Quartiers. An diesen Knotenpunkten werden Bewohner-, Kunden- und Besucherstellplätze, Bike- und Car-Sharing-Produkte sowie attraktive Bushaltestellen und Fahrradservicestationen angeboten bzw. vorgesehen. Zur Vervollständigung des Konzepts werden ein Parkleitsystem und E-Ladeinfrastruktur angedacht. Darüber hinaus sollen bauliche Anlagen bezüglich ihrer Fassaden- und Dachkonstruktionen so ausgebildet werden, dass ein Grünflächenkonzept und eine Photovoltaiknutzung ermöglicht werden. Um optimale Synergien in der Bewirtschaftung erzielen zu können, werden die Stellplätze möglichst ganzheitlich bewirtschaftet, Stellplätze werden den jeweiligen Nutzungen nicht direkt zugeordnet.

 

 

Quartiersloop:

 

Der Quartiersloop (Ring- und Zeißstraße) stellt das Rückgrat der verkehrlichen Erschließung des gesamten Viertels dar. Der Verkehrsraum sieht ausreichend Platz für den Fuß- und Radverkehr, straßenbegleitende Grünstreifen und den motorisierten Liefer- und Individualverkehr vor. Entlang des Quartiersloops erfolgt auch die ÖPNV-Erschließung, welche von Beginn an angedient wird. Die Buslinienführung und -taktung im Gebiet wird entsprechend der Baufortschritte regelmäßig überprüft und angepasst. Die Bushaltestellen werden in einem verkehrlich sinnvollen Raster angeordnet und attraktiv ausgestaltet.

 

Des Weiteren wird, entsprechend dem Mobilitätskonzept, im öffentlichen Straßenraum (Zeißstraße, neue Ringstraße) ausreichend Raum zur Verfügung gestellt bzw. vorgesehen, um erforderliche Stellplätze für Menschen mit Behinderung, Carsharing-Stationen, Liefer- und Ladezonen und Fahrzeuge des ÖPNV abzubilden.

 

Die geplante Trasse der Stadtbahn in der Landshuter Straße, die das Gebiet mit mindestens einer Haltestelle erschließen und mit einer hohen Taktung Richtung Zentrum sowie Burgweinting anbinden wird, rundet das Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs ab. Die o. g. Quartiersbuslinie soll optimal mit der Stadtbahn verknüpft sein. Darüber hinaus soll der Ansatz verfolgt werden, den PeopleMover oder ein ähnliches autonomes System im Quartiersloop einzusetzen.

 

Zusätzlich zu den beschriebenen Angeboten, welche in den Mobilitätshubs vorgesehen sind, sind im Nahbereich der zukünftigen Bushaltestellen Flächen frei zu halten, um ggf. Mobilitätsstationen für weitere Mobilitätsprodukte ausbauen zu können.

 

 

Fußgänger-/Radfahrerzone und verkehrsberuhigte Bereiche:

 

Die Fußgänger-/Radfahrerzonen und die verkehrsberuhigten Bereiche, welche zwischen den einzelnen Bauquartieren und dem Quartiersloop vorgesehen sind, bilden einen qualitativ hochwertigen und optisch ansprechenden Lückenschluss. Die Fußgänger-/Radfahrerzonen sollen frei bleiben vom motorisierten Individualverkehr und in den verkehrsberuhigten Bereichen ist nur mit geringem motorisierten Individualverkehr von Bewohnern und Gewerbetreibenden zum Be- und Entladen zu rechnen. Der im gesamten Viertel vorgesehene Verkehrsraum, im speziellen auch die verkehrsberuhigten Bereiche / Fußgänger- und Radfahrerzonen, sind für die Belange der Feuerwehr ausreichend dimensioniert.

 

 

Umsetzung in Bezug auf die Mobilitätsdienstleister, den Wohnungsbau und das Gewerbe:

 

Um ein größtmögliches Angebot an Mobilitätsformen im Gebiet anbieten zu können, ist eine Vielzahl von alternativen Mobilitätsangeboten und Organisationsanpassungen erforderlich. Diese Angebote müssen zudem aufeinander abgestimmt und für die Kunden möglichst einfach nutzbar sein.

 

Für die unterschiedlichen Nutzergruppen des Gebiets – Wohnen, Handel, Gewerbe – werden Vorgaben zur Umsetzung der Mobilitätsorganisation gemacht (siehe Anlagen).

Die Organisation des ruhenden Verkehrs (Parkierung) soll ganzheitlich organisiert werden. Hierzu ist eine enge Abstimmung zwischen den Bauherren der Gebäude und dem Betreiber der Mobilitätshubs erforderlich.

 

Nachfolgend werden die nach derzeitigem Stand wesentlichen Vorgaben für Mobilitätsdienstleister und Bauherren benannt.

 

Es wird empfohlen ein oder mehrere Mobilitätsdienstleister mit den folgenden Leistungen zu beauftragen (Anlage 1):

 

  • Bau und Betrieb der Mobilitätshubs
  • Car- und Bike-Sharing
  • Parkleitsystem für das Quartier
  • Buchung und Bezahlung
  • Zentrale Online-Mobilitätsplattform inklusive Mobilitäts-App
  • Angebote für die Kurzstecke (E-Scooter, Trolly, Handwagen)
  • Paketservicestationen

 

 

Für die Bauherren im Wohnungsbau ist beabsichtigt, im Rahmen einer Konzeptausschreibung folgende Punkte/Vorgaben umzusetzen: (Anlage 2):

 

  • Hochwertige Fahrradabstellanlagen
  • Tiefgaragen und Mobilitätshubs werden bewirtschaftet
  • Teilnahme am quartiersweiten Parkleitsystem
  • Mieterticket für den ÖPNV
  • Neubewohnermarketing (Neubürgerpaket mit Informationen zu den Mobilitätsangeboten im Quartier)

 

 

Für die Bauherren im Gewerbebau sind dazu die folgenden Leistungen vorgesehen

(Anlage 3):

 

  • Kunden- und Besucherstellplätze werden bewirtschaftet
  • Jobticket
  • Hochwertige Fahrradinfrastruktur mit Duschen und Umkleiden
  • Integriertes Parkleitsystem

 

 

Umsetzung des Mobilitätskonzepts:

 

Damit die stark verzahnte Mobilitätsorganisation dauerhaft funktionieren kann, muss gewährleistet sein, dass nachgesteuert werden kann, wenn es zu Änderungen kommt. Da zu erwarten ist, dass sich die Organisation und Mobilitätsprodukte weiterentwickeln und verbessern, ist eine ausreichende Offenheit der Regulierungen erforderlich.

 

Die essentiell notwendigen Mobilitätshubs sollen von einem Dienstleister gebaut, betrieben und zentral vermarktet werden. Idealerweise bietet dieser Dienstleister zusätzlich noch weitere Mobilitätsprodukte an (z. B. maßgeschneiderte Car-Sharing-Tarife für Firmen).

 

Die Umsetzung des Mobilitätskonzepts sollte soweit möglich über Festsetzungen in den Bebauungsplänen bzw. im Rahmen der Baugenehmigungen gewährleistet werden. Daneben finden die Anforderungen des Mobilitätskonzeptes bei städtischen Grundstücken im Rahmen der Grundstücksvergaben Berücksichtigung sowie im Bereich der Bebauungspläne 277 / I und 277 / II im Rahmen städtebaulicher Verträge mit Dritten.

 

Zusätzlich sind die Bauwerber zu verpflichten, ein jeweils auf ihr Vorhaben bezogenes individualisiertes Mobilitätskonzept entsprechend der Stellplatzsatzung der Stadt Regensburg (StS) zu erstellen und zu gewährleisten. Dazu zählen insbesondere die Bereitstellung von bzw. Teilnahme an Car- und Bikesharing-Projekten in Kombination mit den Mobilitätshubs sowie die Errichtung von Abstellplätzen für Lastenfahrräder und Fahrradanhänger.

 

Baurechtlich notwendige Stellplätze - sofern diese nicht weiter reduziert oder/und in Tiefgaragen nachgewiesen werden - und auch die Besucherstellplätze müssen durch Kostenbeteiligung an den Mobilitätshubs im Gebiet und im Rahmen der jeweiligen Mobilitätskonzepte der Einzelvorhaben abgebildet werden Bauwerber sollen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten verpflichtet werden, sich an den Mobilitätshubs zu beteiligen, indem sie über Sharing-Angebote oder Stellplätze in den Mobilitätshubs diejenigen bauordnungsrechtlich notwendigen Stellplätze (rechnerisch) nachweisen, die sie auf dem eigenen Grundstück nicht abbilden können.

 

Ebenerdige Stellplätze werden nur für Liefer- und Ladezonen, Ladeinfrastruktur, Car-Sharing, Behindertenstellplätze und Fahrzeuge des ÖPNV vorgesehen.

 

Um den Anteil des Umweltverbundes erheblich zu erhöhen, wird die Stadt Regensburg den ÖPNV sowie den Rad- und Fußverkehr konsequent fördern. Ihnen soll bei der Planung ein besonderes Gewicht gegeben werden. Deshalb sind ein eigenständiges Fuß- und Radwegenetz mit kurzen Wegen und eine gute Anbindung an den ÖPNV, insbesondere eine mögliche Trasse der Stadtbahn entlang der Landshuter Straße, zu berücksichtigen. Eine möglichst direkte selbständige Radwegeverbindung in der Verlängerung der Alemannenstraße bis zu den Gleisanlagen ist anzustreben. Ein Brückenschlag nach Nordosten über die Gleisanlagen hinweg oder darunter hindurch soll langfristig weiterverfolgt werden. Eine Radwegeanbindung zum Pürkelgut ist wünschenswert und sollte ebenfalls langfristig angedacht werden. Ein übergeordneter Geh- und Radweg entlang der Bahnanlagen im Norden ist im Bereich des BP Nr. 164 (NTB) bereits vorgesehen und soll auch im Planungsgebiet nach Südosten (entlang der Dieselstraße) fortgeführt werden.

 

Stellplätze für Fahrräder und Lastenräder sind nach Satzung möglichst ebenerdig an den Hauseingängen mit einem hohen Qualitätsstandart vorzusehen.

 

Die Fußwegeverbindungen im öffentlichen als auch im privaten Raum des gesamten Quartiers sind nach DIN barrierefrei auszubilden. Alle Haltestellen des ÖPNV und die Wege dorthin sollen barrierefrei sein.

 

 

Stellplatzsatzung:

 

Die Stellplatzsatzung der Stadt Regensburg stellt den rechtlichen bzw. verbindlichen Rahmen dar, welcher zur Festlegung der zu erstellenden baurechtlich notwendigen Stellplätze dient. Der Bedarf kann durch ein innovatives und für das einzelne Bauvorhaben angepasstes Mobilitätskonzept reduziert werden.

 

Abweichend von dieser Satzung dürfen die Stellplätze im Gebiet der Prinz-Leopold-Kaserne auf Grund der geplanten ÖPNV-Anbindung im Bereich der PLK gegenüber der StS allgemein um 20 % reduziert werden, dies ist analog zu § 5 (3) der Stellplatzsatzung zu sehen. Bei gefördertem Wohnungsbau der Einkommensstufen I und II ist eine Reduzierung um 30 % (§ 5 (4) StS) unverändert zusätzlich möglich. Durch Mobilitätskonzepte für die Einzelvorhaben ist eine weitere Reduzierung der Stellplätze möglich (§ 5 (1) StS). Die vorgesehenen Mobilitätshubs sind zentrale Bausteine um den Stellplatzbedarf zu decken.

 

Die Summe aller Reduzierungen (geförderter Wohnungsbau, ÖPNV und Mobilitätskonzepte) ist bis auf max. 50 % der nach StS bauordnungsrechtlich erforderlichen Anzahl (ohne Abzug der Reduzierungen) zulässig.

 

In den Tiefgaragen unter den Gebäuden sollen mindestens ca. 30 % der baurechtlich notwendigen Stellplätze abgebildet werden. Dies ist erforderlich, um Menschen mit kognitiven Einschränkungen ein inklusives Mobilitätsangebot im Haus anbieten zu können, eine Ladeinfrastruktur (smart-grid) im Gebäude realisieren zu können und um auf Änderungen bei den Mobilitätsprodukten durch Umnutzung der Flächen reagieren zu können. Darüber hinaus gehende Stellplätze, welche nicht in den jeweiligen Tiefgaragen abgebildet werden können, sind in den Mobilitätshubs vorzusehen.

 

 

 

 


 

Der Ausschuss beschließt:

 

Die Ausführungen zur Mobilitätsorganisation werden zur Kenntnis genommen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die Umsetzung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel vorzunehmen. Vor Umsetzung sind entsprechende Maßnahmenbeschlüsse in den zuständigen Stadtratsgremien herbeizuführen.

 

 

 


Anlagen:

 

 

Anlage 1: Handlungsvorgaben Mobilitätsdienstleister

Anlage 2: Handlungsvorgaben Wohnungsbau

Anlage 3: Handlungsvorgaben Gewerbe

Anlage 4: Gebietsübersicht (Plan) vom 16.12.2020

Anlage 5: Klimavorbehalt

 

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage1_Handlungsvorgaben_Mobilitätsorganisation (45 KB)    
Anlage 2 2 Anlage2_Handlungsvorgaben_Wohnungsbau (16 KB)    
Anlage 3 3 Anlage3_Handlungsvorgaben_Gewerbe (16 KB)    
Anlage 4 4 Anlage4_Gebietsübersicht (8614 KB)    
Anlage 5 5 Anlage5-Klimavorbehalt (175 KB)