Vorlage - VO/21/18236/61  

 
 
Betreff: Öffentliches Fahrradvermietungssystem in Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Stadtplanungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Vorberatung
19.10.2021 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   
Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen Vorberatung
21.10.2021 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
28.10.2021 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt: 

 

ckblick

 

Der Stadtrat hat am 26.07.2018 (VO/18/14512/61) beschlossen, dass in Regensburg ein öffentliches Fahrradvermietungssystem (kurz: ÖFVS) eingeführt werden soll.

 

Im Herbst 2018 hat die Verwaltung einen Förderantrag im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) gemeinsam mit das Stadtwerk.Regensburg und dem RVV eingereicht. Bestandteile des Förderantrags waren:

 

  • Einführung eines ÖFVS mit 600 Rädern,
  • hierfür Erweiterung der RVV-App um die Funktion Fahrradvermietungssystem,
  • Radweg nach Grünthal,
  • Fußnger-/Radfahrerunterführung des Unterislinger Wegs nördlich der BAB A3 und
  • 500 Fahrradabstellbügel.

 

Im Dezember 2018 fasste der Stadtrat einen Betrauungsbeschluss (VO/18/14895/20), damit das Stadtwerk die zu fordernden Leistungen des ÖFVS ausschreiben konnte.

 

Im Sommer 2019 erhielten dann die Stadt, das Stadtwerk und der RVV die Förderbescheide. Die Zuschüsse für das Fahrradvermietungssystem belaufen sich auf insgesamt 1.203.550 €:

 

  • 870.870 €r die Räder und Pedelecs,
  • 241.150 €r die Stationsstelen und
  • 91.530 €r die RVV-App-Erweiterung.

 

Zusätzlich erhält die Stadt Fördermittel für den Bau des Radwegs nach Grünthal i.H.v. 489.650 €, für die Unterführung an der BAB A3 i.H.v. 297.500 € und für die Radabstellbügel i.H.v 74.480 € in Summe also zusätzlich rund 860.000 €.

 

Aktuelles Angebot

 

Aufgrund von Mängelrügen durch im Verfahren beteiligte Bieter hat sich das Ausschreibungsverfahren wiederholt verzögert. Da der zunächst erstplatzierte Bieter vom Verfahren ausgeschlossen werden musste, wurden Anfang 2021 noch einmal alle weiteren verfahrensbeteiligten Bieter zur erneuten Abgabe eines initialen Angebots aufgefordert. Im Verhandlungsverfahren wurden die Angebote bewertet und nachverhandelt, so dass nach Wertung aller Angebote ein finales Angebot zuschlagsreif vorliegt. Die verlängerte Bindefrist des Bieters r das Angebot endet am 29.10.2021.

 

Das endgültige Angebot des erstplatzierten Bieters erscheint plausibel und annehmbar. Der Bieter betreibt weltweit erfolgreich Fahrradvermietungssysteme und hat darin große Erfahrung.

 

Bei einer Begrenzung der Anzahl der festen Stationen auf ca. 50 würde sich das über die Vertragslaufzeit von 5 Jahren kumulierte Defizit auf rund 5 Mio. € belaufen. Durch die Reduzierung des Pedelec Anteils von 50 auf 33 % könnte das Defizit auf 4,65 Mio. € gesenkt werden. In diesen Summen sind sowohl die Einnahmen aus der Vermietung der Räder als auch die Zuschüsse eingerechnet.

 

 

Gesamtwürdigung

 

Infolge der Krise aufgrund der Anfang 2020 ausgebrochenen Covid-19-Pandemie hat die Stadt Regensburg erhebliche Rückgänge bei den Steuereinnahmen zu verzeichnen. Auf der anderen Seite müssen und sollen in den kommenden Jahren trotzdem Investitionen in wichtigen Sektoren getätigt werden.

 

Im Radverkehr stehen in den nächsten 4 Jahren ebenfalls wichtige Investitionen an:

 

  • Neubau Donaubrücke nach Sinzing
  • Neubau Radweg am Unterislinger Weg bis Scharmassing
  • ckenschluss Leibnizstraße und Rainstallweg bis Neutraubling-Gärtnersiedlung
  • ckenschluss Donaustaufer Straße in Schwabelweis

 

Um eine genehmigungsfähige Haushaltssatzung 2022 mit Finanzplan bis 2025 vorlegen zu können, müssen Einsparungen in allen Bereichen vorgenommen werden. Es wird daher vorgeschlagen, in der Radverkehrsförderung der nächsten Jahre den Fokus auf folgende Punkte zu legen:

 

  • Umsetzung des Hauptradroutennetzes, insbesondere durch die deutliche Ausweitung des Fahrradstraßennetzes mit einer spürbar verbesserten Qualität
  • Ausbau der Radabstellanlagen
  • Beseitigung von punktuellen Defiziten (Verbesserung der Verkehrssicherheit)
  • Öffentlichkeitsarbeit

 

Es werden kurzfristig bereits im Rahmen des React-Programms Maßnahmen ergriffen und mittelfristig soll das Fahrradvermietungssystem weiterverfolgt werden.

 

Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs

 

Um einen Verzicht auf das ÖFVS bei jedoch geringeren finanziellen Folgen teilweise auszugleichen, werden folgende Maßnahmen grundsätzlich vorgeschlagen, die ggf. durch eigene Beschlüsse noch konkretisiert werden müssen:

 

  • Pilotversuch zum Lastenrad-Sharing in 2022/2023

    Mit einem Partner aus der freien Wirtschaft soll ein einfaches Lastenrad-Sharing mit ca. 10 Rädern für zunächst 2 Jahre eingeführt und getestet werden (vsl. Kosten rd. 10 T€/a). Sind die Erfahrungen und die Nachfrage gut, soll das Angebot ausgeweitet werden.
     
  • Beibehaltung „Radverkehrs-Topf mit unverändert 400.000 €/a“

    Die Mittel werden verwendet, um einerseits punktuelle Defizite zu beseitigen und andererseits ab 2022 das Hauptradroutennetz umsetzen zu können.
     
  • Asphaltierung Wege nördlich der BAB A 3 zwischen der Spandauer Straße und der Galgenbergstraße in 2023/2024

    Sofern die Wege nördlich der A 3 im Hauptradroutennetz bestätigt werden, soll die Planung dieser Wege wiederaufgenommen und anschließend umgesetzt werden (vsl. Kosten rd. 400 TE).

    Die erforderlichen Haushaltsmittel für diese Maßnahmen sind im Entwurf des Haushaltsplanes 2022 mit Finanzplanung 2021-2025 sowie im Entwurf des Investitionsprogrammes 2021-2025 berücksichtigt.

 

 

 

Mögliche Folgen eines Verzichts

 

Die bewilligten Fördermittel sind an das konkret beantragte ÖFVS in dem beschlossenen und beantragten Umfang gebunden. Die Projektlaufzeit endet am 30.06.2023. Es ist ausgeschlossen, die ausstehenden Fördermittel für ein anderes Projekt verwenden zu können.

 

Regensburg hat sich im Rahmen der NKI mit einem Gesamtpaket erfolgreich beworben, weil damit vergleichsweise hohe Einsparpotenziale beim Treibhausgasausstoß prognostiziert wurden. Laut Bundesumweltministerium wurde der Antrag als „Leuchtturmprojekt“ eingestuft.

 

Die Stadt und der RVV haben bereits Fördermittel für den Bau des Radwegs nach Grünthal, für die Unterführung des Unterislinger Wegs, für die montierten Radbügel sowie erste Vergaben für die Erweiterung der RVV-App erhalten.

 

Der Fördergeber hat gegenüber der Stadt Regensburg erklärt, im Falle eines Verzichts auf das ÖFVS die Rückzahlung bereits gezahlter Fördermittel (einschl. Zinsen) zu prüfen. Ggf. wären auch Zinsen für bereitgestellte, nicht abgerufene Fördermittel zu erstatten. Angaben über die he möglicher Rückzahlungen sind derzeit nicht möglich. Dies wird durch den Fördergeber erst dann geprüft, wenn der Verzicht offiziell erklärt und begründet wurde.

 

Der Verzicht auf das ÖFVS hat aber auch Auswirkungen auf die Weiterentwicklung der Mobilität in Regensburg allgemein:

 

  • Es wird ein wichtiger Baustein für die geplanten Mobilitätsstationen fehlen.
  • Es ist auch zu prüfen, ob und wie sich der Verzicht auf die Herstellung der erforderlichen Kfz-Stellplätze in der Prinz-Leopold-Kaserne auswirkt.
  • Erhoffte Effekte bezüglich des Umstiegs der Kfz-Einpendler auf den SPNV/ÖPNV durch die Bildung von intermodalen Wegeketten können sich nicht einstellen.

 

Insgesamt wird ein wesentliches Element fehlen, durch das Menschen motiviert werden können, mittel- bis längerfristig auf den Besitz eines eigenen Kfz zu verzichten. Das ÖFVS wurde in verschiedenen Beschlüssen der letzten Jahre als eine Maßnahme aufgeführt, die helfen soll, die Mobilität zu verbessern und das Klima zu schonen.

 

 

Widerruf der Betrauung

 

Von der Realisierung des ÖFVS wird aus den vorgenannten Gründen (s. Kapitel „Gesamtwürdigung“) Abstand genommen. Konsequenterweise ist der Betrauungsakt für das Stadtwerk / die SMO nach Art. 49 BayVwVfG zu widerrufen. Der Betrauungsakt (Bescheid) vom 27.12.2018 stellt im Ergebnis einen begünstigenden Verwaltungsakt für das Stadtwerk / die SMO dar, da ein Eigeninteresse des Stadtwerks / der SMO an der Errichtung und dem Betrieb des ÖFVS zu erkennen bzw. nicht gänzlich auszuschließen ist. Die Stadt hat sich in § 5 Nr. 3 der Betrauung den Widerruf derselben aus wichtigen Gründen ausdrücklich vorbehalten. Der Widerrufsgrund liegt aufgrund der pandemiebedingten Einsparungserfordernisse eindeutig vor.

 

Der Widerruf steht im Ermessen der Stadt. Dieser kann demnach nur dann rechtmäßig erfolgen, wenn das Ermessen im Rahmen des Art. 40 BayVwVfG fehlerfrei ausgeübt wird. Insbesondere darf der Widerruf nicht unverhältnismäßig sein. Ein weniger schwerwiegendes bzw. milderes Mittel als der Widerruf ist vorliegend nicht ersichtlich. Die Erforderlichkeit muss demnach angenommen werden. Auch ist der Widerruf angemessen, da der dauernden Leistungsfähigkeit der Stadt bzw. der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich eines ausgeglichenen Verwaltungshaushaltes ein höheres Gewicht zukommt als der Verwirklichung eines öffentlichen Fahrradvermietungssystems. Das öffentliche Interesse rechtfertigt gerade das Zurückstellen der Interessen der betrauten Parteien.

 

Im weiteren Verfahren ist der Widerruf in Schriftform zu begründen und ordnungsgemäß bekanntzugeben.


 

Der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen empfiehlt,

der Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen empfiehlt,

der Stadtrat beschließt:

 

1. Der Beschluss vom 26.07.2018 (VO/18/14512/61), in Regensburg ein öffentliches Fahrradvermietungssystem einzuführen, wird aufgehoben.
 

2. Der Betrauungsakt der Stadt Regensburg für die „das Stadtwerk Regensburg GmbH“ und die „das Stadtwerk Regensburg Mobilität GmbH“ vom 27.12.2018 für die Errichtung und den Betrieb eines öffentlichen Fahrradvermietungssystems wird mit sofortiger Wirkung widerrufen. Die Verwaltung wird beauftragt, den Widerruf rechtswirksam umzusetzen.

 

3. Die Verwaltung wird beauftragt, die in der Sachverhaltsdarstellung aufgeführten „Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs“ umzusetzen bzw. die notwendigen Mittel im Entwurf des Haushaltsplanes 2022 mit Finanzplanung 2021-2025 sowie im Entwurf des Investitionsprogrammes 2021-2025 vorzusehen.

 


 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 VO-21-18236-61-formular-stufe-3pruefschema-klimavorbehalt (174 KB)