Vorlage - VO/22/18797/41  

 
 
Betreff: Kulturveranstaltungen 2022
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Kulturreferent Dersch
Federführend:Kulturamt   
Beratungsfolge:
Kulturausschuss
09.03.2022 
Öffentliche Sitzung des Kulturausschusses ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

 

Gemeinsam mit der Szene schlägt das Kulturreferat neue Wege der Kooperation ein und gestaltet das Regensburger Kulturleben nachhaltig, um tragfähige Konzepte zu erproben und zu entwickeln. Daneben ist die Stadt selbst Veranstalterin mit einem etablierten Angebot an traditionellen Formaten, die sich nach wie vor angesichts der Pandemie mit großen Herausforderungen konfrontiert sehen. So gilt es oftmals schnell wie flexibel zu reagieren und kurzfristig Aktionen zu improvisieren, die Kulturschaffenden in diesen extrem schwierigen Zeiten unmittelbar eine Bühne bieten. Im Ringen um konkrete Lösungen steht vor allem die Unterstützung der regionalen Künstler*innen im Vordergrund, um die Vielfalt der Szene zu stärken und zu erhalten. Ziel ist es, allen Zuschauer*innen ein bereicherndes, vor allem aber sicheres Kulturerlebnis zu ermöglichen und Kunst wieder live in der Gemeinschaft zu teilen.

 

KinderKulturFestival

 

Das „KinderKulturFestival“ nimmt die spezifische Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen frühzeitig an die Hand, weil sie entweder als junges Publikum oder als aufstrebende Talente von morgen die lebendige Zukunft des kommunalen Kulturlebens entscheidend prägen wird. Diese aufsuchende Kulturarbeit erhöht proaktiv die Zugangschancen über alle Bevölkerungsgruppen hinweg, um das Kennenlernen, Erproben und Vertiefen kultureller Ausdrucksformen und Traditionen zu ermöglichen. Mit Angeboten und Aktivitäten im künstlerischen Bereich stärkt das Format die junge Generation und bietet ihr Wege, die Welt als Ausdruck menschlicher Kultur zu erleben, zu verstehen und zu gestalten. Kunst und Kultur vermögen mit ihren multidimensionalen Möglichkeiten Kinder und Jugendliche zu erreichen, zu berühren und zu aktivieren. Gerade Spiel und ästhetische Erfahrungen bieten die Chance, Gewohntes zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Dabei werden sie als Bereicherung für das eigene Leben erfahrbar, stiften Sinn und vermitteln Lebensfreude.

 

Seit 2018 entsteht das „KinderKulturFestival“ in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl regionaler Kooperationspartner wie Schulen und Kindergärten, Institutionen, Trägerverbänden und Vereinen. Dabei stammt das Angebot aus den Bereichen Kunst, Musik, Theater, Literatur und Tanz und findet im zweijährigen Turnus dezentral an verschiedenen Standorten über ganz Regensburg verteilt statt. Das für März 2020 geplante „KinderKulturFestival“ wurde angesichts der Corona-Pandemie neu konzipiert, um gerade in dieser herausfordernden Zeit zielgruppenspezifische Formate anzubieten und Familien, Kindern und Jugendlichen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Neben den Veranstaltungen im Freien während der Sommermonate 2021 entstanden digitale Tutorials und Workshops, die über den städtischen YouTube-Kanal zur Verfügung gestellt wurden. Auch 2022 sieht das Kulturreferat davon ab, das vielfältige Programm in Form eines Festivals an einem Wochenende zu komprimieren, sondern dieses mit Blick auf die bisherigen Erfahrungen über den Sommer zu verteilen und insbesondere Open-Air-Spielstätten zu nutzen.

 

Thematisch wird sich die diesjährige Ausgabe dem Werkstoff Papier widmen, der als bildnerisches und gestalterisches Mittel in seiner Wandelbarkeit überrascht. Papier lässt sich falten und knicken, zusammenknüllen und zerschneiden, zerreißen und verbrennen, beidseitig mit Ziffern, Buchstaben und Linien bedecken, fortlegen und wieder hervorziehen, verschicken oder verstecken. Dabei geht es nicht nur um Werke auf Papier wie etwa Druck, Zeichnung oder Malerei, sondern ebenso um Kunst aus Papier mit einer Vielfalt an Techniken von Origami über Papierschnitt bis hin zu Mixed Media. Andererseits hat Papier als Auslöser des entscheidenden Paradigmenwechsels der Neuzeit wie kein anderer kultureller Grundstoff zur Entwicklung der modernen Welt beigetragen. Erst das massenhaft verfügbare Trägermedium verhalf Gutenbergs Erfindung zu ihrer epochalen Wirkung, die Infrastrukturen des Wissens, der Ökonomie wie den Strukturwandel der Öffentlichkeit geprägt hat. Allerdings hat Papier auch viele Schattenseiten: Der weltweit hohe Verbrauch bringt wie bei vielen anderen Produkten auch einen großen ökologischen Fußabdruck mit sich.

 

Und so ist das Thema prädestiniert dafür, komplexe Zusammenhänge beispielhaft zu verdeutlichen. Zunächst fasziniert und berührt Papier mit grenzenlos kreativem Potential als sinnlicher Werkstoff und etabliert eine eigenständige künstlerische Sprache. Die historische Dimension hingegen offenbart, dass die papiergestützten Routinen und Kulturtechniken bereits die Vorgeschichte der digitalen Speicher- und Zirkulationsmedien in sich tragen. Und nicht zuletzt steht Papier als Produkt des täglichen Gebrauchs repräsentativ für die globalen Zusammenhänge von Konsum- und Produktionsmustern, die im gesellschaftlichen Diskurs von Klimakrise und Ressourcenknappheit kritisch zu diskutieren sind.

 

Stadtteilfeste

 

Angesichts der dynamischen und schwer vorhersehbaren Entwicklung der Corona-Pandemie kann das 2021 entfallene Bürgerfest nicht nachgeholt werden. Die über die Stadtgrenzen hinaus beliebte Großveranstaltung kehrt erst 2023 wieder im gewohnten Turnus in den Kulturkalender zurück. Bis dahin gilt es, das Bürgerfest zukunftsfähig zu transformieren und als nachhaltiges Format klimafreundlich weiterzuentwickeln.

 

r 2022 plant das Kulturreferat mindestens vier dezentrale Veranstaltungen in den Stadtteilen, die dem individuellen Charakter der verschiedenen Regensburger Viertel nachspüren und den Ansprüchen einer diversen Gesellschaft Rechnung tragen. Das im Kultursommer 2021 erfolgreich erprobte Modell bindet bereits vorhandene Initiativen und Vereine vor Ort aktiv ein, um Kultur direkt vor die Haustür zu holen. Ziel ist es, engagierte Akteur*innen zusammenzubringen und möglichst viele lokale und regionale Künstler*innen aus allen Sparten wie Musik, Tanz, Theater, Film, bildende Kunst oder Literatur, aber auch Kleinkunst und Akrobatik zu beteiligen.

 

Die Auswahl der Standorte, die sich räumlich über das gesamte Stadtgebiet verteilen und möglichst geographische Synergien zwischen den Vierteln aufgreifen, folgt einem strategischen Konzept: Im Fokus stehen dabei gesellschaftlich relevante Themenfelder wie Ökologie und Nachhaltigkeit, Familie und junge Kultur, Vereinsleben und bürgerschaftliches Engagement sowie Urbanität und öffentlicher Raum. Ausgehend von den Interessen vor Ort thematisieren, bespielen und inszenieren die dezentralen Veranstaltungen das jeweilige Quartier und schaffen so Begegnung und Austausch, Nachbarschaft und Lebensqualität.

 

Dabei begreift sich Stadtteilkultur stets als generationsoffen, milieuübergreifend wie inklusiv und beteiligt die Bewohner*innen unmittelbar an der Entwicklung ihres Viertels. Mit niedrigschwelligen wie bezahlbaren Angeboten und Kulturprojekten aktiviert sie zum kreativen wie künstlerischen Handeln und bietet Menschen aller Altersgruppen und sozialer Hintergründe kulturelle Teilhabe. Dieser integrative Zugang macht die Vielfalt der Gesellschaft erlebbar und diskutiert mit den Mitteln der Kultur neue Identifikationsräume jenseits herkunftsbasierter Zuschreibungen.

 

Jazzweekend

 

Das Jazzweekend Regensburg steht für wippende Köpfe und zuckende Fußspitzen, für treibende Beats und sanfte Melodien. Für junge Talente, die ins Rampenlicht der Bühne treten, und erfolgreiche Größen, die ihr musikalisches Wiedersehen feiern. Für ein gemütliches Treiben auf historischen Plätzen, atmosphärischen Innenhöfe und engen Gassen oder wilde und aufregende Sessions in Bars, Clubs und Cafés. Kurzum: Jazz muss knistern.

 

Nach einem Wechsel der künstlerischen Leitung stellt sich das Bayerische Jazzweekend neu auf und setzt bewusst innovative Akzente: mehr Transparenz, ein externes Kuratorium und eine kreative Gestaltungslinie, die die flirrende Tonalität des Jazz spiegelt. So wird das Festival als etabliertes Format zukunftsweisend weiterentwickelt und in bekannten Facetten wie bewährten Aspekten neu ausgelotet.

 

Das Thon-Dittmer-Palais bleibt vom 14. bis 17. Juli 2022 die zentrale Bühne des Festivals, das traditionell mit den ersten Konzerten am Donnerstagabend auf der Piazza des Gewerbeparks beginnt. Wenn es die aktuellen pandemischen Entwicklungen zulassen, wird die gesamte Regensburger Altstadt mit großen Veranstaltungsorten und vielen kleinen Spielstätten ein Wochenende lang zur Jazz-Metropole für internationale Gäste und virtuose Künstler*innen.

 

Die knapp 300 eingegangenen Bewerbungen werden von einem breit aufgestellten und überregionalen Kuratorium aus Expert*innen verschiedener Institutionen gesichtet: JazzZeitung, Jazzclub Regensburg, Bayerischer Jazzverband e. V. und freie Szene. Ebenfalls Teil der Jury ist im jährlichen Wechsel eine der drei bayerischen Jazzhochschulen in München, Nürnberg und Würzburg. Dieses Gremium kuratiert gemeinsam mit der künstlerischen Leitung das Programm des Jazzweekends, das auch den Nachwuchs mit jungen aufstrebenden Ensembles bewusst mit einer eigenen Bühne einbindet.

 

Als überregionale Veranstaltung lockt das Bayerische Jazzweekend immer wieder zahlreiche Gäste in die Stadt neben den treuen Fans sprechen außergewöhnliche Spielorte und experimentierfreudige Formate neue Zielgruppen an. Zudem soll durch noch stärkere Verzahnung von Kultur, Wirtschaft und Tourismus der Erlebnisraum Innenstadt nachhaltig und qualitätsvoll gestärkt werden.

 

Kooperationsveranstaltungen

 

Im Herbst steht Regensburg nach einer pandemiebedingten Zwangspause wieder ganz im Zeichen der Popkultur, die Freiräume für das Überraschende und Unvorhersehbare eröffnet. Vom 28. bis 30. Oktober 2022 richtet das „Regensburg Popkultur Festival push“ den Fokus auf eine lebendige und innovative Szene an der transdisziplinären Schnittstelle von Jugend-, Popkultur und Kreativwirtschaft. Ein Wochenende lang stehen die Künstler*innen und Kreativen der Stadt im Mittelpunkt des Interesses und präsentieren sich spartenübergreifend einem überregionalen Publikum. Dabei widmet sich das Format nicht nur in Veranstaltungen, Konzerten und Performances, sondern auch in Workshops, Kursen und Diskussionen aktuellen und jugendspezifischen Themen, schafft die Möglichkeit zu Information und Austausch und unterstützt Kulturschaffende durch Beratung und Vernetzung.

 

Neben dem Kulturzentrum Alte Mälzerei als Kooperationspartner der Stadt Regensburg entsteht das „Popkultur Festival“ in Zusammenarbeit mit allen relevanten Regensburger Kulturvereinen und Initiativen der Jugend- und Popkultur, die gemeinsam inhaltliche Schwerpunkte entwickeln. Eine Projektidee verfolgt die öffentliche Auseinandersetzung mit Gender-Themen abseits von traditionellen Rollenzuschreibungen. Insbesondere Popkultur mit ihren Diskontinuitäten und Brüchen ist ein Ort, an dem Identitäten gesucht, hinterfragt und gelegentlich auch gefunden werden. Das Fehlen eindeutiger Geschlechtszuordnungen jenseits binärer Modelle wird heute nicht nur akzeptiert, sondern kann gerade zum beschleunigenden Katalysator des Erfolgs werden. Nicht zuletzt für junge Menschen haben diese Idole eine Vorbildfunktion mit Identifikationscharakter und verändern dadurch auch den gesamtgesellschaftlichen Diskurs. Das „Popkultur Festival“ verlässt mit seinen aktivierenden Formaten bewusst den konservativen Mainstream und bewegt sich in einem Feld der kritischen Reflexion und Subversion, das Prozesse des tiefgreifenden Wandels anstößt.

 

Nach zwei Jahren „Trostpflaster“ plant der Mischkultur e. V. für September 2022 wieder furiose, humorvolle und poetische Darbietungen im Thon-Dittmer-Palais und verwandelt die Regensburger Altstadt für ein Wochenende zum „Kulturpflaster“. Die Straße wird als vielfältiger Kunst- und Kulturraum erlebt: Akrobat*innen, Zauber*innen, Clowns und Pantomimen überraschen das Publikum. Maskentheater und Tänzer*innen erobern den öffentlichen Raum als ihre Bühne, der die Stadtgesellschaft unmittelbar einbindet.

 

Der zeitgenössische Zirkus zeichnet sich vor allem durch seine Vielgestaltigkeit aus: Als interdisziplinäre Collage sucht diese eigenständige Kunstform sowohl die kritische Auseinandersetzung mit bereits bestehenden Sparten als auch die inspirierende Grenzüberschreitung zu anderen Genres. Im Zentrum stehen theatrale Formate, die ein dramaturgisches und ästhetisches Gesamtkonzept verbindet. Gerade diese kreativen Strategien treten in einen offenen Austausch und sprechen ein interkulturelles sowie intergenerationelles Publikum an. Ein wichtiger Aspekt, der Regensburg als Kulturstadt auszeichnet, ist die Demokratisierung der Kultur. Der zeitgenössische Zirkus fördert durch seine stark körperliche sowie visuelle Sprache, aber vor allem seine emotionale Kraft mit Elementen aus Theater, Tanz, Musik und Performance sowie neuen Medien den niedrigschwelligen Zugang zu Kultur und ermöglicht ein die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegelndes Publikum.

 


Der Kulturausschuss nimmt vom Sachverhalt bezüglich der städtischen Kulturveranstaltungen 2022 Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, auf Basis der dargelegten Planungen die Vorbereitungen fortzuführen und notwendige Maßnahmen einzuleiten.