Sachverhalt:
1. Hintergrund
Unter dem Namen „Zero Waste“ (Null Abfall) ist ein Ansatz entstanden, der die Entstehung von Abfall dort zu bekämpfen versucht, wo sie beginnt. Produkte, Verpackungen und Materialien sollen optimaler Weise verantwortungsbewusst produziert, konsumiert und wiederverwendet werden. So würde in einer perfekten Kreislaufwirtschaft kein Abfall verbrannt, Schadstoffe gelangten nicht in die Umwelt und Treibhausgasemissionen ließen sich nachhaltig senken. Über 400 Städte und Gemeinden in Europa und eine zunehmende Anzahl von Kommunen weltweit entwickeln und setzen als Zero Waste City entsprechende Strategien um. Diese zielen darauf ab, die Abfallflut zu stoppen – aber nicht, indem die Abfälle verbrannt oder deponiert, sondern Verfahren und Systeme entwickelt werden, die von vornherein keinen Abfall erzeugen. Auf europäischer Ebene hat sich das Netzwerk „Zero Waste Europe“ etabliert (unterstützt vom LIFE Programm der EU), das übergreifend drei Kernthesen verfolgt:
Die erste Stadt in Europa mit einer ausgewiesenen Zero Waste-Strategie ist Capannori im Norden der Toskana. Im Jahr 2007 erarbeitete die Stadt Capannori einen umfassenden Plan zur nachhaltigen Abfallvermeidung und verfolgte dabei eine Reihe von Hebeln bzw. Initiativen:
In der Konsequenz sank zwischen 2004 und 2013 die Abfallmenge von 1,92 kg um 39 Prozent auf 1,18 kg pro Person und Tag. Der Restabfallanteil pro Einwohner und Jahr fiel von 340 kg in 2006 auf nur 146 kg in 2011 – ein Rückgang von 57 Prozent. Der Anteil des Restabfalls am Gesamtbetrag betrug 2013 nur noch 18 Prozent im Vergleich zu 64 Prozent in 2004.
Auf Basis dieser Idee hat die Stadt Regensburg am 04.02.2020 beschlossen, eine eigene Zero Waste-Strategie zu entwickeln (VO/20/16376/70) und dieses Vorhaben in der Koalitionsvereinbarung für die Stadtratsperiode 2020-2026 mit dem Anspruch „Langfristig vollziehen wir einen Wandel vom Abfall- hin zum Ressourcenmanagement“ bekräftigt. Mit dem Aufbau einer Zero Waste-Strategie für die Stadt Regensburg soll der Entstehung von Abfall entgegengewirkt werden. Die Dringlichkeit dazu wurde insbesondere durch die Covid-19-Pandemiesituation deutlich, die in bestimmten Bereichen, getragen von erhöhten Anforderungen an den Infektionsschutz sowie angepassten Konsumverhalten, zu einem veränderten Abfallaufkommen beitrug.
Noch 2020 wurde eine entsprechende Vorgehensweise entwickelt, ein Projektkonsortium gebildet (siehe dazu auch Anlage 1 „Zero Waste Regensburg – Anspruch und Vorgehen“, Folie 5) sowie Ende September 2020 ein Förderantrag beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zur Unterstützung der Umsetzung gestellt (VO/20/17204/70). Aufgrund des hohen Wettbewerbs im Förderprogramm wurde dem Projektkonsortium von Zero Waste Regensburg leider keine Förderung zuteil.
Parallel zum gestellten Förderantrag wurde das Projekt Zero Waste Regensburg inhaltlich weiter ausgestaltet und vorbereitet. Ebenso wurde geprüft, inwieweit eine Umsetzung auch ohne Förderung mit vorhandener Unterstützung in der Stadtgesellschaft und personellen Mitteln darstellbar ist, da folgende Rahmenbedingungen gegeben sind:
Im Sommer 2021 wurde der Startschuss für den Aufbau einer Zero Waste-Strategie für die Stadt Regensburg getätigt (VO/21/18023/70) und die zentrale Auftaktveranstaltung fand am 29. September 2021 statt (siehe dazu auch Anlage 1 „Zero Waste Regensburg – Anspruch und Vorgehen“).
Der Aufbau der Zero Waste-Strategie fügt sich ergänzend in bereits bestehende Programme sowie Formate ein. Im Kern sind dabei folgende zu nennen:
Zero Waste Regensburg kann somit einen flankierenden Beitrag leisten bzw. lassen sich Synergie-Effekte aus den entwickelten Maßnahmen zu Zero Waste definieren und mit bestehenden Projekten verzahnen. Auch kann überlegt werden, dass - analog zum Klimavorbehalt - bei Projektvorhaben Elemente einer Abfallvermeidungsstrategie zu berücksichtigen sind bzw. die Zielhierarchie von Zero Waste im Grundsatz reflektiert wird (vgl. Folie 4 in Anlage 1 „Zero Waste Regensburg - Anspruch und Vorgehen“).
2. Status Quo zum Abfallaufkommen der Stadt Regensburg
Vor dem Hintergrund der Zielstellung von Zero Waste bietet es sich an, eine Übersicht über die in Regensburg anfallenden Abfallmengen und -arten darzustellen. Die Status-quo-Beschreibung dient dazu, eine Basis zu ermitteln, von der aus Regensburg ihre Bemühungen, eine Zero Waste City zu werden, beginnt. Um in der Lage zu sein, mittel- und auch langfristig die Wirkungserfolge der Zero Waste-Strategie zu erfassen, muss Regensburg in der Lage sein, die Abfalldaten mit überschaubarem Aufwand jährlich erneut zu erheben, um ihre Fortschritte zu präsentieren. Daher wird der Hauptfokus auf die Siedlungsabfälle und die Abfälle aus Haushalten gelegt. Diese Abfälle werden vom Umweltamt jährlich erfasst und an das Bayerische Landesamt für Umwelt übermitteln. Zur Einordnung der Situation in Regensburg wird eine kurze Darstellung der Entwicklung auf bundesweiter Ebene sowie für Bayern vorangestellt.
2.1. Überblick zu Siedlungsabfällen bundesweit und in Bayern
2.1.1 Bundesweites Abfallaufkommen
Laut Statistischem Bundesamt werden die Siedlungsabfälle definiert als alle Abfälle des Abfallkapitels 20 (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen, einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen) und der Abfallgruppe 1501 (Verpackungen – einschließlich getrennt gesammelter, kommunaler Verpackungsabfälle). In Deutschland machen die Siedlungsabfälle nur etwa 13% des gesamten Netto-Abfallaufkommens aus. Für den größten Anteil mit knapp über 50% sind die Bau- und Abbruchabfälle verantwortlich (Statistisches Bundesamt (Destatis), 2020). Die Siedlungsabfälle sind jedoch aufgrund ihrer Ressourcenrelevanz und heterogenen Zusammensetzung von Abfallströmen von hohem politischem Interesse. Zudem spiegeln sie das Verbrauchsverhalten der BürgerInnen wider (Eurostat, 2021).
Hinsichtlich der Haushaltabfälle hat sich bundesweit ein neuer Negativ-Rekord seit 2004 eingestellt. Im Jahr 2021 ist das Abfallaufkommen der privaten Haushalte in Deutschland weiter gestiegen: Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurden pro Einwohner 483 kg Haushaltsabfälle eingesammelt. Das waren 6 kg mehr als im ersten Corona-Jahr 2020, als das Aufkommen pro Einwohner um 19 kg gegenüber dem Jahr 2019 gestiegen war (2019: 457 kg). Insgesamt wurden im Jahr 2021 bei den Haushalten 40,2 Mio. t Abfälle eingesammelt und damit rund 1,5% oder 0,6 Mio. t mehr als im Vorjahr. Das Aufkommen an Haushaltsabfällen stieg damit auf den höchsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2004. Folgende Detaillierungen lassen sich dabei festhalten:
2.1.2 Abfallaufkommen in Bayern
Für das Jahr 2021 lässt sich für Bayern festhalten, dass das Gesamtabfallaufkommen weiter gestiegen ist, wobei das Wachstum von 3,3% im Jahr 2020 auf 0,4% für das Jahr 2021 deutlich zurückgegangen ist. Die Gesamtmenge in Bayern beläuft sich auf 6,67 Mio. t (entspricht ca. 17% des Gesamtaufkommens in Deutschland) und das Aufkommen je Einwohner beläuft sich auf 507 kg. Bayernweit wurden 4,51 Mio. t Wertstoffe gesammelt (Anteil von 67,5%; Anteil in Regensburg liegt bei 54,9%), wobei dazu eine wesentlich gestiegene Sammlung von Bioabfällen und Grüngutmengen beigetragen hat. Bayernweit stieg das Aufkommen von Bioabfällen und Grüngut um 3,5% (forciert durch eine gestiegene Sammlung von 5,3% in den ländlichen Regionen), was zu einer Menge von nun 160,0 kg pro Einwohner führt (in Regensburg 166,4 kg).
Die in Bayern gesammelte Menge an Altpapier ist mit ca. 943.000 t im Jahr 2021 um 2,6% gesunken und dieser Trend setzt fort. Pro Einwohner senkte sich die Menge von 72,9 kg auf 71,0 kg (in Regensburg von 46,1 kg auf 44,6 kg). Altglas bleibt bei 25,5 kg pro Einwohner (absolut 336.000 t) nahezu konstant (in Regensburg 28,0 kg pro Einwohner bzw. 4.380 t gesamt). Bei den Leichtverpackungen lässt sich eine Steigerung von 2% auf 312.700 t bzw. 23,8 kg pro Einwohner verzeichnen, was ggf. mit durch die Pandemiephase begünstigt wurde (in Regensburg 25,9 kg pro Einwohner bzw. 3.833 t gesamt).
Im Kern lässt sich festhalten, dass Regensburg den allgemeinen Trend bundesweit wie auch bayernweit widerspiegelt. Gleichwohl ist, bedingt durch die spezifische Signatur, die sicherlich jede Stadt bzw. Metropolraum mit sich bringt, das Abfallaufkommen und die Abfallzusammensetzung im Kontext der individuellen Situation von Regensburg zu beleuchten und zu diskutieren. Somit kommen Vergleiche zu aggregierten Zahlen (bayernweit oder bundesweit) sehr schnell an ihre Grenzen bzw. kann ein Vergleich mit Städten gleicher Größe maximal eine Orientierung sein, aber nicht zwingend als Benchmark dienen. In Tabelle 1 „Vergleich von Wertstoffsammlung pro Einwohner und Jahr in kg“ ist die Entwicklung in Detailsicht von Bayern und Regensburg von 2020 auf 2021 gegenübergestellt. Insofern bietet es sich an, die Abfallentwicklung in Regensburg in ihrer spezifischen Zusammensetzung aber auch in der mittelfristigen Entwicklung aufzuzeigen bzw. zu würdigen.
Tabelle 1: Vergleich von Wertstoffsammlung pro Einwohner und Jahr in kg
2.2 Abfallentwicklung in Regensburg
In Regensburg zeigt sich eine im Verhältnis ähnlich ausgestaltete Signatur der Siedlungsabfälle. Seit 2010 hat sich das Gesamtaufkommen an Abfall zwischen ca. 86 Tsd. bis 97 Tsd. t bewegt (siehe Abbildung 1: Abfallaufkommen Regensburg absolut in Tsd. t). Dabei fällt auf, dass sich ab 2017 ein Abwärtstrend eingestellt hat, der sich derzeit auf das Niveau von 2010 einpendelt.
Abbildung 1: Abfallaufkommen in Regensburg absolut in Tsd. t
Das Verhältnis zwischen Abfällen, die der Weiter- und Wiederverwertung zugeführt werden (siehe Abbildung 1: Verwertung) und Abfällen, die der thermischen Beseitigung (siehe Abbildung 1: Beseitigung) zugeführt werden, liegt bei einem nahezu hälftigen Verhältnis (53% Verwertung zu 47% Beseitigung über den gesamten erfassten Zeitraum; 54% Verwertung zu 46% Beseitigung im Zeitraum von 2019-2021).
Die Bevölkerung ist zwischen den Jahren 2010 (134.616 Einwohner) und 2021 (152.691 Einwohner) um über 13% gestiegen. Der Umstand einer in den vergangenen Jahren abnehmenden Gesamtmenge an Abfällen trotz steigender Einwohnerzahlen spiegelt sich auch in den Abfallmengen je Einwohner pro Jahr wider (siehe Abbildung 2: Abfallaufkommen in Regensburg pro Einwohner in kg).
Abbildung 2: Abfallaufkommen in Regensburg pro Einwohner in kg
Vor dem Hintergrund der (scheinbar) trendmäßig abnehmenden Abfallmengen seit 2017 wird als Basis für die folgende Detailbetrachtung der Mittelwert der Jahre 2019 bis 2021 genommen. Für die Einschätzung und Bewertung von Handlungsfeldern sowie Maßnahmen bietet sich eine genauere Beleuchtung der Abfallfraktionen an. Somit ergibt sich folgende rechnerische Basis (siehe Abbildung 3: Prozentuale Verteilung Abfälle zur Verwertung und Beseitigung 2019-2021): • Abfall zur Weiter- und Wiederverwertung: 312 kg pro Einwohner und Jahr • Abfall zur Beseitigung: 266 kg pro Einwohner und Jahr
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung Abfälle zur Verwertung und Beseitigung (Mittelwert aus den Jahren 2019-2021)
Abfall zur Weiter- und Wiederverwertung: Den größten Anteil nehmen zu mehr als 50% die organischen Abfälle ein (45% Grüngut und 6% Bioabfall). Zweitgrößter Anteil ist mit 16% Papier (inkl. Kartonagen). Unter sonstige Wertstoffe werden insbesondere die Kehrrichtabfälle sowie das Sinkkastenmaterial subsumiert.
Abfälle zur Beseitigung: Den größten Anteil an Abfall zur Beseitigung nehmen die Hausabfälle inkl. Geschäftsabfälle mit 63% ein. Die hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle liegen bei 30% der Gesamtmenge und der Sperrmüll liegt bei 7%. Zu den grundsätzlichen Potentialen, die sich durch eine achtsamere bzw. sortenreinere Sammlung im Haushaltsbereich erreichen lässt, sei auf den Bericht zur Hausmüllsortieranalyse 2019 und 2020 verwiesen (VO/20/16852/31). Mit über 40% am gesamten Restabfall und einem einwohnerspezifischen Aufkommen von ca. 50 kg pro Einwohner und Jahr ist die Stoffgruppe Organik der größte Anteil im Restabfall der Privathaushalte.
Folgt man der Grundidee von Zero Waste Europe, besteht für die Stadt besteht die Herausforderung nun darin, die Abfallmenge zur Beseitigung in Höhe von 266 kg auf 50 kg pro Einwohner und Jahr zu reduzieren. Das entspricht einer langfristigen und nachhaltigen Reduktion um über 80% (siehe Abbildung 4: Zielmarke Abfallmenge pro Einwohner und Jahr in kg).
Abbildung 4: Zielmarke Abfallmenge pro Einwohner und Jahr in kg (Mittelwert aus den Jahren 2019-2021)
Das Ziel von Zero Waste, 50 kg pro Jahr und Einwohner, gegenübergestellt, lässt sich für die Stadt Regensburg ein entsprechendes Optimierungspotential ableiten. Der langfristige Anspruch von Zero Waste Europe in Bezug auf die Abfallreduktion hat sich während der Projektlaufzeit von Zero Waste Regensburg weiter konkretisiert und ist in den Anlagen 4 (Anforderungen Zero Waste Europe) und 5 (Benutzerhandbuch Zero-Waste Cities Certification) dargestellt.
3. Definition des Zielhorizonts auf Basis der Anforderungen von Zero Waste Europe
3.1 Anforderungen von Zero Waste Europe
Für eine Zertifizierung als Zero Waste City legt Zero Waste Europe bestimmte Anforderungen fest, die eine Stadt erfüllen muss. Laut Zero Waste Europe definiert sich eine Zero Waste City darüber, eine konkrete und überprüfbare Selbstverpflichtung aufzustellen, welche den Weg zu einer abfallfreieren Stadt darlegt, sowie regelmäßig über die Ergebnisse zu berichten. Um das Zertifikat einer Zero Waste City zu erlangen, gibt es verschiedene Stufen, die mit einer Reihe von Kriterien verbunden sind. Der Zertifizierungsprozess gliedert sich in 5 Schritte:
Die Zertifizierung wäre zudem mit Kosten für die Stadt Regensburg verbunden, die sich aus einer Gebühr für die Registrierung als Zero Waste Candidate City und für das Audit zur vollständigen Zertifizierung zusammensetzen. Zudem wird eine jährliche Gebühr der Kommune entrichtet. Die Kosten setzen sich anhand der Länderkategorie und der Bevölkerungszahl der Kommune zusammen. Für die Stadt Regensburg kommen folgende Kosten zum Tragen:
Einmalgebühr im Rahmen der Verpflichtung: 6.286 € Jährliche Gebühr (ab voraussichtlich 2024): 4.400 € Gebühren für die Zertifizierung (voraussichtlich in 2026) bzw. Rezertifizierung (alle 3 Jahre): 2.730 €
Die Kriterien für eine Zero Waste Candidate City beinhalten eine langfristige Vision, in der sich die Stadt dazu verpflichtet, nur noch einen sehr geringen Anteil der Abfälle zu verbrennen oder zu deponieren und ein festgelegtes Ziel zur Reduktion des Restabfalls festzulegen.
Die Kriterien für eine Zero Waste Certified City beinhalten unter anderem sowohl mittel- als auch langfristige quantitative Ziele in Bezug auf die Restmüllmenge, Recyclingquote, oder Fehlwurfquoten. Zudem wird das Etablieren eines Zero Waste Advisory Boards verlangt und die Veröffentlichung von jährlichen Fortschrittsberichten. Eine Liste der genauen Anforderungen von Zero Waste Europe kann Anlage 4 „Anforderungen Zero Waste Europe“ entnommen werden.
3.2 Zielkatalog von Zero Waste Regensburg
Der Zielkatalog von Zero Waste Regensburg ist ein zentraler Baustein und zahlt auf die grundsätzliche Zielhierarchie von Zero Waste ein (vgl. Folie 4 in Anlage 1 „Zero Waste Regensburg - Anspruch und Vorgehen“). Die Ziele zeigen, in welche Richtung die Stadt Regensburg sich in den nächsten Jahren entwickeln möchte (siehe Tabelle 2: Zielkatalog Zero Waste Regensburg), und orientiert sich dabei an den Zero Waste-Strategien der Städte München und Kiel, die in ihrer Ausprägung des Reduktionsanspruchs vergleichbar sind. Dabei ist festzuhalten, dass der Zielkatalog als Startpunkt zu verstehen ist, der um weitere Zielgruppen ergänzt werden kann bzw. im Laufe der Zeit ggf. entsprechend anzupassen ist, wenn etwa Zielvorgaben erreicht oder anzupassen sind. Grundsätzlich erfüllt der Zielkatalog den übergeordneten Anspruch, der mit einer Zero Waste-Strategie in Verbindung steht.
Tabelle 2: Zielkatalog Zero Waste Regensburg
4. Bürgerbeteiligung und -einbindung zur Entwicklung von Zero Waste Regensburg
Mit dem Vorhaben der Abfallreduktion auf perspektivisch 50 kg pro Einwohner und Jahr verfolgt die Stadt Regensburg eine Vision, die nicht von heute auf morgen erreicht werden kann. Es gilt stattdessen, der Vision mit langfristig angelegten Zielen und Maßnahmen Schritt für Schritt näherzukommen und verschiedene AkteurInnen einzubeziehen. AkteurInnen im Raum Regensburg können sein, wer bereits im Kontext Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit aktiv ist und somit als Multiplikator für Zero Waste Regensburg auftreten könnte. Dabei gilt es, sowohl vorhandenes Wissen und verschiedene Expertisen als auch bereits aktive AkteurInnen einzubeziehen. Durch das frühzeitige Einbinden und den Dialog mit SchlüsselakteurInnen soll eine reibungslose Umsetzungsphase sichergestellt werden. Diese sind gut vernetzte Personen mit großem Engagement in wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen oder sozialen Bereichen - unter anderem aus Politik, Bürgerforen, Vereinen, Verbänden, der Kirche oder lokalen Unternehmen. Sie kennen sich durch einen umfangreichen Wissensschatz, Einflussmöglichkeiten oder Verantwortungsbereitschaft auf dem Gebiet der Abfallvermeidung, Reparatur, Wiederverwendung oder auch generell der Nachhaltigkeit aus, was es ihnen ermöglicht, das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Vor diesem Hintergrund galt es für die Ideensammlung aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven der Stadtgesellschaft zu beleuchten. Hierfür wurden 15 sogenannte Fokusgruppen definiert (siehe Anlage 2 „Zero Waste Regensburg Workshop Ergebnisse“):
Für jede Fokusgruppe wurden spezielle Leitfragen definiert, die als Leitplanken für die Ideensammlung und Diskussion dienten. Die Workshops im Rahmen von Zero Waste Regensburg fanden durch die Umstände der Covid-19 Pandemie online via Zoom statt, für die Gruppenarbeiten wurde Miro als Kollaborationstool genutzt. Nach einer einführenden Präsentation zum Projekthintergrund, der Vorstellung der Teilnehmenden sowie einer Erläuterung der beispielhaften Fragen zur jeweiligen Fokusgruppe, wurden Gruppen gebildet. Im Fortfolgenden wurden dann Ideen gesammelt und im interaktiven Austausch diskutiert und in Sinnzusammenhang gestellt.
Am Ende der Gruppenarbeit wurden drei favorisierte Ideen benannt, die dann der jeweils anderen Gruppe vorgestellt und in gemeinsamer Runde gewürdigt wurden. Nach einer Pause wurden in jeder Gruppe eine favorisierte Idee aufgegriffen und näher konkretisiert bzw. validiert. Der Workshop wurde mit einer Feedbackrunde abgeschlossen. Die Rückmeldungen zu Vorbereitung und Durchführung der Arbeitstreffen wurden sukzessive in die darauffolgenden Treffen aufgenommen bzw. berücksichtigt.
Für die Fokusgruppe Schulen konnte unter Berücksichtigung der Corona-Schutzmaßnahmen mit der 5. Klasse des Albrecht-Altdorfer-Gymnasiums ein Präsenz-Workshop durchgeführt werden, der als Baustein des Nachhaltigkeitsprogramms der Schule durchgeführt wurde. Einige der Online-Workshops wurden mit Expertengesprächen verknüpft, wie etwa das Treffen mit der Fokusgruppe „Hochschule“ oder „Handwerk“. Ebenso bestand für die Stadtgesellschaft im Rahmen der Regensburger Nachhaltigkeitswoche am 28./29.06.2022 die Möglichkeit, erste Ideen zu sichten und zu reflektieren.
Flankierend wurde das Projekt Zero Waste Regensburg in mehreren Formaten präsentiert bzw. über den aktuellen Status diskutiert:
Die kommunikative Einbindung der Stadtgesellschaft erfolgte bisher im Rahmen der Ideenfindungsphase, wobei alle relevanten Informationen zu Ziel, Vorgehen und ersten Ergebnissen auf www.regensburg.de/zerowaste abgelegt sind. Im weiteren Verlauf bietet es sich an, die Bürgerbeteiligung und -interaktion mit der Plattform www.mein.regensburg.de zu erweitern. Dort sind die Projekte R_NEXT sowie Regensburg-Plan 2040 bereits verortet. Vor dem Hintergrund, dass Zero Waste Regensburg einen ähnlich zukunftsorientierten Zeithorizont aufweist und die bisher diskutierten und entwickelten Maßnahmen eine Verknüpfung zu smarten Ideen (R_NEXT) sowie Einfluss auf eine nachhaltige Stadtentwicklung nehmen werden, lassen sich auf einer gemeinsamen virtuellen Plattform mögliche Synergieeffekte der Projekte aufzeigen bzw. können transparent gemacht werden.
5. Maßnahmendefinition und -steckbriefe
Aufbauend auf den durchgeführten Arbeitstreffen mit den unterschiedlichen Fokusgruppen wurden die Ideen innerhalb der Projektgruppe reflektiert und diskutiert. Dabei galt es, Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündel zu identifizieren, die einen Beitrag für den definierten Zielkatalog leisten. Als Orientierung dienten dabei folgende Rahmenparameter, um neben der Maßnahmenbeschreibung auch die Umsetzung sowie die (angedachte) Wirkung zu charakterisieren:
Bei der Identifikation von Maßnahmen für Zero Waste Regensburg erfolgte eine Orientierung an den Maßnahmenbündeln der Städte München und Kiel. Das erfolgte vor dem Hintergrund, dass der Maßnahmenbericht aus Kiel als grundsätzliche Blaupause für das Vorgehen in Regensburg diente (VO/20/16376/70). Die Stadt München hat zeitlich parallel zur Stadt Regensburg den Weg zu einer Zero Waste City eingeschlagen und entsprechende Workshops zur Maßnahmengenerierung vorgenommen. Im Ergebnis entstand Mitte 2022 ein umfangreicher Bericht, in dem der Status Quo sowie der weitere Weg aufgezeigt wird. Nachdem die Workshopreihe für Zero Waste Regensburg im Frühjahr 2022 abgeschlossen wurde, hat es sich angeboten, hier einen Abgleich vorzunehmen und sich an Best Practice Beispielen zu orientieren.
Im Ergebnis wurden 30 Maßnahmensteckbriefe herausgearbeitet, die folgendem übergeordnetem Handlungsrahmen zugeordnet werden können.
Die übersichtliche Darstellung in Form eines Maßnahmensteckbriefs dient dazu, die Maßnahmen anhand einheitlicher Kriterien zu erfassen und alle zentralen Informationen gebündelt zu erhalten (siehe Abbildung 5: Struktur Maßnahmensteckbrief). Die Maßnahmensteckbriefe sind so strukturiert, dass sie mit allgemeinen Informationen beginnen, um eine erste Zuordnung der Maßnahmen auf einen Blick zu ermöglichen. Zur Klassifizierung wird eine spezifische Maßnahmennummer, der Sektor, die Zuständigkeit, sowie die Zielgruppe angegeben. Der weitere Aufbau des Steckbriefs beinhaltet eine Beschreibung der Maßnahme, eine Auflistung der Handlungsschritte, das Ziel, auf das diese Maßnahme einzahlt, mögliche KooperationspartnerInnen und MultiplikatorInnen, Erfolgsindikatoren, Kommunikationsmedien, eine (qualitative) Kostenschätzung, der Zeitpunkt bzw. Zeitraum für die Umsetzung der Maßnahmen und flankierende Maßnahmen. Darüber hinaus werden die Reichweite, der Beitrag zum Klimaschutz und der Beitrag zur Abfallvermeidung im Rahmen einer 5-Punkte-Skala angegeben.
Abbildung 5: Struktur Maßnahmensteckbrief
Daraus ergibt sich ein Set von Maßnahmen, die einen unterschiedlichen Grad der Detaillierung bzw. Konkretisierung widerspiegeln. Gleichwohl stehen die Maßnahmen in einem Sinnzusammenhang, greifen zum Teil ineinander bzw. ergänzen sich gegenseitig. Eine detailliertere Beschreibung der Maßnahmen ist in Anlage 3 „Maßnahmenkatalog Zero Waste Regensburg“ zu finden. In dem Verständnis, dass der Weg zu Zero Waste Regensburg als ein längerfristiger Prozess zu begreifen ist, ist das vorlegende Set nicht als abschließendes Maßnahmenbündel zu sehen. Es wird im weiteren Verlauf vielmehr darum gehen, weitere Maßnahmen aus den Ergebnissen der Ideenfindungsphase (siehe Anlage 2 „Zero Waste Regensburg Workshop Ergebnisse“) herauszuarbeiten. Auch gilt es die Verantwortlichkeit für die weitere Umsetzung, aufbauend auf den Vorschlägen in den Maßnahmenbeschreibungen, weiter und breiter in der Stadtgesellschaft zu verorten. In Tabelle 3 sind die bisher konkretisierten Maßnahmen im Überblick dargestellt.
Tabelle 3: Maßnahmenkatalog
6. Administrative Kosten für Status Zero Waste City
Eine mögliche Zertifizierung auf Basis der vorliegenden Ergebnisse wurde Anfang des Jahres mit Vertretern von Zero Waste Europe besprochen und positiv beschieden (siehe dazu auch Anlage 5 „Benutzerhandbuch Zero-Waste Cities Certification“).
Die administrativen Kosten für den Status „Zero Waste City“, der durch die Zertifizierung und Teilnahme am Format Zero Waste Europe erreicht werden soll, belaufen sich für die kommenden 10 Jahre auf insgesamt 56.806 €
7. Nächste Schritte
Zunächst sei festgehalten, dass im Rahmen von Zero Waste Regensburg das Ziel der Abfallreduktion bzw. einer stärker gelebten Kreislaufwirtschaft im Vordergrund steht. Zur Ausarbeitung der grundlegenden Vorgehensweise sowie der aus den Workshops abgeleiteten Maßnahmen hat das Format, wie es durch Zero Waste Europe die letzten Jahre entwickelt wurde, einen guten Orientierungsrahmen geboten. Die aktuell im Rahmen von Zero Waste Regensburg definierten Zielvorgaben sowie der Maßnahmenkatalog genügen den Anforderungen an eine Zertifizierung durch Zero Waste Europe. Gleichwohl sollte die Zertifizierung nicht als Selbstzweck verfolgt werden. Vielmehr gilt es die lokalen Besonderheiten in Regensburg zu berücksichtigen, um die Effektivität von Zero Waste Regensburg sicherzustellen.
Die bisherige Ausarbeitung von Zero Waste Regensburg hat sich insbesondere an den Städten Kiel und München orientiert, die mit als Pioniere auf dem Weg zu Zero Waste in Deutschland anzusehen sind. Die Zertifizierung dieser Städte durch Zero Waste Europe zeigt zahlreiche Erfahrungswerte auf, die für den weiteren Weg von Zero Waste Regensburg zu bewerten sind. Hier besteht bereits ein enger Austausch.
Die steigende Bedeutung von Zero Waste als Anspruch von Gemeinden und Kommunen hat dazu geführt, dass weitere Plattformen und Formate zur Förderung der Kreislaufwirtschaft sowie Vermeidung von Abfall entstehen (z.B. EDM Netzwerk Kreislaufwirtschaft). Auch der Verband kommunaler Unternehmen e.V., in dem das Amt für Kreislaufwirtschaft, Stadtreinigung und Flottenmanagement Mitglied ist, widmet sich seit Mai 2023 mit der Abteilung Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKS dem Thema Zero Waste. Konkret sollen AkteurInnen im Kontext von Zero Waste zusammengebracht, vernetzen und unterstützt werden, um Maßnahmen im Austausch professionell weiterzuentwickeln. Dabei stehen konkret folgende Fragen im Vordergrund:
Für die weitere Umsetzung von Zero Waste Regensburg gilt es solche Plattformen und Formate zu prüfen und mögliche Synergieeffekte zu heben.
Nachdem die grundlegende strategische Stoßrichtung ausgearbeitet wurde, geht die weitere Umsetzung verstärkt in die inhaltliche Tiefe und Anwendungsbreite. Hierfür gilt es entsprechende Ressourcen aufzubauen, wobei die aktuelle Situation zur Personalkostensituation zu berücksichtigen ist.
Der Ausschuss beschließt:
Anlagen:
Anlage 1 Zero Waste Regensburg - Anspruch und Vorgehen Anlage 2 Zero Waste Regensburg - Workshop Ergebnisse Anlage 3 Maßnahmenkatalog Zero Waste Regensburg Anlage 4 Zero Waste Europe - Anforderungen Anlage 5 Benutzerhandbuch Zero Waste Cities Certification Anlage 6 Prüfung Klimavorbehalt Stufe 3
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