Sachverhalt:
Im Ausschuss für den Neubau einer Stadtbahn wurde in der Sitzung am 04.10.2023 über den Zwischenstand zu möglichen Alternativen einer Stadtbahnführung in der Sandgasse berichtet (VO/23/20471/68). Die Vorschläge zu den alternativen Trassen entstammten dem Beteiligungsprozess. Nach einer zunächst technischen Machbarkeitsprüfung aller eingegangenen Vorschläge durch die Ingenieurgemeinschaft des Masterplans konnten drei Trassenvorschläge ermittelt werden, die grundsätzlich als machbar erachtet werden können. Ein weiterer Trassenvorschlag in Richtung Lappersdorf, der nicht unmittelbar als Alternative zur Sandgasse anzusehen ist, wurde ebenfalls als technisch grundsätzlich machbar angesehen. Für die machbaren Trassierungsvorschläge war im Folgenden die Verkehrswirksamkeit eines damit einhergehenden Stadtbahnangebotes näher zu prüfen und zu bewerten.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Regensburg-Plan 2040 im Äußeren Stadtnorden eine großflächige Siedlungsentwicklung vorsieht, die mit dem mittlerweile auf den Weg gebrachten „Rahmenplan-Nord“ präzisiert werden soll. Unter anderem ist in diesem Bereich neuer Wohnraum für mindestens 5.000 Personen vorgesehen, dazu Gewerbe, Infrastruktur, Grün-/Freiräume und weitere Verkehrsinfrastruktur wie den Bahnhaltepunkt Wutzlhofen, weitere Verknüpfungen zum regionalen und städtischen Busverkehr, P+R Anlagen etc.. Hinsichtlich der verkehrlichen Anbindung des künftigen Stadtquartiers wird im Regensburg-Plan 2040 ausgeführt: „Voraussetzung für die geplante umfangreiche Siedlungsentwicklung in diesem Bereich ist ein leistungsfähiges öffentliches Verkehrsmittel, da die bestehende Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr bereits heute weitgehend ausgelastet ist“. Die Inhalte und der Prozess zum Rahmenplan Nord werden den städtischen Gremien zu einem späteren Zeitpunkt und gesondert zur Beratung und Beschluss vorgelegt. Derzeit findet noch eine verwaltungsinterne finale Abstimmung des Rahmenplanes Nord statt.
Für die alternativen Linienführungen der Stadtbahn wurden zunächst konkrete Haltestellenstandorte unterstellt (siehe auch Anlage 1):
Bei den Alternativen A1 bis A3 wird für die Linie B zunächst angenommen, dass diese stets bis zur Isarstraße, Höhe Heilig-Geist-Kirche verkehrt, da nach aktuellem Stand der Verkehrsanlagenplanung keine Kehrmöglichkeit für diese Linie auf Höhe Alex-Center ermöglicht werden kann.
Um die Verkehrswirksamkeit für den Stadtbezirk breiter untersuchen zu können, wurden zusätzlich zu den v. g. Grundvarianten (A0 bis B1) weitere Netzvarianten untersucht, bei denen verschiedene Linienverläufe der vorgenannten Varianten miteinander kombiniert werden. Bei diesen Kombinationen wird die Sandgasse im Abschnitt nördlich der Aussiger Straße nicht durch die Stadtbahn befahren.
Untersucht wurde hierzu folgende Kombinationen:
Grundsätzlich wird für die Stadtbahn-Linie A und B bei allen Alternativen einheitlich der 5-Minuten-Takt unterstellt.
Betreffend der Führung der Stadtbahn in der Donaustaufer Straße und der Kehre an der Aussiger Straße liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine Planungen mit der Qualität einer Vorplanung zugrunde. Annahmen wurden lediglich auf Basis der vorangegangenen trassierungstechnischen Prüfung getroffen. Verkehrstechnische Untersuchungen zu den neuen Korridoren wurden bisher nicht durchgeführt. Auf die Empfehlung und weiteres Vorgehen am Ende des Sachverhaltes wird verwiesen.
Methodisches Vorgehen
Um die Verkehrswirksamkeit vergleichend ermitteln zu können, wurden vom Gutachterbüro komobile die v.g. Varianten zum einen mit dem bisher geplanten Linienangebot mit Trassenführung über die Sandgasse bis zum Bahnhaltepunkt Wutzlhofen (Variante A0) sowie auch zum Ohnefall verglichen. Des Weiteren erfolgt auch ein Vergleich der Alternativen untereinander, so dass schlussendlich eine Rangfolge geeigneter Alternativen abgeleitet werden kann (vgl. beiliegende Präsentation).
Im Zentrum der Analyse stehen zum einen die durch die jeweilige Linienführung erschließbaren Einwohnenden und zum anderen die vorhandenen Arbeitsplätze. Grundlage hierfür ist das Verkehrsmodell der Stadt Regensburg für die Prognose 2040 inkl. der beabsichtigten Entwicklungen im Bereich des Rahmenplans Nord (nördlich Frauenzellstraße und nördlich des Baugebietes Brandlberg). Des Weiteren wird die Bedienungsqualität an den Haltestellenstandorten durch Takt und Verkehrsmittel (Stadtbahn oder Bus) betrachtet. Für die Analyse wird dabei im Stadtnorden ein einheitlich definiertes Gebiet zugrunde gelegt, auf das bezogen die Wirkungen der unterschiedlichen Linienführung der Stadtbahn vergleichend ausgewertet wird.
Um den Erschließungseffekt genau betrachten zu können, wurden für alle definierten Haltestellen der Stadtbahn die genauen Zu- und Abgangswege, die sich räumlich konkret ergeben, über ein Geo-Tool ermittelt. Hierbei wurden die Einzugsbereiche in zwei Stufen ermittelt: nahe Zugangswege bis 300 m und weitere Zugangswege zwischen 300 und 500 m. Dem Busliniennetz werden Einzugsbereiche von 300 m zu Grunde gelegt, der Stadtbahn aufgrund ihrer höheren Attraktivität bis zu 500 m.
In einem weiteren Schritt wird auf Basis des sog. ÖV-Güteklassenmodells anhand der Art des Verkehrsmittels und des an der Haltestelle angebotenen Kursintervalls jede einzelne Haltestelle einer bestimmten Haltestellenkategorie zugeordnet. Diese Kategorien werden anschließend mit den im vorangehenden Schritt für die zwei Distanzstufen erschlossenen Einwohnern verschnitten. Das daraus abgeleitete Bild kann für die verschiedenen Linienvarianten vergleichend ausgewertet und dabei die erschlossenen Einwohner und Arbeitsplätze nach ÖV-Güteklassen dargestellt werden. Für die vergleichende Auswertung werden die Anteile der Einwohner- und Arbeitsplätz, die der Kategorie einer guten und sehr guten Güteklasse zugewiesen werden konnten.
Des Weiteren werden auch die Reisezeiten und Umsteigenotwendigkeiten von definierten Referenzpunkten im Stadtnorden zur Haltestelle „Weichs/DEZ“ ermittelt und vergleichend dargestellt. Für eine grobe Analyse der Kostenaspekte der verschiedenen Varianten wurden sowohl die Infrastrukturkosten der Stadtbahn sowie die Betriebskosten der Stadtbahn in vereinfachter Form ausgewertet, wobei die Unterschiede der Trassenlänge anhand eines Kilometersatzes des Infrastrukturausbaubedarfs ermittelt wurde. Das Busnetz und der Kostenaufwand hierfür werden in allen Varianten als im Wesentlichen gleich angenommen.
Ermittelte Verkehrswirksamkeit:
Die ermittelten Wirkungen sind in beiliegender Präsentation wiedergegeben (Anlage 2). Der Vergleich des Erschließungsgrads der Einwohnenden, die durch eine gute oder sehr gute ÖPNV-Erschließung angebunden werden, zeigt, dass mit einer Linienkombination Pilsen--Allee/Aussiger Straße (A1-B2) oder Bahnhaltepunkt Walhallastraße/Aussiger Straße (A2-B2) gleich gute oder höherer Werte wie bei Führung durch die Sandgasse (A0) erzielt werden. Noch deutlicher fällt der Effekt bei Betrachtung der erschlossenen Arbeitsplätze aus. Hier führen die Varianten, die den Gewerbepark als gewichtige Arbeitsplatzstandort (ca. 6.000 Beschäftigte) des Stadtbezirks an einen oder mehreren Seiten randlich erschließen, zu entsprechend hohen Anteilen (A2, A2-B2, A3-1).
In Beziehung gesetzt zum Infrastrukturaufwand und zum betrieblichen Aufwand, der für die Varianten aufzuwenden ist, zeigt sich, dass für die Linienkombination Pilsen-Allee/Aussiger Straße (A1-B2) im Vergleich zur Variante über die Sandgasse ein deutlicher Mehraufwand zu leisten wäre. Wesentlich geringer fällt dieser Mehraufwand bei der Linienkombination SPNV-Haltepunkt-Walhallastraße/Aussiger Straße aus (A2-B2).
Im Ranking der untersuchten Varianten kann die Variante einer Weiterführung über die Donaustaufer Straße bis zum SPNV-Haltepunkt-Walhallastraße in Kombination mit der Trassenführung in der Sandgasse bis Höhe Aussiger Straße (A2-B2) als verkehrlich vorteilhafte und wirtschaftlich interessante Alternative zur Sandgasse angesehen werden.
Das Ergebnis der Analyse wird der Gutachter in der Sitzung näher erläutern.
Weitere zu berücksichtigenden Aspekte:
Verknüpfung der Stadtbahn mit Haltepunkten des DB-Netzes
Mit der Variante A2-B2 würde sich die Umsteigefunktion vom SPNV auf die Stadtbahn vom Haltepunkt Wutzlhofen auf den Haltepunkt Walhallastraße verlagern. Damit können für Umsteigern aus der Region kürzere Verbindungen zu den wichtigen Zielen im nördlichen Stadtgebiet (u.a. DEZ, Siemensgymnasium, Landratsamt) hergestellt werden. Auch an diesem Haltepunkt ist die Verknüpfung mit einer P+R-Anlage möglich. Der SPNV-Haltepunkt Wutzlhofen würde vorerst nicht mehr mit der Stadtbahn erreicht und hätte daher zunächst lediglich eine Bedeutung als Umsteigemöglichkeit zum städtischen Busnetz für den Stadtnorden sowie zur Gebietserschließung des umliegenden Entwicklungsbereichs Rahmenplan Regensburg Nord (Umfeld Frauenzellstraße). Vor diesem Hintergrund sollte daher grundsätzlich die Option offengehalten werden, auch das neue Stadtquartier zukünftig direkt mit der Stadtbahn zu erschließen. Eine alternative Busanbindung mit Umsteigebeziehung zur Stadtbahn wäre auf Dauer weniger attraktiv. Eine verstärkte Autonutzung der neuen Bewohner mit zusätzlichen Belastungen für Sandgasse und/oder Pilsen-Allee könnte die Folge sein. Darüber hinaus sollte das Ziel bleiben, auch hier eine mögliche P+R Anlage im äußeren Stadtnorden am avisierten Haltepunkt Wutzlhofen zu errichten, weil hier der motorisierte Individualverkehr bereits am Stadtrand „abgefangen“ werden könnte. Perspektivisch wäre es grundsätzlich möglich, die Stadtbahn zu einem späteren Zeitpunkt - bis zum SPNV-Haltepunkt Wutzlhofen bzw. Gewerbegebiet Haslbach noch zu verlängern. Im derzeitigen Konzeptstadium des Rahmenplanes sind solche Optionen enthalten.
Städtebauliche Entwicklung östlich des Bahnhaltepunktes Walhallastraße
Bislang liegen keine Beschlüsse zur Fortführung einer Stadtbahn Richtung Schwabelweis vor. Diese Linienführung ist auch im Regensburg-Plan 2040 nicht angedacht. Bei einer Führung der Stadtbahn und Verbindung mit dem Haltepunkt Walhallastraße könnte dies allerdings mit Blick auf die dort vorhandene Sporteinrichtung sowie die zukünftigen städtebaulichen Entwicklungen östlich der Bahnlinie zielführend sein. Dies wäre im Zuge möglicher weiterer Planungen zu prüfen und sollte auch in Bezug auf den Neubau der Eisenbahnüberführung Donaustauferstraße berücksichtigt werden, insbesondere hinsichtlich notwendiger Fahrgastpotenziale. Die Donauarena und die städtebauliche Entwicklung östlich der Bahnlinie wären vom Haltepunkt Walhallastraße bzw. einer Haltestelle an der Donaustaufer Str. erreichbar.
Empfehlung und weiteres Vorgehen
Auf Basis der vorliegenden Analyse-Ergebnisse und der Empfehlung des Gutachters wird empfohlen in den weiteren Planungen die Trasse mit der genannten Linienkombination A2-B2 weiter zu verfolgen.
Hierfür müssten konkrete Planungsleistungen gemäß Leistungsphase 1 und 2 HOAI nachgeführt bzw. beauftragt werden und zusätzliche Vorplanungen zur Trasse neu in die Planung aufgenommen werden. Diese Leistungen könnten entweder noch im Rahmen des Masterplans oder zusammen mit den Leistungen der anschließenden Planungsschritte der Leistungsphase 3 und 4 beauftragt werden. Es wird die Beauftragung im Rahmen des Masterplans empfohlen, da hierbei auf die bereits umfassenden verkehrstechnischen Analysekenntnisse der Planungsgemeinschaft aufgebaut werden kann, die insbesondere für die komplexen verkehrstechnischen Fragestellungen die Integration der Stadtbahntrasse in die Donaustaufer Straße und deren Wechselwirkungen im umliegenden Straßennetz erforderlich sind.
Unter Berücksichtigung der Empfehlungen aus dem Gutachten (Anlage 2) wird die empfohlene Trassenalternative A2-B2 als eigener zusätzlicher Mitfall im Rahmen der Nutzen-Kosten-Untersuchung bewertet (VO/24/20872/68). Die Linienäste im Stadtnorden sind hierbei in den Kontext des Gesamtnetzes zu stellen. Es leitet sich ein Gesamtnetz „Kernnetz mit Südspange und den Anpassungen im Stadtnorden“ ab. Dieses Gesamtnetz ist auch bei der Konzeption eines Bedienkonzeptes genauer zu betrachten.
Aufgrund der Empfehlung der Alternativtrasse A2-B2 im Stadtnorden ergibt sich eine Anpassung des Gesamtnetzes für die weiteren Planungen der Stadtbahn (Anlage 3).
Der Ausschuss beschließt:
4. Die Aufträge an die Verwaltung ergehen unter Vorbehalt: - einer Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) im Rahmen der Standardisierten Bewertung größer 1 und - eines positiven Bürgerentscheids „Stadtbahn“ (VO/24/20913/33) und - der Finanzierung unter Berücksichtigung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt Regensburg.
Anlagen:
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