Vorlage - VO/07/2705/85  

 
 
Betreff: Entwicklungen im Einzelhandel der Regensburger Altstadt
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Wirtschafts- und Finanzreferent Daminger
Federführend:Amt für Wirtschaftsförderung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Wirtschaft und Fremdenverkehr
17.10.2007 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Fremdenverkehr zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

                                                                                                             

 

 

Sachverhalt: 

 

Zur Lage des Einzelhandels in der Altstadt

 

 

 

Starke Nachfrage nach Einzelhandelsflächen in der Regensburger Altstadt

 

Die Dynamik bei Umzügen und Zuzügen von Einzelhandelsgeschäften ist ungebrochen. Die Zahl leer stehender Geschäfte hat sich seit März dieses Jahres deutlich reduziert. Parallel zu den Vermietungen hat sich die Verkaufsfläche (VKF) in der Altstadt erhöht. Mehrere Gebäude mit möglicher Einzelhandelsnutzung befinden sich momentan im Umbau bzw. werden saniert. In Nebenlagen und außerhalb der Geschäftslagen werden einige Einheiten, in denen Einzelhandel theore­tisch möglich wäre, zukünftig von Dienstleistungsunternehmen genutzt. Die Nachfrage nach Ladeneinheiten in 1a- und 1b-Lagen übersteigt deutlich das Angebot.

 

Im Rahmen der Einzelhandelskartierung in der Regensburger Altstadt wurden im Frühjahr 2007 rund 600 Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von etwa 77.000 Quadratmeter erfasst. Insgesamt 48 leer stehende potentielle Ladeneinheiten mit einer möglichen zusätzlichen Verkaufsfläche von 5.285 Quadratmeter wurden ermittelt. Lediglich ein Leerstand befand sich in der 1a-Lage – je­doch 30 Leerstände außerhalb der stärker frequentierten Geschäftslagen der zentralen Altstadt.

 

 

Entwicklung der Leerstände im Einzelhandel der Regensburger Altstadt

 

 

Seit März 2007 wurde fast die Hälfte der ungenutzten Einheiten mit insgesamt rund 2.500 qm Verkaufsfläche vermietet. In ein Drittel dieser Fälle fand gleichzeitig eine Nutzungsänderung statt. Einige ehemalige Ladenlokale wurden in Büros für Grafiker, Architekten u.ä. umgewandelt, andere werden zukünftig als Handwerksbetriebe (Friseur etc.) genutzt. Zusätzlich gab es einige Mieterwechsel - ohne Leerstandszeiten. Größtes (Umbau-)Objekt war das ehemalige Rothdau­scherhaus, in dem das Textilgeschäft „Zara“ seit Mitte September, auf zwei Geschossen und einer Fläche von 1.500 qm, seine Waren anbietet.

 

 

Neuvermietungen leer stehender Einzelhandelsgeschäfte in der inneren Altstadt seit März 2007

 

 

 

Positive Entwicklungen im Geschäftsbesatz nahezu aller Geschäftslagen

 

Ein Ziel der Wirtschaftsförderung ist es, in der Innenstadt eine attraktive und vitale Nutzungs­vielfalt fortzuentwickeln. Hierbei stellt sich die Aufgabe, speziell den Einzelhandel der Altstadt in seiner Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und auszubauen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die überragende Beutung des Einzelhandels für die Stadt als Oberzentrum der Region. Die ge­wachsenen Einkaufsbereiche sollen idealer Weise mit eigenständigen Profilen besondere Attraktivität entwickeln und damit zur unverwechselbaren Identität der Stadt beitragen. Es gilt, den immer gleichen Warenangeboten der immer gleichen Anbieter in vielen deutschen Innenstädten – und damit der Eintönigkeit – entgegenzuwirken. Neben inhabergeführten, hochwertigen Fach­geschäften können innovative Nachwuchsunternehmer/innen hierzu entscheidend beitragen.

 

Dieser Bericht nennt schlaglichtartig nur einige Betriebe, um die Vielfalt und Dynamik zu de­monstrieren. Es gibt noch zahlreiche weitere neue Geschäfte im Handels- und Dienstleistungs­bereich mit innovativen Konzepten, die in letzter Zeit – vielfach mit  Unterstützung der Wirt­schaftsförderung - realisiert werden konnten.

 

Zahlreiche neue, individuelle Geschäftsideen mit hand- und kunsthandwerklichem Hintergrund wurden in den letzen 12 Monaten in 1b- und 2a-Lagen realisiert. Neben dem Engelladen „Alle­luja“/ Brückstraße 4 , dem Geschäft „Schwesternliebe“ / Kramgasse 1 , „Spielwaren Schlau­mayer“/ Malergasse 7, „Domus Botanicus“/ Obere Bachgasse 16, „Einseifer’“/ Tändlergasse 2, „Galerie Arte Nobilis“/ Obere Bachgasse 15, „Cultheca“/ Krauterermarkt 2, haben sich in der Fröhlichen-Türken-Straße 5 im  „Kaufhäuschen“  verschieden Boutiquen zusammengefunden, u.a. bietet Herr Florian Eckert, der lange und intensiv nach einem geeigneten Standort gesucht hat, Mode- und Wohnaccessoires aus Filz an.

 

Die Spielhalle in der Unteren Bachgasse 5 wurde Anfang 2007 geschlossen. Seit Umbau im Innern und Neugestaltung der Eingangsituation wird die verfügbare Fläche von rund 150 qm durch ein zweites Geschäft des örtlichen „Edel-Fastfood-Anbieters“ Lagom Lunch und die Firma „compustore“ erfolgreich betrieben.

 

In der Schwarze-Bären-Straße setzt nach aufwändigem Umbau und denkmalgerechter Sanie­rung das familiengeführte Einrichtungshaus Paulin (Neu: 900 qm) seinen Betrieb fort. Im ehe­malige „Carlson-Haus“ in der Goliathstraße hat neben der Hotelnutzung mit „la donna – scarpe“ eine hochwertige Einzelhandelsnutzung Einzug gehalten.

 

Neben diesen individuellen Konzepten erwarten die Kunden auch in der Altstadt die aus der überregionalen Werbung bekannten Marken! Nach dem Umzug von Bonita in den ehemaligen „Woolworth“ konnte für die Maximilianstraße 14 mit Cecil ein namhafter Nachmieter gefunden werden, für den der Eigentümer die komplette Hausfassade – passend zum Erscheinungsbild des neuen Mieters anpasste. Erfreulich ist auch, dass für den hochwertigen DOB-Spezialisten Delmod in der Residenzstraße ein guter Standort gefunden werden konnte und bereits im Feb­ruar der Geschäftsbetrieb aufge­nommen wurde. Im August hat das Lingeriefachgeschäft „Hun­kemöller“– als Nachfolger von „Butlers“ – in der Weißen-Lilien-Straße 7 sein neues Ladenlokal bezogen - womit der führende Dessous-Einzelhändler Deutschlands auch in  Regensburg prä­sent ist. Die „Wolford Boutique“ eröffnete bereits Mitte des Jahres in der Roten-Hahnen-Gasse.

Mit dem „Brigitte von Boch“- Geschäft (Nachmieterin von „Biggi Best“) wird in der Schwarzen-Bären-Straße ein Anbieter in Regensburg ansässig, der ansonsten nur in größeren Großstädten – und dort nur in 1a-Lagen anzutreffen ist.

 

 

Stärkere Zusammenarbeit und gemeinsame Aktivitäten in Straßen und Quartieren

 

Mit der Gründung der beiden Interessengemeinschaften „Einkaufserlebnis Königsstraße“ und „Obermünsterviertel“ zeigen die dort ansässigen Händler und Dienstleister die oftmals vermisste Eigeninitiative. Die kurzfristige Realisierung der Weihnachtsbeleuchtung in der Königsstraße – ge­meinsam finanziert durch Eigentümer und Händler – ist besonders bemerkenswert und lässt auf weitere Aktivitäten hoffen. Mit den Niveauangleichungen der Fußgängerzone im Kreuzungs­be­reich Königsstr./Schäffnerstr. konnte die Stadtverwaltung einem lange geäußerten Wunsch der Anlieger entsprechen. Ein Konzept zu weiteren Verbesserungen der Aufenthaltsqualität ist in Arbeit.

 

Nach einer ersten Weihnachtsaktion hat die Interessengemeinschaft Obermünsterviertel mit den „Gesundheitstagen“ im Juli das Profil des Quartiers geschärft und ein deutliches „Wir-Gefühl“ aufgebaut – weitere Aktionen sind in Planung. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Ende März 2006) zu privaten Wettbüros hatte positive Auswirkungen besonders auf dieses Quartier. Die seitens der Stadt umgehend erlassenen fünf „Verbotsverfügungen mit Sofortvollzug“  wur­den umgesetzt. Die betreffenden Wettbüros befanden sich allesamt in der Altstadt, drei davon im Obermünster-Viertel. Allein die Schließung dieser Einrichtungen stärkt die Standorte und verbessert die Vermietbarkeit benachbarter, leer stehender Ladenlokale. In einem der ehemali­gen Wettbüros in der Obermünsterstraße startet eine Existenzgründerin mit trendiger Mode und ent­sprechenden Accessoires.

 

In der Wahlenstraße haben die Inhaber des neuen Mode-Geschäfts „Gades“ die Initiative er­griffen und Geschäftsleute und Hauseigentümer für die Anschaffung einer Weihnachtsbeleuch­tung gewonnen.

 

 

Aktuelle Entwicklungen bei Einzelhandelsimmobilien in Deutschland und deren Bedeutung für die Regensburger Altstadt

 

Eckhard Brockhoff, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Maklerunternehmens, stellt im Handelsimmobilien-Report vom 20.07.07 fest, dass es in den deutschen Innenstädten insgesamt zu viele kleine Läden gibt. Als Grund hierfür sieht er neben den räumlichen Gege­benheiten besonders den Umstand, dass die Eigentümer für kleinere Ladenflächen höhere Quadratmetermieten erhalten, wodurch sich in der Vergangenheit vielfach entsprechende Mo­nostrukturen herausgebildet haben. Der Markt nach diesen Ladenformaten ist gesättigt. Im Rahmen des strukturellen Wandels im Einzelhandel und seiner Sortimente werden zunehmend größere Ladenformate in 1a-Lagen gesucht, in denen neue Konzepte, erweiterte Sortimente und attraktivere Warenpräsentationen realisiert werden können. Die Firma Lührmann bestätigt diese Entwicklung und konstatiert als Hauptgrund für diesen Engpass: „Aber Hauseigentümer wagen sich an die entsprechende Entwicklung ihrer Ladenflächen mit Blick auf das Risiko oft nicht ran“. 

 

Umso erfreulicher ist es, dass die Familie Insinger mit dem Rothdauscher-Haus diesen Weg eingeschlagen hat und mit dem Filialisten Zara einen renommierten Magnetbetrieb für die (Alt-) Stadt gewonnen hat. Auf rund 1.500 qm Verkaufsflächen entwickelt Zara mit zielgruppenge­rechtem Profil seine  hohe Anziehungskraft für gesamt Ostbayern.

 

Gegenwärtig zeichnet sich ein weiterer bundesweiter Trend ab, der nur auf den ersten Blick der o.g. Feststellung von Herrn Brockhoff widerspricht. Es ist die neue Entwicklung hin zu eigenen, spezialisierten Ein-Marken-Geschäften (so genannte Monolabel-Stores) der großen Textil- und besonders der Schuhhersteller, bei denen auch kleinere Ladenformate verstärkt nachgefragt werden. Trotz des starken Wettbewerbs versuchen etliche Lifestyle- und Herstellermarken aus dem In-und Ausland, expansionsfreudig eigene Vertriebswege aufzubauen. Gesucht sind hoch­wertige Einzelhandelsflächen in 1a-Lagen.

Im Schuhhandel suchen kleinere und modische Anbieter Flächen um die 100 qm - der Schwer­punkt der Nachfrage liegt aber hier im Bereich von 250 bis 500 qm; im Textilbereich werden Flächen von 80 bis 120 qm bevorzugt bzw. von 300 bis 700 qm.  Mit dieser Vertikalisierung im Handel geht auch eine stärkere Konzentration einher, was für den klassischen Facheinzelhandel den Zwang bedeutet, sich generell neu zu formieren.

 

Diese nachgefragten Flächen stehen momentan in der Regensburger Altstadt kaum zur Verfü­gung und können im Welterbe-Ensemble - wenn überhaupt - nur unter größeren Schwierigkeiten  entwickelt werden. Mit dem Beschluss zu den vorbereitenden Untersuchungen für ein Sanie­rungsgebiet „Schäffnerquartier“ sind u.U. die Weichen gestellt für die Schaffung größerer La­deneinheiten, die so in der übrigen Altstadt nicht darstellbar wären. Mit dem Basic Biosuper­markt (auf 900 qm) und der Markthalle (600 qm) im Erdgeschoss des sanierten Park­hauses am Dachauplatz wurde bereits eine große Chance zur Stärkung des Einzelhandels­standorts Altstadt genutzt. Besonders der östliche Bereich der inneren Altstadt wird eine deutli­che Aufwertung und Belebung erfahren, die auch in die nördliche Maximilianstraße ausstrahlen wird.

 

Mittelfristig wird die oben beschriebene Vertikalisierung  auch der Regensburger Altstadt zugute kommen - entsprechende Kontakte sind geknüpft.

 

 

Fazit und Ausblick

 

Der Einzelhandel ist nach wie vor einer der entscheidenden Größen für die Lebendigkeit der Innenstadt. Ein ausgewogener Branchen-Mix erhöht die Attraktivität und stärkt den Standort in der Verbrauchergunst. Neben der Nahversorgung der Altstadtbewohner ist das oberzentrale Sortiment zu sichern, das erst durch seine Alleinstellungsmerkmale für die notwen­dige Kunden­frequenz sorgt.

 

Im Rahmen des EU-Projekts Hist.Urban wird gegenwärtig ein Leitbild für den Einzelhandel in der Altstadt entwickelt. Neben der unmittelbaren Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger werden in zwei Strategiekonferenzen ausgewählte Interessenvertreter erörtern, wie die Einzelhandels­land­schaft der Altstadt in Zukunft aussehen kann. Hiermit wird auch eine wichtige Basis geschaf­fen für die anstehende Fortschreibung des Einzelhandel-Rahmenkonzeptes und damit für die wei­tere Entwicklung des Einzelhan­dels am gesamten Standort Regensburg.

 

Der Ausschuss nimmt vom Bericht Kenntnis

 

Der Ausschuss nimmt vom Bericht Kenntnis.