Vorlage - VO/08/3101/62  

 
 
Betreff: Einrichtung einer Jugendbauhütte
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Amt für Städtebauförderung und Vergaben   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
27.02.2008 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

                                                                                                             

 

 

Sachverhalt: 

 

Interessierte junge Menschen in einem „Freiwilligen Jahr in der Denkmalpflege“ (FJD) mit theoretischer und praktischer gemeinschaftlicher Arbeit an die vielfältigen Aufgaben und Ziele des Denkmalschutzes heranzuführen, so könnte man die Idee der Jugendbauhütten in aller Kürze beschreiben. Diese Initiative hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ins Leben gerufen. Mit der Idee der Jugendbauhütte knüpft sie an die Tradition mittelalterlicher Bauhütten an, in deren sozialer Gemeinschaft Kunst und Handwerk eine Einheit bildeten. Entwerfen und Ausführen gingen Hand in Hand. Der Baumeister arbeitete zugleich als Architekt, Bildhauer und Bauhandwerker; Kunst und Handwerk waren eng verknüpft.

Darüber hinaus stellte die Bauhütte auch eine soziale Gemeinschaft dar, in der auf genossenschaftliche Art und Weise Arbeit, Lebensunterhalt und soziale Sicherheit auf Gegenseitigkeit gewährleistet wurden. Die heutigen Jugendbauhütten möchten nicht diese historischen Einrichtungen wieder beleben, wohl aber eines ihrer Merkmale aufgreifen, das zeitlos gültig ist: die Bildungsfunktion. Sie gilt es in neuzeitlicher Form umzusetzen. In einer nicht alltäglichen Arbeit sollen die jungen Menschen mit dem wichtigen Thema Denkmalpflege vertraut gemacht werden, um ein Verantwortungsbewusstsein für unser bauliches Erbe zu erlangen.

Für viele Teilnehmer wird die Tätigkeit in den Einsatzstellen der erste Kontakt mit anderen Menschen im Erwerbsleben und auch zum beruflichen Alltag sein. Dies und die Arbeit in der Gemeinschaft fördern maßgeblich die Persönlichkeitsbildung.

 

Im Juni 2002 wurde das Gesetz zur Förderung des Freiwilligen sozialen Jahres geändert, „kulturelle Einsatzstellen“ wurden darin ausdrücklich aufgenommen. Darüber hinaus wird das FJD durch die Änderung des Zivildienstes auch für den Zivildienst anerkannt. Danach können Wehrdienstverweigerer das FJD als Ersatz für den Zivildienst absolvieren.

 

Für eine Jugendbauhütte können sich junge Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren bewerben, die sich für Denkmalkultur und Handwerk interessieren. Besondere schulische Voraussetzungen werden nicht verlangt, lediglich die Schulpflicht muss erfüllt sein. Entscheidend für die Auswahl sind allein das Persönlichkeitsbild der Bewerber, das erkennbare Interesse an der Denkmalpflege sowie der Wunsch, sich freiwillig ein ganzes Jahr lang für eine solche Aufgabe zu verpflichten.

 

 

Zwischen 20 und 25 Teilnehmer gibt es in jedem Jahr pro Bauhütte. Betreut werden sie von einem so genannten Hüttenbaumeister.

Die Freiwilligen erhalten Verpflegungs- und Taschengeld sowie Zuschüsse zur Unterbringung, damit sie während dieser Zeit ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

 

Die Unterbringung wird im Prinzip privat organisiert. In besonders günstigen Fällen steht ein Haus zur Verfügung, das als gemeinsame Wohnmöglichkeit dient.

 

Die meiste Zeit verbringen die Teilnehmer/innen in den so genannten Einsatzstellen, das sind gemeinwohlorientierte Einrichtungen wie Denkmalbehörden, Museen oder Vereine aber auch kleine und mittlere Handwerks- und Baubetriebe, Architektur- und Planungsbüros etc., die sich dazu bereit erklärt haben, den Freiwilligen Einblick in ihre Arbeit zu geben und sie praktische Erfahrungen sammeln zu lassen.

 

Der Erfolg des Projektes liegt auch in dem Zusammenspiel von praktischer und theoretischer Arbeit, durch den ein kontinuierlicher Prozess der Wissensvermittlung und des Erfahrungsaustausches entsteht. In den sieben über das Jahr verteilten Seminarwochen (insgesamt 35 Tage) werden den Teilnehmern theoretische Grundlagen der Kunst- und Kulturgeschichte sowie die Geschichte und Aufgaben des Denkmalschutzes vermittelt. Aber auch Baustil- und Materialkunde, rechtliche Grundlagen, die Vorstellung einschlägiger Berufsbilder und natürlich – nicht zu vergessen – auch die Restaurierung finden darin Platz.

 

 

Das FJD ist international geöffnet. Insbesondere junge Menschen aus den Ländern der EU sind herzlich willkommen. Dies trägt zur internationalen Verständigung und zum interkulturellen Lernen bei. Seit Beginn des Projektes kommen Teilnehmer aus Frankreich, Spanien und den Niederlanden, Polen, Russland und Georgien.

 

Das FJD ist arbeits- und ausbildungsplatzneutral. Es entstehen keine negativen Auswirkungen insbesondere auf den Ausbildungsmarkt, etwa in dem Sinne, dass durch das FJD vorhandene Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können oder nicht nachgefragt werden.

 

Das FJD gibt Orientierung zur Berufsfindung und trägt zum Erkennen des eigenen Entwicklungspotentials, des Leistungsvermögens und der beruflichen Chancen entscheidend bei.

Auch das Handwerk bestätigt den berufsbezogenen Charakter des FJD. Der Deutsche Handwerkskammertag hat entschieden, dass das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege auf die Ausbildung des jeweiligen Handwerks (Lehrzeit) angerechnet werden kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen, insbesondere beim Ausbildungsbetrieb, gegeben sind. Die Frage wird in jedem Einzelfall von der zuständigen Handwerkskammer entschieden.

 

Die Idee zu den Jugendbauhütten hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz entwickelt und für die Bewältigung der Aufgaben, wie Steuerung und Koordinierung der beteiligten Partner, 1999 den Verein „Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz e.V.“ gegründet.

 

Derartige Einrichtungen bestehen bislang in den Welterbestätten Stralsund, Wismar und Quedlinburg, weitere werden in Romrod, Duisburg-Raesfeld, Görlitz, Brandenburg/Berlin, Soest und Mühlhausen betrieben. Jährlich werden hier zwischen 20 und 25 Teilnehmer von einem örtlichen Hüttenbaumeister betreut und zudem fachlich mit Weiterbildungseinrichtungen des Handwerks zusammengeführt.

 

Dr. Norbert Heinen, Geschäftsführer der Jugendbauhütten bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die gemäß ihrem Satzungsauftrag den Gedanken des Denkmalschutzes und die Notwendigkeit der Pflege bedeutsamer Kulturdenkmäler breiten Kreisen der Bevölkerung vermittelt, hat die von der Stiftung geschaffene Einrichtung einer Jugendbauhütte in der Stadt Regensburg angeregt.

 

Gerade durch die Aufnahme in die Liste der Welterbestätten wird für Regensburg großes Interesse an einer derartigen Institution vorausgesetzt, die in Süddeutschland bisher noch nicht existiert. Auch die Stadt Bad Windsheim ist derzeit bestrebt, dieses Programm der „Jugendbauhütte“ durchzuführen. Hier ergeben sich Überlegungen, eventuell in Kooperation mit der Stadt Bad Windsheim eine derartige Einrichtung zu schaffen.

 

Die jährlichen Kosten pro Bauhütte belaufen sich nach den Erfahrungswerten der anderen Städte auf 300.000.- bis 350.000.- €. Dargestellt am Budget der Jugendbauhütte Quedlinburg beinhalten die Gesamtkosten Personalkosten u.a. für die pädagogische Leitung, Sachkosten und Öffentlichkeitsarbeit, Teilnehmerkosten (Taschengeld, Zuschuss für Verpflegung und Unterkunft für die Jugendlichen) sowie Seminarkosten.

 

Die Finanzierung erfolgt durch Eigenleistungen der Einsatzstellen, durch die Bundesagentur für Arbeit, durch Landesmittel sowie durch Mittel des Europäischen Sozialfonds und durch Mittel des Europäischen Freiwilligendienstes, durch das Bundesamt für Zivildienst, durch kommunale Mittel und durch eine Spitzenfinanzierung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

 

Wie bei anderen bestehenden Jugendbauhütten sollen auch in Regensburg die Kosten überwiegend mit Hilfe Dritter finanziert werden. Die städtische Beteiligung könnte durch die Übernahme, beispielsweise von Sachposten (z.B. die Überlassung eines Raumes für den Hüttenbaumeister), die Tragung von Personalkosten bzw. die Ausreichung von Finanzmitteln, erfolgen. Eine genaue Angabe hierzu lässt sich jedoch erst nach der Abstimmung mit möglichst vielen Unterstützern bzw. Beteiligten machen. Es sollen hierzu Gespräche mit den Ministerien des Landes Bayern, dem Landrat, dem Bezirkstagspräsidenten, den Geschäftsführern der IHK, HWK und der Kreishandwerkerschaft sowie diversen Stiftungen geführt werden.

 

Projektvertreter ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Stadt Regensburg signalisiert mit ihrer Mitwirkungsbereitschaft die Unterstützung des bedeutsamen Projektes.

 

Die Verwaltung wird beauftragt,

 

Die Verwaltung wird beauftragt,

 

·       der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem zuständigen Landesministerium die Mitwirkungsbereitschaft der Stadt Regensburg an dem Projekt „Jugendbauhütte“ zu signalisieren,

 

·       im Rahmen des Projekts „Jugendbauhütte“ auf Landes- und Bezirksebene mit Behörden und Institutionen im Hinblick auf eine mögliche Gesamtfinanzierung die Deutsche Stiftung bei ihren Gesprächen zu unterstützen,

 

·       mit der Stadt Bad Windsheim Kooperationsmöglichkeiten abzuklären,

 

·       dem Ausschuss zu gegebener Zeit über das Ergebnis der Ermittlungen zu berichten.