Vorlage - VO/10/5394/65  

 
 
Betreff: Ersatztrasse Steinerne Brücke
Bericht zur Machbarkeitsstudie für einen Bustunnel unter dem Donau-Nordarm, Juni 2009
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:1.
2. Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Tiefbauamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
18.05.2010 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt: 

 

Anlage:           Übersichtsplan der Tunnelvarianten (ohne Maßstab)

 

 

Anlass:

 

-          Antrag der Fraktion der Freien Wähler Regensburg vom 16.07.2009 mit der Forderung auf Basis einer Tunnel-Machbarkeitsstudie vom Juni 2009 die Vergabe von Planungsleistungen vorzubereiten.

-          Antrag der SPD –Stadtratsfraktion Regensburg vom 31.07.2009 mit einem Fragenkatalog zur Tunnel-Machbarkeitsstudie, der im Rahmen der Behandlung des Freie Wähler-Antrages zu beantworten sei.

-          Beschluss im Ausschuss für SVUW am 15.09.2009, VO/09/4715/65, in dem die Verwaltung beauftragt wurde, den Inhalt der Machbarkeitsstudie auf Tauglichkeit zu prüfen, diesbezügliche Fragestellungen einzubeziehen und dem Ausschuss wieder zu berichten.

-          Weiterhin wird im folgenden Bezug genommen auf die Beschlussvorlage im Ausschuss für SVUW vom 14.10.2008, VO/08/3751/61, bei welcher die Vorbereitung eines Wettbewerbsverfahren für beide Brückentrassen beschlossen und die Weiterverfolgung von Tunnelvarianten mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.

 

 

Vorgehensweise:

 

Die Verwaltung hat sich bezüglich der Tunnelsicherheit und zur Kostenprüfung eines externen Fachgutachters, dem Institut BUNG Ingenieure AG, Heidelberg, bedient. Mit dessen Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Prof. Dr.-Ing. Baltzer konnte deutschlandweit die wohl höchste Fachkompetenz für diese Aufgabe gewonnen werden. Als Leiter des Arbeitsausschusses „Ausstattung und Betrieb von Straßentunneln“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen hat Herr Prof. Dr.-Ing. Baltzer die für die Beurteilung der Tunnelsicherheit maßgeblichen Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln, kurz RABT, federführend mitentwickelt.

Ergebnis der für rund 41.000 € in Auftrag gegebenen Untersuchung ist eine zweistufige Sicherheitsbewertung mit anschließender Kostenprüfung.

 

 

Kurzbeschreibung des Tunnelvorschlages der sogenannten Machbarkeitsstudie, die im Auftrag der Fraktion der Freien Wähler Regensburg erarbeitet wurde:

 

Eine gut 700 m lange in einem Bogen verlaufende Straßenverbindung zwischen der Gräßlstraße in Stadtamhof und der Wöhrdstraße auf dem Unteren Wöhrd. Ein rund 480 m langer Tunnel unterfährt die Gebäude im Bereich des Grieses und den Donau-Nordarm und taucht im Süden im Bereich des derzeit als Parkplatz genutzten sog. Jakobigeländes wieder auf. Den Tunnelportalen sind jeweils rund 50 m lange von Stützwänden eingefasste Trogstrecken vorgelagert.

 

Der Untersuchungsumfang geht jedoch deutlich über diesen Tunnelvorschlag hinaus. Nachdem erhebliche Sicherheitsdefizite festgestellt wurden, wurden bezüglich der Sicherheit und hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit deutlich verbesserte Tunnelkonzepte in die Überlegungen mit einbezogen. Dies ermöglicht eine umfassendere und grundsätzliche Beurteilung einer etwaigen Bustunnellösung zwischen Stadtamhof und dem Unteren Wöhrd.


Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:

 

 

Verkehrsabwicklung und Leistungsfähigkeit:

 

Beurteilungsgrundlage sind die Verkehrszahlen des Regensburger Verkehrsverbundes GmbH & Co. KG. Demnach querten vor Sperrung der Steinernen Brücke in der Spitzenstunde zwischen 7 und 8 Uhr 29 Linienbusse die Donau. In der Prognose wird bei insgesamt rund 370 Donauquerungen täglich von 36 Fahrten in der Spitzenstunde ausgegangen.

 

Wichtige Randbedingungen sind:

-          Anzahl der Fahrstreifen:                                 einbahnig, einstreifig

-          Durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit:         mindestens 25 km/h

-          Stauraumlänge vor den Tunnelportalen:        jeweils mindestens für 2 Gelenkbusse

-          Mindestabstand bei Hintereinanderfahrt:        300 m Sicherheitsabstand, kein Pulk

 

Eine Stauraumüberfüllung könnte zudem durch Funksteuerung und Vorsortierung mit Wartezeiten an vorgelagerten Haltestellen vermieden werden.

 

Ein einstreifiger Linienbustunnel ist unter den o.g. Randbedingungen für den prognostizierten Linienbusverkehr noch ausreichend. Eine Nutzung des Tunnels durch Fußgänger, Radfahrer, Mofas, o.dgl. ist aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Taxis wären nur dann denkbar, wenn der Tunnel kein Spurführungssystem erfordert (siehe unten).

 

 

Tunnelsicherheit:

 

Maßstab der Sicherheitsbewertung ist die RABT (siehe obigen Abschnitt „Vorgehensweise“). Die sicherheitsrelevanten Szenarien im Tunnel sind insbesondere Hindernis/Panne, Kollision und Brand. Augenmerk ist dabei vor allem auf die Vermeidung bzw. die Verringerung von Störungen oder Gefahren, die Minimierung des Schadensausmaßes und die Möglichkeiten der Selbst- und Fremdrettung zu legen. Um das erforderliche Sicherheitsniveau zu gewährleisten, müssen bestimmte bauliche, technische und betriebliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Dem Tunnelvorschlag der Machbarkeitsstudie fehlen insbesondere folgende notwendige Sicherheitsmerkmale:

 

-          Die Ausstattung von Tunnel und Linienbussen mit einem elektronischen Spurführungssystem und einer automatischen Detektion als Warnsystem bei Brand oder vor Kollisionen.

Diese Einrichtungen können zwar beim Tunnelvorschlag der Machbarkeitsstudie ergänzt werden, müssen dann aber bei den Kosten berücksichtigt werden.

 

-          Unzureichender Tunnelquerschnitt, d.h. es ist eine Vergrößerung des Tunneldurchmessers um rund 1,5 m erforderlich, …

Ø      damit sich ein Brand weniger intensiv entwickelt und der Rauch sich nicht so schnell und nicht über den gesamten Querschnitt ausbreitet,

Ø      um den eigenständigen Busausstieg aller Insassen, auch von Rollstuhlfahrern, und somit die Selbstrettung zu gewährleisten. Dafür sind die Notgehwege beidseits jeweils mindestens 1,5 m breit anzulegen.

Vor allem aus diesen Anforderungen heraus hat der Gutachter eine Tunnelvariante

1 a mit einem Innendurchmesser von 7,70 m als Mindestmaß entwickelt.

 

-          Die starken Gefälle- und Steigungsstrecken (7 bzw. 10 %) führen zu …

Ø      einer rascheren Rauchausbreitung (Kamineffekt),

Ø      einer eingeschränkten Möglichkeit zur Selbstrettung. Neben der verkürzten Rettungszeit im Brandfall können die Steigungsstrecken insbesondere durch Kinder, Ältere und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen (Rollstuhlfahrer, Rollatoren, Kinderwagen) nur deutlich langsamer oder im Einzelfall ohne fremde Hilfe gar nicht überwunden werden.

 

Dieses Sicherheitsdefizit ist bei der in der Machbarkeitsstudie angedachten Tunneltrasse nicht überwindbar, da sich sowohl die Trassenlänge, als auch die Ausgangshöhen und die Tiefenlage nicht mehr optimieren lassen. Variante 1a mit dem RABT-konformen Tunnelquerschnitt ist diesbezüglich sogar noch ungünstiger, da der Donau-Nordarm noch tiefer unterquert werden muss und sich deshalb noch größere Steigungen ergeben.

 

Es ist aus Sicht der Stadtverwaltung nicht vertretbar, insbesondere die Rettungschancen der mobilitätseingeschränkten Fahrgäste aufgrund einer von vorne herein mit Mängeln behafteten Tunnellösung zu schmälern, wenn es eine dahingehend optimierte Tunnelvariante gibt.

 

 

Tunnelvariante in offener Bauweise über den Grieser Spitz

Aus diesem Sicherheitsdefizit heraus wurde eine neue Tunneltrasse in die weiteren Untersuchungen mit einbezogen: Diese führt im Bereich von Stadtamhof analog der schon von der Verwaltung untersuchten und zuletzt in der Beschlussvorlage ausführlich behandelten und letztendlich im Beschluss mangels Realisierungschancen verworfenen Tunneltrasse entlang der Schifffahrtswasserstraße über den Grieser Spitz. Auf dem Unteren Wöhrd müsste jedoch zur Einhaltung von Kurvenmindestradien für eine ausreichende Sicht der Busfahrer in etwa auf der Linie des Tunnelvorschlages der Machbarkeitsstudie verlaufen. Neben der Annahme einer Einstreifigkeit ist der wesentliche Unterschied zu den bisherigen Tunnelüberlegungen die Wahl der sogenannten „offenen Bauweise“. Dafür wird keine spezielle und kostenintensive Tunnelvortriebsmaschine benötigt, sondern in z.B. mit Spundwänden hergestellte Baugruben abschnittsweise sozusagen oberirdisch der Tunnel gebaut. Dies funktioniert prinzipiell auch bei Querung eines Fließgewässers wie den Donau-Nordarm.

Dadurch könnte eine deutlich geringere Tiefenlage unter der Donau gewählt werden, was zu spürbarer Verringerung der Steigungs- und Gefällestrecken im Tunnel führt, d.h. dies wäre eine bzgl. der Tunnelsicherheit optimierte Variante. Sogar auf eine elektronische Spurführung könnte verzichtet werden. Weitere entscheidende Vorteile dieser Variante sind die verminderten Baugrundrisiken und die Inanspruchnahme von Flächen der öffentlichen Hand zum Schutze des Privateigentums. Ungeachtet der unbestrittenen Vorteile eines Tunnels in offener Bauweise bleiben derzeit noch wichtige Fragen offen (z.B die Zulässigkeit von notwendigen Eingriffen in den Kiesfang und in den Baumbestand)

Diese Variante wird nun bei den Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit vergleichend untersucht.


Kosten und Wirtschaftlichkeit

 

 

Zusammenstellung der angegebenen Bruttobaukosten der untersuchten Tunnelvarianten:

 

 

Tunnelvorschlag der Machbarkeitsstudie:                                                      17,0 Mio. €

(Schätzung der Planungsgemeinschaft vom Juni 2009)

 

 

Tunnelvorschlag der Machbarkeitsstudie:                                                      35,5 Mio. €

Schätzung von BUNG Ingenieure vom April 2010

 

Tunneltrasse der Machbarkeitsstudie

mit RABT-konformen Querschnitt:                                                                 42,1 Mio. €

(Schätzung von BUNG Ingenieure vom April 2010)

 

 

Tunneltrasse „Grieser Spitz“ in offener Bauweise:                                        33,2 Mio. €

(Schätzung von BUNG Ingenieure vom April 2010)

 

 

Amtsentwurf der Stadtverwaltung:                                                            >   30,0 Mio. €

(Schätzung 2005)

 

 

Die Kostenangaben in der Machbarkeitsstudie sind in jeglicher Hinsicht unauskömmlich bzw. unvollständig. Es ergibt sich stattdessen bei einer sorgfältigen Kostenschätzung in etwa eine Verdoppelung der Baukosten. Für einen umsichtig handelnden Vorhabensträger wäre es nicht zu verantworten, sich die Angaben der Machbarkeitsstudie zu Eigen zu machen. Auch wenn den aktuellen Grobschätzungen von BUNG Ingenieure gegenüber der Tunnellösung des Amtsentwurfes abweichende Planungsfälle zugrundeliegen, wird die Größenordnung der Kostenschätzung der Stadtverwaltung aus dem Jahr 2005 damit bestätigt.

Zudem müssten den Schätzungen der BUNG Ingenieure jeweils noch mindestens folgende Investitionskosten hinzugerechnet werden, und zwar für …

 

-          die Errichtung eines Tunnelbetriebsgebäudes (rund 0,25 Mio. €)

-          Ausgleichs- und Begrünungsmaßnahmen (insbesondere beim Tunnel in offener Bauweise ist der Eingriff in den Baumbestand voraussichtlich größer als bei einer Brückenlösung: rund 0,5 Mio. €)

-          eine Grundstücksentwertung des Jakobi-Geländes (k.A.)

-          Bauleitung und örtliche Bauüberwachung (rund 0,8 Mio. €)

 

 

Zu den laufenden jährlichen Betriebskosten fehlt in der Machbarkeitsstudie jegliche konkrete Angabe. Bei den Kostenschätzungen von BUNG Ingenieure betragen diese im Mittel rund 250.000 € brutto. Die Stadtverwaltung hat bisher mit einer Größenordnung zwischen 150.000 und 200.000 € brutto offensichtlich noch zu wenig einkalkuliert. Dabei blieben von Seiten der BUNG Ingenieure im derzeitigen Planungsstadium Personalkosten für die Rund-um-die-Uhr–Besetzung der Tunnelüberwachungsstelle noch unberücksichtigt.

 


 

Fazit:

 

Nach den aktuellen Kostenschätzungen sind für einen Bustunnel realistisch von Baukosten in einer Größenordnung von 35 Mio € brutto und jährlichen Betriebskosten von etwa  250.000 € brutto auszugehen.

Die bisherige Arbeitsweise und die daraus resultierenden Ergebnisse der Stadtverwaltung hinsichtlich etwaiger Tunnellösungen für eine Busersatztrasse werden fachlich bestätigt. Die bisherigen Entscheidungen der Stadt sind somit nach sorgfältiger Abwägung der entscheidungserheblichen Belange erfolgt und sind bis heute uneingeschränkt richtig.

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

 

  1. Der Ausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 

  1. Der Antrag der Freien Wähler – Fraktion vom 16.07.2009 auf Vergabe von Planungsleistungen für die Donau-Nordarm-Tunnel-Querung wird abgelehnt. Die in der Machbarkeitsstudie angedachte Tunnellösung hat hinsichtlich der Tunnelsicherheit wesentliche Defizite.

 

  1. Tunnelvarianten werden nicht mehr weiterverfolgt. Sie sind in wirtschaftlicher Hinsicht im Vergleich zu einer Ersatztrasse mit Brücke keine vertretbare Lösung. Die mit einem Tunnel verbundenen Kosten stehen außer Verhältnis zum angestrebten verkehrlichen und betrieblichen Nutzen einer Ersatztrasse.

 


 

Anlagen:

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Ersatztrasse_Tunneltrassenvarianten_Plan_100427 (528 KB)