Vorlage - VO/10/5465/65  

 
 
Betreff: Bericht der Verwaltung über die Durchführung einer
Energieanalyse am Klärwerk Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Tiefbauamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
08.07.2010 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt: 

 

 

 

1.     Veranlassung

Die Stadt Regensburg betreibt zur Behandlung der anfallenden kommunalen und gewerblichen Abwässer das Klärwerk Regensburg. Das Klärwerk ist der Größenklasse 5 zuzuordnen und zählt damit zu den 250 größten Klärwerken in Deutschland.

Die Abwasserbehandlung erfordert einen hohen Energieaufwand mit entsprechenden Folgen für den CO2-Ausstoß und das Klima. Zudem sind die Energiekosten ein wesentlicher Kostenfaktor bei Kläranlagen und auch angesichts steigender Energiepreise ein wichtiger Ansatzpunkt zur Betriebskosteneinsparung. Die Senkung des Energiebedarfs ist daher von höchstem ökologischem und ökonomischem Interesse, insbesondere bei großen Anlagen mit einem entsprechend hohen Energiebedarf. Darüber hinaus kann die Energieoptimierung auch mit einer Prozessoptimierung verknüpft sein und kann somit zu einer Verbesserung der Reinigungsleistung führen.

Die Stadt Regensburg hat daher im Jahr 2009 beschlossen, die energetischen Optimierungsmöglichkeiten bei ihrem Klärwerk durch ein externes Büro untersuchen zu lassen. Hierzu wurde das Büro Dahlem Beratende Ingenieure mit einer "Energieanalyse" beauftragt, die durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zu 50 % gefördert wurde. Die Ergebnisse der Energieanalyse wurden im Januar 2010 vorgelegt.

 

2.      Aufgabenstellung und Vorgehensweise

Ziel der Energieoptimierung ist die Senkung des Energiebedarfs und damit der Energiekosten mit vertretbarem Aufwand. Die Energieanalyse dient dazu, den energetischen Ist-Zustand des Klärwerks darzustellen und zu bewerten und, darauf aufbauend, konkrete Energiesparmaßnahmen und ihre Wirtschaftlichkeit aufzuzeigen.

Bei der Bearbeitung der Energieanalyse für das Klärwerk Regensburg wurde systematisch in zwei Schritten vorgegangen:

·         Zunächst wurde eine Grobanalyse erstellt. Diese lieferte mit relativ wenig Aufwand einen Überblick über die energetische Gesamtsituation des Klärwerks. Es wurden Sofortmaßnahmen aufgezeigt und Empfehlungen für das weitere Vorgehen abgeleitet.

·         Anschließend wurden in einer detaillierten Feinanalyse konkrete Energiesparmaßnahmen aufgezeigt und im Hinblick auf ihre technische Machbarkeit und ihre Wirtschaftlichkeit bewertet.

 

3.      Bewertung des Ist-Zustandes

3.1       Aktuelle Energiesituation

Zum Betrieb des Klärwerks werden Strom und Wärme benötigt. Andererseits wird das Faulgas, das aus dem bei der Abwasserreinigung anfallenden Klärschlamm gewonnen wird, auf dem Klärwerk in Blockheizkraftwerken (BHKW) verbrannt, wobei wieder Strom und Wärme erzeugt werden.

Das Klärwerk Regensburg weist einen Strombedarf von insgesamt etwa 11.300.000 kWh/a auf. Davon werden etwa 7.000.000 kWh/a (entsprechend 62 % des Gesamtbedarfs) aus dem Faulgas erzeugt, die restlichen 4.300.000 kWh/a (entsprechend 38 %) werden vom örtlichen Energieversorgungsunternehmen bezogen. Die Stromkosten für den Fremdbezug beliefen sich im Jahr 2008 auf insgesamt 510.600 € (brutto).

Der Wärmebedarf beträgt rund 5.000.000 kWh/a und wird vollständig durch die Nutzung des eigenen Faulgases abgedeckt (Abwärmenutzung aus der BHKW-Anlage).

3.2       Bewertung

Der Energiebedarf des Klärwerks Regensburg wird anhand von Richtwerten und Idealwerten aus der Literatur bewertet. Richtwerte sind Werte, die aus Energieanalysen anderer Anlagen ermittelt wurden und realistisch erreicht werden können. Idealwerte sind theoretisch ermittelte, unter optimalen Voraussetzungen erreichbare Werte. Um einen Vergleich zu ermöglichen, werden diese Werte als Energiebedarf pro angeschlossenem Einwohnerwert und Jahr in kWh/(EW*a) angegeben. Dabei sind die "Einwohnerwerte" (EW) ein Maß für die aktuelle Zulaufbelastung und stellen die Summe aus natürlichen Einwohnern und fiktiven "Einwohnergleichwerten" von Gewerbe und Industrie dar. Das Klärwerk Regensburg ist für eine Anschlussgröße von 400.000 Einwohnerwerten ausgebaut. Derzeit sind 237.405 Einwohner angeschlossen. Nach Auswertung der Betriebstagebücher 2008/2009 liegt die aktuelle Zulaufbelastung bei etwa 380.000 EW und somit knapp unter der Ausbaugröße. Dieser Wert dient für alle folgenden Betrachtungen als Bezugsgröße.

Der spezifische Energiebedarf des Klärwerks Regensburg liegt somit bei 11.300.000 kWh/a /(380.000 EW) = 30 kWh/(EW*a). Nach den Vorgaben des nordrhein-westfälischen Handbuchs "Energie in Kläranlagen" wird für das Klärwerk Regensburg inklusive Zuschlägen für die Hebewerke ein Richtwert von 30,5 kWh/(EW*a) und ein Idealwert von 24,5 kWh/(EW*a) ermittelt. Der aktuelle Energiebedarf liegt somit bereits knapp unter dem Richtwert, aber über dem Idealwert. Es ist also ein Optimierungspotential vorhanden.

 

4.      Vorgeschlagene Maßnahmen

Als Ergebnis der Energieanalyse werden Maßnahmen zur Energieeinsparung aufgezeigt und nach Realisierungsphasen zeitlich unterteilt in Sofortmaßnahmen (Realisierungshorizont 0-2 Jahre), kurzfristige Maßnahmen (Realisierungshorizont 2-5 Jahre) und abhängige Maßnahmen (an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel bauliche Änderungen, Realisierungshorizont 5-10 Jahre).           

4.1       Sofortmaßnahmen (S)

S1       Abschaltung von 1-2 der jeweils 4 Rührwerke in den Denitrifikationsbecken, abhängig vom Zufluss.

S2       Austausch der zwei vorhandenen, deutlich zu großen und ineffizienten Sandfanggebläse durch neue, passendere Maschinen mit energiesparenden Antrieben der Effizienzklasse EFF 1.

S3       Reduzierung der Rücklaufschlammmenge bei Regenwetter von derzeit 75 % des Zulaufs auf 70 % (evtl. auch 65 %) des Zulaufs zur Einsparung von Pumpkosten. Im praktischen Betrieb wurde die Reduzierung auf 70 % getestet und inzwischen fest eingestellt. Negative Auswirkungen auf die Ablaufqualität des Abwassers konnten nicht festgestellt werden. In einem weiteren Schritt wird die Reduzierung auf 65 % in einem Betriebsversuch gefahren.

S4       Arbeitszeit-Pausen-Steuerung der derzeit im 24h-Betrieb laufenden Umwälzaggregate (Krählwerke) in den Nacheindickern.         

Die Sofortmaßnahmen wurden mittlerweile realisiert.

 

4.2       Kurzfristige Maßnahmen (K)

K1       Anheben des Wasserspiegels im Haupthebewerk um ca. 1 m zur Einsparung von Pumpenförderhöhe und damit Energie

K2       Austausch der 30 Jahre alten Heizschlamm-Umwälzpumpen in der Schlammfaulung durch modernere, effizientere und betrieblich geeignetere Pumpen      

4.3       Abhängige Maßnahmen (A)

A1        Austausch von Antriebsmotoren u.a. für die Turboverdichter oder die Abluftventilatoren durch Antriebe der Effizienzklasse EFF 1 (nach dem altersbedingten Ersatz der bestehenden Motoren)

 

4.4       Weitere UNTERSUCHTE eNERGIEBEREICHE

In der Analyse wurden noch folgende weitere Maßnahmen untersucht:

·         Drehzahlregelung der Schmutzwasserpumpen im Haupthebewerk

·         Einsatz einer Wasserkraftschnecke im Klärwerksablauf, um das vorhandene Gefälle zur Energiegewinnung zu nutzen

·         Montage einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Schaltanlage zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie

Da sich im Zuge der Bearbeitung herausstellte, dass diese Maßnahmen derzeit nicht wirtschaftlich sind, werden sie nicht zur Umsetzung empfohlen.      

·         Optimierung des Belüftungssystems im Belebungsbecken, da das Vorhandensein unterschiedlicher Belüftertypen und die Alterung der Belüfter betriebliche Probleme und einen erhöhten Energiebedarf verursachen. Für die Optimierung des Belüftungssystems der Biologischen Reinigungsstufe ist eine Planung erforderlich.

 

 

·         Erneuerung der BHKW-Anlage; die BHKW-Anlage ist aus Altersgründen zu erneuern. Diese Maßnahme wird derzeit in einem eigenen Projekt abgewickelt. Die neue Generation von Gasmotoren hat einen um gut 10 % höheren elektrischen Wirkungsgrad. Die neue Anlage erzeugt deshalb künftig deutlich mehr elektrische Energie als die bisherige.

 

5.      Wirtschaftlichkeit und Fazit

Maßnahmen, die zur Umsetzung empfohlen werden, sind hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet (Jahreskosten, Jahresnutzen, Kosten/Nutzen-Verhältnis). Aus den einzelnen Sparmaßnahmen ergeben sich Energieeinsparungen von insgesamt etwa 285.000 kWh/a (Maßnahmenpaket 4.1 - 4.2)

Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket können die gesamten Energiebezugskosten unter Annahme der heutigen Strompreise um jährlich rund 40.000 € (brutto) gesenkt werden.

Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket ist insgesamt wirtschaftlich lohnend. Den Investitionskosten von ca. 100.000 € (brutto, Maßnahmenpaket 4.1 - 4.2) stehen innerhalb der nächsten 12 Jahre unter den getroffenen Annahmen Einsparungen bei den Energiebezugskosten von ca. 480.000 € (brutto) gegenüber.

Mit Hilfe des Instruments der Energieanalyse konnten zielgerechte Maßnahmen herausgearbeitet werden, die durch geänderte Betriebseinstellungen und durch den Einsatz energetisch effizienterer Aggregate einen optimalen Energieeinsatz bewirken. In diesem Zusammenhang ist auch nochmals darauf hinzuweisen, dass von der Betriebsleitung im Vorfeld schon etliche Energieeinsparmaßnahmen erfolgreich durchgeführt wurden.

 

Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

 

Der Ausschuss/der Stadtrat nimmt von der Studie zur Energieoptimierung Kenntnis.