Sachverhalt: Die Stadt Regensburg betreibt zur Behandlung der anfallenden kommunalen
und gewerblichen Abwässer das Klärwerk Regensburg. Das Klärwerk ist der
Größenklasse 5 zuzuordnen und zählt damit zu den 250 größten Klärwerken in
Deutschland. Die Abwasserbehandlung erfordert einen hohen Energieaufwand mit
entsprechenden Folgen für den CO2-Ausstoß und das Klima. Zudem sind
die Energiekosten ein wesentlicher Kostenfaktor bei Kläranlagen und auch
angesichts steigender Energiepreise ein wichtiger Ansatzpunkt zur
Betriebskosteneinsparung. Die Senkung des Energiebedarfs ist daher von höchstem
ökologischem und ökonomischem Interesse, insbesondere bei großen Anlagen mit einem
entsprechend hohen Energiebedarf. Darüber hinaus kann die Energieoptimierung
auch mit einer Prozessoptimierung verknüpft sein und kann somit zu einer
Verbesserung der Reinigungsleistung führen. Die Stadt Regensburg hat daher im Jahr 2009 beschlossen, die
energetischen Optimierungsmöglichkeiten bei ihrem Klärwerk durch ein externes
Büro untersuchen zu lassen. Hierzu wurde das Büro Dahlem Beratende Ingenieure
mit einer "Energieanalyse" beauftragt, die durch das Bayerische
Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zu 50
% gefördert wurde. Die Ergebnisse der Energieanalyse wurden im Januar 2010
vorgelegt. 2. Aufgabenstellung und Vorgehensweise Ziel der Energieoptimierung ist die Senkung des Energiebedarfs und damit
der Energiekosten mit vertretbarem Aufwand. Die Energieanalyse dient dazu, den
energetischen Ist-Zustand des Klärwerks darzustellen und zu bewerten und,
darauf aufbauend, konkrete Energiesparmaßnahmen und ihre Wirtschaftlichkeit
aufzuzeigen. Bei der Bearbeitung der Energieanalyse für das Klärwerk Regensburg wurde
systematisch in zwei Schritten vorgegangen: ·
Zunächst
wurde eine Grobanalyse erstellt. Diese lieferte mit relativ wenig
Aufwand einen Überblick über die energetische Gesamtsituation des Klärwerks. Es
wurden Sofortmaßnahmen aufgezeigt und Empfehlungen für das weitere Vorgehen
abgeleitet. ·
Anschließend
wurden in einer detaillierten Feinanalyse konkrete Energiesparmaßnahmen
aufgezeigt und im Hinblick auf ihre technische Machbarkeit und ihre Wirtschaftlichkeit
bewertet. 3. Bewertung des Ist-Zustandes Zum Betrieb des Klärwerks werden Strom und Wärme benötigt. Andererseits
wird das Faulgas, das aus dem bei der Abwasserreinigung anfallenden Klärschlamm
gewonnen wird, auf dem Klärwerk in Blockheizkraftwerken (BHKW) verbrannt, wobei
wieder Strom und Wärme erzeugt werden. Das Klärwerk Regensburg weist einen Strombedarf von insgesamt etwa 11.300.000
kWh/a auf. Davon werden etwa 7.000.000 kWh/a (entsprechend 62 % des
Gesamtbedarfs) aus dem Faulgas erzeugt, die restlichen 4.300.000 kWh/a
(entsprechend 38 %) werden vom örtlichen Energieversorgungsunternehmen bezogen.
Die Stromkosten für den Fremdbezug beliefen sich im Jahr 2008 auf insgesamt 510.600
€ (brutto). Der Wärmebedarf beträgt rund 5.000.000 kWh/a und wird vollständig
durch die Nutzung des eigenen Faulgases abgedeckt (Abwärmenutzung aus der
BHKW-Anlage). Der Energiebedarf des Klärwerks Regensburg wird anhand von Richtwerten
und Idealwerten aus der Literatur bewertet. Richtwerte sind Werte, die aus
Energieanalysen anderer Anlagen ermittelt wurden und realistisch erreicht
werden können. Idealwerte sind theoretisch ermittelte, unter optimalen
Voraussetzungen erreichbare Werte. Um einen Vergleich zu ermöglichen, werden
diese Werte als Energiebedarf pro angeschlossenem Einwohnerwert und Jahr in
kWh/(EW*a) angegeben. Dabei sind die "Einwohnerwerte" (EW) ein Maß
für die aktuelle Zulaufbelastung und stellen die Summe aus natürlichen
Einwohnern und fiktiven "Einwohnergleichwerten" von Gewerbe und
Industrie dar. Das Klärwerk Regensburg ist für eine Anschlussgröße von 400.000
Einwohnerwerten ausgebaut. Derzeit sind 237.405 Einwohner angeschlossen. Nach
Auswertung der Betriebstagebücher 2008/2009 liegt die aktuelle Zulaufbelastung
bei etwa 380.000 EW und somit knapp unter der Ausbaugröße. Dieser Wert
dient für alle folgenden Betrachtungen als Bezugsgröße. Der spezifische Energiebedarf des Klärwerks Regensburg liegt somit bei
11.300.000 kWh/a /(380.000 EW) = 30 kWh/(EW*a). Nach den Vorgaben des
nordrhein-westfälischen Handbuchs "Energie in Kläranlagen" wird für
das Klärwerk Regensburg inklusive Zuschlägen für die Hebewerke ein Richtwert
von 30,5 kWh/(EW*a) und ein Idealwert von 24,5 kWh/(EW*a)
ermittelt. Der aktuelle Energiebedarf liegt somit bereits knapp unter dem
Richtwert, aber über dem Idealwert. Es ist also ein Optimierungspotential
vorhanden. Als Ergebnis der Energieanalyse werden Maßnahmen zur Energieeinsparung
aufgezeigt und nach Realisierungsphasen zeitlich unterteilt in Sofortmaßnahmen
(Realisierungshorizont 0-2 Jahre), kurzfristige Maßnahmen
(Realisierungshorizont 2-5 Jahre) und abhängige Maßnahmen (an bestimmte
Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel bauliche Änderungen, Realisierungshorizont
5-10 Jahre). S1 Abschaltung
von 1-2 der jeweils 4 Rührwerke in den Denitrifikationsbecken, abhängig vom
Zufluss. S2 Austausch
der zwei vorhandenen, deutlich zu großen und ineffizienten Sandfanggebläse
durch neue, passendere Maschinen mit energiesparenden Antrieben der Effizienzklasse
EFF 1. S3 Reduzierung
der Rücklaufschlammmenge bei Regenwetter von derzeit 75 % des Zulaufs auf 70 %
(evtl. auch 65 %) des Zulaufs zur Einsparung von Pumpkosten. Im praktischen
Betrieb wurde die Reduzierung auf 70 % getestet und inzwischen fest
eingestellt. Negative Auswirkungen auf die Ablaufqualität des Abwassers konnten
nicht festgestellt werden. In einem weiteren Schritt wird die Reduzierung auf
65 % in einem Betriebsversuch gefahren. S4 Arbeitszeit-Pausen-Steuerung
der derzeit im 24h-Betrieb laufenden Umwälzaggregate (Krählwerke) in den
Nacheindickern. Die Sofortmaßnahmen wurden mittlerweile
realisiert. 4.2 Kurzfristige Maßnahmen (K) K1 Anheben
des Wasserspiegels im Haupthebewerk um ca. 1 m zur Einsparung von
Pumpenförderhöhe und damit Energie K2 Austausch
der 30 Jahre alten Heizschlamm-Umwälzpumpen in der Schlammfaulung durch
modernere, effizientere und betrieblich geeignetere Pumpen A1 Austausch
von Antriebsmotoren u.a. für die Turboverdichter oder die Abluftventilatoren
durch Antriebe der Effizienzklasse EFF 1 (nach dem altersbedingten Ersatz der
bestehenden Motoren) 4.4 Weitere UNTERSUCHTE eNERGIEBEREICHE In der Analyse wurden noch folgende weitere Maßnahmen untersucht: ·
Drehzahlregelung
der Schmutzwasserpumpen im Haupthebewerk ·
Einsatz
einer Wasserkraftschnecke im Klärwerksablauf, um das vorhandene Gefälle zur
Energiegewinnung zu nutzen ·
Montage
einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Schaltanlage zur Stromerzeugung aus
Sonnenenergie Da sich im Zuge der Bearbeitung herausstellte, dass diese Maßnahmen
derzeit nicht wirtschaftlich sind, werden sie nicht zur Umsetzung empfohlen. ·
Optimierung
des Belüftungssystems im Belebungsbecken, da das Vorhandensein unterschiedlicher
Belüftertypen und die Alterung der Belüfter betriebliche Probleme und einen
erhöhten Energiebedarf verursachen. Für die Optimierung des Belüftungssystems
der Biologischen Reinigungsstufe ist eine Planung erforderlich. ·
Erneuerung
der BHKW-Anlage; die BHKW-Anlage ist aus Altersgründen zu erneuern. Diese
Maßnahme wird derzeit in einem eigenen Projekt abgewickelt. Die neue Generation
von Gasmotoren hat einen um gut 10 % höheren elektrischen Wirkungsgrad. Die
neue Anlage erzeugt deshalb künftig deutlich mehr elektrische Energie als die
bisherige. 5. Wirtschaftlichkeit und Fazit Maßnahmen, die zur Umsetzung empfohlen werden, sind hinsichtlich ihrer
Wirtschaftlichkeit bewertet (Jahreskosten, Jahresnutzen, Kosten/Nutzen-Verhältnis).
Aus den einzelnen Sparmaßnahmen ergeben sich Energieeinsparungen von insgesamt
etwa 285.000 kWh/a (Maßnahmenpaket 4.1 - 4.2) Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket können die gesamten
Energiebezugskosten unter Annahme der heutigen Strompreise um jährlich rund
40.000 € (brutto) gesenkt werden. Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket ist insgesamt wirtschaftlich lohnend.
Den Investitionskosten von ca. 100.000 € (brutto, Maßnahmenpaket
4.1 - 4.2) stehen innerhalb der nächsten 12 Jahre unter den getroffenen
Annahmen Einsparungen bei den Energiebezugskosten von ca. 480.000 €
(brutto) gegenüber. Mit Hilfe des Instruments der Energieanalyse konnten zielgerechte
Maßnahmen herausgearbeitet werden, die durch geänderte Betriebseinstellungen
und durch den Einsatz energetisch effizienterer Aggregate einen optimalen
Energieeinsatz bewirken. In diesem Zusammenhang ist auch nochmals darauf
hinzuweisen, dass von der Betriebsleitung im Vorfeld schon etliche
Energieeinsparmaßnahmen erfolgreich durchgeführt wurden. Der
Ausschuss/der Stadtrat nimmt von der Studie zur Energieoptimierung Kenntnis. |
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