Vorlage - VO/11/6236/65  

 
 
Betreff: Instandsetzung der Steinernen Brücke - Bericht über planerische Änderungen der Brückenoberfläche (Brüstung und Belag)
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Tiefbauamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen Entscheidung
17.02.2011 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen geändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

Sachverhalt:             

 

Anlagen:                1. Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 21.01.2011

              2. Schreiben der Obersten Baubehörde vom 24.01.2011

              3. Protokoll Ortstermin des Arbeitsausschusse im Beirat für Menschen mit

                  Behinderung am 1.12.2010 am Musterbauwerk Steinerne Brücke

              4.              Aktueller Regelquerschnitt Brückenoberfläche

 

 

1.     Bisherige Beschlusslage/Öffentlichkeitsarbeit

Im Dez. 2009 wurde den Instandsetzungsmaßnahmen für den Bauabschnitt 1 (Bogen XII bis XV) in Form eines Maßnahmenbeschlusses zugestimmt. Die Grundlage hierzu bildete ein Entwurf, der gemeinsam mit Vertretern der Stadt und der unteren und oberen Denkmalschutzbehörden erarbeitet wurde.

Ausführlich wurde damals über die grundlegenden Inhalte und gemeinsam mit den Denkmalschutzbehörden getroffenen Entscheidungen zur Planung und dem Bau des Musterbauwerkes im Bauhof Nord berichtet. Die Errichtung des Musterbauwerkes war das Ergebnis eines intensiven Planungsprozesses mit einer Vielzahl von Beteiligten (Denkmalschutzbehörden, Stadtplanungsamt, Tiefbauamt, Planer, Planungs- und Baureferentin). Das Bauwerk dient der Auswahl von Materialien, der Festlegung von Geometrien der Konstruktionselemente sowie der Erprobung von Einbausituationen. Dem Ausschuss wurde anlässlich einer Ortseinsicht am 13.10.2009 am Musterbauwerk gemeinsam mit den Denkmalschutzbehörden das Konzept für die zukünftige Oberflächengestaltung (Belag, Brüstungen) vorgestellt. Dieses fand auch die grundlegende Zustimmung des damaligen Gebietsreferenten des BLfD‘s. Danach wurden noch weitere Bemusterungen insbesondere am Belag vorgenommen, deren Ergebnisse ausführlich im Planungsausschuss am 1.12.2009 erläutert wurden.
 

2.     Planung der Brückenoberfläche (Stand Maßnahmenbeschluss 2009)

Funktion/Ziele

·      Beschluss 14.10.2008: verkehrliche Nutzung nur noch durch Fußgänger und Radfahrer;

·      Gute und sichere Begeh- und Befahrbarkeit für alle Nutzer (Fußgänger, Radfahrer, Behinderte, Mobilitätseingeschränkte);

·      Wichtigste Maßnahme: Erneuerung der Brückenoberfläche mit Herstellung einer funktionierenden Abdichtung des Mauerwerkes und Entwässerung zur nachhaltigen Substanzerhaltung der Steinernen Brücke

·      Grundsatz: Brückenoberfläche ist das „schützende Dach der Brücke“; Niederschlagswasser soll zügig abgeleitet werden und nicht in das Bauwerk eindringen können

·      Die Steinerne Brücke ist ein Ingenieurbauwerk: Die gestalterischen Anforderungen müssen immer mit den maßgebenden statisch-konstruktiven Erkenntnissen und Anforderungen in Einklang gebracht werden

·      Einhalten der geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften und der anerkannten Regeln der Technik für die vorgesehenen Nutzung der Brücke (Notfall-, Unterhaltungs- und Wartungsfahrzeuge sowie Fußgänger- und Radverkehr)

Gestaltung

·      Frühere Ausführung (vgl. historische Baupläne von 1863/1877; Fotographie von 1859) wurde als Grundlage für den Bau des Musterbauwerks in Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden festgelegt, d.h.Brüstung mit Schrammbord, Rinne und Plattenbelag:

 

Technische Anforderungen an eine neue Brückenoberfläche

·      Brückenoberfläche als Einheit von Brüstung und Belag muss die dauerhafte und nachhaltige Substanzerhaltung des Bau- und Kulturdenkmals gewährleisten

·      Granitplattenbelag mit minimalem Fugenanteil (60 Prozent weniger Fugen als Pflasterbelag) sichert optimalen Abfluss des Niederschlagwassers auf der Brückenoberfläche

·      Ungebundene Bauweise: Verlegung des Plattenbelages auf ein Schotterbett (ohne Zement), so dass keine temperaturinduzierten Zwängungen in Längs- und Querrichtung) entstehen können, die den Brückenbelag zerstören

·      Brüstung grundsätzlich in einer Höhe von 1,20 m (Mischverkehr Fußgänger- und Radfahrer) notwendig.

              Anm.: Durch den vorgesetzten Schrammbord (Erhöhung des Sockelsteins auf 10 cm) kann der Radfahrer von der Brüstung ferngehalten werden, sodass sich die sichtbare Brüstungshöhe auf 1,00 m (Maß für Fußgänger) reduzieren lässt (s. beschlossene Lösung vom Dez.2009)

·      Mit einem neuen, gegen über dem vorhandenen Kopfsteinpflaster besser befahrbaren Plattenbelag wird im Interesse der Sicherheit der Fahrkomfort verbessert und der Radverkehr zum anderen auf die Brückenmitte im Abstand zu den Brüstungen (Absturzsicherung) verlagert.
 

3.     Diskussions- und Planungsprozess nach dem Maßnahmenbeschluss im Dezember 2009

Weitere Beteiligte im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit

Die beschlossene Lösung und die planerischen bzw. baulichen Zusammenhänge wurden in zahlreichen Einzelterminen interessierten Stadträten, interessierten Gruppen und der Öffentlichkeit vorgestellt. Folgende Anregungen und Änderungsvorschlägewurden von verschiedenen Interessensgruppen vorgelegt:

Altstadtfreunde

·      Form des Plattenbelages: größere und verschiedene Formate; Oberfläche angeraut, Kanten unregelmäßig behauen; Beispiel eines alten Belages mit gebrauchten Granitplatten aus Tschechien

·      Material und Farbe des Plattenbelags: an Brüstungen und Schrammborde angleichen

·      Art der Beleuchtung

Arbeitsausschuss im Beirat für Menschen mit Behinderung

·      geplante Brüstungslösung mit Schrammbord wird abgelehnt,  da sie der Barrierefreiheit widerspricht.

·      Brüstungshöhe soll auf 100 cm begrenzt bleiben, um Rollstuhlfahrern einen ungehinderten Blick über die Brüstung auf den Fluss zu ermöglichen

·      Kopfsteinpflaster als Brückenbelag wird kategorisch abgelehnt. Granitplatten als Brückenbelag werden bevorzugt.

·      Taktiles Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen (z.B. eine Muldensteinlösung im Bereich der Entwässerungsrinne) wird gefordert

ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub)

·      Bestätigung der Steinernen Brücke als wichtigste Radverkehrsverbindung zwischen Altstadt und den Stadtteilen und dem Umland nördlich der Donau

·      Forderung einer sicheren und fahrradfreundlichen Nutzbarkeit der Steinernen Brücke in der Mischnutzung mit dem Fußgängerverkehr:

·      Ebener Belag, möglichst breite Verkehrsfläche unter Berücksichtigung technischer, gestalterischer und denkmalpflegerischer Aspekte,

 

 

Generelle Verkehrsbedeutung Radverkehr

·      Die Steinerne Brücke hat eine wichtige zentrale Verkehrsfunktion für den Radverkehr von und zur zentralen Altstadt (siehe Radverkehrsplan)

·      Im Jahr 2006 wurden 2500 Radfahrer /Tag auf der Steinernen Brücke gezählt: Tendenz steigend

·      Die Förderung des Radverkehrs ist gerade im Bereich des Welterbes als umweltfreundliche Verkehrsart ein wichtiges Ziel..

·      Die Führung des Radverkehrs über die Steinerne Brücke war in den vergangenen Jahren  weitgehend konfliktfrei möglich. Eine besondere Unfallsituation ist nicht bekannt.

·      Mit einem neuen gut befahrbaren Plattenbelag zwischen den Brüstungen wird im Interesse der Sicherheit der Fahrkomfort verbessert und der Radverkehr zum anderen auf die Brückenmitte in Abstand von den Brüstungen (Absturzsicherung!) verlagert

·      Die bisherige Mischnutzung als kombinierter Geh-/Radweg hat sich bewährt.

·      Mit der Sperrung für den Busverkehr wurde vom Stadtrat als Grundlage für die Instandsetzungsplanung die Nutzung durch den Fußgänger und Radfahrer vorgegeben.

Führungen für die Öffentlichkeit

·      Am Bauhof-Nord fanden an insgesamt 3 ganztägigen Samstagsterminen 15 Führungen am Musterbauwerk statt.

·      Die vom Stadtrat beschlossene Planung mit den planerischen und technischen Hintergründen wurde umfassend erläutert und mit den insgesamt 250 Bürgerinnen und Bürgern diskutiert.

·      Von den Teilnehmern wurde die Planung der Brückenoberfläche mit Plattenbelag und der Brüstung mit Schrammbord nachvollziehbar positiv bewertet. Insbesondere war die gute und bequeme Nutzbarkeit (ebener Plattenbelag, kein Kopfsteinpflaster) ein wichtiges Anliegen.

Denkmalschutzbehörden (Neue Diskussionen zur Gestaltung der Brückenoberfläche seit Sommer 2010)

·      Grundlegende Einwände des seit dem 1.07.2010 für Regensburg zuständigen neuen Gebietsreferenten des BLfD zur Art des Belages abweichend von der ursprünglichen Haltung des BLfD während des Planungsprozesses

·      Plädoyer für den Wiedereinbau des vorhandenen Großsteinpflasterbelages, da

a)      Plattenbelag aus der Barockzeit mit Brüstung aus Granit aus der neueren Zeit nicht epochengerecht ist;

b)      planerische, technische und funktionale Zusammenhänge für weniger entscheidungsrelevant angesehen werden als die denkmalpflegerischen;

·      Denkmalfachliche Zustimmung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird nicht erteilt, Fördergelder sind damit gefährdet.
 

4.     Zusätzliche Abstimmungsgespräche zum Thema Brückenoberfläche

Aufgrund der grundsätzlichen Diskussion wurde der bereits fortgeschrittene Planungsprozess zur Brückenoberfläche (Erarbeitung der Ausführungsunterlagen, Teilnahmewettbewerb) unterbrochen und es erfolgte eine Auseinandersetzung mit den neuen Forderungen der Denkmalpflege. in folgender Weise:

·      Intensiver und erweiterter Planungsdialog mit allen Beteiligten (Planer, Tiefbauamt, Stadtplanungsamt, Denkmalschutzbehörden) in gestalterischer, technischer u. funktionaler Hinsicht

-              zur Brüstung: mögliche Varianten im Hinblick auf eine sicherheits- und haftungskonforme Ausführung (mit und ohne Höhenversatz (Schrammbord), mit und ohne Handlauf) und ihrer Wirkungen nach den Kriterien Bautechnik, Denkmalschutz, Gestaltung/Funktion und behindertengerechter Ausführung (Überschaubarkeit)

-              zum Belag: Pflaster- oder Plattenbelag, Material, Verlegeart (gebundene/ungebundene Bauweise)
 

5.     Ergebnis des Abstimmungsprozesses mit den Denkmalschutzbehörden

In gemeinsamen Workshops aller an der Planung Beteiligten wurden weitere Varianten für die Brüstungsausbildung und den Belag erarbeitet und am Musterbauwerk realisiert:

Brüstung Südseite:

-       scharfkantige Ausarbeitung des Anschlusses vom Sockelstein zur Brüstung

-       Brechen der Kanten der Sockelsteine

-       Überarbeiten der Kanten der Rinnensteine

Brüstung Nordseite:

-       Verdickung der Brüstung von 20 cm auf 30 cm

-       Aufsetzen eines Handlaufs auf die 1 m hohe Brüstung zur Erzielung der geforderten Absturzsicherung mit einer Höhe von 1,20 m (3 Varianten) + Verbesserung der Blickbeziehung für Rollstuhlfahrer

-       ebener Anschluss des Belags an den Sockelstein (Schrammbordfreiheit)

-       Rinnenausbildung durch zwei im Gefälle zueinander gelegter Platten mit einer Breite von je 18 cm

Belag:

-       Verlegung eines Belags mit Bahnenbreiten zwischen 35 und 60 cm

-       Farbige Gestaltung des Belags durch Einmischung von Flossenbürger grau, Thannsteiner gelb und Thannsteiner grau in den bestehende Belag Flossenbürger gelb

-       Verfugung in Teilflächen mit Zementmörtel

-       Verfugung in Teilflächen mit Einmischung von Kalk

-       Brechen der gesägten Kanten durch Kantenschlag (ca. 5 mm)

-       Einbau des alten Großsteinpflasters von der Steinernen Brücke auf das Musterbauwerk mit Ausbildung einer bituminös vergossenen Querfuge, einer bituminös vergossenen dreizeiligen Rinne und auf der anderen Seite eines Granitrinnensteins mit Bitumenverguss
 

6.     Entscheidungsprozess

Um die endgültigen Festlegungen vorzubereiten, fanden am 22.11. 2010 mit allen Planungsbeteiligten und am 23.11.2010 zusammen mit dem Planungsausschuss Ortstermine am Musterbauwerk im Bauhof-Nord statt. Dabei wurden die aufgrund des neuerlichen Diskussionsprozesses geänderten Muster erläutert und die optischen Eindrücke gegenüber den technischen Belangen abgewogen (vgl. schriftlicher Sachstandsbericht zum Ortstermin).

Anforderungen an den Oberbau

Nach intensiven Diskussionen wurden unter Berücksichtigung der technischen, denkmalpflegerischen, städtebaulichen und funktionalen Belange vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) im Schreiben vom 21.01.2010 (s. Anlage) die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für den Oberbau festgelegt. Die wesentlichen Inhalte sind;

·      Unaufdringliche, selbstverständliche und ehrliche Lösung für den Oberbau; in gestalterischer Hinsicht nicht aufgezwungen wirkend und dem Charakter des hochmittelalterlichen Brückenbauwerks entsprechend

·      Zustimmung zu einem Plattenbelag (ungebundene Bauweise) unter Abwägung aller Gesichtspunkte, insbesondere unter Berücksichtigung der bautechnischen, bauchemischen und bauphysikalischen Parameter, und aufgrund der eingetretenen positiven gestalterischen Entwicklung bei der Neubemusterung unter folgenden Voraussetzungen:

Ø         Endgültige Festlegung der Plattengröße durch eine neuerlichen Bemusterung; Orientierung am quadratischen Format und der Verlegeart Belag am Plattenbelag der Fischhofbrücke in Tirschenreuth

Ø         Reduzierung der Brüstungshöhe auf 1,0 m bei Ausbildung der Fahrbahn ohne Schrammbord in Verbindung mit verkehrsrechtlichen Lösungen = Vorbedingung für eine Zustimmung zu einer sog. Plattenlösung

Ø         Nach Möglichkeit Differenzierung hinsichtlich Material und Tonigkeit zwischen Brüstung und Belag: monolithischen Gesamtcharakter und sterile Trogwirkung des Oberbaus verhindern

Ø         Neubemusterung des Plattenbelags mit folgenden Vorgaben:

o      Die Kanten sind stärker zu brechen (Handbekantung).

o      Unregelmäßiges Fugenbild zur Vermeidung von Monotonie.

o      Stärkere Aufrauung der Oberflächen.

o      Mittige Überhöhung der Fahrbahndecke.

 

Anforderungen an die Brüstungshöhe

Grundlegende technische und rechtliche Belange

Das Tiefbauamt vertritt aufgrund seiner Fachkunde und seiner haftungsrechtlichen Verantwortung folgenden grundsätzlichen Standpunkt:

Nach den geltenden Vorschriften ist die vorhandene Brüstung auf der Steinernen Brücke mit einer Höhe von 0,95 m sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer zu niedrig. Die technischen Richtlinien für Brücken (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING) als für den Brückenbau des Bundes und der Länder maßgebliches Regelwerk, die auch bei den Kommunen als technische Standards zur Anwendung kommen) sehen für Geländer von Rad- und Gehwegen auf Brücken eine Mindesthöhe von 1,20 m zur Absturzsicherung vor. Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 95) sind sogar noch strenger: „Wenn Radfahrer unmittelbar neben einem der Absturzsicherung dienenden Geländer fahren müssen, sollte dies mit ca. 1,30 m - höher als für Fußgänger üblich - ausgebildet werden.“ Diese technischen Richtlinien und Empfehlungen sind auch auf Brüstungen übertragbar, auch wenn sie explizit nicht genannt sind.

 

Das bedeutet, dass beim Neubau der Brückenoberfläche der Steinernen Brücke bei den verkehrlichen Voraussetzungen einer im Mischverkehr für Radfahrer und Fußgänger betriebenen Nutzung die Absturzsicherung grundsätzlich nur über eine Mindestbrüstungshöhe von 1,20 m zu erreichen ist.

 

Die Einhaltung der technischen Empfehlungen ist für den Verkehrsicherungspflichtigen (Tiefbauamt Stadt Regensburg) und seine Bediensteten von besonderer Bedeutung:

·      Die Straßenbaubehörde (Tiefbauamt) trägt (aufgrund der Fachkunde) die (alleinige) Verantwortung dafür, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die bewährten sowie allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden.

·      Bedienstete (Mitarbeiter des Tiefbauamtes) müssen in Ausübung eines zugewiesenen öffentlichen Amts (hoheitliche Aufgabe) das Sicherheits- und Haftungsrisiko übernehmen.

·      Gemäß Geschäftsverteilung gilt die personalisierte Verantwortung: Verletzung der bestehenden Pflichten sind Verletzungen der Amtspflicht nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG und lösen auch eine strafrechtliche Verantwortung aus.

·      Beim Bau und der Unterhaltung der Straßen sind die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und Technik, die empfohlen werden und die sich bewährt haben, zu beachten, auch wenn es dafür keine Gesetzesgrundlage gibt.

              Hinweis: § 319 des deutschen Strafgesetzbuches (Baugefährdung) „(1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft...“

Abwägungslösung des Tiefbauamtes

Unter sorgfältiger Abwägung aller Belange hatte das Tiefbauamt als letztlich für die Sicherheit und Haftung verantwortliches Amt im Diskussionsprozess eine Brüstungshöhe auf 1,10 m bei gleichzeitiger Verbreiterung der Brüstung auf 30 cm ohne straßenverkehrsrechtliche Regelung vorgeschlagen. Dieser Lösungsansatz (ohne Fahrbahnmarkierung) wurde jedoch abgelehnt, da andere Belange höher gewertet wurden bzw. letztlich auch bei einer Reduktion auf 1,10 m Höhe eine straßenverkehrsrechtliche Lösung für erforderlich gehalten wurde.

Fazit

Die genannten Regelungen auf die Steinerne Brücke zu übertragen bedeutet, dass die geplante Brüstung bei der Nutzung der Brücke durch Fußgänger und Radfahrer (kombinierter Fußgänger und Radverkehr) und bei einer von Brüstung zu Brüstung durchlaufenden Brückenoberfläche grundsätzlich mit einer Höhe von 1,20 m auszuführen ist. Ein Ermessensspielraum für eine geringere Höhe besteht aus Sicherheits- und Haftungsgründen nicht, es sei denn es gibt in Abwägung anderer Belange (Denkmalschutz, Städtebau, Barrierefreiheit) Lösungen, die zwar zu einer Reduzierung der Brüstungshöhe zwingen, aber aus Gründen der Verkehrssicherheit auch verantwortbar sind.
 

7.     Belange für eine Reduzierung der Brüstungshöhe

Belange aus der Sicht der Denkmalpflege
 

Im Schreiben vom 21.01.2011(s. Anlage) nimmt das BLfD zur Brüstungshöhe Stellung mit zusammenfassend den folgenden Hinweisen und Forderungen:

 

·      Hinweis, dass die Brüstungshöhe seit 1863 bis heute nie höher als 0,93 m war und seit der Instandsetzung von 1950/1967 eine barrierefreie Lösung besteht

·      Forderung nach einer Brüstungshöhe von 0,93 Meter gemäß Bestand

·      Brüstungshöhe von 1,20 m weicht gravierend vom Bestand ab

·      Trogartiges Erscheinungsbild (Innenansicht) durch die zu hohen Brüstungen bei 1,20 m Höhe verleiht dem mittelalterlichen Brückenbauwerk einen fremdartigen Charakter

·      Erhöhung der Brüstung 1,20 m würde das Brückenprofil in der Außenansicht verändern und das Verhältnis von mittelalterlicher Brückenkonstruktion zum Oberbau verschieben

·      Keine denkmalrechtliche Genehmigung für eine 1,20 m hohe Brüstung

·      Brüstungshöhe von 1,20 m widerspricht dem Schutzauftrag für Steinerne Brücke als Bestandteil des Welterbes

·      Brüstungshöhe von 1,20 m ist nicht behindertengerecht

·      Denkmalrechtliche Zustimmung nur für barrierefreie Brückenoberfläche und Brüstungshöhe wie Bestand. Erhöhung Brüstungshöhe auf einen Meter wird toleriert.

·      Aufforderung, straßenverkehrsrechtliche Möglichkeiten zur rechtlichen Absicherung der geforderten Brüstungshöhe zu suchen

 

Im Abwägungsprozess sollen lt. BLfD folgende Belange berücksichtigt werden:

·      Es ist rechtlich zu prüfen, inwieweit technische Regeln (ZTV-ING) bei der Steinernen Brücke als Kulturbauwerk überhaupt Anwendung finden können.

·      In der BayBO finden sich keine Regelungen und Rechtfertigungen der geforderten Brüstungshöhen;

              (Anm.: Die BayBO gilt nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs)

·      Die Forderung der 1,20 m Brüstungshöhe hängt zusammen mit der Ausweisung der Steinernen Brücke als Mischverkehrsfläche für dem Fußgänger- und Radverkehr und der Möglichkeit des Radfahrens direkt entlang der Brüstung

·      Die Bedeutung der Steinernen Brücke als Radverkehrsverbindung wird in Frage gestellt: Nach Ansicht des BLfD ist die Steinerne Brücke kein Verkehrsbauwerk mehr sondern nur noch ausschließlich ein Kulturbauwerk

              (Anm.: die Bedeutung als wichtige Radverkehrsverbindung wurde bereits oben dargestellt)

·      Radverkehr auf der Steinernen Brücke darf durch eine Erhöhung der Brüstungen nicht zum Schaden und Nachteil des Erscheinungsbildes des Baudenkmals gehen

·      Es ist eine verkehrsrechtliche Lösung für den Radverkehr zu finden:

a) Aufhebung der Mischverkehrsfläche. Sperrung der Steinernen Brücke für den Radverkehr mit entsprechender Beschilderung („Radfahrer absteigen“)

b) die Verkehrsfläche für den Radverkehr wird mit Abstand von der Brüstung in der Brückenmitte festgelegt.

·      Verkehrsfläche Radverkehr gegenüber Brüstungsbereich durch Materialwechsel zonieren; verkehrsrechtlich und sicherheitstechnisch notwendige Fahrbahnmarkierungen zur Abtrennung des Fahrbereiches werden vom BLfD akzeptiert; keine Markierung durch nicht materialgerechte Steinreihen;

·      Forderung nach Behindertengerechtigkeit schließt Brüstungen von 1,20 m oder 1,10 m Höhe wegen der Einschränkung der Blickbeziehungen für Rollstuhlfahrer von der Brücke  aus; Ggf. muss man dem Radfahrer zumuten, dass er bei reduzierter Brüstungshöhe zugunsten des Behinderten sein Rad über die Steinerne Brücke schieben muss.

Belange aus der Sicht von Menschen mit Behinderung (hier Rollstuhlfahrer)

·      Ablehnung der geplante Brüstungslösung mit Schrammbord, da Widerspruch zur Forderung nach Barrierefreiheit (direktes Heranfahren an die Brüstung)

·      Die Höhe der Brüstung soll auf 100 cm (Maß nur für Fußgänger) beschränkt bleiben, um Rollstuhlfahrern einen ungehinderten Blick über die Brüstung auf den Fluss zu ermöglichen

·      Radverkehr auf der Brücke soll ausgeschlossen werden oder ein markierter Bereich für die Radfahrer geschaffen werden

Vgl Protokoll Ortstermin Musterbauwerk am 1.12.2010 mit Arbeitsausschuß im Beirat von Menschen mit Behinderung (s. Anlage)

·       Der Augenkontaktpunkt eines Rollstuhlfahrers mittlerer Größe liegt auf einer Höhe von 100 bis 110 cm. Ein Blick über die Brüstung hinaus kann somit erst unter 110 cm stattfinden.

·       Um die Brüstungshöhe von 100  cm zu erreichen, muss der Radverkehr auf der Steinernen Brücke verboten bzw. ein von der Brüstung abgesetzter und abmarkierter Bereich für Radfahrer (Anm: Problem Erkennbarkeit im Winter?) geschaffen werden.

 

Ergebnis der rechtlichen Prüfung

Die wichtige Frage, ob im Rahmen eines Abwägungsprozesses überhaupt eine Reduzierung der Brüstungshöhe möglich ist und aus Sicherheits- und Haftungsgründen vertretbar ist, wurde auch aus juristischer Sicht geprüft.

Stellungnahme der Obersten Baubehörde (s. Anlage Schreiben vom 24.01.2010)

Zusammenfassung der Aussagen:

Nach Auffassung der Obersten Baubehörde ist es bei der Instandsetzung bestehender Ingenieurbauwerke rechtlich nicht geboten, die technischen Regelwerke des Bundes und des Freistaates Bayern für Absturzsicherungen beim Neubau von Brücken u.a. einzuhalten. Strikte Rechtsvorschriften für Bestandsbauwerke existieren hierzu in Bayern nicht.

Die Stadt Regensburg hat bei der geplanten Instandsetzung der Steinernen Brücke über die Höhe der Absturzsicherungen in eigener Zuständigkeit unter Abwägung aller berührten Belange, insbesondere des Denkmalschutzes, des Städtebaues, des bisherigen Gefahrenrisikos und der Behinderten zu entscheiden. Es obliegt der Stadt Regensburg im Einzelfall der Steinernen Brücke über eine Brüstungshöhe von 1,00 m abwägungsfehlerfrei und rechtskonform zu entscheiden; dabei sollte auch die Brüstungstiefe einbezogen werden.

Die Oberste Baubehörde hat aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Stadt selber unterscheiden muss, ob eine straßenverkehrsrechtliche Trennung des Fußgänger- und Radverkehrs einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn zur Folge hätte.

Stellungnahme des Rechts- und Umweltamtes der Stadt Regensburg

Aus haftungsrechtlicher Sicht kann einer Lösung mit Brüstungshöhe 1,0 m nur dann zugestimmt werden, wenn gleichzeitig durch eine verkehrsrechtliche Lösung gewährleistet ist, dass der Fahrradverkehr nicht unmittelbar an der Brüstung entlang geführt wird. Dieses Ziel kann dadurch erreicht werden, dass keine Mischverkehrsfläche Fußgänger/Radfahrer angeordnet wird, sondern getrennte Bereiche, wobei der Fahrradverkehr in der Mitte der Brücke geführt wird.

Damit kann von der 1,20 m Brüstungshöhe nach unten abgewichen werden, da der Fahrradfahrer unmittelbar entlang der Brüstung nicht fahren darf und nicht fahren muss. Da die Absturzhöhe weniger als 12 m beträgt, ist für die Sicherheit der Fußgänger eine Brüstungshöhe von 1 m ausreichend.

 

8.     Entscheidung über die endgültige Brüstungshöhe

Bei einer Mischverkehrsnutzung der Steinernen Brücke Fußgänger/Radfahrer auf einer von Brüstung zu Brüstung durchlaufenden Brückenoberfläche ist nach den empfohlenen und von den Kommunen angewendeten Regeln der Technik die Absturzsicherung (Brüstung) grundsätzlich mit einer Höhe von 1,20 m auszuführen. Die Einhaltung dieser Vorgabe sichert das Sicherheits- und Haftungsrisiko der für das Brückenbauwerk verantwortlichen Bediensteten ab.

Bei der Steinernen Brücke handelt es sich um ein einmaliges 865-jähriges mittelalterliches Bau- und Kulturdenkmal von europäischem Rang, das als Teil der mittelalterlichen Altstadt Welterbestatus hat. Bei der geplanten Instandsetzung der Steinernen Brücke sind bei der Erneuerung der Brückenoberfläche neben den technischen Anforderungen die verschiedensten Belange der Denkmalpflege, der städtebaulichen Einbindung und der Barrierefreiheit zu berücksichtigen, sodass über die festzulegende Höhe der zu erneuernden Brüstungen eine Abwägungsentscheidung getroffen werden kann.

Die Denkmalschutzbehörde (BLfD) macht deutlich, dass sie aus verschiedenen denkmalpflegerischen Gründen eine Brüstungshöhe von 1,20 m ablehnt und dafür auch keine denkmalrechtliche Zustimmung erteilen wird. Eine entsprechende Genehmigung – letztlich als Grundlage für eine Förderung - wird nur für eine Brüstungshöhe von maximal 1,0 m in Aussicht gestellt. Die Reduzierung auf eine Brüstungshöhe von 1,0 m ist für das BLfD auch die grundlegende Vorbedingung für eine Zustimmung zu einer sog. Plattenlösung in ungebundener Bauweise.

Aus Gründen der Haftung muss bei der Abweichung der Brüstungshöhe von 1,20 m auf 1,00 m eine straßenverkehrsrechtliche Trennung des Fußgänger- und Radverkehrs erfolgen (vgl. Stellungnahme des Rechtsamtes). Dazu ist es erforderlich in einem Abstand von ca. 1,0 m von der Brüstung auf beiden Seiten der Brückenoberfläche eine durchgehende weiße Fahrbahnmarkierung (12,5 cm Breite nach Zeichen StVO Nr. 295) aufzubringen, um den Radfahrer von der Brüstung aus Sicherheitsgründen fernzuhalten. Eine entsprechende Beschilderung ist vorzusehen.

Alternativ ist bei einer Brüstungshöhe von 1,0 m die Brücke für den Radverkehr zu sperren. Von einer Markierung der Fahrbahn und einer entsprechenden Beschilderung kann dann abgesehen werden.

Der Ausschuss wird um Meinungsbildung gebeten. Die Verwaltung empfiehlt eine barrierefreie Lösung mit einer Brüstungshöhe von 1,0 m.

 

Daten der optimierten Brückenoberfläche

Brüstung

·       Von Brüstung zu Brüstung durchgehende Verkehrsfläche ohne Schrammbord

·       Höhe Brüstung über Belag                            1,00 m

·       Breite Brüstungselement                            0,30 m

Belag

·       Beidseitige Rinnen zur Oberflächenentwässerung

·       Granitplattenbelag              grautonig, gebrochene Kanten, Fugenbild variierend

·       Breite                                          variierend

·       Länge                                          variierend

·       Oberfläche                             grob gestockt
 

9.     Weiteres Vorgehen

Nach dem Beschluss sind folgende Maßnahmen zu veranlassen:

·      Detailplanung und Fortschreibung der Belagsbemusterung am Musterbauwerk entsprechend den Hinweisen des BLfD

·       Umplanung der Brückenoberfläche durch die beauftragten Planer

 

Der Ausschuss beschließt:

 

Der Ausschuss beschließt:

 

1.              Der Bericht der Verwaltung wird zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

2.              Unter Berücksichtigung der beschriebenen vielfältigen Belange wird der Herstellung einer neuen Brückenoberfläche mit beidseitigen 1,0 m hohen und 30 cm breiten Brüstungen und einem barrierefreien Natursteinplattenbelag zugestimmt.

 

3.              Unter der Voraussetzung, dass die aus Haftungsgründen bei zugelassenem Radverkehr auf der Brücke notwendige Brüstungshöhe von 1,20 m auf 1,0 m reduziert wird, muss beschlossen werden, dass

·           entweder die im Bericht dargestellte straßenverkehrsrechtliche Lösung mit Markierung und Verkehrsbeschilderung angeordnet wird, um den Radverkehr weiterhin sicher über die die Steinerne Brücke fahren zu lassen

·           oder der Radverkehr auf der Steinernen Brücke nicht mehr erlaubt wird, sodass eine Markierung und Beschilderung entfallen kann.

 


 

Anlagen:

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 - Steinerne Brücke-Stadt Regensburg-Brüstungshöhe -O (318 KB)    
Anlage 2 2 Anlage 2 - 2011-01-24_OBB-IIB2_Instandsetzung-Steinerne-Brücke (167 KB)    
Anlage 3 3 Anlage 3 - 10-12-01 arbeitsausschuss beschluss (59 KB)    
Anlage 4 4 Anlage 4 - D10 a - Regelquerschnitt-Feb2011 (326 KB)