Vorlage - VO/12/8135/41  

 
 
Betreff: Jahresthema 2013: 350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Kulturreferent Unger
Federführend:Kulturreferat   
Beratungsfolge:
Kulturausschuss Vorberatung
09.10.2012 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Kulturausschusses ungeändert beschlossen   
Verwaltungs- und Finanzausschuss Entscheidung
18.10.2012 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt:             

 

 

Schon seit dem Jahr 2000 stellt die Stadt ihre Kulturarbeit regelmäßig unter ein bestimmtes Thema oder Motto, mit dem sich die Kulturschaffenden, Künstlerinnen und Künstler aller Sparten befassen, um eine Vielzahl von interessanten Veranstaltungen anzubieten. Ein Jahresthema bzw. ein Jahresmotto hat dabei den Zweck, das kreative Leben in Regensburg zu bündeln und den Fokus immer wieder auf ein anderes, neues kulturelles Feld zu richten.

 

1.              Jahresthema 2013: 350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa

Von 1663 bis 1806 war Regensburg Sitz des Immerwährenden Reichstags, einer Vorform und Keimzelle des Parlamentarismus in Deutschland. Am 20. Januar 2013 jährt sich somit die Einberufung des Immerwährenden Reichstags zum 350. Mal. Mit den zahlreichen Gesandten aus dem In- und Ausland zog internationale Diplomatie und höfisch-barockes Leben in Regensburg ein. Die Stadt wurde im 18. Jahrhundert ein Zentrum europäischer Diplomatie.

 

In einer Zeit, in der vielfach in Europa absolute Monarchen herrschten, lieferte der Reichstag

ein Gegenmodell, das heute sehr modern anmutet: Entscheidungsfindung durch Absprache annähernd gleichberechtigter Partner, durch Kommunikation, Konsens und Kompromiss, durch Interessensausgleich, durch geregelte, allgemein verbindliche Verfahren durch (im weitesten Sinne) „parlamentarische“ Prozesse. Hinzu kommt die europäische Dimension: Am Reichstag waren Gesandte aus dem gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vertreten, das an sich schon eine übernationale Organisation darstellte, aber auch solche aus dem Ausland, gewissermaßen als Beobachter. Der Reichstag war damit im weitesten Sinne ein Vorläufer von Institutionen der heutigen Europäischen Union.

 

Um den Reichstag als einen der Wegbereiter des modernen Europa entsprechend zurdigen, stellt die Stadt Regensburg ihre kulturelle Arbeit im Jahr 2013 unter das Thema „350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa“. An Originalschauplätzen wird in der Stadt durch unterschiedliche Veranstaltungen die Zeit des Barock, des Rokoko und der Aufklärung lebendig. Ein Jahr lang soll in Regensburg die einzigartige Atmosphäre der Reichstagszeit zu spüren sein.

 

Die Schirmherrschaft für das Jubiläum hat Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel übernommen.

 

2.              Aktueller Planungsstand

In den letzten Monaten wurden bereits intensive vorbereitende Gespräche mit Vertretern unterschiedlichster Regensburger Kulturvereinigungen und Kulturschaffenden geführt. Zum derzeitigen Stand sind neben den Ämtern des Kulturreferats auch zahlreiche Institutionen und Vereine in die Planungen einbezogen, unter anderem die Universität Regensburg, die Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik, die Welterbekoordinationsstelle, das Zentralarchiv-Hofbibliothek Fürst Thurn und Taxis, das EuroKolleg Regensburg, der Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger etc.

 

Erfahrungsgemäß werden die heute vorgelegten Planungen auch aufgrund der Vielzahl von beteiligten Kooperationspartnern zum Teil noch modifiziert und spezifiziert werden.

Derzeit ist die Realisierung folgender Veranstaltungen und Projekte vorgesehen:

 

2.1 Ausstellungen

Ausstellung: „Leben zur Reichstagszeit in Regensburg“ (18. Jahrhundert)

Als Höhepunkt des Jubiläumsjahres dokumentiert die Ausstellung unter einem kunst- und kulturgeschichtlichen Schwerpunkt die Zeit des Immerwährenden Reichstags im 18. Jahrhundert. Von November 2013 bis Januar 2014 zeigt das Historische Museum Regensburg bisher unveröffentlichte Objekte.

Die Ausstellung ist eine Kooperation der Museen der Stadt Regensburg mit dem Museum und Archiv des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis Regensburg und dem Haus der Bayerischen Geschichte. Zur Ausstellung erscheint ein umfassender Ausstellungskatalog. Dieser wird neben dem Katalogteil der Exponate auch wissenschaftliche Aufsätze beinhalten, die das Thema unter historisch-politischen Gesichtspunkten aufbereiten. Begleitet wird die Ausstellung zudem durch eine Vortragsreihe mit jungen Wissenschaftlern.

 

Wanderausstellung:

Der Immerwährende Reichstag und seine politische Bedeutung für Europa“

In der Forschungsgeschichte der letzten 20 Jahre wird der Immerwährende Reichstag mit Elementen der Europäischen Union verglichen. Er steht im Spannungsverhältnis von Föderalismus und einem sich an Einzelinteressen orientierenden Partikularismus der Territorialstaaten. In Texten und Bildern geht die Ausstellung der Frage nach, welche Lösungsansätze der Immerwährende Reichstag in diesem Spannungsverhältnis gefunden hat. In Anpassung an die angestrebten Ausstellungsorte und -flächen, wird die politische Bedeutung des Immerwährenden Reichstags auf Roll-Ups und mit Hilfe einer Medienstation dokumentiert. Erste Station der Wanderausstellung ist Berlin. Hier wird die Ausstellung im Rahmen eines Empfangs in der Bayerischen Vertretung eröffnet.

Kosten Ausstellungen geschätzt: ca. 122.500 Euro

Einnahmen Ausstellungen geschätzt: ca. 22.500 Euro

 

2.2 Weitere Veranstaltungen

Wissenschaftliche Vortragsreihe

In Kooperation mit unterschiedlichen Fakultäten der Universität Regensburg (Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Geschichte, Politikwissenschaft etc.) findet eine Vortragsreihe zur Zeit des Immerwährenden Reichstags statt. Die Beiträge von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachgebieten werden viele Aspekte des damaligen politischen und gesellschaftlichen Lebens beleuchten. Im Mittelpunkt der Vorträge stehen dabei unter anderem die historischen Entwicklungen aus Sicht der Stadt Regensburg.

Die Vorträge finden in zwei Blöcken im Herbst 2012 und im Frühjahr 2013 statt. Die Aufsätze zur Reihe finden zur historischen Aufarbeitung des Immerwährenden Reichstags Eingang in den Ausstellungskatalog.

 

Reichstagsführungen

Neben den klassischen Reichstagsführungen wird es speziell für das Jubiläumsjahr 2013 entwickelte kombinierte Führungen geben, die neben dem Reichstagsmuseum auch andere authentische Orte mit einschließen, die den Immerwährenden Reichstag erlebbar machen (Gesandtenfriedhof, Gesandtenunterkünfte und -häuser, St. Emmeram etc.).

Das Reichstagsmuseum wird in Zukunft unter „document Reichstag“ firmieren.

 

Welterbetag 2013

Der Welterbetag 2013 wird das Jubiläum “350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa“ aufgreifen. Den ganzen Tag über werden Aktionen und Führungen die verschiedenen Aspekte des Themas beleuchten. Der Tag richtet sich wie üblich an die ganze Familie und wird nicht nur den Reichssaal und seine Geschichte intensiv kommunizieren, sondern auch die vielen Geschichten und Einzelheiten rund um die Sitzungen. Regensburgs Rolle als freie Reichsstadt und die  Spuren dieser untergegangenen Kultur im Stadtbild sind schließlich Gründe dafür, dass der Welterbetitel 2006 verliehen wurde. Wie an den vergangenen Welterbetagen werden natürlich auch zahlreiche Führungen und einige Überraschungen auf die Besucherinnen und Besucher warten.

 

Urbane Kunstinterventionen 

Regensburg war freie Reichsstadt und Sitz des Immerwährenden Reichstages. Die Gesandten brachten aus ganz Europa neue Entwicklungen in die Stadt. Gleichzeitig machte sich Regensburg europaweit einen Namen. Die Bürgerinnen und Bürger waren sehr stolz auf Ihre Stadt, deren Geschichte und Erscheinung. Immer offen für Neues brachte Regensburg schon immer die Vergangenheit und die Moderne in Einklang.

 

Moderne Kunstinterventionen wie Urban Knitting und Urban Gardening sind Kunstformen, die, ohne irgendeinen Schaden anzurichten, Gegenständen ein neues Aussehen verleihen. Kunstwerke des öffentlichen Raumes werden eingestrickt oder bepflanzt und damit in Szene gesetzt. Urbane Kunstinterventionen lassen Altbekanntes und kaum mehr Wahrgenommenes in neuem Licht erscheinen: Die vertraute Stadt wird wieder neu erlebt. Dieser Effekt soll noch durch Urban Arts verstärkt werden. Die Straßen- und Aktionskunst belebt und verändert das gewohnte Stadtbild.

 

Bereits größter Beliebtheit erfreut sich diese Art der Straßenkunst in großen Metropolen dieser Erde wie New York, London und inzwischen auch in Regensburg. Bürgerinnen und Bürger lassen ihre Stadt in wolligem, grünen, lebensprühendem und liebevollem Look auftreten. Das erregt Aufsehen und regt zu Diskussionen an.

 

Begegnungen rund um den Immerwährenden Reichstag eine Zeitreise mit allen Sinnen

r die Dauer eines Wochenendes hält junges Leben Einzug in die altehrwürdigen Räume des einstigen Immerwährenden Reichstags. An den originalen Schauplätzen im Alten Rathaus, wo vor 350 Jahren Politiker und Diplomaten sich zu ihren Sitzungen trafen, werden die großen Themen von damals Interessensausgleich und Konfliktverhütung, Kommunikation über kulturelle und sprachliche Barrieren hinweg, Identität und Multikulturalität übertragen auf die Bedingungen der Gegenwart und die Lebenswelt junger Menschen (Stichworte: zusammenwachsendes Europa, Menschen mit Migrationshintergrund etc.) modern und zeitgemäß interpretiert. Projektpartner der Stadt Regensburg ist das EuroKolleg Regensburg, das mit einem engagierten Pädagogen- und Künstlerteam über reiche Erfahrungen in der Sparte Konzertpädagogik mit dem Schwerpunkt Wissensvermittlung durch Musik verfügt.

 

Musik und Festkultur aus der Zeit der Reichstage

Die Gesandten und Stellvertreter des Kaisers repräsentierten in Regensburg die Herrscher ihrer Länder. Zu den Pflichten der diplomatischen Vertreter am Reichstag gehörte auch das Ausrichten von Festen. Die Festkultur zur Zeit des Immerwährenden Reichstags bewegte sich dabei auf sehr hohem Niveau.

Musik (z. B. von Joseph Touchemoulin und Theodor von Schacht) und gesellschaftliche Tänze aus der Zeit des Immerwährenden Reichstags sollen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Regensburg und ihre Gäste in die Zeit des Immerwährenden Reichstags zurückversetzen. Eine moderne Jonglage-Performance soll die Entwicklung der Gaukelei in 350 Jahren zu einer Kunstform thematisieren. Für die Weihnachtszeit ist ein traditionelles Christkindlwiegen geplant. Die alljährlichen Matineen von Professor Norbert Düchtel an der Schwalbennest-Orgel in der Minoritenkirche werden ebenfalls auf das Jahresthema ausgerichtet. Als Veranstaltungsorte für die musikalischen Projekte sind vorgesehen: der Reichssaal als historische Stätte des Immerwährenden Reichstags, der Renaissance-Innenhof des Thon-Dittmer-Palais und die Kirchen in Regensburg (z. B. Dominikanerkirche, St. Oswald, Dreieinigkeitskirche je nach Fortgang der Renovierungsarbeiten).

 

Literatur: Streitkultur im Wandel der Zeit

In Kooperation mit der Regensburger Schriftstellergruppe International e. V. wird voraussichtlich im Herbst 2013 unter dem Motto „Streitkultur im Wandel der Zeit“ eine Literaturveranstaltungsreihe durchgeführt. Dazu ist unter anderem ein Jugend-Literaturwettbewerb mit Endausscheidungslesung in Regensburg geplant. Schwerpunkte bilden dabei die Themen Meinungsfindung, Diskussionsprozesse und Konfliktbewältigung  vom 17. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Es ist vorgesehen, Regensburger Schulen aktiv mit in das Projekt einzubeziehen. Eine moderierte Podiumsdiskussion soll sich polarisierend mit (politischer) Entscheidungsfindung beschäftigen.

 

Ausgaben für Veranstaltungen: ca. 128.000 Euro

Einnahmen für Veranstaltungen: ca. 8.500 Euro

 

2.3 Öffentlichkeitsarbeit und Marketing

Publikationen und einheitliches Erscheinungsbild

Ähnlich wie bei früheren Jahresthemen soll für das Jubiläum „350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa“ ein einheitliches Erscheinungsbild entwickelt werden. Das Kulturjournal wird als Broschüre zum Jahresthema einen Überblick über alle geplanten Veranstaltungen und Projekte geben. Parallel dazu wird auch ein spezieller Internetauftritt alle Informationen zum Jahresthema 2013 liefern. Zur Ausstellung wird neben dem umfangreichen zweiteiligen Ausstellungskatalog auch ein Kurzführer erscheinen. Zusätzlich sind eine Neuauflage der CD-Broschüre „Das Alte Reich und der Reichstag in Regensburg“ und eine Handreichung für Schulen geplant.

 

Integration der neuen Medien: der Reichstag auf Facebook

In Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg (Lehrstühle für Bayerische Geschichte, Medieninformatik und Medienwissenschaft) wird eine Facebook-Seite zum Immerwährenden Reichstag eingerichtet und das Kommunikationsverhalten im Internet untersucht. Die Betreuung und die Untersuchung, die im Rahmen einer Masterarbeit erfolgt, gehen der Frage nach, wie sich moderne Kommunikationsmedien und historische Inhalte als Wissenstransfer zueinander verhalten. Dieses web 2.0-Prinzip für den Immerwährenden Reichstag orientiert sich an einem Konzept, das für das Museum der Bayerischen Geschichte entwickelt wird.

 

3.              Finanzen

r die städtischen Initiativen werden nach momentanem Planungsstand folgende Ausgaben veranschlagt:

Ausstellungen und Initiativen durch die Museen: ca. 122.500 Euro

Veranstaltungen zum Jahresthema 2013: ca. 128.000 Euro

Vorbereitende Veranstaltungen/Marketing zum Jahresthema 2014 - Landesausstellung: ca. 13.000 Euro

Publikationen, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit (ohne Ausstellungskataloge): ca. 35.000 Euro

 

r Ausstellungen und Veranstaltungen werden nach momentanem Planungsstand folgende Einnahmen veranschlagt: ca. 31.000 Euro

 

 

 


Der Kulturausschuss beschließt, dass die Verwaltung auf der Basis der im Sachverhalt dargelegten Planungen die Vorbereitungen für das Jahresthema 2013 „350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa“ fortführt und die notwendigen Maßnahmen einleitet.

 

Der Kulturausschuss empfiehlt und der Verwaltungs- und Finanzausschuss beschließt:

 

Im Jahr 2013 sollen Einnahmen in Höhe von 31.000 Euro und Ausgaben in Höhe von 298.000 Euro für städtische Veranstaltungen, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Jahresthemen – insbesondere für das Jahresthema 2013 „350 Jahre Immerwährender Reichstag in Europa“ - veranschlagt werden.