Vorlage - VO/13/8445/45  

 
 
Betreff: Nachträge zur Denkmalliste der Stadt Regensburg;
Herstellung des Benehmens mit der Gemeinde i.S. Art. 2 Abs. 1 DSchG
hier: Eiserner Steg, "Sternbergunterführung" und "Nibelungenkaserne" (Gutachten vom 03.12.2012)
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Kulturreferent Unger
Federführend:Amt für Archiv- und Denkmalpflege   
Beratungsfolge:
Kulturausschuss Vorberatung
26.02.2013 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Kulturausschusses ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

                                                                                                            

 

 

Sachverhalt:             

 

Bei der wissenschaftlichen Begutachtung der Argumente des BLfD für die Unterschutzstellung des sogenannten Eisernen Stegs, sind einige grundsätzliche Fragen zur Bewertung der Denkmalqualität einzelner insbesondere moderner Objekte aufgetreten, die in Hinblick auf Nachträge zur Denkmalliste im Stadtgebiet Regensburg relevant erscheinen. Insbesondere ist die Frage aufzuwerfen inwieweit es sich bei modernen standardisierten Objekten um solche handelt deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt, wie es der Art. 1, Abs. 1 DSchG formuliert. Städtebaulich und bezogen auf das Ensemble „Altstadt Regensburg und Stadtamhof“ ist sicherlich der Standort Fußngerbrücke „Eiserner Steg“ mit den beiden ‚alten Brückenköpfen, wie an anderer Stelle dargelegt (siehe Anlage), denkmalwürdig. Ob das aber für die „zweite Bauphase“ als Provisorium nach der Kriegszerstörung auch gilt, muss füglich bezweifelt werden. Zumal der Eiserne Steg inzwischen den Charakter des Provisorischen verloren hat. Besonders gewichtig aber erscheint die Tatsache, dass es sich um ein standardisiertes Massenprodukt handelt, von dem generell zu Fragen ist, ob es erhaltenswert ist.[1]

Sicherlich ist die folgende Feststellung im Gutachten des BLfD richtig: Die für die Reaktivierung des Eisernen Stegs verwendete LZ-Brücke aus den Beständen der deutschen Wehrmacht dürfte wohl aus der Zeit um 1940 stammen. Zusammen mit dem Grieser Steg zählt der Eiserner Steg als eines der letzten Beispiele dieser Konstruktionsart in Regensburg und ist somit eines der wenigen in Regensburg nahezu original erhaltenen baulichen Dokumente der unmittelbaren Nachkriegszeit. Natürlich sind die beiden genannten Brücken die letzten Beispiele dieser Konstruktionsart, aber es dürfte nie viel mehr im Raum Regensburg gegeben haben, als eben die vier Regensburger Behelfsbrücken, da die Konstruktionen ja eigentlich ‚massenhaftr den Kriegseinsatz vorgesehen waren.[2] Dies wiederum muss wohl dahingehend interpretiert werden, dass die für Regensburg konstatierte Singularität aber nicht wirklich Singularität in Bayern oder gar in der Bundesrepublik bedeuten muss, und der Vergleichsraum muss Deutschland sein, da ja die Wehrmacht als Gesamtstaatliche Einrichtung die LZ-Brücken beschafft hat. Hier wird eine grundsätzliche Problematik berührt, die für alle standardisierten bzw. genormten Objekte der Moderne aufgeworfen ist, für technische Objekte ebenso, wie für Bauwerke: „Insbesondere ist nachprüfbar (durch Verwaltungsgerichte) die (annähernd) gleiche Behandlung gleicher Objekte und damit die gleiche Behandlung der Eigentümer, die Anwendung landeseinheitlicher Maßstäbe bei der Entscheidung der Frage, welche Sachen Denkmäler sind und welche nicht.[3] Diese Auffassung der Kommentatoren des bayerischen Denkmalschutzgesetzes erscheint mehr als wichtig. Diese Überprüfbarkeit setzt wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Objekten voraus, um einheitliche Maßstäbe zu erhalten.

Auf die Brückenproblematik übertragen heißt das: Hunderte, wenn nicht Tausende von Brücken wurden in den Kämpfen in Deutschland und Bayern im Jahr 1945 zerstört, provisorisch wieder aufgebaut und später ersetzt. Wie viele der Provisorien existieren noch und welche sind warum Denkmäler, sind das alle landesweit noch erhaltenen Provisorien? Wo existieren bayernweit noch LZ-Brücken? Warum ließ das Landesamt die Ersetzung solcher Provisorien früher zu und versucht sie jetzt zu erhalten? Wurden diese Objekte früher nicht als Denkmäler erkannt und warum? Die Kommentatoren meinen „ein einheitlicher Maßstab ist nur dann zu gehrleisten, wenn die Entscheidungen einer zentralen Stelle übertragen sind.[4] Hier wäre also das Landesamt gefordert, ein entsprechender Maßstab ist aber nicht bekannt.

Ähnlich geartet sind die Fragen zur Unterschutzstellung der Nibelungenkaserne, einer für die Fliegerabwehrtruppen der deutschen Luftwaffe errichteten Kaserne. In Bayern alleine lassen sich insgesamt acht zwischen 1933 und 1942 erbaute Flak-Kasernen der Luftwaffe nachweisen, im gesamten ehemaligen Reichsgebiet sind es natürlich deutlich mehr. Von diesen acht bayerischen Flak-Kasernen haben drei eine frühe Umnutzung erfahren, während fünf nach dem 2. Weltkrieg weiter für militärische Zwecke verwendet wurden, drei gingen nach der Wiederaufrüstung an die Bundeswehr, darunter auch die Regensburger Nibelungenkaserne, und zwei wurden von den Streitkräften der Vereinigten Staaten genutzt. Alle fünf ehemaligen Kasernen sind inzwischen demilitarisiert und haben mit Ausnahme der Nibelungenkaserne eine Konversion erfahren. Soweit feststellbar wurden außer in Regensburg kaum nennenswerte Objekte in den vier übrigen ehemaligen Flak-Kasernen unter Denkmalschutz gestellt.

Dies ist umso auffälliger, da besonders den Bauten der Luftwaffe in der Architekturgeschichte eine Sonderstellung eingeräumt wird, weil deren Architekten nicht an die Normvorschriften des Heeres gebunden waren, wodurch der Mythos von der „Luftwaffenmoderne“ entstand. Man möchte nun annehmen, dass sich das BLfD frühzeitig, ähnlich der rheinischen Denkmalpflege, den zu erwartenden Problemen mit der Konversion der Militäranlagen zugewandt hätte, dem scheint aber nicht so zu sein. Dadurch wurde natürlich auch die Frage nach dem jeweils Individuellen einer Kaserne nicht gestellt, und das Individuelle vom Genormten nicht unterschieden. Damit gibt es wohl auch keine einigermaßen objektiven Beurteilungskriterien für die vergleichbare Bestimmung der Denkmaleigenschaften einzelner Kasernenobjekte.

Dieselben oder ähnliche Fragen wie für Kasernenbauten lassen sich für Bahnunterführungen stellen, denn hierbei handelt es sich wahrscheinlich um Standardentwürfe, die jeweils den lokalen Gegebenheit angepasst wurden und in Bayern und dem gesamten Reichsgebiet zu Tausenden bestanden. Auch hier muss Vergleichbarkeit in den Beurteilungsmaßstäben gefunden werden.

Aus oben genannten Gründen sollte vor der Herstellung des Benehmens zur Eintragung der Objekte in die Denkmalliste das BLfD aufgefordert werden, die einheitlichen Maßstäbe für die Unterschutzstellung von genormten Massenprodukten  und Nachkriegsprovisorien (Eiserner Steg), von Kasernenbauten speziell der Luftwaffe und von Bahnunterführungen dazulegen.

 


[1] Vgl. hierzu: Franz Dirnberger, Wolfgang Eberl u.a, Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerlicher Aspekte, 62007, S. 97.

[2] Vgl. zur Problematik der Massenprodukte im Denkmalschutz: : Franz Dirnberger, Wolfgang Eberl u.a, Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerlicher Aspekte, 62007, S. 97 Randnote 15.

[3] : Franz Dirnberger, Wolfgang Eberl u.a, Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerlicher Aspekte, 62007, S. 87.

[4] : Franz Dirnberger, Wolfgang Eberl u.a, Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerlicher Aspekte, 62007, S. 87.


Der Ausschuss beschließt:

 

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, mit dem BLfD Kontakt aufzunehmen, um die einheitlichen Maßstäbe für die Unterschutzstellung von genormten Massenprodukten und Nachkriegsprovisorien (Eiserner Steg), von Kasernenbauten speziell der Luftwaffe und von Bahnunterführungen zu eruieren. Dem Kulturausschuss ist wieder zu berichten.


 

Anlagen: Gutachten vom 03.12.2012

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Eiserner Steg-Gutachten-Kulturausschuss (464 KB)