Vorlage - VO/14/10074/66  

 
 
Betreff: Erhebung zur Wohnungsversorgung in Regensburg
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Amt für Stadtentwicklung   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Entscheidung
23.07.2014 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:             

 

Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr erhebt regelmäßig Daten zur Wohnraumversorgung der Bevölkerung, um die Gebietskulissen für verschiedene Instrumentarien zur Steuerung des Wohnungsmarktes anzupassen und fortzuschreiben. Im Fragebogen (sh. Anlage) werden nach den allgemeinen Angaben (Buchstabe A) Strukturdaten des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung
(Buchstabe B) und Aussagen der jeweils zuständigen Regierung zum geförderten Wohnungsbau (Buchstabe C) eingeholt. Unter Buchstabe D werden Angaben zur örtlichen Mietstruktur und Bevölkerungsentwicklung bei der Kommune abgefragt. Dabei sollen unter Ziffer 16.2 Einschätzungen zur Notwendigkeit der unterschiedlichen Steuerungselemente für ihren Bereich abgegeben werden.

 

Jede der durch die verschiedenen Rechtsgrundlagen mögliche Einflussnahme auf den Wohnungsmarkt bedeutet aus Sicht der Wohnungseigentümer eine Einschränkung des Eigentumsrechts. Diese muss deshalb insbesondere  durch übergeordnete soziale Ziele begründet sein. Sie erfordert daher objektiv nachvollziehbare Argumente auf der Basis der erhobenen Daten, die in allen betroffenen Teilbereichen des Freistaats Bayern vergleichbar sein müssen. Die Einschätzungen der Kommune können daher nur als ergänzendes Bewertungskriterium herangezogen werden. Dennoch bedarf die Stellungnahme zu den jeweiligen Punkten einer gründlichen Abwägung der verschiedenen Interessen.

 

Im Einzelnen handelt es sich um die nachfolgend beschriebenen Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen unterschiedlicher Rechtsgrundlagen.

 

  1. Ausübung des Benennungsrechts für geförderte Wohnungen

Die Gebiete, in denen den Vermietern von den zuständigen Stellen Wohnungssuchende persönlich benannt werden, werden in der Anlage zu § 3 der „Verordnung zur Durchführung des Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsrechts“ (DVWoR) festgelegt. Regensburg ist seit 1996 nicht mehr als eines dieser Gebiete aufgeführt. Im Unterschied zum Benennungsverfahren wird den Wohnungssuchenden seitdem ein allgemeiner Wohnberechtigungsschein ausgestellt,  der zum Bezug einer  entsprechenden Wohnung (je nach Einkommensverhältnissen und Haushaltsgröße) berechtigt. Die Auswahl des einzelnen Mieters bleibt dabei grundsätzlich dem Vermieter überlassen. In Regensburg wird die Neubelegung freigewordener Wohnungen  dem Amt für Stadtentwicklung als der zuständigen Stelle angezeigt. Bei der Stadtbau-GmbH Regensburg werden die freiwerdenden Wohnungen nach einem sogenannten „Scoring-Verfahren“ vergeben, bei dem die soziale Dringlichkeit der Haushalte mit einem Punkteverfahren bewertet wird. Die Vergabe nach diesem System ersetzt das Benennungsrecht in adäquater Weise. Bei den übrigen Vermietern sozial geförderten Wohnraumes finden eigene Verfahren Anwendung.

 

Sofern in Regensburg das Benennungsverfahren im Rahmen der DVWoR wieder eingeführt werden würde, wäre es derzeit auf 3 872 Wohnungen des so genannten „Ersten Förderungsweges“ (klassischer Sozialer Wohnungsbau) anzuwenden. Davon stehen 1 853 Wohneinheiten im Eigentum der Stadtbau-GmbH Regensburg. Die Zahl der betroffenen Wohnungen insgesamt geht allerdings durch Ablauf der Bindungsfrist jährlich um über 150 Wohneinheiten zurück. Um eine schnellstmögliche Wiederbelegung sicherzustellen, müssten dem Vermieter im Regelfall für jede frei werdende Wohnung mindestens 5 bis 10 Bewerber vorgeschlagen werden. Sehr häufig werden nämlich angebotene Wohnungen aufgrund der Wohnlage oder der Ausstattung nicht angenommen. Im Jahr 2013 fanden 232 Wiedervermietungen im Wohnungsbestand des „Ersten Förderungsweges statt. 

 

Das Benennungsverfahren wäre mit einem weitaus höheren Verwaltungsaufwand als bislang verbunden, der ohne einen deutlich höheren Personal- und EDV-Einsatz für die nächsten Jahre von der Verwaltung nicht zu bewältigen wäre. Außerdem ist mit einem erheblichen  Abstimmungs und Organisationsaufwand zwischen den Vermietern und der Verwaltung zu rechnen, der auch die Gefahr längerer Leerstände von geförderten Wohnungen im Zeitraum zwischen dem Ende eines Mietverhältnisses und der Neuvermietung mit sich brächte.

 

Insgesamt ist festzustellen, dass die bisherige Praxis mit der Vergabe der Wohnberechtigungsscheine seit 1996 problemlos abläuft. Die Wiedereinführung des Benennungsrechts brächte gegenüber der heutigen Situation keine erkennbaren Vorteile für die Wohnungssuchenden in Regensburg, da das grundlegende Problem der Wohnungsknappheit sich dadurch nicht ändert und das Angebot der zu benennenden sozial geförderten Wohnungen kontinuierlich abnimmt. Die Aufnahme in die Gebietskulisse des § 3 DVWoR sollte daher nicht angestrebt werden.

 

  1. ndigungsbeschränkung bei Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen

Gemäß § 577 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Erwerber einer vermieteten Wohnung, die als Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft wurde, drei Jahre nach der Veräerung eine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen unzumutbarer Einschränkungen in der wirtschaftlichen Verwertung des Objekts aussprechen. Die Frist kann durch Verordnung der jeweiligen Landesregierung für Gebiete, in denen die Wohnraumversorgung der Bevölkerung besonders gefährdet ist, von drei auf zehn Jahre erhöht werden. Die räumliche Abgrenzung erfolgt nach § 1 der Wohnungsgebieteverordnung (WoGeV) in der Anlage 1 der Verordnung. Regensburg war bisher nicht in dieser Gebietskategorie aufgeführt.

 

Um mehrere Wohnungen in einem Gebäude jeweils als Teileigentum veräern zu können, ist eine sogenannte „Abgeschlossenheitsbescheinigung“ erforderlich. Sie wird von der Bauaufsichtsbehörde erteilt, die damit bestätigt, dass die Wohnungen baulich hinreichend voneinander getrennt sind. Außerdem muss ein eigener, abschließbarer Zugang zu jeder Einheit vorhanden sein. Die Bescheinigung ist erforderlich, wenn der Neubau von Eigentumswohnungen oder die Aufteilung eines Mietshauses in (separat verkäufliche) Eigentumswohnungen geplant ist.

 

Im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2013 wurden im Stadtgebiet 122 Abgeschlossenheitsbescheinigungen pro Jahr im Wohnungsbestand erteilt, durch die die Mieter von einer Kündigung aus den oben beschriebenen Gründen hätten bedroht sein können. Bei einem Bestand von über 84 000 Wohneinheiten entspricht dies einem Anteil von 0,14 Prozent aller Wohnungen in Regensburg, wobei tatsächliche Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder unzumutbarer Einschränkungen in der wirtschaftlichen Verwertung des Objekts wiederum nur einen Bruchteil dieses Anteils betreffen dürften. Die Verlängerung der Fristen für Kündigungen betrifft also eine so geringe Anzahl an Wohnungen, dass auf die Aufnahme in diese Gebietskategorie ebenfalls verzichtet werden sollte.

 

  1. Senkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen

Im Rahmen des § 558 Abs. 3 BGB darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 Prozent erhöhen (außer bei Modernisierungsmaßnahmen oder einer Erhöhung der Betriebskostenpauschale). Seit 1. Mai 2013 sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung in Gebieten mit unzureichender Wohnraumversorgung diesen Satz auf 15 Prozent zu senken. Das Stadtgebiet Regensburg wurde auf der Basis des Beschlusses vom 9. April 2013 mit Wirkung ab 23. Juli 2013 in diese Gebietskulisse aufgenommen (§ 1 b der WoGeV). Diese Regelung ist vorerst befristet bis zum 31. Dezember 2015. Eine Weiterführung der gesenkten Kappungsgrenze ist zur Dämpfung von Mietsteigerungen zu befürworten.

Eine erneute Datenerhebung hierzu wurde vom Freistaat Bayern bereits angekündigt (sh. hierzu auch Beschlussvorlage vom 22. Oktober 2013).

 

  1. Zweckentfremdungssatzung

Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ermächtigt die Städte und Gemeinden, durch Satzung festzulegen, dass eine Zweckentfremdung von Wohnraum nur mit einer entsprechenden Genehmigung zulässig ist. In der bei der Sitzung am 3. Dezember 2013 zur Kenntnis gebrachten Beschlussvorlage wurde unter Ziffer 3 bereits dargestellt, dass aufgrund der Knappheit von Wohnraum die Umnutzung von Wohnungen in Büro- oder Gewerbeflächen nur in sehr geringem Maß stattfindet, wohingegen die Umnutzung von Büro- oder Gewerbeflächen in Wohnungen wesentlich stärker ausgeprägt ist. Auch die Umnutzung von Mietwohnungen in Ferienwohnungen geschieht in Regensburg derzeit nur in sehr untergeordnetem Umfang. Eine Internetrecherche ergab ein Angebot von etwa 150 Ferienwohnungen im Stadtgebiet, was einem Anteil von 0,18 Prozent am gesamten Wohnungsbestand entspricht. Der Erlass einer Zweckentfremdungssatzung ist daher derzeit nicht angebracht, er würde zu keiner spürbaren Entlastung der Nachfragesituation führen.

 

  1. Verordnung zur „Mietpreisbremse“

Auf Bundesebene wird derzeit ein Gesetzentwurf für eine Mietpreisbegrenzung beraten, die in Ballungszentren den Anstieg der Wohnkosten eindämmen soll. Diese Regelung soll Ländern und Kommunen das Recht einräumen, bestimmte Gebiete auszuweisen, in denen der Mietanstieg bei Wiedervermietungen von Wohnungen gedeckelt werden kann. nftig soll dabei die zulässige Miete auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränkt sein.

Bei der Erhebung der Mietpreise im Wohnungsbestand für den jetzt gültigen Mietspiegel 2014 ergab sich im Verhältnis zu den Werten des Mietspiegels 2010 eine Steigerung der Durchschnittsmiete von rund 17 %. Grund für diese hohe Steigerungsrate ist u. a. das hohe Niveau der Mietpreise bei der Wiedervermietung frei werdenden Wohnraums, das deutlich über den Preisen bei bestehenden Mietverhältnissen liegt. Die Wohnungssuchenden sind aufgrund der Knappheit von Wohnraum gezwungen, diese Mietpreise zu akzeptieren. Dem kann durch eine Beschränkung in Form einer Vorgabe von Obergrenzen bei der Wiedervermietung begegnet werden.

 

Aufgrund der weiterhin steigenden Bevölkerungszahl ist eine sinkende Investitionsbereitschaft in Regensburg wahrscheinlich nicht zu erwarten, zumal die „Mietpreisbremse“ bei Neubauten oder Generalsanierungen nach den Überlegungen des Gesetzgebers ohnehin keine Anwendung finden soll, sondern nur bei der Wiedervermietung bereits bestehender Mietwohnungen greift. Die Beschränkung der Miethöhe in diesen Fällen begrenzt einen drohenden Verdrängungswettbewerb zu Lasten Einkommensschwächerer und wirkt damit Segregationstendenzen entgegen. Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit, dass sich längerfristig die gedeckelten Mieten auf die Investitionsbereitschaft von Bauträgern und Anlegern auswirken. Trotzdem ist derzeit die Aufnahme in diese Gebietskulisse im Sinne eines wohnungspolitischen Signals anzustreben.

 


  1. Der Ausschuss nimmt vom Bericht der Verwaltung Kenntnis.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Beantwortung der Anfrage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zur Gebietsbestimmung entsprechend der Vorlage Stellung zu nehmen.

 

 


Anlagen:

 

Erhebungsbogen

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Erhebungsbogen (121 KB)