Vorlage - VO/15/11183/10  

 
 
Betreff: Petitionsverfahren bei der Stadt Regensburg;
Behandlung von Sammel- bzw. Online-Petitionen
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Personal- und Verwaltungsreferent Eckert
Federführend:Hauptamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen Vorberatung
28.07.2015 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
30.07.2015 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

 

 

 

Sachverhalt:             

 

In seiner Sitzung am 20.05.2015 hat der Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen auf Grundlage eines Antrags der SPD-Stadtratsfraktion die Verwaltung beauftragt, einen Vorschlag für den strukturierten Umgang der Stadt Regensburg mit sog. Sammel- bzw. Online-Petitionen zu erarbeiten.

 

  1. Grundsätzliche Anmerkungen

 

1.1  Rechtliche Grundlagen von Petitionen

 

Gem. Art. 17 des Grundgesetzes (GG) und Art. 115 der Bayerischen Verfassung (BV) kann sich jedermann einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung wenden (Petitionsrecht). Dieses Recht ist auch in Art. 56 Abs. 3 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) normiert. Demnach kann sich jeder Gemeindeeinwohner mit Eingaben und Beschwerden an den Gemeinderat wenden. Da Art. 17 GG als bundesrechtliche Verfassungsbestimmung dem Art. 56 Abs. 3 GO vorgeht, steht das Petitionsrecht auf kommunaler Ebene entgegen dem Wortlaut des Art. 56 Abs. 3 GO ebenfalls jedermann zu. Inhaltlich eröffnet es keine weitergehenden Rechte als die grundgesetzliche Regelung des Art. 17 GG.

 

1.2  Erläuterung des Begriffs Petition

 

Das Petitionsrecht umfasst das Recht auf Petitionseinbringung, den Anspruch auf Entgegennahme durch die zuständige Stelle, sachliche Prüfung sowie Verbescheidung der Petition (vgl. BVerfGE 2, 225 (239). Es gibt der Petentin/dem Petenten zwar ein einklagbares Recht auf Beantwortung ihrer/seiner Petition, allerdings besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung in ihrer/seiner Sache, kein Anspruch auf eine wiederholte Antwort auf dieselbe Petition und kein Anspruch darauf, dass die Antwort auf die Petition näher begründet wird (BayVerfGHE 16, 141; BVerfGE 2,225, BayVerfGHE 11, 189).

 

Der Begriff der Petition ist weit auszulegen. Bloße Meinungsäerungen, reine Auskunftsersuchen, förmliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel sowie Stimmrechte bei Wahlen und Abstimmungen fallen nicht unter diesen Begriff.

 

Eine Petition ist in der Regel dann unbegründet, wenn sie auf etwas rechtlich Verbotenes gerichtet ist oder einen beleidigenden Inhalt hat. Eine Verletzung eigener Rechte oder Interessen braucht eine Petentin/ein Petent nicht geltend zu machen. Petitionen sind schriftlich einzureichen. Das Schriftlichkeitserfordernis ist auch durch Telefax oder E-Mail erfüllt.

 

Das Petitionsrecht kann „in Gemeinschaft mit anderen“ ausgeübt werden. Dies bedeutet, dass für eine beabsichtigte Petition Unterschriften gesammelt, oder andere Personen zur Einreichung paralleler Eingaben veranlasst werden können.

 

1.3  Quorum nach dem Petitionsrecht

 

Nachdem das Petitionsrecht jeder Einzelperson zusteht, ändert sich an der prinzipiellen Handhabung einer Petition aus rechtlicher Sicht grundsätzlich nichts dadurch, dass der Petent neben der eigenen Unterschrift zusätzlich Unterschriften von weiteren Unterstützern beibringt („Sammelpetition“). Die Anzahl der gesammelten Zustimmungen/Unterschriften kann insofern nur einen Einfluss auf die politische Gewichtung der Petition („politischer Druck“) haben.

 

Bei einer Online-Petition handelt es sich um eine internetbasierte Sammelpetition, d.h. auch hier ergeben sich aus einer hohen Anzahl von Zustimmungen keine besonderen Rechte. Petitionen, die an die Stadt adressiert sind, müssen folglich unabhängig von der Anzahl der Unterstützer behandelt werden.

 

1.4  Gesetzliche Zuständigkeitsverteilung

 

Das Petitionsrecht lässt die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung (Art. 29, 37 GO) zwischen dem Oberbürgermeister und dem Stadtrat unberührt. Ist für die Behandlung eines Petitionsgegenstandes der Oberbürgermeister zuständig, da es sich um eine laufende Angelegenheit handelt, so wäre eine Behandlung der Petition im Stadtrat unzulässig. Allerdings sind Petitionen, die an den Stadtrat gerichtet sind, diesem in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen, auch wenn die Behandlung und Entscheidung nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt.

 

1.5  Antragsrecht der Petenten im Stadtrat

 

Das kommunale Petitionsrecht gewährt der Petentin/dem Petenten kein Antragsrecht im Stadtrat. Ein Antragsrecht im Stadtrat steht dem Oberbürgermeister, den weiteren Bürgermeistern sowie den ehrenamtlichen und berufsmäßigen Stadtratsmitgliedern zu. Andere Personen haben ein Antragsrecht im Stadtrat nur im Rahmen eines Bürgerantrags nach Art. 18 b Abs. 5 GO. Allerdings steht der Bürgerantrag nur den Gemeindebürgern zu und es gelten entsprechende Formvorschriften, d.h. der Bürgerantrag ist schriftlich zu stellen und es muss ein Quorum eingehalten werden, das anhand von Unterschriftslisten nachzuweisen ist. Eine Online-Petition erfüllt die formellen Anforderungen daher nicht.

 

1.6  Rederecht der Petenten im Stadtrat

 

Darüber eröffnet das Petitionsrecht kein Recht der Petentin/des Petenten, ihr/sein Anliegen im Stadtrat mündlich vorzutragen (Widtmann/Grasser/Glaser, Kommentar zur Bayerischen Gemeindeordnung, Art 56 Rn. 18). Dieses Recht kann einer außenstehenden Person nur im Einzelfall durch Beschluss oder auf Anordnung des/der Vorsitzenden eingeräumt werden und bezieht sich auf die Hinzuziehung von Sachverständigen (§ 30 Abs. 4 Geschäftsordnungr den Stadtrat der Stadt Regensburg). Ein weitergehendes Recht kann nicht vom Gemeinderat selbst, sondern müsste vielmehr vom Landesgesetzgeber eingeräumt werden. Der Bayerische Landtag hat in der Bayerischen Gemeindeordnung dieses weitergehende Recht nicht vorgesehen (siehe hierzu auch Fundstelle 1980, Rn. 59). Es wäre daher rechtlich unzulässig, z.B. bei Erreichen eines bestimmten Quorums, den Vertretern einer Online-Petition grundsätzlich ein Rederecht im Stadtrat zu gewähren.

 

1.7  rgerantrag

 

Neben dem Petitionsrecht nach Art 56 Abs. 3 GO bietet Art 18 b GO die Möglichkeit eines Bürgerantrags, den 1 v. H. der Gemeindebürgerinnen und -bürger unterzeichnen müssen. Wird dieses Quorum erreicht, ist ein zulässiger Bürgerantrag innerhalb von drei Monaten im Stadtrat zu behandeln. Nachdem der Bürgerantrag einschließlich der Unterschriften der Schriftform bedarf, scheidet dafür nach aktueller Rechtslage eine Internetplattform aus.

 

 

  1. gliche Alternativen für den Umgang mit Online-Petitionen

 

2.1  Eigene Internetplattform der Stadt Regensburg

 

Aus Sicht der Verwaltung würde es keine Vorteile bringen, wenn die Stadt Regensburg eine eigene Plattform speziell für Regensburger Petitionen anbieten würde. Eine eigene Plattform würde einmalige und laufende Kosten und zusätzlichen Aufwand verursachen. Zudem stehen den Bürgerinnen und Bürgern auch ohne stadteigene Plattform zahlreiche Wege zur Verfügung, um ihre Anliegen bei der Stadtverwaltung vorzubringen, nicht zuletzt mehrere etablierte „freie“ Internetplattformen.

 

Bei der Internetplattform openPetition wird z.B. seit einiger Zeit ein Quorum für Petitionen, die an ein Parlament, eine Regierung oder die Verwaltung gerichtet sind, vom Plattformbetreiber über eine Einwohnerzahl abhängige Berechnungsformel ermittelt. Dieses Quorum entfaltet für die weitere Behandlung der Petition jedoch keine rechtlichen Konsequenzen. Es ergeben sich lediglich Unterschiede in den Abläufen:

      Wird das vorher für die Petition festgelegte Quorum erreicht, unterstützt der Plattformbetreiber die Petentin/den Petenten beim Einreichen der Petition und weist die Adressaten der Petition auf die hohe Anzahl der Unterstützungen hin.

      Sollte das vorgegebene Quorum nicht erreicht werden, findet keine zusätzliche Unterstützung durch den Plattformbetreiber statt. Allerdings kann die Petentin/der Petent in diesem Fall die Petition selber bei der Stadt einreichen und dabei auf die inhaltsgleiche ursprüngliche Petition unter openPetition verweisen.

 

 

2.2  Errichtung eines Petitionsausschusses

 

Gegen die Errichtung eines städtischen Petitionsausschusses bestehen unter rein kommunalrechtlichen Gesichtspunkten an sich keine Bedenken, vorausgesetzt, dass dort ausschließlich Anliegen behandelt werden, die in der Zuständigkeit des Stadtrates liegen und die Entscheidungsbefugnis des Oberbürgermeisters in seinem Zuständigkeitsbereich unberührt bleibt. Da allerdings davon ausgegangen werden kann, dass eine große Zahl der Eingaben und Beschwerden keine Stadtratsangelegenheiten, sondern Angelegenheiten der laufenden Verwaltung betreffen, erscheint die Errichtung eines eigenen Eingaben- und Beschwerdeausschusses nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig. Die Einrichtung eines derartigen Ausschusses wäre auch nicht zweckmäßig. Da den Stadtratsausschüssen bestimmte Aufgabenbereiche zugeordnet sind (z.B. Kulturausschuss, Personalausschuss, Grundstücksausschuss), bestünde bei einem speziell für alle Eingaben und Beschwerden zuständigen Ausschuss die Gefahr ständiger Kompetenzkonflikte.

 

2.3  Errichtung einer Kommission

 

Zulässig wäre grundsätzlich auch die Einrichtung eines eigenen Gemeinderatsgremiums, das über die eingegangenen Eingaben und Beschwerden nicht selbst entscheidet, sondern nur eine Verteilung je nach Zuständigkeit auf den ersten Bürgermeister bzw. den Stadtrat oder den entsprechenden Stadtratsausschuss vornimmt. Ein solches Gremium könnte als sog. Kommission gebildet werden, der auch städtische Beschäftigte zur Beratung angehören können. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Oberbürgermeister und Stadtrat eingehalten wird.

 

Nach dem geltenden Kommunalrecht in Bayern ist allerdings weder die Errichtung eines eigenen Petitionsausschusses noch die Bildung einer entsprechenden Kommission erforderlich. Auch in der Praxis wird eine Kommission nicht als erforderlich angesehen, da die Frage der Zuständigkeit in aller Regel unproblematisch zu beantworten ist und der Stadtrat über Petitionen, die zwar an ihn gerichtet sind, für die er aber nicht zuständig ist, ohnehin unterrichtet wird.

 

 

  1. Zusammenfassung und Vorschlag für den künftigen Umgang mit Online-Petitionen

 

Online-Petitionen fallen unter die Regelung des Art. 56 Abs. 3 GO. Sie eröffnen den Petenten keine weitergehenden Rechte, als die in Art. 56 Abs. 3 GO genannten. Jedermann kann sich mit einem Anliegen oder einer Beschwerde an den Oberbürgermeister bzw. an den Stadtrat wenden. Dieses Recht darf nicht von einem Quorum abhängig gemacht werden, sondern steht auch Einzelpersonen zu. Eingaben sind somit in jedem Fall zu behandeln, unabhängig davon, ob sie nun schriftlich von einer Einzelperson oder als Online-Petition von einer größeren Personenzahl eingereicht wurden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg werden Eingaben und Beschwerden der Einwohner/Einwohnerinnen an den Stadtrat durch die Verwaltung vorbehandelt und sodann dem Stadtrat oder dem zuständigen Ausschuss vorgelegt. Eingaben, die in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters fallen, erledigt dieser in eigener Zuständigkeit.

 

Es wird vorgeschlagen, diese Vorgehensweise auch im Fall von Online-Petitionen beizubehalten und auf die Bildung eines Petitionsausschusses oder einer Kommission aus den bereits genannten Gründen zu verzichten. Über eingegangene Online-Petitionen und deren weitere Behandlung sollte jeweils bei Ältestenratssitzungen informiert werden.

 

Konkret bedeutet dies, dass Online-Petitionen, die an die Stadt Regensburg gerichtet sind, im Büro des Oberbürgermeisters einlaufen und den zuständigen Fachdienststellen zur weiteren Bearbeitung zugeleitet werden. Handelt es sich um Eingaben, deren Behandlung in die Zuständigkeit des Stadtrates bzw. eines Ausschusses fallen, werden sie diesem zur Entscheidung vorgelegt. Im Einzelfallnnten hierzu sog. sachverständige Personen zur Sitzung geladen und gutachtlich gehört werden 30 Abs. 4 GeschO). Petitionen, die in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters fallen, werden von diesem erledigt. Über die Entscheidung des Stadtrates bzw. des Oberbürgermeisters wird die Initiatorin/der Initiator der Online-Petition informiert.

 

llt eine ausdrücklich an den Stadtrat adressierte Online-Petition nicht in dessen Zuständigkeitsbereich, wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:

Soweit überhaupt keine Zuständigkeit der Stadt gegeben ist, wird der Absender, nachdem der Stadtrat bzw. Ausschuss über den Eingang der Petition informiert wurde, hiervon unterrichtet.

Handelt es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, erfolgt, nachdem der Stadtrat bzw. Ausschuss über den Eingang der Petition unterrichtet worden ist, eine Weiterleitung an die Verwaltung zur zuständigen Erledigung.

 

 

  1. Änderung der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg

 

Die künftige Vorgehensweise beim Eingang von Online-Petitionen wird in die Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg aufgenommen. § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg ist entsprechend zu ergänzen.


Der Ausschuss empfiehlt/der Stadtrat beschließt:

 

  1. Die Behandlung von Online-Petitionen erfolgt künftig entsprechend der Ziffer 3 des Berichts.

 

  1. Die Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg vom 08. Mai 2014 (AMBl. Nr. 21 vom 19.5.2014 – auszugsweise) in der aktuell gültigen Fassung wird wie folgt geändert:

 

  1. § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Stadt Regensburg erhält folgende Fassung:

 

(2) Eingaben und Beschwerden der Einwohner/Einwohnerinnen der Stadt an den Stadtrat (Art. 56 Abs. 3 GO) werden durch die Verwaltung vorbehandelt und sodann dem Stadtrat oder dem zuständigen Ausschuss vorgelegt. Eingaben, die in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters/der Oberbürgermeisterin fallen, erledigt dieser/diese in eigener Zuständigkeit.

Diese Vorgehensweise gilt auch für die Behandlung von Online-Petitionen. Online-Petitionen, die ausdrücklich an den Stadtrat adressiert sind, aber nicht in dessen Zuständigkeitsbereich fallen, werden wie folgt behandelt:

a)      Ist keine Zuständigkeit der Stadt gegeben, wird der Absender, nachdem der Stadtrat über den Eingang der Petition informiert worden ist, hiervon unterrichtet,

b)      Betrifft die Online-Petition ein Geschäft der laufenden Verwaltung, erfolgt, nachdem der Stadtrat bzw. Ausschuss informiert worden ist, eine Weiterleitung an den Oberbürgermeister/die Oberbürgermeisterin zur zuständigen Erledigung.“

 

  1. Die Änderungen treten am 31.07.2015 in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Anlagen: