Vorlage - VO/15/11195/54  

 
 
Betreff: Katholische Bruderhausstiftung;
Satzung für die Zustiftung Dr. Wunderle-Auer-Stiftung
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Oberbürgermeister Wolbergs
Federführend:Senioren- und Stiftungsamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten Vorberatung
21.07.2015 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und allgemeine Stiftungsangelegenheiten ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
30.07.2015 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

 

 

 

Sachverhalt:             

 

Anlagen:              Entwurf der Satzung der Dr. Wunderle-Auer-Stiftung

                            cklagenentwicklung der Dr. Wunderle-Auer-Stiftung

                           

 

Die Katholische Bruderhausstiftung wurde 1964 durch ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute Barbara Franziska Wunderle, geb. Auer und Dr. Adolf Wunderle vom 16.06.1958 bedacht.

 

Es wurde verfügt, dass das Vermögen, das der Katholischen Bruderhausstiftung zufällt, als Dr. Wunderle-Auer-Stiftung und Zustiftung zur Katholischen Bruderhausstiftung dauernd gesondert zu erhalten und zu verwalten ist.

 

Nach dem Tod von Barbara Franziska Wunderle (verstorben 02.12.1964) hat der Stadtrat mit Beschluss vom 11.02.1965 die Erbschaft der Barbara Franziska Wunderle mit all den Vermächtnissen und Auflagen, wie sie in fünf vorliegenden Testamenten niedergelegt waren, angenommen.

 

Die angeordneten Eigentumsübertragungen an den Vermächtnisnehmer Josef Auer und die Eheleute Josef und Hildegard Groß wurden vollzogen. Die angeordneten Eigentumsübertragungen an die Katholische Bruderhausstiftung wurden ebenfalls durchgeführt. Die Eigentumswohnung in der Annahofstr. 7/II wurde am 08.03.2000 veräert.

 

Die Rücklagenrechnung der Dr. Wunderle-Auer-Stiftung weist zum 31.12.2014 ein Grundstockimmobilienvermögen in Höhe von  514.666 Euro (Maximilianstr. 7) sowie ein Grundstockkapitalvermögen in Höhe von 101.686 Euro aus. Als Verwendungsrückstand wird das Gebäude in der Zieblandstr. 6 mit 747.453 Euro ausgewiesen. Eine Veräerung des Mietobjektes und die Reinvestition des Erlöses in den Stiftungszweck werden über das aktuell zu erstellende Kapitalerhaltungskonzept geregelt (Anlage: Rücklagenentwicklung der Dr. Wunderle-Auer-Stiftung).

 

Eine Stiftungssatzung wurde bisher nicht errichtet. Um eine ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungsvermögens zu ermöglichen, ist der Stifterwille in einer Stiftungssatzung zu verankern.

 

 

 

 

1. Erblasserwille

 

Relevante Anordnungen
 

 

  • Die Einkünfte der Zustiftung sollen minderbemittelten und besonders bedürftigen, in dem Bürgerstift St. Michael in Regensburg untergebrachten oder unterzubringenden katholischen Bürgern der Stadt Regensburg, vor allem sog. verschämten Armen, deren eigene Mittel zur Aufnahme in das Stift nicht ausreichen, zu Gute kommen, bzw. deren Aufnahme in das Stift ermöglichen. Keinesfalls ist jedoch meine Zustiftung als Unterstützung r Wohlfahrtsempfänger gedacht, so beschrieben im gemeinschaftlichen Testament vom 16.06.1958 als Stiftungszweck.

 

 

 

  • Grundstockimmobilienvermögen Maximilianstr. 7

 

-          Das Anwesen Maximilianstr. 7 darf weder verkauft, noch belastet werden. Die gewerbliche Nutzung der Räume ist vorgegeben. Eine Ausnahme  besteht ggfs. für die Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss.

-          Das im Treppenhaus angebrachte Muttergottesbild in Ton möchte die Erblasserin erhalten, gepflegt und immer schön geschmückt wissen.

-          Die Instandsetzungskosten sind aus den Mieteinnahmen zu bestreiten.

 

  • Stifterandenken Auflage

 

-          r die dauernde Erhaltung der Grabstätte und beste Pflege des Familiengrabes auf dem Dreifaltigkeitsberg ist zu sorgen.

-          Am Todestag von Barbara Wunderle (+ 02.12.1964) muss auch für den Ehemann alljährlich eine heilige Messe gelesen werden.

-          Zur Erinnerung an die Stifterin soll das Testament in seiner Ziffer I. an ihrem Todestage vor den Heiminsassen alle drei Jahre feierlich verlesen werden.

-          Das Bild der Stifterin soll im Gemeinschaftssaal angebracht werden und dauernd dort verbleiben, ebenso ein großes, radiertes Bild von Heidelberg.

 

Dem Erblasserwillen zu Folge sollen die „verschämten Armen“ (Heimbewohner) erkennen, dass ihr Heimleben und ihre Pflege im Alter durch die Mittel der Zustiftung angenehmer gestaltet werden, als wenn diese Mittel nicht zur Verfügung stehen würden. Keinesfalls sollen „Wohlfahrtsempfänger“ unterstützt werden.

 

Durch den Wandel in der sozialrechtlichen Gesetzgebung hat heute jeder Mensch Anspruch auf Sozialhilfe, der sich nicht selbst helfen kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhält. Kernelement der Sozialhilfe ist der Grundsatz, dass der Anspruch unabhängig davon besteht, ob jemand seine Notlage selbst verschuldet hat oder nicht. Die Ursache, weshalb Hilfebedürftigkeit eingetreten ist, spielt keine Rolle, solange sie nicht mutwillig oder vorsätzlich herbeigeführt ist. 

 

Im Ergebnis haben alle hilfebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner des Bürgerstiftes St. Michael heute einen Rechtsanspruch auf Sozialhilfeleistungen. Bei der Testamentserstellung im Jahre 1958 konnte dies gerade noch nicht vorhergesehen werden. Der Stiftungszweck der Zustiftung kann damit aufgrund des Ausschlusses der Unterstützung von Wohlfahrtsempfängern nicht mehr erfüllt werden. Es ist nach der Entwicklung der Sozialgesetzgebung ohnehin fraglich, ob er jemals erfüllt werden konnte.

 

 

 

 

2. Auslegung des Stifterwillens

 

Die sozialrechtlichen Ansprüche gemäß dem BSHG (nun SGB XII) entstanden erst nach Testamentserstellung, so dass man hier ggfs. ergänzend auslegen muss, was nach dem hypothetischen Erblasserwillen - unter Berücksichtigung der heutigen Verhältnisse - gewollt war, wenn die Stifterin Frau Barbara Wunderle die weitere Entwicklung der Verhältnisse erkannt hätte. Der aus den Umständen außerhalb des Testamentes ermittelte Wille muss jedoch in der Stiftungssatzung einen Ausdruck finden.

 

Nach dem Stifterwillen sollte die Katholische Bruderhausstiftung als Trägerin des Bürgerstiftes St. Michael keine pauschale Förderung erhalten. Vielmehr sollten die Mittel der Zustiftung minderbemittelten und besonders bedürftigen katholischen Regensburgern, vor allem sog. verschämten Armen im Bürgerstift St. Michael zu Gute kommen.

 

Zielführend für die Auslegung des Stifterwillens, unter Berücksichtigung der heutigen Verhältnisse, ist es, bei der besonderen Bedürftigkeit nicht generell auf die materielle Bedürftigkeit Einzelner abzustellen und damit neue zukunftsfähige Wege zu gehen. Ein Perspektivenwechsel der besonders geprägte Lebenslagen im Alter und die gezielte Auseinandersetzung mit deren spezifischen Bedarfen und Bedürfnissen ermöglicht, sollte einen tragfähigen Ansatz zur Auslegung des Stifterwillens darstellen bzw. das gewollte zeitgemäß garantieren. Exemplarisch besteht Handlungsbedarf bei Lebenslagen älterer wohnungsloser Menschen, bei älteren Menschen mit Migrationshintergrund, bei psychisch kranken älteren Menschen und ganz allgemein formuliert bei älteren Menschen benachteiligter Randgruppen und kultureller Minderheiten. 

Die besondere Herausforderung besteht auch darin, bestehende Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebote des Bürgerstiftes St. Michael an die Bedürfnisse der Leistungsbezieher (Destinatäre) anzupassen und bedarfsorientierte neue Wohnformen zu entwickeln, zu erproben und anzubieten. Wichtig ist dabei, prekäre Lebenslagen nicht als individuelles Problem oder Defizit zu stigmatisieren, sondern als Handlungs- und Gestaltungsauftrag für die Katholische Bruderhausstiftung im Gesamtkontext zu verstehen.

 

Handlungsleitend bei der Auslegung des Stifterwillens bleibt immer der christlich-caritative Zweck entsprechend der testamentarischen Verfügung und der Bezug zum Satzungszweck der Katholischen Bruderhausstiftung. (Anmerkung: Der Satzungszweck der Katholischen Bruderhausstiftung muss aufgrund der Schließung der Pflegeeinrichtung Bürgerstift St. Michael fortgeschrieben werden. Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung war der Betrieb des Alten- und Pflegeheimes Bürgerstift St. Michael alleiniger Satzungszweck.)

 

3. Satzung für die Zustiftung

 

Das wesentliche Kernthema einer Satzung, ist der Stiftungszweck, § 2 der Satzung. Die übrigen Punkte, geregelt in § 1-10, entsprechen den aktuellen Anforderungen des Stiftungs- und Steuerrechts.

 

Um eine dauerhafte Erfüllung des Stiftungszweckes und die ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungsvermögens zu ermöglichen, wird zur Bestandserhaltung der Zustiftung folgender Stiftungszweck vorgeschlagen:

 

§ 2 Stiftungszweck

 

(1)     Die Zustiftung fördert die Altenhilfe in Regensburg. Sie verfolgt damit ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des dritten Abschnitts der Abgabenordnung (Steuerbegünstigte Zwecke).

 

(2) Der Stiftungszweck wird insbesondere durch folgende Maßnahmen verwirklicht:

 

  1. durch den Bau bzw. Erwerb von Wohnobjekten zur alternativen bzw. innovativen Nutzung, um die Wohn- und Lebensqualität älterer Menschen, die besonderen, individuellen Unterstützungsbedarf haben, zu verbessern. Damit sollen auch bevorzugt kultursensibel geprägte Wohn-, Betreuungs- und Pflegeformen ergänzend in den Einrichtungen und zu den Einrichtungen und Angeboten der Katholischen Bruderhausstiftung gefördert werden,
  2. durch die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements durch und für einzelne Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen der Katholischen Bruderhausstiftung, 
  3. durch die Vergabe von Geld- und Sachleistungen an ältere Bewohnerinnen und Bewohner in Projekten der Katholischen Bruderhausstiftung, um deren Wohn- und Lebenssituation zu unterstützen bzw. zu verbessern,
  4. Katholische Bürgerinnen und Bürger der Stadt Regensburg sind vorrangig zu unterstützen.

 

Mit dem zentralen Thema „Wohnen für ältere Menschen mit besonderem individuellen Unterstützungsbedarf“ wird im Sinne der testamentarischen Verfügung, die Unterstützung des angedachten Personenkreises vor allem der sog. „verschämten Armen“ in besonderer Weise gewürdigt und das Leitbild/Leitmotiv der Stifterin berücksichtigt. 

 

Durch eine bevorzugte Unterstützung und Realisierung von besonderen Wohn-, Betreuungs- und Pflegeformen, die an veränderten Kultur- und Lebensbedingungen/-standards für obigen Personenkreis angepasst sind, wird es ermöglicht, den an den christlich-caritativen Wertekanon orientierten Willen der Stifterin zu erhalten und bei der Umsetzung/Förderung neuer Konzepte und förderungswürdiger Projekte auch im Sinne der kultursensiblen Altenpflege, den Stifterwillen zu beachten. Im Stiftersinne zu handeln wird zudem gewährleistet, indem die unabdingbare Nähe zur „Mutterstiftung“ ausdrücklich erhalten bleibt und bevorzugt ergänzend in den Einrichtungen und zu den Einrichtungen und Angeboten der Katholischen Bruderhausstiftung der Stiftungszweck gelebt werden kann.

 

Die Intention, „einzelne Menschen“ zu unterstützen, beruht auf Erfahrungen der Stifterin, angelehnt an einen christlich-caritativen Wertekanon. Orientiert an einem christlichen Menschenbild kann aus heutiger Betrachtung die Unterstützung von Menschen in besonders geprägten Lebenslagen im Alter wie unter 2. ausgeführt in Annäherung an den Stifterwillen erörtert werden. Die Zustiftung ist damit auch Wegbereiter für eine moderne Altenhilfe und Altenarbeit im Kontext der Katholischen Bruderhausstiftung.

 

Die Förderung bürgerschaftlichen Engagements von und für einzelne Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Möglichkeit, der Vergabe von Geld- und Sachleistungen an ältere Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen der Katholischen Bruderhausstiftung gewährleistet, bei Berücksichtigung aktueller gesellschaftlicher Problemlagen im Alter für die Destinatäre, einen materiellen Schutz. Dieser stellt ggfs. auch eine Annäherung an die grundsätzlichen Überlegungen der Stifterin dar.

Insbesondere wird bei der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements durch und für die Bewohnerinnen und Bewohner im Rahmen der Einrichtungen der Katholischen Bruderhausstiftung und ihren eigenen Angeboten eine weitere Einzelfallhilfe gewährleistet, um die Integration, Selbstständigkeit und Autonomie der älteren Bewohnerinnen und Bewohner zu fördern und einer Ausgrenzung entgegenzuwirken. Grundsätzlich werden auch der Abbau sozialer Ungleichheit und die Gewährleistung von Rechts- und Chancengleichheit als Voraussetzung und Möglichkeit eines selbstbestimmten, aktiven Alterns gestützt.

 

Die Bevorzugung katholischer Bürgerinnen und Bürger der Stadt Regensburg, durch die vorrangige Unterstützung, entspricht dem klaren Stifterwillen.

 

Der Satzungsentwurf wurde mit der Stiftungsaufsicht erörtert. Er begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.

 

In der Anlage zu § 4 der Satzung ist das Grundstockvermögen der Zustiftung dargestellt. Das bebaute Grundstück Zieblandstraße 6 wurde nicht erfasst. Es ist in den Mitteln des Verwendungsrückstandes in „Grundstück mit Gebäuden“ gebunden. Ggf. sollte bei günstiger Marktlage ein Verkauf erwogen werden.

 

 

 

 


Der Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt:

 

Die beiliegende Satzung der Katholischen Bruderhausstiftung, Zustiftung

Dr. Wunderle-Auer-Stiftung, die wesentlicher Bestandteil dieses Beschlusses ist, wird beschlossen.

 


 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Enwurf der neuen Satzung der Dr.-Wunderle-Auer-Stiftung (1386 KB)    
Anlage 2 2 Rücklagenentwicklung der Dr.-Wunderle-Auer-Stiftung (1047 KB)