Vorlage - VO/21/17668/16  

 
 
Betreff: Bericht des Antikorruptionsbeauftragten der Stadt Regensburg für das Jahr 2020
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Federführend:Amt für Organisation und Personalentwicklung   
Beratungsfolge:
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
25.02.2021 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt: 

 

 

1. Berichterstattung und Berichtszeitraum

 

 Der Stadtrat hat mit Beschluss vom 28.11.2017 die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption bei der Stadt Regensburg (Korruptionsbekämpfungs­richtlinie) fortgeschrieben und dabei festgelegt, dass der/die Antikorruptionsbeauftragte dem Stadtrat einmal jährlich berichtet (Drucksache Nr. VO/17/13786/16). Der letzte Bericht erfolgte am 20.02.2020 (Drucksache Nr. VO/20/16427/16).

 

 Der vorliegende Bericht erstreckt sich über den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2020. Es ist seit dem Jahr 2017 üblich, jeweils im ersten Quartal des Folgejahres über das Vorjahr zu berichten, da durch diesen Berichtszeitpunkt der zeitliche Zusammenhang zum Ablauf der Amtszeit des Stadtrates gewahrt bleibt. Der Vorjahresbericht enthielt deshalb neben dem Jahresbericht 2019 auch eine Gesamtschau für die Amtszeit 2014/20.

 

 Seit 01.05.2015 ist der Leiter des Amtes für Organisation und Personalentwicklung, Herr Leitender Verwaltungsdirektor Thomas Fischer zum Antikorruptionsbeauftragten bestellt (Beschluss des Stadtrates vom 30.04.2015, Drucksache Nr. VO/15/10888/16). Die Bestellung des Antikorruptionsbeauftragten endet grundsätzlich mit Ablauf der Amtszeit des Stadtrates, also mit Ablauf des 30.04.2020. Danach führt der Antikorruptionsbeauftragte die Aufgabe bis zur Neubestellung oder Bestellung eines neuen / einer neuen Antikorruptionsbeauftragten durch den neu konstituierten Stadtrat weiter, die aktuell ansteht (vgl. Drucksache Nr. VO/20/17476/16 in dieser Sitzung).

 

 r die Aufgabenwahrnehmung als Antikorruptionsbeauftragter steht ein Zeitanteil von rund 5 % bei der Stelle der Amtsleitung des Amtes für Organisation und Personalentwicklung zur Verfügung sowie ein Stellenanteil für Sachbearbeitung (im Schwerpunkt befasst mit Fortbildung, Bearbeitung von Hinweisen und Anfragen, administrativen Aufgaben) im Umfang eines halben Vollzeitäquivalents.

 

2. Informationen zur globalen Korruptionslage

 

2.1 Korruptionswahrnehmungsindex

 

 Transparency International veröffentlicht jährlich den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI). Dieser Index misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption auf der Grundlage verschiedener Expertenbefragungen.

 

 Bewertet werden folgende Gesichtpunkte:

 - Good Governance

  In welchem Umfang schafft es die Regierung mit Antikorruptionssystemen, Korruption einzudämmen? Hat die Regierung effektive Antikorruptionsstrukturen eingeführt?

 - Rechenschaftspflicht

  Wie sind die Prozesse für die Überprüfung der Nutzung staatlicher Ressourcen? Gibt es eine unabhängige Wirtschaftsprüfung des staatlichen Handelns?

 - Gewaltenteilung

  Gibt es zur Verfolgung von Amtsmissbrauch eine unabhängige Judikative?

 - Regelungen zu Interessenskonflikten

  Gibt es ausreichende Regularien, die den Umgang mit Interessenskonflikten verbindlich regeln?

 - Vollzug von Regelungen

  In welchem Umfang werden öffentliche Amtsträgerinnen und Amtsträger gehindert, ihre Position zu missbrauchen? Werden straffällige Personen angeklagt und bestraft?

 - Lobbyismus

  Wie groß ist der Einfluss von Partikularinteressen?

 - Transparenz der Vergabe

  Werden Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung und Aufträge der öffentlichen Hand ausgeschrieben?

 - Informationszugänglichkeit

  Wie ist der Zugang zu amtlichen Informationen geregelt?

 

 r den CPI 2019, der am 28.01.2020 veröffentlicht wurde, sind wieder 180 Länder untersucht worden. Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreicht die Bundesrepublik Deutschland mit 80 Punkten den gleichen Wert wie im Vorjahr (CPI 2019). Im weltweiten Ranking bleibt sie weiterhin auf Rang 9.

 

 Auf Platz 1 liegen unverändert Neuseeland und Dänemark mit jeweils 88 Punkten.

 

 Unter den Staaten der Europäischen Union liegt die Bundesrepublik Deutschland hinter Dänemark, Finnland, Schweden, den Niederlanden gemeinsam mit Luxemburg auf dem nften Platz. Gegenüber dem Vorjahr ist dies eine Verbesserung um einen Platz.

 

 Speziell bezogen auf das Abschneiden der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich wird folgendes ausgeführt:

 

 Das ist im internationalen Vergleich ein gutes Ergebnis, bei dem es dennoch viele Verbesserungsmöglichkeiten gibt. So darf das Ergebnis Deutschlands nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land bessere Regeln für die Parteienfinanzierung und für den Lobbyismus braucht. Immer wieder werden Fälle illegaler Parteispenden, intransparentes Sponsoring, zweckentfremdete Steuermittel oder gestückelte Wahlkampfspenden bekannt. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl sollten die Parteien hier schnell die Initiative ergreifen.

 

2.2 Bundeslagebild Korruption

 

 Das Bundeskriminalamt veröffentlicht regelmäßig zuletzt im Oktober 2020 für das Berichtsjahr 2019 - das Bundeslagebild Korruption. Es enthält in gestraffter Form die aktuellen Erkenntnisse zu Lage und Entwicklung im Bereich der Korruption.

 

 Im Wesentlichen werden folgende Straftaten als Korruptionsstraftaten betrachtet:

 § 108 b StGB  hlerbestechung

 § 108 e StGB  Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern

 § 299 StGB  Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

 § 299 a StGB  Bestechlichkeit im Gesundheitswesen

 § 299 b StGB  Bestechung im Gesundheitswesen

 § 300 StGB  Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

 § 331 StGB  Vorteilsannahme

 § 332 StGB  Bestechlichkeit

 § 333 StGB  Vorteilsgewährung

 § 334 StGB  Bestechung

 § 335 StGB  Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung

 

 Im Jahr 2019 wurden bundesweit insgesamt 5.482 Korruptionsstraftaten polizeilich registriert, was gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs um 42,7 % bedeutet. Deutlich angestiegen ist vor allem die Anzahl der Fälle von Bestechlichkeit im Gesundheitswesen.

 

 Ermittelt wurde insgesamt gegen 2.593 Tatverdächtigte, davon gegen 1.423 als sog. „Geber“, d. h. Vorteilsgewährende bzw. Bestechende, und gegen 1.116 als sog. „Nehmer“, d. h. Vorteilsnehmer bzw. Bestochene. 67% der Nehmer waren Amtsträger i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, also Beamtinnen/Beamte, Richterinnen/Richter, Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen oder sonst dazu bestellt sind, bei einer Behörde oder einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass bestimmte Korruptionsdelikte namentlich die §§ 331, 332 und 335 StGB als Sonderdelikte tatbestandsmäßig ausschließlich auf Amtsträger beschränkt sind und deshalb nur von diesen verwirklicht werdennnen.

 

 Die Erlangung behördlicher Genehmigungen ist mit 42,1 % der Fälle die häufigste Art der Vorteile auf Geberseite, wobei gegenüber dem Vorjahr (18,5 %) ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist. Danach folgen die Erlangung von Aufträgen mit 25,5 % (48,8 % im Vorjahr), die Beeinflussung der Strafverfolgung mit 8,6 % (8,4 % im Vorjahr) und sonstige Wettbewerbsvorteile mit 6,0 % (8,5 % im Vorjahr).

 

 Bevorzugter Zielbereich von Gebern ist mit 49,9 % der Fälle unverändert die allgemeine öffentliche Verwaltung, wobei gegenüber dem Vorjahr (73,0 %) eine deutlich rückläufige Tendenz erkennbar ist. Die Wirtschaft steht mit inzwischen 39,9 % (Vorjahr 18,0 %) an zweiter Stelle der bevorzugten Zielbereiche.

 

 Bei der häufigsten Art der Vorteile auf Nehmerseite ist eine deutliche Veränderung zu verzeichnen. Die Teilnahme an Veranstaltungen liegt mit 75,0 % (Vorjahr 4,5 %) an erster Stelle, was im Wesentlichen auf in Hamburg geführte Verfahren im Zusammenhang mit der Genehmigung von Veranstaltungen und der Vergabe von Veranstaltungsmöglichkeiten gegen Übergabe von Eintrittskarten an Angestellte der Kommunalverwaltung zurückzuführen ist. Bargeld liegt mit 11,6 % (Vorjahr 62,9 %) an zweiter Stelle, spielt gleichwohl aber eine wichtige Rolle. An dritter und vierter Stelle liegen fast gleichauf mit 5,6 % (Vorjahr 9,0 %) sonstige monetäre Vorteile und mit 5,5 % (Vorjahr 15,9 %) Sachzuwendungen. Als typische Beispiele hierfür werden „Präsentkörbe und Weinpakete aber auch „Fahrräder und Unterhaltungselektronik genannt.

 

 In 56 % aller Fälle ergaben sich Anhaltspunkte für Korruptionsstraftaten im Zusammenhang mit anderweitig geführten Ermittlungsverfahren oder anderen behördlichen Verfahren. Hinweise waren in 24 % der Fälle der Verfahrensursprung (bekannte Hinweisgeber 13 % und anonyme Hinweise 11 %).

 

 

3. tigkeitsbericht

 

3.1 Besonderheiten der Situation des Jahres 2020

 

3.1.1 Urteil des Landgerichts Regensburg im Strafverfahren gegen den früheren Oberbürgermeister Joachim Wolbergs vom 17.06.2020

 

 Das Landgericht Regensburg erkannte auf Bewährungsstrafe gegen Joachim Wolbergs und Geldstrafe gegen den Bauunternehmer Ferdinand S., sprach beide aber in allen Anklagepunkten bis auf einen frei.

 

 Mit Pressemitteilung 05/2020 vom 17.06.2020 verlautbarte das Landgericht Regensburg dazu weiter folgendes:

 

 Nach 35 Hauptverhandlungstagen ist heute vor dem Landgericht Regensburg das zweite Strafverfahren gegen den früheren Oberbürgermeister der Stadt Regensburg Joachim Wolbergs zu Ende gegangen. Die für diesen Prozess zuständige 5. Strafkammer urteilte, dass Joachim Wolbergs der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit Parteispenden und der Förderung eines Bauvorhabens des Bauunternehmers Thomas D. in den Jahren 2015 und 2016 schuldig sei. In allen übrigen Anklagepunkten wurde er freigesprochen. Beim Schuldspruch wegen Bestechlichkeit ging das Gericht von einer unzulässigen Ermessensbeeinflussung des damaligen Oberbürgermeisters im Rahmen seines an sich rechtmäßigen dienstlichen Verhaltens aus. Die Kammer folgerte diese aus der Feststellung, dass Joachim Wolbergs sich gegenüber der Stadtverwaltung für die Durchführung eines Verfahrens zur Prüfung der Ermöglichung des Bauvorhabens eingesetzt und zeitnah dazu bei Thomas D. Parteispenden in einer Gesamthöhe von 75.000 Euro eingeworben hatte. Hierfür verhängten die Richter eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung. An sich rechtswidrige Diensthandlungen des früheren Oberbürgermeisters stellten sie dagegen nicht fest.

 Soweit Joachim Wolbergs vorgeworfen worden war, Thomas D. eine Agenturrechnung über Wahlkampfkosten ohne Ausweisung im Rechenschaftsbericht des SPD-Ortsvereins Stadtsüden zur Begleichung überlassen zu haben, nahm das Gericht keine Strafbarkeit an, da die Initiative zur Rechnungsübernahme nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom Bauunternehmer ausgegangen war und ein Bezug zu Joachim Wolbergs Amtsführung sich aus Sicht der Kammer nicht erwiesen hatte. Sämtliche Parteispenden aus der Zeit vor Joachim Wolbergs Amtsantritt als Oberbürgermeister, auch die Spenden des Bauunternehmers Ferdinand S. aus den Jahren 2012 bis 2014, bewerteten die Richter als nicht mit der Dienstausübung verknüpfte und damit strafrechtlich nicht relevante Wahlkampfspenden. Als Indiz für den fehlenden Zusammenhang mit Joachim Wolbergs Amtsführung floss in die Beurteilung ein, dass nach den Erkenntnissen aus der Hauptverhandlung von den beteiligten Bauunternehmern und ihren Firmen in ähnlichem Umfang an dessen politische Konkurrenz gespendet worden war. Untreue schied nach Auffassung der Kammer schon deswegen aus, weil der Bundes-SPD laut Aussage ihres Schatzmeisters kein Schaden entstanden war.

 Die Verurteilung des Bauunternehmers Ferdinand S. erfolgte im Wesentlichen aus denselben Gründen, die im abgetrennten Verfahren gegen den vormals mitangeklagten früheren Geschäftsführer eines Immobilienunternehmens aus Mittelfranken bereits zu einem Schuldspruch wegen Bestechung geführt hatten. Damals ebenso wie jetzt waren die Richter zu der Überzeugung gelangt, dass der leitende Angestellte versucht hatte, den künftigen Oberbürgermeister der Stadt Regensburg Joachim Wolbergs mit einer Wahlkampfspende zur Unterstützung eines Bauprojekts seiner Firma zu veranlassen (vgl. Pressemitteilung des Landgerichts Regensburg vom 21. Februar 2020). Den Tatbeitrag des Bauunternehmers Ferdinand S. sah die Kammer darin, dass dieser nach ihrer Würdigung der Beweise seinen Geschäftspartner zum Zweck der Einflussnahme zum Spenden aufgefordert hatte. Das Gericht sprach Ferdinand S. daher ebenfalls einer Bestechung schuldig und ahndete diese mit einer Geldstrafe. Joachim Wolbergs erachteten die Richter insoweit mangels Nachweises, dass er von den zu Lasten der beiden anderen Beschuldigten angenommenen Hintergründen der Spende gewusst hätte, nicht als strafbar.“

 

 Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt wurde.

 

 Aus gleichem Grunde noch nicht rechtskräftig ist das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 03.07.2019 (6. Strafkammer/Wirtschaftsstrafkammer). Wie im Vorjahr bereits berichtet, waren hier dem früheren Oberbürgermeister Joachim Wolbergs unter Absehung von Strafe zwei Fälle der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit Parteispenden der Jahre 2015 und 2016 angelastet worden, in den übrigen Anklagepunkten war er freigesprochen worden.

 

3.1.2 Einstellung der Ermittlungen gegen den früheren Oberbürgermeister Hans Schaidinger

 

 In ihrer Pressemitteilung Nr. 2/2020 vom 09.04.2020 verlautbarte die Staatsanwaltschaft Regensburg folgendes:

 

 Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat das zuletzt noch anhängige Ermittlungsverfahren gegen Alt-OB Schaidinger und einen ebenfalls beschuldigten Unternehmer wegen des Vorwurfs der Korruption im Zusammenhang mit der Erteilung einer Baugenehmigung […] eingestellt.

 

 Nach dem Ergebnis der sehr umfangreichen Ermittlungen hat sich der Anfangsverdacht, wonach der beschuldigte Unternehmer dem Beschuldigten Schaidinger während dessen Amtszeit als Oberbürgermeister der Stadt Regensburg finanzielle Vorteile im Gegenzug für dessen Einwirken auf die Verwaltung zugunsten des Unternehmers bei der Erteilung der Baugenehmigung gewährt haben soll, nicht bestätigt.

 

3.1.3 Weitere Anklagen, die von der Staatsanwaltschaft Regensburg gegen zwei frühere Mitglieder der CSU-Stadtratsfraktion, die seit Beginn der neuen Wahlperiode dem Stadtrat nicht mehr angehören (Christian Schlegl und Franz Rieger) erhoben worden und in einem Fall schon zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Regensburg zugelassen sind, lauten - soweit bekannt - weder auf Bestechlichkeit (§ 332 StGB) noch auf Vorteilsannahme (§ 331 StGB), da die Beschuldigten keine Amtsträger im Sinn von § 11 StGB sind. Gleichwohl ist auch der Fortgang dieser Verfahren zu verfolgen.

 

3.1.4 Wie schon in den Vorjahren ist zu alledem anzumerken, dass der Antikorruptionsbeauftragte keine verwaltungsinterne Ermittlungs- oder Aufsichtsbehörde ist. Er hat Hinweise auf Korruptionsverdacht entgegenzunehmen und auf Plausibilität zu prüfen. Gleiches gilt für den Ombudsmann. Weder beim Antikorruptionsbeauftragten direkt noch über den Ombudsmann zugegangen lagen oder liegen Hinweise vor, die in Zusammenhang mit den Sachverhalten stehen, die soweit bekannt - Gegenstand der abgeschlossenen Hauptverhandlungen oder Anklagen in der sog. „Regensburger Parteispendenaffäre“ (so bezeichnet in der Onlineenzyklopädie Wikipedia) sind.

 

3.2 Arbeitsgruppe Antikorruption

 

 Die Arbeitsgruppe Antikorruption unter dem Vorsitz des Personal- und Verwaltungsreferenten wird nach Nr. 3.3 der Korruptionsbekämpfungsrichtlinien mindestens einmal jährlich einberufen.

 

 Die ursprünglich für 17.12.2020 geplante Sitzung konnte wegen kurzfristig aufgetretener terminlicher Überschneidungen erst am 14.01.2021 stattfinden. Es wurden folgende Tagesordnungspunkte behandelt:

 - Bericht des Ombudsmanns und des Antikorruptionsbeauftragten

 - Aktueller Sachstand zur Einführung eines E-Learningprogramms

 - Arbeitsplanung 2021 (u. a. weiteres Vorgehen bei der Schwachstellenanalyse)

 

3.3 Hinweislage

 

 Beim Antikorruptionsbeauftragten ist im Jahr 2020 ein externer Hinweis eingegangen, der im Zusammenhang mit einer unbegründeten Dienstaufsichtsbeschwerde stand. Es wurden dabei Andeutungen in Bezug auf Korruption bei der Stadtverwaltung gemacht, bei denen jedoch weder ein konkreter Sachverhalt oder Verdacht noch begründende Tatsachen benannt worden sind. Damit war das Vorbringen keiner Plausibilitätsüberprüfung zugänglich. Der Hinweisgeber wurde entsprechend informiert.

 

 Über den Ombudsmann ist im Jahr 2020 ein Hinweis eingegangen, der ohne Nennung der Identität der Hinweisperson weitergegeben worden ist und der einen Korruptionsverdacht gegen einen Mitarbeiter einer städtischen Eigengesellschaft zum Inhalt hatte. Städtische Eigengesellschaften liegen außerhalb der Zuständigkeit des Antikorruptionsbeauftragten, da dort eigene Compliancestrukturen bestehen. Der Hinweis wurde gleichwohl an die Staatsanwaltschaft Regensburg weitergeleitet. Das dort eröffnete Ermittlungsverfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, die Angaben der Hinweisperson, deren Identität sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Stadt unbekannt geblieben sind, konnten nicht verifiziert werden.

 

 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Ombudsmann als sog. „sicherer Kanal“ Informationen und Hinweise im Rahmen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht streng vertraulich entgegennimmt. Ob der Ombudsmann im Jahr 2020 keine weiteren Hinweise erhalten hat, oder ob er Hinweise erhalten hat, bezüglich derer er nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde, ist folglich nicht bekannt.

 

3.4 Schulung der Beschäftigten

 

 Ein wesentliches Aufgabenfeld des Antikorruptionsbeauftragten ist es, Schulungsmaßnahmen zur Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen zu initiieren und durchzuführen.

 

 In den letzten Jahren wurde das Schulungsangebot kontinuierlich ausgebaut und erweitert. Es ist zwischenzeitlich als Daueraufgabe etabliert. In den Jahren 2017 bis 2019 wurden auf diesem Weg insgesamt rund 1.100 städtische Beschäftigte unmittelbar erreicht.

 

 Im Unterschied zu den Vorjahren war die Situation im Jahr 2020 von der Corona-Pandemie geprägt. Die weitgehende Reduzierung vermeidbarer sozialer Kontakte führte auch bei den Schulungen zur Korruptionsprävention zu erheblichen Einschränkungen.

 

 Gleichwohl konnten im Jahr 2020 die folgenden Veranstaltungen durchgeführt werden, durch die immerhin insgesamt 84 Beschäftigte erreicht wurden:

 

Bezeichnung

Termin

Teilnehmer

Einführungsseminar für Beamtenanwärter/innen, Auszubildende und dual Studierende

01.09.2019

02.09.2020

35

34

Verwaltungspraxis für Nachwuchskräfte

06.10.2020

15

Gesamtzahl Teilnehmer/innen

84

 

 Die meisten geplanten und zum Teil wiederholt - terminierten Veranstaltungen mussten jedoch abgesagt werden. Sie konnten nicht zuletzt aufgrund der sich wieder verschärfenden Infektionslage auch im 4. Quartal nicht mehr nachgeholt werden.

 

 Davon betroffen war auch die neu konzipierte Schulung zur Korruptionsprävention, die sich gezielt an Führungskräfte richtet. Sie sollte im Jahr 2020 zum ersten Mal durchgeführt werden.

 

 hrungskräfte spielen bei der Korruptionsprävention eine entscheidende Rolle, stehen dabei aber nicht selten vor einem Dilemma: Vertrauenskultur als das prägende Leitbild moderner Führung tritt scheinbar - in Widerspruch zur weiterhin notwendigen Kontrolle. So hat die Risikoanalyse, die im Jahr 2018 durch das Institut für Korruptionsprävention unter Leitung von Prof. Dr. Carsten Stark (Hochschule Hof) durchgeführt wurde, die in der Wahrnehmung der Mitarbeiter/innen vorherrschende Kontrolldichte als einen bedeutsamen Faktor zur Stärkung der organisationalen Integrität herausgearbeitet. Führungskräfte brauchen dazu verstärkt die Kompetenz, sich unter korruptionspräventiven Aspekten an den Verwaltungsprozessen, d. h. an der Ablauforganisation zu orientieren. Unter Beteiligung der Beschäftigten ermöglicht dies den Einstieg in eine wirksame Schwachstellenanalyse, die, so das Ziel, sich in einem kontinuierlichen Prozess verstetigt.

 

3.5 Korruptionsprävention durch E-Learning

 

 Die Sensibilisierung für Korruptionsprävention flächendeckend und kontinuierlich mit Instrumenten des E-Learning zu unterstützen war Gegenstand eines Projektantrags, der im Frühjahr 2018 in die Arbeitsgruppe Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) eingebracht und in das IuK-Arbeitsprogramm eingeplant wurde. Die Realisierung des Projekts ist im Jahr 2019 mit der Erarbeitung eines Pflichtenheftes angelaufen, Anfang 2020 erfolgte eine entsprechende Ausschreibung. Die Ausschreibung erbrachte jedoch kein geeignetes Angebot.

 

 Es wurde daher eine erneute Markterkundung durchgeführt, die neue Erkenntnisse auch über solche Bieter erbrachte, die sich bislang nicht an der Ausschreibung beteiligt hatten. Nach Klärung der damit in Zusammenhang stehenden vergaberechtlichen Fragen und iuk-technischer Aspekte des Pflichtenheftes kann davon ausgegangen werden, dass Beschaffung, Parametrisierung und Implementierung eines entsprechenden Verfahrens in 2021 realisiert werden können.

 

3.6 Schulung für Stadtratsmitglieder

 

 Im Rahmen der Grundlagenschulung für neugewählte Stadtratsmitglieder zum Kommunalrecht wurde erstmals auch ein Modul zur Korruptionsprävention angeboten. Die Veranstaltung, die vom Antikorruptionsbeauftragten durchgeführt worden ist, fand am 31.10.2020 statt: Es haben sieben Personen teilgenommen.

 

3.7 Schwachstellenanalysen

 

 Das von der Arbeitsgruppe Antikorruption insoweit aufgestellte Arbeitsprogramm konnte im Jahr 2020 nicht umgesetzt werden. Schwachstellenanalysen sind als Präsenzveranstaltungen mit Workshopcharakter bei externer Moderation und Beratung konzipiert. Diese waren coronabedingt - aus Gründen der Kontaktvermeidung aber auch, weil dazu benötigte Arbeitskapazitäten anderweitig eingesetzt werden mussten - nicht durchführbar.

 

 Die Arbeitsgruppe Antikorruption hat das Arbeitsprogramm inzwischen mit den gleichen Prioritäten zur Umsetzung für das Jahr 2021 fortgeschrieben. Es wird außerdem untersucht, ob geeignete externe Kooperationspartner für die Durchführung in digitalen Formaten gewonnen werden können.

 

3.8 Angestrebte Mitgliedschaft bei Transparency International (TI)

 

 TI ist eine zivilgesellschaftliche Organisation und strebt als „Koalitionspartner gegen Korruption“ndnisse mit anderen Akteuren an, die sich in besonderem Me gegen Korruption engagieren wollen. Von Kommunen, die eine korporative Mitgliedschaft anstreben, wird langfristiges und politisch einvernehmliches Engagement im Sinn dieser Ziele erwartet. Es ist deshalb nicht unüblich, dass sich der Beitritts- bzw. Aufnahmeprozess über einen längeren Zeitraum erstreckt. Beide Seiten wahren in dieser Phase Stillschweigen über Inhalte ihrer Verhandlungen.

 

 Die Stadt Regensburg und TI befinden sich seit dem Jahr 2017 in einem laufenden Verfahren. Der Ältestenrat war in der abgelaufenen Wahlperiode in diesen Prozess eingebunden.

 

 Es liegt in der Natur der Sache, dass der für eine korporative Mitgliedschaft der Stadt Regensburg notwendige tragfähige politische Konsens im nunmehr neu gewählten Stadtrat erst wieder neu erarbeitet werden muss. Um eine zielgerichtete Befassung des Stadtrates mit der Thematik und vorbereitend dazu des Ältestenrates im ersten Halbjahr 2021 zu ermöglichen, werden im Vorfeld auf der Arbeitsebene die konkreten Erwartungen, die TI beispielsweise bezüglich Interessenstransparenz und der Ehrenordnung an den Stadtrat stellt, geklärt.

 

3.9 Sonstiges

 

 Den Antikorruptionsbeauftragten erreichten auch im Jahr 2020 wieder zahlreiche Einzelanfragen aus dem Kreis der Beschäftigten, bei denen es zumeist um Unsicherheiten im Umgang mit der Annahme von Belohnungen oder Geschenken ging. Die durch den Hinweis auf die bestehenden Regelungen in aller Regel leicht zu klärenden Anfragen zeugen von insgesamt hoher Sensibilisierung für die Thematik.

 

 Aufwändiger in der Bearbeitung waren zum Teil die Beratungsersuchen, die von Dienststellen an den Antikorruptionsbeauftragten gerichtet wurden.

 

 

4. Fazit und Ausblick

 

 Die strafrechtliche Aufarbeitung der „Regensburger Parteispendenaffäre ist weiter fortgeschritten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen unter den Abschnitten 3.1.1 bis 3.1.3 verwiesen.

 

 Die Rechtmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung ist ein hohes Gut im demokratischen Gemeinwesen und das Vertrauen in sie zu schützen ist Ziel der Korruptionsprävention. Unrechtmäßiges Verwaltungshandeln als Folge von Korruption wäre ein schwerer Schaden. Der Ausgang der strafrechtlichen Aufarbeitung ist damit nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Stadt Regensburg von großer Bedeutung.

 

 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht Regensburg beim Schuldspruch wegen Bestechlichkeit in Bezug auf den früheren Oberbürgermeister Wolbergs zwar von einer „unzulässigen Ermessensbeeinflussung ausgegangen ist, gleichzeitig aber feststellt, er habe diese „im Rahmen seines an sich rechtmäßigen dienstlichen Verhaltens ausgeübt. Und weiter in der unter Abschnitt 3.1.1 vollständig zitierten Pressemitteilung: „An sich rechtswidrige Diensthandlungen des früheren Oberbürgermeisters stellten sie [= die Richter] dagegen nicht fest.

 

 Ein bestehender „Anfangsverdacht im Zusammenhang mit der Erteilung einer Baugenehmigung hat sich im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den früheren Oberbürgermeister Schaidinger „nicht bestätigt“.

 

 Weitergehende, in die Verwaltung zielende Verdachtsmomente oder Ermittlungsansätze haben sich offensichtlich nicht ergeben.

 

 Aus allem, was nunmehr bekannt ist, kann weiterhin der Schluss gezogen werden, dass die Integrität der Stadtverwaltung und ihres Handelns im Rahmen der „Regensburger Parteispendenaffäre“ nicht in Zweifel steht.

 

 Maßnahmen der Korruptionsprävention müssen deshalb nicht im Krisen- oder Notfallmodus erfolgen. Vielmehr kommt es weiter darauf an, die erhöhte Aufmerksamkeit, die dem Thema zukommt, als Chance zu nutzen. Stete Sensibilisierung für vorbildliches Verhalten auf allen Ebenen, Transparenz bei Abläufen und Entscheidungen, klare Regeln und die konsequente Verfolgung von Verstößen bleiben damit sachgerechte Handlungsschwerpunkte.

 


 

Der Stadtrat beschließt:

 

Der Bericht des Antikorruptionsbeauftragten der Stadt Regensburg für das Jahr 2020 wird zur Kenntnis genommen.

 


Anlagen: