Sachverhalt: 1. Ein Kostenbeitrag oder ein Teilnahmebeitrag
für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in
Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24 SGB VIII soll
nach § 90 Abs. 3 SGB VIII auf Antrag ganz oder teilweise erlassen (Kostenbeitrag)
oder übernommen (Teilnahmebeitrag) werden, wenn die Belastung den Eltern und
dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten ist ein Kostenbeitrag
bzw. Teilnahmebeitrag, wenn das Einkommen eine sich nach den Vorschriften der
Sozialhilfe ergebende Einkommensgrenze nicht überschreitet. In diesen Fällen
ist der Kostenbeitrag zu erlassen bzw. der Teilnahmebeitrag in voller Höhe zu
übernehmen. Überschreitet das Einkommen die
Belastungsgrenze, werden durch das Amt für Jugend und Familie derzeit 80 % des
überschreitenden Einkommens als Eigenanteil angerechnet und dieser ist
entsprechend als Kostenbeteiligung einzusetzen. Übersteigt der Kostenbeitrag/Teilnahmebeitrag
diesen Eigenanteil, so ist der übersteigende Betrag von der Stadt Regensburg
zu übernehmen. Mit Beschluss des Stadtrats vom
17.03.2005 wurde eine ergänzende Regelung zur städtischen Bezuschussung beim
Besuch von Tageseinrichtungen sowie bei der Inanspruchnahme einer Förderung in
Tagespflege getroffen: „Die Förderung erfolgt wenigstens aufgrund des
gesetzlichen Freibetrags seit 01.01.2005, höchstens jedoch aufgrund des zum
31.12.2004 geltenden Freibetrages – errechnet aus dem gesetzlichen Freibetrag
und der zusätzlichen freiwilligen Leistung der Stadt Regensburg.“ 2. Seit 2005 hat sich das Betreuungsangebot für
Kinder in der Stadt Regensburg erheblich ausgeweitet. Neben den
Tageseinrichtungen nach dem SGB VIII (Krabbelstube, Kindergarten, Hort) wurden
insbesondere die schulischen bzw. schulbezogenen Betreuungsangebote deutlich
erhöht: Mittagsbetreuung an Grundschulen, Nachmittagsbetreuung („offene
Ganztagsschule“), Hausaufgabenbetreuung, „gebundene Ganztagsschule“,
verlängerte Mittagsbetreuung an Grundschulen sowie Mischformen der genannten
schulbezogenen Betreuungsangebote. Da die schulbezogenen Betreuungsangebote keine Leistungen
der Kinder- und Jugendhilfe sind, ist grundsätzlich auch eine Kostenübernahme
nach dem SGB VIII nicht normiert. Eine Bezuschussung der Betreuung durch die Stadt Regensburg
erfolgte entsprechend bisher nur im begründeten Einzelfall, soweit in analoger
Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Jugendhilferechts die Förderung
für die Entwicklung des Kindes als erforderlich erachtet wurde und die
finanzielle Belastung nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 SGB VIII nicht zumutbar war. 3. In
gleicher Weise wie die schulbezogenen Betreuungsangebote wurde die
Bezuschussung der Kosten für die Mittagsverpflegung auf begründete
Ausnahmefälle beschränkt, d.h. wenn im Einzelfall aufgrund einer
sozialpädagogischen Stellungnahme besondere situative bzw. familiäre Gründe
eine Sicherung der Mittagsverpflegung nahelegten. 4. Hinsichtlich
der Bezuschussung des Mittagessens in Tageseinrichtungen nach dem SGB VIII
i.V.m. dem Bayerischen Kinderbildungs- und –betreuungsgesetz (BayKiBiG) ergibt
sich aufgrund eines Urteils des BayVGH (12 B 00.1259) vom 01.04.2004 eine neue
Rechtslage, die jedoch unterschiedlich interpretiert wird:
Die Stadt Regensburg teilt von den genannten divergierenden
Rechtsauffassungen ohne Einschränkung die Zielsetzung des Bayerischen Städtetages,
dass „Kinder in Kindertageseinrichtungen regelmäßig ein Mittagessen erhalten
sollten, auch wenn sich ihre Familien das Essen aus wirtschaftlichen Gründen
nicht leisten können sollten“. Angesichts dieser vorrangigen Option empfiehlt sich unter
konsequenter Wahrung der kommunalen Rechtsposition gegenüber den staatlichen
Entscheidungsträgern folgende Lösung: die Bezuschussung des Mittagessens bei
der Kindertagesbetreuung erfolgt nicht als kommunale Pflichtaufgabe, die beim
Staat gesehen wird, sondern notgedrungen bis auf Weiteres in Form einer
freiwilligen Leistung, die jedoch nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 SGB VIII gewährt
wird. Für die Stadt Regensburg errechnet sich aufgrund der
aktuellen Fallzahlen ein finanzieller Mehraufwand i.H.v. jährlich rund 220.000
Euro für die Bezuschussung des Mittagessens in einer Kindertageseinrichtung. 5. Bezüglich
der Bezieher von Arbeitslosengeld II haben die örtlichen Träger der Jugendhilfe
bisher vielfach die Übernahme der Kosten des Mittagessens abgelehnt, weil die
Regelsätze wegen eines kommunal geförderten Mittagessens gekürzt und damit
letztlich über die Jugendhilfe Aufgaben des Bundes finanziert würden. Diese
Argumentation ist freilich mittlerweile überholt, da nunmehr aufgrund § 2 Abs.
5 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung
von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (AlgII-V) vom
17.12.2007 i.V.m. § 62 SGB V (Belastungsgrenze für nicht chronisch Kranke) ein
Bagatellbetrag i.H.v. 83 € für durch Dritte bereitgestellte Verpflegung
besteht. Das heißt: Die Übernahme bzw. Bezuschussung der Kosten des
Mittagessens ist beim Bezug von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld nicht mehr als
Einkommen anzurechnen, soweit der o.g. Bagatellbetrag nicht überschritten wird. 6. Die Übernahme von Kostenbeiträgen für den
Besuch von Tageseinrichtungen und schulbezogenen Betreuungsangeboten sowie die
Bezuschussung der Kosten für die Mittagsverpflegung bereitet erhebliche
Vollzugsprobleme: Antragstellenden Eltern ist kaum bzw. nicht verständlich zu
machen, wieso die Förderung in Tageseinrichtungen einen städtischen Zuschuss
vorsieht, während bei schulbezogenen Betreuungsangeboten kein Anspruch besteht.
Vielfach hat selbst das Amt für Jugend und Familie Probleme, eine eindeutige
Zuordnung der unterschiedlichen Betreuungsarrangements vorzunehmen. Im Hinblick auf die betroffenen Kinder, die
auf die Förderung durch ein Betreuungsangebot – sei es im Rahmen des SGB VIII
oder im Rahmen einer schulbezogenen Maßnahme – angewiesen sind, ist eine
städtische Regelung überfällig, die für Eltern nachvollziehbar und für die
Verwaltung mit vertretbarem Aufwand praktikabel ist. Es sind grundsätzlich fünf
Lösungsvarianten hinsichtlich der Bezuschussung von Kostenbeitrag/Teilnahmebeitrag
und Mittagsverpflegung vorstellbar: ·
ausschließliche
Förderung des Besuchs von Tageseinrichtungen nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 SGB
VIII und keine Bezuschussung bei schulbezogenen Betreuungsangeboten (einschl.
Mittagessen) – Variante 1 ·
Förderung
aller Betreuungsangebote nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 SGB VIII sowie Übernahme
der Kosten des Mittagessens für alle Schülerinnen und Schüler im Rahmen des
Schulaufwands – Variante 2 ·
Förderung
aller Betreuungsangebote nach Maßgabe des § 90 Abs. 4 SGB VIII sowie städtische
Subventionierung der Anbieter des Mittagessens für alle Schülerinnen und
Schüler im Rahmen des Schulaufwands – Variante 3 ·
Bezuschussung
aller Betreuungsangebote sowie der Mittagsverpflegung nach Maßgabe des § 90
Abs. 4 SGB VIII bei wirtschaftlich bedürftigen Familien – Variante 4 ·
Bezuschussung
der Betreuungsangebote und des Mittagessens im Wege von Einzelfallentscheidung
aufgrund einer sozialpädagogischen Beurteilung – Variante 5 Variante 1 würde das staatliche
Versäumnis abbilden, schulbezogene Betreuungsangebote zwar anzuregen und zu
bezuschussen, sich dann aber der Verantwortung zu entziehen bzw. diese auf die
örtlichen Träger der Jugendhilfe zu verschieben. Aus Sicht der betroffenen
Familien und ihrer Kinder scheint jedoch ein konsequentes Verhalten der Stadt
Regensburg entsprechend dieser Variante nicht hilfreich. Gegen Variante 2 spricht neben dem
Argument, dass die weiteren Anstrengungen zur Realisierung eines staatlichen
Engagements konterkariert würden, vor allem die kostenseitige Auswirkung: Die
Kosten für das Mittagessen in schulbezogenen Betreuungsangeboten würden für die
Stadt Regensburg rund 500.000 Euro betragen (935 Betreuungsplätze x 11 Monate x
50 Euro). Die Subventionierung des Mittagessens
nach Variante 3 würde zwar im Vergleich zur Variante 2 den städtischen Aufwand
reduzieren. Neben wettbewerbs- und vergaberechtlichen Fragen löst Variante 3 jedoch
nicht das Problem, dass vielfach bedürftige Familien auch ein subventioniertes
Mittagessen nicht bezahlen können bzw. wollen – im Ergebnis wären die
betroffenen Kinder wieder ausgegrenzt. Variante 4 ist mit einem erheblichen
Verwaltungsaufwand verbunden, weil die eingehenden Anträge hinsichtlich der
Bedürftigkeit nach § 90 Abs. 4 SGB VIII zu prüfen sind. Gleichzeitig spricht
dafür jedoch das Kriterium der Gerechtigkeit, weil nicht unterschiedslos alle
unabhängig von eigenen finanziellen Möglichkeiten eine städtische Förderung
erhalten würden. Variante 5 entspricht der bisherigen
Praxis – aus Sicht des Amtes für Jugend und Familie ist sie jedoch wie
dargestellt problematisch und stellt insofern nur eine Notlösung dar. 7. Die Verwaltung spricht sich aus
wirtschaftlichen Gründen für Variante 4 aus: ·
Der
zeitliche Aufwand beläuft sich bei derzeit 935 Betreuungsplätzen (400 offene
Ganztagsschule, 285 Mittagsbetreuung, 250 Tagespflege) und kalkulierten 590
Anträgen auf etwa 1.150 Arbeitsstunden. ·
Es
ist mit einer Bezuschussung des Mittagessens i.H.v. rund 95.000 Euro zu
rechnen. Bei der Schaffung von zusätzlicher Personalkapazität
von 28 Wochenstunden im Sachgebiet Wirtschaftliche Jugendhilfe errechnen sich
44.430 € (Beamtin) bzw. 42.470 Euro (Tarifbeschäftigter), sodass insgesamt ca.
140.000 Euro als finanzieller Zusatzbedarf zu Buche schlagen. Dem stehen Kosten
i.H.v. 500.000 Euro laut Variante 2 gegenüber. Unter finanzwirtschaftlicher Sicht
ist zu berücksichtigen, dass eine qualifizierte gesicherte Betreuung geeignet
sein könnte, kostenintensivere teilstationäre Hilfen für verhaltensschwierige
bzw. integrationsbeeinträchtigte Kinder nicht in Anspruch nehmen zu müssen.
Rechnerisch wäre bereits bei sieben entsprechenden Einzelfällen eine
Kompensation der o.g. Mehrausgaben erreicht. 8. Mit einem neuen Beschluss zur Übernahme von
Kostenbeiträgen für den Besuch von Tageseinrichtungen und schulbezogenen
Betreuungsangeboten sowie Übernahme der Kosten für die Mittagsverpflegung
sollte die Regelung vom 17.03.2005 (vgl. oben) aufgehoben werden: Insofern bei
wirtschaftlicher Bedürftigkeit die Kosten der Mittagsverpflegung bezuschusst
werden, scheint bei der Feststellung der zumutbaren Belastung ein über den
gesetzlichen Freibetrag hinausgehender städtischer Freibetrag als freiwillige Leistung
nicht mehr notwendig. 9. Die Finanzierung der kalkulierten Kosten
i.H.v. 140.000 Euro soll zu 50 % aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Stadt
Regensburg sowie hälftig gemeinsam aus Haushaltsmitteln des Direktoriums 2
(Bürgermeister Gerhard Weber) und des Direktoriums 3 (Bürgermeister Joachim
Wolbergs) erfolgen. Der haushaltsmäßige Vollzug erfolgt im Nachtragshaushalt
2009. Der
Ausschuss empfiehlt / Der Stadtrat beschließt: Die Stadt Regensburg bezuschusst entsprechend dem
Sachbericht der Verwaltung als freiwillige Leistung nach Maßgabe des § 90 Abs.
4 SGB VIII ·
die
Mittagsverpflegung von Kindern im Rahmen der Kindertagesbetreuung ·
die
Betreuung sowie die Mittagsverpflegung von Kindern im Rahmen schulbezogener Betreuungsangebote.
Anlagen:
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