Vorlage - VO/16/12654/65  

 
 
Betreff: Klärwerk Regensburg;
Nutzung der überschüssigen Abwärme der BHKW-Anlage durch die REWAG für eine Wärmeversorgung in der Gemeinde Barbing -
Grundsatzbeschluss
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Berichterstatter/in:Planungs- und Baureferentin Schimpfermann
Federführend:Tiefbauamt   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz Vorberatung
23.11.2016 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, Natur- und Klimaschutz ungeändert beschlossen   
Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen Vorberatung
14.12.2016 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen ungeändert beschlossen   
Stadtrat der Stadt Regensburg Entscheidung
15.12.2016 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates der Stadt Regensburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

1. Ausgangssituation

 

Im Energienutzungsplan, dessen Umsetzung der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen am 25.06.2014 beschlossen hat, wird die Nutzung industrieller Abwärme, die ansonsten ungenutzt in die Umgebung abgegeben würde, als eine wichtige Maßnahme angeführt. Sie gehört zu den sieben Themenfeldern, die im Rahmen der langfristigen Umsetzungsstrategie bevorzugt angegangen werden soll. Die Nutzung von  Abwärme aus dem Regensburger Klärwerk für die Wärmeversorgung eines neuen Baugebiets stellt deshalb ein außergewöhnlich reizvolles Anwendungsbeispiel dar und trägt gegenüber einer rein fossilen Energieversorgung zu einer spürbaren CO2-Reduzierung bei. Ein weiterer positiver Aspekt, der sich aus dem geplanten Projekt ergibt, ist die Stadt-Umland-Kooperation. Überlegungen zu einer besseren Energieeffizienz und zur Nutzung von Synergien müssen über die Stadtgrenzen hinausgehen.

 

 

2. Abwärme am Klärwerk Regensburg - derzeitige Situation

 

In den Faulbehältern des Klärwerks wird aus Klärschlamm Methangas produziert. Mit diesem Brennstoff wird in Blockheizkraftwerken (BHKW) elektrische Energie erzeugt, die vollständig im Klärwerk verwendet wird. Die dabei auch anfallende Wärmeenergie wird zur Erwärmung des Faulschlammes und zur Gebäudeheizung im Klärwerk verwendet. Die verfügbare Wärme ist dabei im Überschuss vorhanden. Von der verfügbaren Abwärme kann derzeit nur ca. 50 % genutzt werden, so dass der nicht genutzte Wärmeanteil über die Abgaskamine abgeleitet werden muss. Um die Effizienz und auch die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu erhöhen, ist angedacht, die überschüssigen Wärmemengen in einem Nahwärmenetz zu nutzen.

Im Klärwerk ist aus Gründen der notwendigen Betriebssicherheit der Schlammfaulungsanlage seit dem Jahr 1979 eine Heizkesselanlage vorhanden. Bei einem evtl. Ausfall der BHKW-Anlage übernimmt diese die Wärmeversorgung der Faulbehälter sowie für die Gebäude der betriebstechnischen Anlagen. Als Brennstoff kann für die Heizkesselanlage entweder Faulgas öder Heizöl eingesetzt werden. Nachdem die Heizkesselanlage nach einer Betriebszeit von ca. 40 Jahren jetzt erneuert werden muss, können die Planungen mit den Anforderungen der REWAG für eine sichere Wärmeversorgung koordiniert werden. Die neue Heizkesselanlage erfüllt somit zum einen die Anforderung an die Betriebssicherheit des Klärwerks und könnte zum anderen bei Bedarf die zusätzliche Wärme für das Fernwärmenetz der REWAG liefern. Als Wärmelieferant für das Fernwärmenetz  müsste die Heizkesselanlage zukünftig mit Erdgas betrieben werden.

Auf der Grundlage des Beschlusses des Umweltausschuss vom 17.11.2015 und des Stadtrates vom 25.11.2015 wurden zur Erhöhung der Methangasproduktion ab dem Jahr 2016 deutlich größere Mengen an Substraten (z.B. Flotatschlämme aus der Milchverarbeitung) – zusätzlich zum anfallenden Klärschlamm - angenommen. Mit der erhöhten Gasproduktion konnte der Anteil der Eigenstromerzeugung von ursprünglich durchschnittlich ca. 70% auf über 85 % gesteigert werden. Mit der erhöhten Stromerzeugung entsteht folglich auch mehr Abwärme in der BHKW-Anlage, die derzeit nicht genutzt werden kann. Mit Abschluss der Sanierung des Faulbehälters Nr. 3 im Jahr 2017 steht ab dem Jahr 2018 die Schlammfaulung wieder mit der Gesamtkapazität zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt wäre eine Zugabe von Co- Substraten bis zur Deckung des Strom-Eigenbedarfs möglich. Die dabei entstehende Abwärme könnte sinnvoll in einem Fernwärmenetz verwendet werden.

 

 

 

 

 

 

3. Projekt Abwärme Nutzung durch die REWAG

 

Auf Initiative der REWAG soll in Abstimmung mit der Gemeinde Barbing und der Stadt Regensburg die überschüssige Abwärme aus dem Klärwerk künftig für die Nahwärmeversorgung eines Neubaugebietes der Gemeinde Barbing mit ca. 250 Einfamilienhäusern genutzt werden.

Das Funktionsprinzip einer Abwärmenutzung aus dem Klärwerk durch die REWAG für ein Baugebiet in der Gemeinde Barbing stellt sich grundsätzlich wie folgt dar:

 

  • Die überschüssige Wärme der BHKW-Anlage wird aus dem Wärmenetz des Klärwerks ausgekoppelt.
  • Bau einer ca. 1.600 m langen Fernwärmeleitung in der Straubinger bzw. Regensburger Straße  in Barbing bis zu dem neuen Baugebiet Barbing Süd/West. Entlang der neuen Fernwärmetrasse besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, den Gebäudebestand, wie z.B. Kindergarten, Schule, Rathaus, anzuschließen.

Die Baukosten für die Fernwärmeleitungen betragen ca. 1,5 Mio. €. Die Investition wird von der REWAG übernommen.

  • Aus Gründen der Versorgungssicherheit muss zu der bestehenden BHKW-Anlage eine Heizkesselanlage (z.B. im Klärwerksgelände) die Wärmeversorgung im Bedarfsfall übernehmen.

 

 

4. Beteiligte;

 

Am Projekt sollen folgende Beteiligte in interkommunaler Zusammenarbeit mitwirken (die genaue Aufgabenabgrenzung muss durch eine Kooperationsvereinbarung erfolgen)

 

  • Stadt Regensburg („Wärmelieferant“)
  • Gemeinde Barbing („Wärmeabnehmer“)
  • Regensburger Energie- und Wasserversorgung AG & Co KG (REWAG)

(„Investor, Umsetzer; Wärmeverteiler“)

 

 

5. Kooperationsvertrag

 

Um für die künftigen Aufgabenstellungen eine eindeutige Zuständigkeit und

Verantwortlichkeit festzulegen, müssen diese Inhalte sowie die Finanzierung in einem Kooperationsvertrag vereinbart werden.

Dabei ergeben sich für die an dem Vorhaben Beteiligten folgende grundsätzlichen Zuständigkeiten und Aufgaben:

 

Wärmelieferung

 

Die überschüssige Abwärme wird aus dem bestehenden Heizungssystem des Klärwerks ausgekoppelt und an das eigenständige System der Fernwärmeversorgung der REWAG übergeben. Die Planung und Ausführung der erforderlichen Umbauarbeiten im Bereich des Klärwerksgeländes wird in enger Abstimmung zwischen der REWAG und dem Tiefbauamt durchgeführt. Die Baukosten, die im Zusammenhang mit der Wärmeauskopplung entstehen, werden von der REWAG unmittelbar getragen.

Nachdem die Versorgungssicherheit bei Ausfall oder Störung der BHKW-Anlage sichergestellt werden muss, ist der Einsatz einer Heizkesselanlage zwingend notwendig. Im Bedarfsfall muss die Heizkesselanlage mit Erdgas betrieben werden.

Da bisher kein Erdgasanschluss vorhanden ist, muss dieser durch die REWAG hergestellt werden.

Die übergebenen Wärmemengen werden mittels Wärmemengenzählern erfasst und dokumentiert. Sollte die Abwärme aus der BHKW-Anlage nicht ausreichen, so wird die erforderliche Wärme durch den Betrieb eines zusätzlichen BHKWs oder durch den Betrieb der Heizkesselanlage erzeugt und an das Fernwärmenetz übergeben. Die Bereitstellung der erforderlichen Wärmemengen erfolgt aus dem Betriebsprozess des Klärwerks.

Bei der Planung der Erneuerung der Anlagentechnik und dem Betrieb der Heizkesselanlage ist zu berücksichtigen, dass die Anlage künftig zwei Funktionen übernehmen kann. Dazu ist in einem Kooperationsvertrag festzulegen, welche Kostenanteile für die Planung, Erneuerung und für den Betrieb der Anlage auf die Stadt bzw. auf die REWAG entfallen.

Zudem muss eine Entgeltregelung über die Wärmelieferung bzw. die Kostenerstattung von zusätzlichen laufenden Kosten und Investitionskosten vereinbart werden.

 

Wärmeverteilung

 

Die Herstellung und der Betrieb des Versorgungsnetzes mit allen notwendigen technischen Einrichtungen werden von der REWAG getragen.

 

Vergütung Betriebsführung und Wärmelieferung

 

Eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung der gelieferten Wärmemengen bzw. über eine Kostenerstattung für die Betriebsführung der Wärmeerzeugung hat in Abstimmung zwischen der Stadt Regensburg (Stadtkämmerei) und der REWAG zu erfolgen.

 

 

6. Zeitplan

 

Der Zeitplan für die künftige Abwärmenutzung steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Umsetzung des Bebauungsplans der Gemeinde Barbing, bei dem im Endausbau ca. 250 Einfamilienhäuser entstehen, die dann über die Fernwärmeversorgung versorgt werden können.

Um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, soll bereits im Jahr 2017 anlässlich einer Straßenerneuerung in Barbing ein Teilstück der Fernwärmleitung verlegt werden.

Im Jahr 2018 sollen die Leitung bis in das Baugebiet sowie die ersten Grundstücksanschlüsse hergestellt werden. Sofern die Wärmeauskopplung im Klärwerk noch nicht bis zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt ist, wird übergangsweise eine mobile Heizkesselanlage zur Wärmeversorgung durch die REWAG angeschafft und betrieben.

 

 

7. Kosten und Finanzierung

 

Die Anschaffungskosten im Klärwerk für die Errichtung des Nahwärmenetzes sowie für die notwendigen Änderungen an technischen Anlagen im Zuge der Wärmeauskopplung werden grundsätzlich von der REWAG übernommen.

Unabhängig von diesen Maßnahmen sind im Entwurf des Investitionsprogramm 2016-2020 derzeit Maßnahmen enthalten, die für die notwendigen Erneuerungen und Erhaltung der Betriebssicherheit für das Klärwerk eingeplant sind und im technischen Bezug zu den Maßnahmen der Wärmeauskopplung betrachtet werden sollten. Diese Einzelmaßnahmen können in Abstimmung mit den Planungen der REWAG zeitlich und anlagentechnisch koordiniert werden. Für den Bereich der Energieerzeugung und Verteilung sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

 

  • Erneuerung der Heizkesselanlage (HHSt. 1.7103.9639 – Kosten ca. 350T€)

Der Anlagenbestand aus dem Jahr 1979 ist dringend erneuerungsbedürftig, da für die Altanlage die Ersatzteilbeschaffung nahezu unmöglich wird. Ebenso müsste die vorhandene Elektrotechnik mit einem hohen Kostenaufwand vollständig erneuert werden. Mit der geplanten Erneuerung der Heizkesselanlage können die Anforderungen hinsichtlich einer Verwendung als redundantes Heizsystem zur BHKW-Anlage in Verbindung mit der Fernwärmeversorgung  berücksichtigt werden.

Der evtl. notwendige Erdgasanschluss als Primärenergie für die neue Heizkesselanlage würde durch die REWAG erfolgen.

Die Ausführung der Erneuerungsarbeiten ist für den Zeitraum 2016 bis 2018 vorgesehen.

 

  • Erneuerung der Gasverdichterstation (HHSt. 1.7103.9683 – Kosten ca. 500T€)

Zur Erhöhung der Betriebssicherheit müssen die vorhandenen Gasverdichter-aggregate zur Speicherung in den Hochdruckgasbehältern erneuert werden. Zusätzlich muss ein zweites Gasverdichtungsaggregat für die Versorgung der BHKW-Anlage installiert werden. Mit der Maßnahme kann eine zusätzliche Sicherheit bezüglich der Versorgung der BHKW-Anlage und damit auch für die Wärmeversorgung erreicht werden.

Die Erneuerungsmaßnahme ist für den Zeitraum 2017 bis 2019 vorgesehen.

 

  • Zusätzliches BHKW (HHSt. 1.7103.9637– Kosten ca. 1200T€)

Mit dem Einsatz von Co-Substraten in der Schlammfaulung wurden die Methangasproduktion und damit auch die Betriebszeiten der BHKW-Anlage

deutlich gesteigert. Bei dem erhöhten Gasanfall müssen zeitweise alle drei BHKW-Module betrieben werden. Dadurch stehen keine ausreichenden Zeiten für Wartung und Instandhaltungsmaßnahmen zur Verfügung. Damit wieder eine ausreichende Anlagensicherheit sichergestellt werden kann, muss mittelfristig ein viertes BHKW-Modul als Ergänzung zum Bestand installiert werden.

Die Ausführung der Maßnahme ist für den Zeitraum 2019 bis 2021 vorgesehen

 

 

 

 


Die Ausschüsse empfehlen / Der Stadtrat beschließt:

 

Grundsatzbeschluss

 

1. Die überschüssige Abwärme aus der BHKW-Anlage des Klärwerks

    Regensburg soll künftig auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages mit der REWAG

    für die Fernwärmeversorgung der Gemeinde Barbing zur Verfügung gestellt werden.

 

2. Die notwendigen Planungen zur Umsetzung der ohnehin erforderlichen

    Investitionsmaßnahmen für die Anlagentechnik im Klärwerk werden in Abstimmung mit

    dem Fernwärmekonzept der REWAG erfolgen.

 

3. Die Verwaltung wird beauftragt, einen entsprechenden Kooperationsvertrag mit der

   REWAG zu erarbeiten und dem Stadtrat zum Beschluss vorzulegen.

 


Anlagen: